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Bürgermeistertestament


Bürgermeistertestament

Das Bürgermeistertestament ist ein in der Praxis des deutschen Erbrechts selten gebrauchtes Begriffskonstrukt, das im Zusammenhang mit der testamentarischen Erbfolge von kommunalen Amtsträgern, insbesondere Bürgermeistern, verwendet wird. Es bezeichnet in enger Auslegung ein durch einen Bürgermeister errichtetes Testament außerhalb der sonst üblichen Testamentsformen, meist im Zusammenhang mit seiner besonderen Stellung während der Amtsausübung. Historisch und rechtlich relevant wird der Begriff insbesondere im Rahmen der Zulässigkeit und Wirksamkeit von außergewöhnlichen Testamentsformen in Situationen, in welchen dem Bürgermeister als Amtsperson besondere Beurkundungsmöglichkeiten zuteilwerden.

Rechtsgrundlagen und Herkunft des Begriffs

Abgrenzung und Historie

Das Bürgermeistertestament ist kein gesetzlich normierter Begriff im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dennoch findet sich die Möglichkeit einer testamentarischen Verfügung durch Amtsträger, insbesondere in § 2267 BGB, wieder. Hier wird auf das „Nottestament vor dem Bürgermeister“ Bezug genommen, das errichtet werden kann, wenn Gefahr im Verzug besteht und ein Notar nicht rechtzeitig erreichbar ist.

Historisch rührt der Begriff aus Zeiten, in denen notariell bestellte Amtsinhaber wie Bürgermeister eine zentrale Rolle bei öffentlichen Beurkundungen besaßen – insbesondere in ländlichen Regionen und Notlagen.

Gesetzliche Verankerung

Die gesetzliche Grundlage für das Bürgermeistertestament ergibt sich aus den §§ 2249 ff. BGB, insbesondere § 2249 (Nottestament vor dem Bürgermeister). Daneben sind in der Testamentsrechtsverordnung (TestamentsVO) und in einzelnen Landesgesetzen Regelungen enthalten, die das Verfahren und die Zuständigkeit präzisieren.

Voraussetzungen für das Bürgermeistertestament

Dringlichkeit und Notsituation

Die Errichtung eines Bürgermeistertestaments ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Maßgeblich ist, dass sich der Testierende in einer akuten Notsituation befindet, in der die Errichtung eines regulären notariellen Testaments objektiv unmöglich oder nicht zumutbar ist. Die Anwesenheit eines Notars darf definitiv nicht zeitnah gewährleistet werden können.

Beteiligte Personen

Für ein wirksames Bürgermeistertestament müssen neben dem Bürgermeister als beurkundende Amtsperson zwei Zeugen anwesend sein. Der Testierende muss seine letztwilligen Verfügungen eindeutig mündlich erklären, die vom Bürgermeister protokolliert werden. In Abwesenheit des Bürgermeisters kann, nach § 2250 BGB (Drei-Zeugen-Testament), auch ein Testament unter Mitwirkung von drei Zeugen erstellt werden.

Formvorschriften

Das Testament ist unter Anwesenheit der Beteiligten zu errichten; es muss vom Bürgermeister und den Zeugen unterschrieben werden. Die Erklärungen des Testierenden sind unmittelbar, solange dieser testierfähig ist, von Amts wegen zu protokollieren.

Rechtswirkungen und Besonderheiten

Vorläufigkeit und zeitliche Begrenzung

Ein Bürgermeistertestament ist grundsätzlich nicht unbefristet gültig. Nach § 2252 BGB verliert dieses seine Gültigkeit, wenn seit der Errichtung drei Monate vergangen sind und der Erblasser noch lebt und wieder in der Lage ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten. Diese zeitliche Einschränkung garantiert, dass das Bürgermeistertestament ausschließlich eine Notlösung darstellt.

Überprüfung und Anfechtung

Nach dem Tod des Erblassers ist das Bürgermeistertestament dem Nachlassgericht zu übermitteln, das die formelle und inhaltliche Rechtsmäßigkeit prüft. Die Einhaltung der gesetzlichen Formerfordernisse sowie die Dokumentation der Notsituation sind für die Anerkennung essenziell. Fehler bei der Errichtung, beispielsweise Mängel an der Protokollierung oder fehlende Zeugenunterschriften, können zur Unwirksamkeit führen.

Bedeutung in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Rechtspraxis

Obwohl das Bürgermeistertestament in der Praxis von untergeordneter Bedeutung ist, kommt ihm vor allem in strukturschwachen oder abgelegenen Regionen unter Umständen noch heute eine gewisse praktische Relevanz zu, insbesondere bei plötzlicher Lebensgefahr und fehlender Erreichbarkeit von Notaren.

In der Literatur werden vor allem die erforderlichen Formerfordernisse, die nachträgliche Prüfung der Notlage sowie Abgrenzungsfragen zu weiteren Nottestamenten (wie dem Drei-Zeugen-Testament nach § 2250 BGB oder dem Seetestament nach § 2251 BGB) ausführlich diskutiert.

Abgrenzung zum notariellen Testament

Das Bürgermeistertestament unterscheidet sich erheblich vom regulären öffentlichen Testament, das durch einen Notar nach § 2232 BGB aufgenommen wird. Es dient ausschließlich der vorübergehenden Sicherung der letzten Willenserklärungen in absoluten Ausnahmefällen.

Praxisrelevanz

In großstädtischen Bereichen und gut versorgten Regionen ist das Bürgermeistertestament nahezu obsolet geworden. Moderne Kommunikations- und Mobilitätsmöglichkeiten haben dazu geführt, dass Notare in aller Regel kurzfristig erreichbar sind. Dennoch bleibt die Vorschrift eine Rechtsgrundlage für ungewöhnliche Notlagen.

Zusammenfassung

Das Bürgermeistertestament bezeichnet ein gesetzlich geregeltes Nottestament, das unter besonderen Voraussetzungen im Beisein eines Bürgermeisters und zweier Zeugen errichtet werden kann. Die Errichtung ist auf gravierende Ausnahmesituationen beschränkt, in denen ein reguläres notarielles Testament nicht erstellt werden kann. Die hohe Formstrenge, die zeitliche Begrenzung der Wirksamkeit und die erforderliche Dokumentation der Notsituation gewährleisten, dass diese Testamentsform nur als absolute Ausnahme zur Anwendung gelangt.

Literatur und weiterführende Informationen

Siehe auch:
Nottestament
Öffentliches Testament
Handschriftliches Testament
Drei-Zeugen-Testament
* Testierunfähigkeit

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Errichtung eines Bürgermeistertestaments berechtigt?

Ein Bürgermeistertestament kann ausschließlich von einer natürlichen Person errichtet werden, die über die volle Testierfähigkeit im Sinne der §§ 2229 ff. BGB verfügt. Das bedeutet, dass die betreffende Person mindestens 16 Jahre alt sein muss, wobei Minderjährige ab 16 Jahren nur ein öffentliches Testament und kein eigenhändiges Testament verfassen dürfen. Zudem darf keine Geschäftsunfähigkeit vorliegen. Im Gegensatz zu anderen Testamentsformen ist für das Bürgermeistertestament relevant, dass es sich nicht um eine hoheitliche Amtshandlung des Bürgermeisters im eigenentlichen Sinne handelt, sondern um eine spezifische notariell oder eigenhändig errichtete letztwillige Verfügung, bei der der Bürgermeister lediglich als beurkundende Instanz im Rahmen seiner Befugnisse gemäß Landesrecht auftreten kann. Es ist daher erforderlich, die jeweiligen länderspezifischen Vorschriften über die Mitwirkung von Bürgermeistern als Urkundspersonen sorgfältig zu beachten.

Welche Formerfordernisse sind beim Bürgermeistertestament zu beachten?

Das Bürgermeistertestament unterliegt strengen Formerfordernissen. Es kann grundsätzlich in der Form eines öffentlichen Testaments gemäß § 2232 BGB errichtet werden, wobei der Bürgermeister – sofern landesrechtlich dafür befugt – die Beurkundung übernimmt. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass das Testament entweder vollständig mündlich erklärt und vom Bürgermeister schriftlich niedergelegt und verlesen werden muss oder die Testierende Person dem Bürgermeister eine schriftliche Erklärung übergibt, die dieser als ihren letzten Willen anerkennt. Eine eigenhändige Errichtung unter Mitwirkung des Bürgermeisters ist nicht zulässig, da in diesen Fällen ausschließlich die eigenhändige Abfassung und eigenhändige Unterschrift des Erblassers erforderlich sind. Die Einhaltung der gesetzlichen Formerfordernisse, insbesondere die korrekte Beurkundung, Vorlesung und Unterzeichnung, ist für die Wirksamkeit des Bürgermeistertestaments zwingend notwendig. Eine Missachtung dieser führt in aller Regel zur Unwirksamkeit des Testaments.

Welche rechtlichen Wirkungen entfaltet ein Bürgermeistertestament im Erbfall?

Das Bürgermeistertestament entfaltet dieselbe Rechtswirkung wie andere Testamente: Es stellt eine letztwillige Verfügung dar, mit welcher die Erbfolge abweichend von der gesetzlichen Erbfolge geregelt werden kann. Im Erbfall wird das Testament eröffnet und die darin enthaltenen Anordnungen werden, sofern keine Wirksamkeitshindernisse bestehen, vollzogen. Die Form der Beurkundung durch einen Bürgermeister kann insbesondere dann relevant werden, wenn Zweifel an der Echtheit oder der Testierfähigkeit bestehen – das Bürgermeistertestament genießt hier ähnlich wie ein notarielles Testament einen erhöhten Beweiswert. Die Eintragung im Testamentsregister sowie die amtliche Verwahrung können überdies dazu beitragen, Rechtsstreitigkeiten zu verhindern und die letztwilligen Anordnungen sicher zu vollstrecken.

Gibt es eine gesetzliche Grundlage für das Bürgermeistertestament?

Die gesetzliche Grundlage für das Bürgermeistertestament ergibt sich vorrangig aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 2232, 2247, 2249 BGB) sowie aus speziellen landesrechtlichen Regelungen, die über die Befugnisse der Gemeinden und ihrer Organe Aufschluss geben. Während das BGB ausdrücklich nur den Notar als Urkundsperson für öffentliche Testamente vorsieht, können einzelne Bundesländer im Rahmen ihrer Gemeindeordnungen (z. B. Brandenburgische Kommunalverfassung) Regelungen geschaffen haben, die Bürgermeistern eine Beurkundungsbefugnis für testierende Personen, z. B. in Gemeinden ohne ansässigen Notar, zuweisen. Es ist daher wesentlich, die einschlägigen Landesgesetze und Verordnungen zu prüfen, bevor ein Bürgermeistertestament errichtet wird.

Welche Besonderheiten gelten für die Verwahrung und Registrierung eines Bürgermeistertestaments?

Für Bürgermeistertestamente gelten die allgemeinen Vorschriften über die amtliche Verwahrung und Registrierung von Testamenten. Nach § 34 Beurkundungsgesetz und den Vorschriften der §§ 2258a BGB ff. ist das Bürgermeistertestament unverzüglich an das zuständige Nachlassgericht zur amtlichen Verwahrung weiterzuleiten. Zusätzlich erfolgt die Registrierung im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer. Durch diese Maßnahmen wird sichergestellt, dass das Bürgermeistertestament im Erbfall leicht auffindbar ist und die ordnungsgemäße Errichtung dokumentiert wird. Die Zuständigkeit des Bürgermeisters für die Übergabe an das Nachlassgericht ist dabei landesrechtlich geregelt und muss zwingend eingehalten werden, um die Wirksamkeit des Testaments zu gewährleisten.

Können Bürgermeistertestamente nachträglich geändert oder widerrufen werden?

Ein Bürgermeistertestament kann wie jedes andere Testament nachträglich durch den Erblasser widerrufen oder geändert werden. Dies geschieht entweder durch Errichtung eines neuen Testaments oder durch eine ausdrückliche Widerrufserklärung, die den gleichen Formerfordernissen wie das ursprüngliche Bürgermeistertestament unterliegt. Bei einem öffentlich beurkundeten Bürgermeistertestament ist der Widerruf ebenfalls in öffentlicher Form vor einer hierzu befugten Person (z. B. Notar oder erneutem Bürgermeister) zu erklären. Die Vernichtung der Testamentsurkunde alleine reicht nicht zwingend für einen wirksamen Widerruf, sofern die Absicht des Widerrufs nicht eindeutig ist. Eine Registrierung des Widerrufs im Zentralen Testamentsregister ist zusätzlich empfehlenswert, um spätere Zweifel auszuschließen.

Welche Auswirkungen hat ein Formfehler bei der Errichtung eines Bürgermeistertestaments?

Formfehler bei der Errichtung eines Bürgermeistertestaments führen grundsätzlich zur Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung (§ 125 BGB i.V.m. § 2231 ff. BGB). Zu den häufigsten Formfehlern zählen das Fehlen der eigenhändigen Unterschrift des Erblassers bei eigenhändigen Testamenten, eine nicht ordnungsgemäße Beurkundung durch den Bürgermeister oder die Missachtung der vorgeschriebenen Verlesung und Unterzeichnung. Weitere Risiken bestehen, wenn der Bürgermeister nicht zur Beurkundung befugt war oder die landesrechtlich vorgeschriebenen Modalitäten nicht eingehalten wurden. Kommt es zu einem Formmangel, greift im Erbfall die gesetzliche Erbfolge, sofern kein anderes wirksames Testament vorhanden ist. Eine Heilung solcher Formfehler ist grundsätzlich ausgeschlossen, so dass auf eine akkurate Beachtung aller rechtlichen Vorschriften geachtet werden muss.