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Bürgschaft


Definition und Grundlagen der Bürgschaft

Eine Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, bei dem sich eine Person (der Bürge) gegenüber einem Gläubiger verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten eines Dritten (des Hauptschuldners) einzustehen. Die Bürgschaft dient somit der Besicherung von Forderungen und kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn der Hauptschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Bürgschaft ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im Abschnitt §§ 765 bis 778 geregelt.

Laienverständliche Definition

Im alltäglichen Sprachgebrauch beschreibt die Bürgschaft die Übernahme einer finanziellen oder sonstigen Verpflichtung durch eine dritte Person für jemanden, der gegenüber einem Gläubiger eine Schuld hat. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners springt der Bürge ein und übernimmt die Begleichung der Forderungen.

Relevanz und Bedeutung der Bürgschaft

Die Bürgschaft kommt in vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Zusammenhängen vor. Sie ist eine wichtige Form der Kreditsicherung für Banken und Unternehmen, dient aber ebenso bei privaten Verpflichtungen häufig als Absicherung – etwa bei der Anmietung einer Wohnung oder bei Kreditanträgen. Aufgrund ihres hohen Stellenwerts sind die Bedingungen und Wirkungen einer Bürgschaft im deutschen Recht detailliert geregelt.

Rechtsgrundlagen der Bürgschaft

Gesetzliche Regelungen

In Deutschland ist die Bürgschaft durch folgende zentrale Vorschriften bestimmt:

  • §§ 765 bis 778 BGB: Diese Paragraphen regeln den Abschluss, die Voraussetzungen, die Form und die Wirkung der Bürgschaft im Bürgerlichen Recht.
  • § 349 HGB: Im Handelsgesetzbuch finden sich ergänzende Vorschriften zur Bürgschaft im Handelsverkehr.

Formvorschriften

Nach deutschem Recht bedarf die Bürgschaftserklärung grundsätzlich der Schriftform (§ 766 BGB), sofern sie nicht von einem Kaufmann als Handelsgeschäft getätigt wird. Das bedeutet, dass die Erklärung des Bürgen eigenhändig unterzeichnet und dem Gläubiger zugehen muss. Wird die Schriftform nicht eingehalten, ist die Bürgschaft in der Regel nichtig.

Typische Anwendungsbereiche der Bürgschaft

Die Bürgschaft findet in zahlreichen Alltags- und Geschäftssituationen Anwendung. Typische Kontexte sind:

Kreditvergabe und Banken

Bei der Vergabe von Krediten verlangt das Kreditinstitut oft zusätzliche Sicherheiten. Die Bürgschaft ist in diesem Zusammenhang eine der häufigsten Sicherungsformen, wenn der Kreditnehmer nicht über ausreichende eigene Sicherheiten verfügt.

Beispiel:

Eine Privatperson möchte einen Ratenkredit aufnehmen, jedoch besteht der Kreditgeber auf eine Bürgschaft durch einen zahlungskräftigen Dritten.

Mietverhältnisse

Vermieter verlangen gelegentlich von neuen Mietern eine Bürgschaft, etwa wenn die Bonität der Mieter nicht ausreichend erscheint oder keine ausreichende Kaution gestellt wird.

Beispiel:

Eltern übernehmen für ihre studierenden Kinder die Bürgschaft gegenüber dem Vermieter.

Geschäftliche Transaktionen

Unternehmen sichern Lieferverträge und Großaufträge häufig durch Bürgschaften ab, um das Risiko eines Zahlungsausfalls zu minimieren. Banken und Versicherungen bieten hierfür verschiedenste Bürgschaftsformen an.

Beispiel:

Eine Bank gibt eine Bürgschaft gegenüber einem Geschäftspartner ab, um die Verpflichtungen ihres Kunden abzusichern.

Öffentliche Verwaltung

Im Rahmen von Verwaltungsvorgängen, wie z. B. bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, werden Bietungs- oder Vertragserfüllungsbürgschaften eingesetzt. Diese dienen der Absicherung von Leistungsversprechen.

Formen der Bürgschaft

Es existieren verschiedene Typen und Ausgestaltungen von Bürgschaften, die sich in Reichweite und Bedingungen unterscheiden. Zu den wichtigsten Formen zählen:

  • Ausfallbürgschaft: Der Bürge haftet erst, wenn der Gläubiger vergeblich versucht hat, die Forderung beim Hauptschuldner einzutreiben.
  • Selbstschuldnerische Bürgschaft: Der Gläubiger kann den Bürgen unmittelbar in Anspruch nehmen, ohne vorher eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner durchzuführen (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
  • Bürgschaft auf erstes Anfordern: Der Bürge muss auf einfache schriftliche Anforderung des Gläubigers leisten, ohne Einwendungen geltend machen zu können.
  • Bietungsbürgschaft: Verwendung bei öffentlichen Ausschreibungen zur Absicherung des Bieters.
  • Erfüllungsbürgschaft: Sichert die Vertragserfüllung im Falle von Leistungsstörungen ab.
  • Mietbürgschaft: Häufig im Wohnungswesen zur Absicherung des Vermieters.

Vertragsschluss und Wirksamkeit der Bürgschaft

Zustandekommen des Bürgschaftsvertrags

Ein Bürgschaftsvertrag kommt zustande durch ein Angebot (Bürgschaftserklärung) und die Annahme durch den Gläubiger. Die eigenhändige Unterschrift des Bürgen unter der Bürgschaftsurkunde ist zwingend erforderlich (§ 766 BGB).

Einwilligung des Hauptschuldners

Eine Bürgschaft kann auch ohne Kenntnis oder Einwilligung des Hauptschuldners abgeschlossen werden. Allerdings kann sich die Rechtsstellung des Bürgen dadurch verändern, insbesondere was Regressansprüche betrifft.

Inhalt der Bürgschaft

Die Höhe der Bürgschaft ist im Regelfall auf die konkrete Forderung des Gläubigers begrenzt, kann aber individuell ausgestaltet werden (z. B. Höchstbetrag, beschränkter Zeitraum). Bürgschaften können sich auf Geldschulden, aber auch auf andere Leistungen beziehen.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Gläubiger

Der Gläubiger kann im Ernstfall – also bei Ausbleiben der Hauptleistung durch den eigentlichen Schuldner – die Zahlung oder Leistung vom Bürgen verlangen, sofern die Voraussetzungen der Bürgschaft eingetreten sind.

Bürge

Der Bürge ist verpflichtet, auf Aufforderung des Gläubigers die geschuldete Leistung zu erbringen. Nach Leistung ist der Bürge dazu berechtigt, Rückgriff beim Hauptschuldner zu nehmen (§ 774 BGB).

Hauptschuldner

Der Hauptschuldner bleibt weiterhin direkt verpflichtet. Der Bürge übernimmt lediglich eine zusätzliche Sicherungsfunktion zugunsten des Gläubigers.

Beendigung der Bürgschaft

Eine Bürgschaft endet üblicherweise durch

  • Erfüllung der gesicherten Forderung: Der Hauptschuldner (oder Bürge) begleicht die Schuld.
  • Aufhebung des Bürgschaftsvertrags: Im gegenseitigen Einvernehmen.
  • Zeitablauf: Wenn sie befristet ist.
  • Erlöschen der Hauptschuld: Etwa durch Verjährung, Anfechtung oder andere Gründe.

Besondere Problemstellungen bei der Bürgschaft

Verbraucherbürgschaft

Wird eine Bürgschaft von einer Privatperson übernommen, die nicht geschäftlich handelt, spricht man von einer Verbraucher- oder Privatbürgschaft. Hier gelten besondere Schutzvorschriften (§ 765a BGB), um eine Überforderung des Bürgen zu verhindern.

Sittenwidrigkeit

Insbesondere in familiären oder partnerschaftlichen Beziehungen hat die Rechtsprechung entschieden, dass Bürgschaften sittenwidrig und somit nichtig sein können, wenn die Bürgschaft den Bürgen offensichtlich wirtschaftlich überfordert und eine emotionale Verbundenheit ausgenutzt wurde.

Formmängel

Formvorschriften sind strikt zu beachten. Das Fehlen der Schriftform kann zur Nichtigkeit der Bürgschaft führen, was insbesondere bei der Formulierung und Übergabe von Bürgschaftserklärungen wichtig ist.

Höchstbetragsbürgschaft

Zur Begrenzung des Risikos wird oft eine Bürgschaftssumme (Höchstbetrag) festgelegt. Fehlt diese, kann der Bürge auch für Nebenforderungen haften, was das Risiko steigert.

Institutionen im Zusammenhang mit der Bürgschaft

  • Kreditinstitute und Banken: Treten häufig als Bürgen auf.
  • Versicherungsunternehmen: Bieten Bürgschaften als Versicherungsleistung an.
  • Öffentliche Hand: Kommt beispielsweise bei Ausfallbürgschaften zum Einsatz.

Zusammenfassung

Die Bürgschaft ist ein bedeutendes Sicherungsinstrument im Wirtschafts-, Rechts- und Alltagsleben. Sie bietet dem Gläubiger durch die Hinzuziehung eines Bürgen erhöhte Sicherheit für die Erfüllung von Verpflichtungen. Rechtliche Grundlagen, insbesondere §§ 765 ff. BGB, setzen dabei klare Rahmenbedingungen hinsichtlich Abschluss, Form und Wirkung der Bürgschaft. Zu beachten sind insbesondere die Schutzvorschriften bei Privatbürgschaften, Formvorschriften sowie die Möglichkeit einer Überforderung des Bürgen. Die Bürgschaft eröffnet sowohl Gläubigern als auch Schuldnern die Möglichkeit, Beziehungen und Geschäfte abzusichern.

Relevanz für verschiedene Zielgruppen

Die Bürgschaft ist insbesondere relevant für:

  • Privatpersonen, die für Angehörige oder Bekannte Verpflichtungen absichern sollen,
  • Unternehmen, die ihre Geschäftspartner oder Aufträge absichern,
  • Banken und Kreditinstitute zur Absicherung von Krediten,
  • Vermieter zur Sicherung von Mietforderungen,
  • die öffentliche Hand bei der Vergabe von Aufträgen und in behördlichen Verfahren.

Wer eine Bürgschaft übernehmen oder in Anspruch nehmen möchte, sollte sich der rechtlichen Rahmenbedingungen und möglichen Risiken bewusst sein, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Die sorgfältige Prüfung der Bürgschaftsbedingungen und Rahmenverträge ist in jedem Fall zu empfehlen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Bürgschaft und wofür wird sie verwendet?

Eine Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, in dem sich eine Person (der Bürge) gegenüber einem Gläubiger (z. B. einer Bank oder einem Vermieter) verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines Dritten (des Hauptschuldners) einzustehen, falls dieser seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Ziel der Bürgschaft ist es, dem Gläubiger eine zusätzliche Sicherheit zu geben, falls der Hauptschuldner zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist. Typische Anwendungsgebiete sind Mietverträge (Eltern bürgen für ihre Kinder), Bankdarlehen (ein Bürge springt ein, wenn der Kreditnehmer die Raten nicht mehr zahlen kann) oder bei Geschäftspartnerschaften. Die Bürgschaft wird meist schriftlich abgeschlossen und bedarf oft einer speziellen Bürgschaftserklärung. Rechtlich ist der Bürge verpflichtet, im Ernstfall für die offenen Beträge einzustehen, wobei die Ausgestaltung der Bürgschaft – beispielsweise als Ausfallbürgschaft oder selbstschuldnerische Bürgschaft – über den Umfang und die Bedingungen der Haftung entscheiden kann.

Welche Arten von Bürgschaften gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Bürgschaften, die sich hinsichtlich ihrer Haftung und dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme unterscheiden. Am verbreitetsten sind die selbstschuldnerische Bürgschaft und die Ausfallbürgschaft. Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft kann der Gläubiger den Bürgen sofort in Anspruch nehmen, sobald der Hauptschuldner in Verzug gerät, ohne sich zunächst um die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner bemühen zu müssen. Bei der Ausfallbürgschaft hingegen kann der Bürge erst dann in Anspruch genommen werden, wenn alle Maßnahmen gegen den Hauptschuldner gescheitert sind und eine sogenannte Erfolglosigkeitsbescheinigung vorliegt. Weitere Formen sind unter anderem Mietbürgschaften, Bankbürgschaften und Anzahlungsbürgschaften, die in speziellen Situationen Anwendung finden.

Welche Risiken übernimmt ein Bürge?

Ein Bürge trägt ein erhebliches finanzielles Risiko, da er im Extremfall für die gesamte offene Schuld des Hauptschuldners haften muss. Oft realisieren sich Bürgschaften dann, wenn der Hauptschuldner seine Verpflichtungen überhaupt nicht mehr bedienen kann, also beispielsweise insolvent ist. Der Bürge muss dann den noch offenen Betrag zahlen, was sowohl das eigene Vermögen wie auch die persönliche finanzielle Situation erheblich belasten kann. Zudem kann der Bürge auch rechtlich zur Zahlung verpflichtet sein, bevor alle rechtlichen Möglichkeiten gegen den Hauptschuldner ausgeschöpft wurden – vor allem im Fall einer selbstschuldnerischen Bürgschaft. Risiken bestehen außerdem darin, dass Bürgschaften oft sehr langfristig gelten und häufig schwer kündbar sind, sodass der Bürge über Jahre hinweg „in der Pflicht“ stehen kann.

Wie lange ist eine Bürgschaft gültig?

Die Gültigkeit einer Bürgschaft richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrags und der Art der gesicherten Hauptforderung. In der Regel läuft die Bürgschaft so lange, bis die gesicherte Schuld vollständig getilgt ist. Es gibt aber auch befristete Bürgschaften, die zu einem bestimmten Datum oder nach dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses enden (zum Beispiel nach Rückzahlung des Kredits oder Auszug aus einer Mietwohnung). Unbefristete Bürgschaften können meist nur unter Einhaltung bestimmter Bedingungen gekündigt oder beendet werden. Wichtig ist zusätzlich, dass der Bürge nach Beendigung der Hauptschuld, beispielsweise bei vollständiger Rückzahlung eines Kredits, in jedem Fall aus der Bürgschaft entlassen wird – unabhängig davon, was im Vertrag steht.

Unter welchen Umständen kann eine Bürgschaft widerrufen oder gekündigt werden?

Ein Widerrufsrecht für eine Bürgschaft besteht in der Regel nur dann, wenn der Bürge als Verbraucher handelt und der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen oder als Fernabsatzvertrag abgeschlossen wurde. In diesen Fällen steht dem Bürgen gemäß § 355 BGB ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Eine ordentliche Kündigung einer Bürgschaft ist meistens nur bei sogenannten Höchstbetragsbürgschaften möglich, bei denen eine klare Begrenzung des Haftungsumfangs vereinbart ist. Bei zeitlich befristeten Bürgschaften endet die Verpflichtung automatisch mit Ablauf der Frist. Im Übrigen kann der Bürge seine Haftung nur dann beenden, wenn der Gläubiger einverstanden ist, die Hauptschuld erloschen ist oder ein triftiger Grund (wie arglistige Täuschung, Drohung oder Irrtum bei Vertragsabschluss) vorliegt. In solchen Fällen kann eine Anfechtung oder außerordentliche Kündigung in Betracht gezogen werden.

Was sind die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Bürgschaftserklärung?

Für die rechtliche Wirksamkeit einer Bürgschaftserklärung gelten strenge gesetzliche Anforderungen. Nach deutschem Recht (§ 766 BGB) muss die Bürgschaftserklärung grundsätzlich schriftlich erfolgen, damit sie gültig ist. Das bedeutet, dass der Bürge die Erklärung eigenhändig unterschreiben muss. Bei Verbraucherbürgschaften, wie sie etwa unter Familienmitgliedern vorkommen, müssen weitere Schutzbestimmungen eingehalten werden, um den potenziellen Bürgens ausreichend über die Risiken zu informieren und vor einer Überforderung zu schützen. Sind Formvorschriften nicht eingehalten oder liegen Sittenwidrigkeit (z.B. bei krasser finanzieller Überforderung des Bürgen) oder Irrtum, Täuschung bzw. Drohung bei der Vertragsschließung vor, kann die Bürgschaft unwirksam oder anfechtbar sein.

Welche Rechte hat der Bürge gegenüber dem Hauptschuldner?

Hat der Bürge tatsächlich eine Zahlung an den Gläubiger geleistet, so geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner automatisiert auf den Bürgen über (sogenannter gesetzlicher Forderungsübergang nach § 774 BGB). Der Bürge kann dann Ersatz seiner Zahlungen oder Aufwendungen vom Hauptschuldner fordern und hat damit ein Recht auf Freistellung. Damit wird der Bürge quasi selbst zum Gläubiger und kann alle rechtlichen Schritte wie Mahnung, Klage oder Zwangsvollstreckung gegenüber dem Hauptschuldner einleiten. Außerdem stehen ihm sogenannte Einreden zu, beispielsweise kann er die Zahlung verweigern, wenn der Gläubiger zuvor nicht beim Hauptschuldner gesucht hat (bei der Ausfallbürgschaft), oder wenn Ansprüche des Hauptschuldners gegen den Gläubiger bestehen (wie Aufrechnung oder Mängelrechte).