Begriff und Bedeutungen der Bürgerschaft
Der Begriff „Bürgerschaft“ hat im deutschen Sprach- und Rechtskontext mehrere Bedeutungen. Er bezeichnet zum einen die Zugehörigkeit einer Person zu einem Staat (Staatsbürgerschaft) und damit die Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger mit ihren Rechten und Pflichten. Zum anderen ist „Bürgerschaft“ die Bezeichnung für das Landesparlament in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Daneben wird der Begriff historisch und kommunal für die Bürgergemeinde verwendet.
Bürgerschaft als Staatszugehörigkeit und Bürgergemeinschaft
Als Staatsbürgerschaft beschreibt die Bürgerschaft die rechtliche Bindung einer Person an einen Staat. Sie begründet Zugehörigkeit, politische Teilhabe, Schutz und Pflichten. In einem weiteren Sinne steht Bürgerschaft für die Gesamtheit der Einwohner mit Bürgerstatus als Träger der demokratischen Ordnung.
Bürgerschaft als Landesparlament in Stadtstaaten
In Hamburg und Bremen heißt das Parlament „Bürgerschaft“. Es ist das durch Wahlen legitimierte Organ der Gesetzgebung und demokratischen Kontrolle auf Landesebene.
Abgrenzung zu ähnlich klingenden Begriffen
Vom Begriff „Bürgerschaft“ zu unterscheiden ist die „Bürgschaft“. Letztere ist ein Begriff des Schuldrechts und bezeichnet die Einstandspflicht für fremde Schulden. Die „Bürgerschaft“ hingegen betrifft Staatszugehörigkeit und politische Institutionen.
Bürgerschaft im Sinne der Staatszugehörigkeit
Die Staatsbürgerschaft ist eine grundlegende Statuszuordnung zwischen Staat und Person. Sie wirkt in vielen Lebensbereichen, etwa bei politischen Rechten, Schutzansprüchen und der Zugehörigkeit zu einer Rechtsordnung.
Erwerb der Staatsbürgerschaft
Geburt und Abstammung
In Deutschland wird die Staatsbürgerschaft regelmäßig durch Abstammung erworben: Ein Kind erwirbt sie, wenn mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Dieser Erwerb erfolgt mit der Geburt.
Geburtsortprinzip
Ergänzend kann die Staatsbürgerschaft unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen auch durch Geburt im Inland erworben werden. Dabei spielt die rechtliche Stellung der Eltern eine Rolle.
Einbürgerung
Der Erwerb kann auf Antrag erfolgen, wenn festgelegte Voraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich sind unter anderem Aufenthaltsdauer, gesicherter Lebensunterhalt, Kenntnisse der Sprache und der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie die Integration. Es bestehen Härtefall- und Sonderregelungen, etwa für langjährig Aufgewachsene oder für Personen mit besonderen Bindungen an das Land.
Annahme als Kind und Erklärungstatbestände
Durch Adoption kann ein Kind die Staatsbürgerschaft erwerben. In Einzelfällen ist der Erwerb auch durch Erklärung möglich, beispielsweise bei bestimmten historischen oder familienrechtlichen Konstellationen.
Mehrstaatigkeit
Mehrfache Staatsangehörigkeiten sind möglich. Ob und in welchem Umfang Mehrstaatigkeit zugelassen wird, hängt von nationalen Regelungen und völkerrechtlichen Zusammenhängen ab. Sie kann sich auf Rechte und Pflichten in mehreren Staaten auswirken.
Verlust und Beendigung
Verzicht oder Entlassung
Die Staatsbürgerschaft kann auf Antrag beendet werden, wenn eine andere Staatsangehörigkeit bereits besteht oder zugesichert ist. Damit sollen Staatenlosigkeit und rechtliche Schutzlücken vermieden werden.
Rücknahme und Widerruf
Ein durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangter Erwerb kann aufgehoben werden. Ebenso kommen Rücknahmen in Betracht, wenn gesetzliche Voraussetzungen von Anfang an nicht vorlagen.
Staatenlosigkeit
Der Verlust ohne Besitz einer anderen Staatsangehörigkeit führt zur Staatenlosigkeit. Diese ist mit weitreichenden Einschränkungen verbunden. Das Recht setzt daher hohe Hürden und Schutzmechanismen, um Staatenlosigkeit möglichst zu vermeiden.
Rechte der Bürgerinnen und Bürger
Politische Mitwirkung
Der Bürgerstatus ist Grundlage für das aktive und passive Wahlrecht auf nationaler Ebene, für Mitwirkung an Volks- und Bürgerentscheiden sowie für die Bildung politischer Willensbildungskörperschaften.
Freizügigkeit und Schutz
Der Staat gewährt seinen Bürgerinnen und Bürgern Einreise-, Aufenthalts- und Rückkehrrechte. Im Ausland besteht Anspruch auf konsularischen Schutz, soweit die dortigen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten dies zulassen.
Grundrechtliche Stellung
Viele Freiheits- und Gleichheitsrechte stehen allen Menschen zu; einzelne Rechte sind Bürgerrechten vorbehalten. Die genaue Einordnung hängt von der jeweiligen Rechtsnorm ab.
Pflichten der Bürgerinnen und Bürger
Loyalität
Bürgerinnen und Bürger sind zur Treue gegenüber dem Staat verpflichtet. Diese Bindung spiegelt sich in der Anerkennung der Verfassungsordnung und der Rechtsordnung wider.
Beitrag zu öffentlichen Lasten
Die Beteiligung an öffentlichen Lasten, insbesondere durch Steuern und Abgaben, gehört zu den typischen Pflichten. Sie dient der Finanzierung staatlicher Aufgaben.
Dienst- und Mitwirkungspflichten
In besonderen Lagen können allgemeine Dienst- oder Mitwirkungspflichten bestehen, etwa zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Daseinsvorsorge im Rahmen gesetzlicher Regelungen.
Europäische und mehrfache Bürgerschaft
Unionsbürgerschaft
Mit der Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ist die Unionsbürgerschaft verbunden. Sie verleiht zusätzliche Rechte, unter anderem Freizügigkeit innerhalb der Union, kommunales Wahlrecht am Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten und konsularischen Schutz durch die Vertretungen anderer Mitgliedstaaten, wenn die eigene Vertretung fehlt.
Doppel- und Mehrstaatigkeit
Doppele oder multiple Staatsangehörigkeiten wirken sich auf Rechte und Pflichten in mehreren Staaten aus. Dies betrifft insbesondere Wahlrechte, Wehr- und Steuerpflichten sowie konsularischen Schutz. Konflikte werden durch nationale Gesetze und internationale Absprachen geordnet.
Bürgerschaft auf kommunaler Ebene
Bürgerstatus in Gemeinden
Auf kommunaler Ebene unterscheidet das Recht zwischen Einwohnerinnen und Einwohnern, Wahlberechtigten und Bürgerinnen und Bürgern. Der Bürgerstatus ist Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung und politischen Teilhabe im Ort.
Instrumente direkter Mitwirkung
In Gemeinden und Landkreisen bestehen Verfahren direkter Mitwirkung wie Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Sie ermöglichen Entscheidungen über Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der gesetzlichen Zuständigkeiten.
Kommunalwahlrecht für Unionsbürger
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Wohnsitz in Deutschland sind in kommunalen Wahlen wahlberechtigt. Dies beruht auf der Unionsbürgerschaft und stärkt die örtliche demokratische Teilhabe.
Die Bürgerschaft als Parlament in Hamburg und Bremen
Stellung im Staatsaufbau
Die Bürgerschaft ist das Landesparlament der Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Sie vertritt das Volk des jeweiligen Landes und ist Teil der Gesetzgebung und Kontrolle der Landesregierung.
Aufgaben und Befugnisse
Zu den Kernaufgaben zählen die Verabschiedung von Landesgesetzen, die Wahl oder Bestätigung der Landesregierung, die Kontrolle der Exekutive, die Haushalts- und Budgethoheit sowie die Einsetzung von Ausschüssen und Untersuchungsausschüssen.
Zusammensetzung, Wahl und Mandat
Die Abgeordneten der Bürgerschaft werden in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt. Das Mandat ist frei und an keine Weisungen gebunden. Fraktionen bündeln die politische Arbeit und organisieren Mehrheiten.
Arbeitsweise
Die Bürgerschaft arbeitet auf Grundlage einer Geschäftsordnung. Plenarsitzungen, Ausschüsse und Anhörungen sind zentrale Formen der parlamentarischen Tätigkeit. Öffentlichkeit und Transparenz sind dabei leitende Prinzipien, begrenzte Ausnahmen sind möglich.
Nachweis der Bürgerschaft und Register
Ausweise und Reisedokumente
Die Staatsbürgerschaft wird regelmäßig durch Personalausweis und Reisepass dokumentiert. Diese Dokumente dienen als Nachweis der Identität und der Staatszugehörigkeit im In- und Ausland.
Register und Bescheinigungen
Behördliche Register halten personenstands- und melderechtliche Daten. Bei Bedarf können Bescheinigungen über die Staatsangehörigkeit ausgestellt werden, wenn der Nachweis über Dokumente nicht ausreicht.
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft
Im heutigen Sprachgebrauch werden beide Begriffe weitgehend deckungsgleich verwendet. Beide meinen die rechtliche Zuordnung einer Person zu einem Staat. Unterschiede betreffen eher Tradition und Begriffsgeschichte als den rechtlichen Gehalt.
Bevölkerung, Einwohnerschaft und bürgerschaftliches Engagement
„Bevölkerung“ oder „Einwohnerschaft“ bezeichnen alle Personen, die in einem Gebiet leben, unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit. „Bürgerschaftliches Engagement“ meint freiwillige Mitwirkung am Gemeinwesen und ist kein Statusbegriff, sondern beschreibt eine soziale Tätigkeit.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet Bürgerschaft im rechtlichen Sinne?
Bürgerschaft bezeichnet die rechtliche Zugehörigkeit einer Person zu einem Staat (Staatsbürgerschaft) sowie die Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger. Zudem ist „Bürgerschaft“ die Bezeichnung für das Landesparlament in Hamburg und Bremen.
Wie wird die Staatsbürgerschaft erworben?
Der Erwerb erfolgt in der Regel durch Geburt von einem Elternteil mit deutscher Staatsangehörigkeit. Daneben kommen Erwerb durch Geburt im Inland unter Voraussetzungen, durch Einbürgerung, durch Adoption und in bestimmten Fällen durch Erklärung in Betracht.
Kann die Staatsbürgerschaft verloren gehen?
Ein Verlust ist möglich durch Entlassung oder Verzicht bei gesicherter anderer Staatsangehörigkeit sowie durch Rücknahme eines rechtswidrigen Erwerbs, etwa bei Täuschung. Regelungen sollen Staatenlosigkeit vermeiden.
Welche Rechte sind an die Bürgerschaft geknüpft?
Wesentliche Rechte sind politische Teilhabe, Einreise- und Aufenthaltsrecht, Schutz durch den Staat und im Ausland konsularische Unterstützung. Bestimmte Rechte sind Bürgerrechten vorbehalten.
Welche Pflichten ergeben sich aus der Bürgerschaft?
Dazu zählen Loyalität gegenüber der staatlichen Ordnung, die Beteiligung an öffentlichen Lasten sowie gesetzlich vorgesehene Dienst- und Mitwirkungspflichten, insbesondere in besonderen Lagen.
Was ist der Unterschied zwischen Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft?
Beide Begriffe werden heute weitgehend gleichbedeutend verwendet und beschreiben die rechtliche Zuordnung zu einem Staat. Unterschiede liegen vor allem in Sprachgebrauch und Tradition.
Was bedeutet Bürgerschaft als Parlament?
In Hamburg und Bremen bezeichnet „Bürgerschaft“ das Landesparlament. Es wird gewählt, erlässt Landesgesetze, beschließt den Haushalt und kontrolliert die Landesregierung.
Was umfasst die Unionsbürgerschaft?
Die Unionsbürgerschaft ist an die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaats geknüpft. Sie beinhaltet unter anderem Freizügigkeit in der EU, kommunales Wahlrecht am Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten und konsularischen Schutz durch andere Mitgliedstaaten.