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Buchführung


Begriff und Bedeutung der Buchführung

Die Buchführung ist ein zentrales Instrument des betrieblichen Rechnungswesens und besteht aus der systematischen, lückenlosen und zeitgerechten Aufzeichnung sämtlicher Geschäftsvorfälle. Sie dient der Dokumentation und Kontrolle der Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens sowie der Information interner und externer Interessengruppen, insbesondere Behörden und Anteilseignern. Die Buchführung ist wesentliche Grundlage der Bilanzierung und der Erstellung weiterer Jahresabschlussdokumente.

Rechtliche Grundlagen der Buchführungspflicht

Handelsrechtliche Buchführungsvorschriften

Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zur Buchführung finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB). Nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Der Begriff des Kaufmanns ergibt sich gemäß §§ 1 ff. HGB und umfasst sowohl Einzelkaufleute als auch Handelsgesellschaften wie die GmbH, AG, OHG und KG.

Steuerrechtliche Buchführungspflicht

Neben den handelsrechtlichen Verpflichtungen regelt auch das Steuerrecht die Buchführungspflichten. Nach § 140 Abgabenordnung (AO) entsteht die steuerliche Buchführungspflicht immer dann, wenn eine handelsrechtliche Buchführungspflicht vorliegt. Zusätzlich wird gemäß § 141 AO bei Überschreiten bestimmter Umsatz- oder Gewinngrenzen (z.B. Umsätze > 600.000 EUR/Jahr oder Gewinn > 60.000 EUR/Jahr) unabhängig von der Rechtsform die Buchführungspflicht ausgelöst.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)

Allgemeine Anforderungen

Gemäß § 243 HGB sowie den GoB müssen die Bücher vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet geführt werden. Die Geschäftsvorfälle sind nachvollziehbar und überprüfbar festzuhalten. Es gilt das Prinzip der Klarheit und Übersichtlichkeit gemäß § 239 Abs. 2 HGB.

Einzelne Grundsätze

  • Vollständigkeit: Sämtliche Geschäftsvorfälle müssen dokumentiert werden.
  • Richtigkeit und Willkürfreiheit: Die Angaben müssen der Wahrheit entsprechen.
  • Zeitgerechte Buchung und Aufzeichnung: Buchungen sind zeitnah nach Abschluss eines Geschäftsvorfalles vorzunehmen.
  • Klarheit und Übersichtlichkeit: Buchungen müssen so geführt werden, dass sie von einem sachverständigen Dritten nachvollzogen werden können (§ 238 Abs. 1 HGB).
  • Nachprüfbarkeit: Die Herkunft und Bearbeitung der Aufzeichnungen muss lückenlos nachvollziehbar sein.

Elektronische Buchführung

Die Anforderungen an die elektronische Buchführung sowie an IT-gestützte Systeme sind seit der Einführung der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) weiter verschärft und konkretisiert worden. Die GoBD enthalten detaillierte Vorschriften zur Datensicherheit, Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit elektronischer Daten.

Inhalt und Umfang der Buchführung

Erfassung von Geschäftsvorfällen

Zur Buchführung zählen alle monetären und mengenmäßigen Vorgänge, die das Betriebsvermögen beeinflussen. Dazu gehören insbesondere:

  • Einnahmen und Ausgaben
  • Warenein- und -ausgänge
  • Forderungen und Verbindlichkeiten
  • Lohn- und Gehaltsabrechnungen
  • Investitionen und Abschreibungen

Die Buchungen werden mithilfe von Belegen dokumentiert, die als Nachweis für die Geschäftsvorfälle dienen. Belege sind gemäß § 257 HGB und § 147 AO zwingend aufzubewahren.

Aufbewahrungsfristen

Die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten betragen grundsätzlich zehn Jahre für Buchführungsunterlagen (§ 257 Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 3 AO). Zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zählen neben den handelsrechtlichen Büchern und Jahresabschlüssen auch Inventare, Eröffnungsbilanzen, Buchungsbelege sowie empfangene und versandte Handelsbriefe.

Befreiungstatbestände und Ausnahmen

Befreiung kleiner Unternehmen

Nach § 241a HGB sind Einzelkaufleute von der Buchführungspflicht befreit, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren einen Umsatz von nicht mehr als 600.000 EUR und einen Jahresüberschuss von nicht mehr als 60.000 EUR aufweisen. Diese Unternehmen können die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) als einfache Methode des Rechnungswesens anwenden.

Sonderregelungen für bestimmte Rechtsformen

Für Freiberufler besteht keine handelsrechtliche Buchführungspflicht, da sie nicht als Kaufleute im Sinne des HGB gelten. Steuerrechtlich werden Freiberufler nach Maßgabe des § 18 EStG behandelt und unterliegen lediglich der Pflicht zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung, sofern nicht zeitraumbezogene Umsatz- bzw. Gewinngrenzen überschritten werden.

Folgen von Buchführungsverstößen

Steuerrechtliche Konsequenzen

Unvollständige oder fehlerhafte Buchführung kann erhebliche steuerrechtliche Nachteile nach sich ziehen. Im Falle von Buchführungs- und Aufzeichnungsmängeln kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 AO). Schätzungen erfolgen in der Regel zum Nachteil des Steuerpflichtigen.

Straf- und Bußgeldtatbestände

Vorsätzliche oder grob fahrlässige Buchführungsverstöße können als Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) geahndet und mit Strafen oder Bußgeldern belegt werden.

Handelsrechtliche Auswirkungen

Buchführungsfehler beeinträchtigen regelmäßig die Insolvenzfeststellung, die Haftungssituation und die Nachweisführung in Zivilprozessen. Insbesondere im Insolvenzfall kann eine nicht ordnungsgemäße Buchführung unter Umständen zur persönlichen Haftung der Geschäftsleitung führen.

Bedeutung der Buchführung im Wirtschaftsleben

Die rechtlich korrekte und lückenlose Buchführung ist ein tragendes Element für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft. Sie gewährleistet Transparenz, Rechenschaft und Kontrolle und bildet die Grundlage für vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen, Gläubigerschutz und die Steuererhebung.


Siehe auch: BilanzierungJahresabschlussEinnahmen-Überschuss-RechnungAbgabenordnungHandelsgesetzbuch

(Dieser Eintrag ist Bestandteil eines Rechtslexikons und dient der umfassenden Information zum Begriff „Buchführung“ unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen.)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorschriften regeln die Buchführungspflicht in Deutschland?

Die Buchführungspflicht in Deutschland ist im Wesentlichen durch das Handelsgesetzbuch (HGB) und die Abgabenordnung (AO) geregelt. Nach § 238 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte sowie die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) ersichtlich zu machen. Hierbei wird unterschieden zwischen Ist-Kaufleuten (§ 1 HGB), Kann-Kaufleuten (§ 2 HGB) und Form-Kaufleuten (§ 6 HGB). Zusätzlich regelt § 140 AO, dass eine Buchführungspflicht bestehen kann, wenn dies durch andere Gesetze – wie z. B. das Steuerrecht – vorgeschrieben wird. § 141 AO bestimmt zudem Umsatz- und Gewinngrenzen, nach deren Überschreitung auch Nicht-Kaufleute verpflichtet sind, Bücher zu führen. Ergänzend legen zahlreiche steuerrechtliche Vorschriften fest, in welcher Form und wie umfassend Aufzeichnungen zu erfolgen haben, insbesondere im Hinblick auf steuerlich relevante Sachverhalte.

Welche gesetzlichen Fristen gelten für die Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen?

Die gesetzlichen Fristen für die Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen werden in § 257 HGB und in § 147 AO geregelt. Grundsätzlich müssen Handelsbücher, Inventare, Bilanzen, Geschäftsbücher und Buchungsbelege zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Für empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe sowie Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe beträgt die Aufbewahrungsfrist sechs Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht oder das Dokument entstanden ist. Eine Vernichtung vor Ablauf dieser Fristen stellt einen Verstoß gegen gesetzliche Aufbewahrungspflichten dar und kann sowohl steuerrechtlich als auch strafrechtlich sanktioniert werden.

Welche Anforderungen bestehen an die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung?

Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist in § 239 HGB und den sogenannten Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) normiert. Hierzu zählen unter anderem die Klarheit und Übersichtlichkeit der Buchführung, die Richtigkeit, Vollständigkeit, zeitgerechte Buchung und Erfassung sowie die Unveränderbarkeit von Eintragungen. Buchführungsunterlagen dürfen nicht so verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Bei elektronischer Buchführung gelten zusätzliche Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Unverfälschbarkeit der Daten, wie sie in den GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) festgelegt sind.

Wer ist nach deutschem Recht von der Buchführung befreit?

Grundsätzlich sind Kleingewerbetreibende und Freiberufler von der doppelten Buchführungspflicht befreit, sofern sie weder nach handelsrechtlichen noch nach steuerrechtlichen Vorschriften als buchführungspflichtig gelten. Für sie reicht im steuerlichen Sinne die sogenannte Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Die Befreiung entfällt, sobald sie die in § 141 AO festgelegten Grenzwerte bezüglich Umsatz oder Gewinn überschreiten oder sich freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen und damit Kaufmannseigenschaft erlangen. Darüber hinaus gelten bestimmte Sonderregelungen, beispielsweise für Land- und Forstwirte.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Buchführungspflicht?

Verstöße gegen die Buchführungspflicht können vielfältige rechtliche Konsequenzen haben. Zivilrechtlich können Schadensersatzansprüche entstehen, etwa wenn eine fehlerhafte Buchführung zu unwahren Bilanzen führt. Steuerrechtlich drohen Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt (§ 162 AO), Versagung von steuerlichen Vergünstigungen oder Festsetzung von Steuernachzahlungen. Darüber hinaus können Ordnungswidrigkeiten- und strafrechtliche Konsequenzen folgen: Die Verletzung der Buchführungspflicht kann nach § 283b StGB (Bilanzfälschung) strafbar sein und mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Im Rahmen von Insolvenzverfahren können zudem persönliche Haftungstatbestände entstehen.

Inwiefern sind elektronische Buchführungssysteme gesetzlich anerkannt?

Elektronische Buchführungssysteme sind grundsätzlich gesetzlich anerkannt, sofern diese die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfüllen. Nach § 239 Abs. 4 HGB ist auch die Führung von Büchern mittels elektronischer Systeme zulässig, solange die Lesbarkeit über die gesamte Aufbewahrungsfrist gewährleistet ist. Die GoBD präzisieren dabei die Anforderungen an elektronische Systeme, insbesondere hinsichtlich Nachvollziehbarkeit, Unveränderbarkeit, Zugriffsmöglichkeiten für die Finanzverwaltung und Datenschutz. Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, gilt die Buchführung aus steuerrechtlicher Sicht als nicht ordnungsgemäß.

Welche Bedeutung haben Außenprüfungen und Nachschauen im Kontext der Buchführungspflichten?

Außenprüfungen (Betriebsprüfungen) und Nachschauen durch das Finanzamt dienen der Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Buchführungspflichten. Im Rahmen dieser Prüfungen kann die Finanzverwaltung Einsicht in sämtliche Buchführungsunterlagen verlangen (§ 147 AO, § 200 AO). Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, können nicht nur Steuernachforderungen, sondern auch weitere Sanktionen erfolgen. Nachschauen, insbesondere Kassen-Nachschauen (§ 146b AO), erfolgen unangekündigt und prüfen gezielt die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und sonstigen relevanten Aufzeichnungen, um Manipulationen vorzubeugen.

Welche Rolle spielt die Belegpflicht im rechtlichen Kontext der Buchführung?

Die Belegpflicht ist ein zentrales Element der gesetzlichen Buchführung. § 238 Abs. 2 HGB und § 146 Abs. 1 AO schreiben vor, dass sämtliche Buchungen auf Basis von Belegen erfolgen müssen. Die Belege müssen so beschaffen sein, dass sich die zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle eindeutig und nachvollziehbar erkennen lassen. Diese Pflicht dient dem Nachweis gegenüber Dritten, insbesondere Steuerbehörden, und schützt vor Manipulationen. Bei fehlenden oder mangelhaften Belegen drohen sowohl steuerliche Schätzungen als auch der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung. Im Falle elektronischer Belege gelten zusätzliche Anforderungen hinsichtlich Echtheit und Unveränderbarkeit.