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Buchführung

Begriff und Zweck der Buchführung

Die Buchführung ist die geordnete, vollständige und systematische Aufzeichnung aller finanziellen Vorgänge eines Unternehmens oder einer selbstständigen Tätigkeit. Sie bildet die wirtschaftlichen Sachverhalte eines bestimmten Zeitraums lückenlos ab und stellt diese in einer nachvollziehbaren Form dar. Aus rechtlicher Sicht dient die Buchführung der Rechenschaftslegung gegenüber Eigentümerinnen und Eigentümern, Gläubigern und Behörden sowie der Ermittlung und Dokumentation von Vermögen, Schulden, Erträgen und Aufwendungen. Sie erfüllt zugleich eine Beweis- und Informationsfunktion: Geschäftsvorfälle werden überprüfbar dokumentiert, und die wirtschaftliche Lage wird für Dritte verständlich gemacht.

Rechtliche Einordnung und Geltungsbereich

Die Pflicht zur Buchführung knüpft regelmäßig an die Teilnahme am kaufmännischen Geschäftsverkehr an. Typischerweise sind Unternehmen mit kaufmännisch eingerichteten Strukturen verpflichtet, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen. Für kleinere Tätigkeiten bestehen Erleichterungen; ab bestimmten Umsatz- und Gewinngrenzen entsteht jedoch eine vollumfängliche Buchführungspflicht. Kapitalgesellschaften und andere haftungsbeschränkte Rechtsformen unterliegen grundsätzlich weitergehenden Anforderungen. Freiwillige Buchführung ist zulässig und kann rechtliche Wirkungen entfalten, wenn sie ordnungsgemäß geführt wird.

Der Umfang der Buchführungspflichten richtet sich nach Art und Größe des Geschäftsbetriebs. Maßgeblich sind die Erfassung aller Geschäftsvorfälle, die Erstellung von Inventar, Bilanz und Ergebnisrechnung sowie die geordnete Aufbewahrung der Unterlagen. Daneben bestehen branchenspezifische Vorgaben, insbesondere bei bargeldintensiven Tätigkeiten.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Klarheit, Vollständigkeit und Richtigkeit

Aufzeichnungen müssen klar, übersichtlich, vollständig und sachlich richtig sein. Geschäftsvorfälle sind vollständig und wahrheitsgetreu abzubilden. Sammel- oder Mischbuchungen dürfen die Nachvollziehbarkeit nicht beeinträchtigen.

Zeitgerechte und fortlaufende Erfassung

Geschäftsvorfälle sind zeitnah, fortlaufend und in der richtigen zeitlichen Reihenfolge aufzuzeichnen. Verzögerungen dürfen die Überprüfbarkeit nicht gefährden.

Nachprüfbarkeit und Unveränderbarkeit

Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass ein sachkundiger Dritter sie in angemessener Zeit prüfen kann. Änderungen sind nachvollziehbar und dokumentiert vorzunehmen; nachträgliche, spurenlose Veränderungen sind unzulässig.

Belegprinzip und Dokumentation

Jeder Buchung liegt ein Beleg zugrunde. Die Ablage muss geordnet, vollständig und dauerhaft nachvollziehbar sein. Verfahren, Systeme und Zuständigkeiten sind in einer Verfahrensdokumentation beschrieben, die den tatsächlichen Abläufen entspricht.

Aufbau und Inhalte der Buchführung

Doppelte Buchführung und Kontensystem

Die doppelte Buchführung erfasst Geschäftsvorfälle systematisch auf Konten, jeweils in Soll und Haben. Sie ermöglicht die periodengerechte Abgrenzung, die Ermittlung von Vermögen und Schulden sowie die Ableitung von Bilanz und Ergebnisrechnung.

Inventur, Eröffnungsbilanz und Abschluss

Zu Beginn der Buchführung wird der Bestand an Vermögensgegenständen und Schulden festgestellt. Am Ende eines Geschäftsjahres sind Inventur, Abschlussbuchungen und die Aufstellung von Bilanz und Ergebnisrechnung erforderlich. Die Kontinuität der Bewertungs- und Gliederungsgrundsätze ist zu wahren.

Belege, Kassenführung und Nebenaufzeichnungen

Rechnungen, Quittungen, Verträge und sonstige Belege sind vollständig zu sammeln und geordnet aufzubewahren. Bei Bartransaktionen gelten erhöhte Anforderungen an die Kassenführung. Nebenaufzeichnungen, etwa Waren- oder Anlagenverzeichnisse, ergänzen die Hauptbuchführung.

Elektronische Buchführung und Digitalisierung

Elektronische Belege und Datenformate

Belege können elektronisch empfangen, erstellt und archiviert werden. Dabei sind Lesbarkeit, Vollständigkeit und Unveränderbarkeit sicherzustellen. Eingehende elektronische Belege werden in dem empfangenen Format aufbewahrt; Scans müssen bildlich und inhaltlich dem Original entsprechen.

Systeme, Protokollierung und interne Kontrollen

Elektronische Systeme müssen Prozesse, Buchungen und Änderungen protokollieren. Zugriffsrechte, Funktionstrennungen und Kontrollen gewährleisten die Integrität der Daten. Die Verfahrensdokumentation beschreibt Aufbau, Nutzung und Pflege der Systeme.

Zugriff und Datenbereitstellung

Bei Prüfungen besteht die Pflicht, elektronische Daten in geeigneter Weise bereitzustellen. Üblich sind unmittelbarer Zugriff, unterstützter Zugriff oder die Überlassung von Datenträgern in einem auswertbaren Format.

Sprache, Währung und Form

Sprache der Bücher

Bücher und Aufzeichnungen sind in einer für Dritte verständlichen Sprache zu führen. Bei Verwendung einer anderen Sprache ist eine verlässliche Übersetzung bereitzuhalten.

Währung und Fremdwährungen

Die Buchführung erfolgt grundsätzlich in der gesetzlichen Währung des Sitzstaats. Fremdwährungsgeschäfte werden erfasst und zum Stichtag in die maßgebliche Währung umgerechnet; Wechselkursänderungen sind sachgerecht darzustellen.

Aufbewahrungspflichten

Fristen und Medien

Geschäftsbriefe, Buchungsbelege und weitere steuerlich relevante Unterlagen sind über mehrere Jahre aufzubewahren. Für Bücher, Inventare, Jahresabschlüsse und Buchungsbelege gilt regelmäßig eine zehnjährige Frist, für empfangene und abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe eine sechsjährige Frist. Elektronische Unterlagen werden inhaltlich vollständig, maschinell auswertbar und lesbar vorgehalten.

Ordnung, Sicherung und Verfügbarkeit

Die Aufbewahrung erfolgt geordnet und gegen Verlust gesichert. Während der Frist muss ein Zugriff innerhalb angemessener Zeit möglich sein. Die Auslagerung an Dienstleister ist zulässig, bleibt aber rechtlich der aufbewahrungspflichtigen Person zuzurechnen.

Prüfung und Einsichtsrechte von Behörden

Behörden sind befugt, die Buchführung zu prüfen. Dies umfasst die Einsicht in Bücher, Belege und elektronische Daten sowie die Überprüfung der Systeme und der Verfahrensdokumentation. Der geprüfte Betrieb muss die erforderlichen Auskünfte erteilen und die Einsichtnahme ermöglichen. Prüfungen können anlassbezogen oder routinemäßig erfolgen.

Konsequenzen von Buchführungsverstößen

Steuerliche Folgen

Unvollständige, fehlerhafte oder nicht zeitgerechte Buchführungen können zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen führen. Steuerliche Vergünstigungen oder Fristverlängerungen können versagt werden.

Ordnungswidrigkeiten und Strafbarkeit

Schwere Verstöße, etwa das Vernichten oder Verfälschen von Unterlagen, können ordnungswidrigkeiten- oder strafrechtliche Folgen haben. Die Verhängung von Geldbußen oder weitergehenden Sanktionen ist möglich.

Zivilrechtliche Auswirkungen

Mängel in der Buchführung beeinflussen die Beweisführung in Rechtsstreitigkeiten. Bei Leitungsorganen haftungsbeschränkter Gesellschaften kann eine fehlerhafte Buchführung zu Haftungsrisiken führen, insbesondere wenn sie zur Pflichtverletzung beiträgt.

Insolvenzrechtliche Bezüge

Die Buchführung ist bedeutsam für die Beurteilung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Unzureichende Aufzeichnungen erschweren die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und können im Insolvenzverfahren nachteilige Folgen haben.

Branchenspezifische Besonderheiten

Bargeldintensive Betriebe

Betriebe mit hohem Barumsatz unterliegen erhöhten Anforderungen an Kassendokumentation, Einzelaufzeichnung und Nachvollziehbarkeit. Technische Sicherheitseinrichtungen von Kassen und die Protokollierung von Vorgängen sind von besonderer Bedeutung.

Regulierte Branchen

In regulierten Sektoren, etwa Finanzdienstleistungen oder Gesundheitswesen, gelten neben den allgemeinen Buchführungsregeln zusätzliche Dokumentations- und Berichtspflichten, die die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen erweitern.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Rechnungswesen und Controlling

Die Buchführung ist Teil des Rechnungswesens und liefert die Datenbasis. Controlling nutzt diese Daten für Planung, Steuerung und Analyse, ist aber nicht selbst Teil der rechtlichen Buchführungspflicht.

Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Für bestimmte kleinere Tätigkeiten kommt eine vereinfachte Gewinnermittlung durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben in Betracht. Die doppelte Buchführung geht darüber hinaus, da sie Vermögens- und Schuldenbestände fortlaufend erfasst.

Jahresabschluss

Der Jahresabschluss fasst die Ergebnisse der Buchführung eines Geschäftsjahres zusammen. Er besteht regelmäßig aus Bilanz und Ergebnisrechnung; je nach Größe kommen Anhangs- und Lageberichtsangaben hinzu.

Internationaler Bezug

Im grenzüberschreitenden Kontext gelten neben nationalen Vorschriften teils internationale Rechnungslegungsstandards. Diese beeinflussen die Darstellung im Abschluss, ändern jedoch nicht die grundsätzliche Pflicht zur geordneten Buchführung nach den am Sitz geltenden Regeln. Konzernstrukturen können zu zusätzlichen Berichtspflichten führen.

Häufig gestellte Fragen zur Buchführung

Wer ist grundsätzlich zur Buchführung verpflichtet?

Zur Buchführung verpflichtet sind typischerweise Unternehmen, die einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern, sowie haftungsbeschränkte Gesellschaften. Ab bestimmten Umsatz- oder Gewinngrenzen entsteht ebenfalls eine Pflicht. Für kleinere Tätigkeiten bestehen Erleichterungen.

Welche Unterlagen müssen aufbewahrt werden und wie lange?

Aufzubewahren sind unter anderem Bücher, Inventare, Jahresabschlüsse, Buchungsbelege sowie empfangene und abgesandte Geschäftsbriefe. Für Bücher, Abschlüsse und Belege gilt regelmäßig eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren, für Geschäftsbriefe von sechs Jahren.

Ist eine elektronische Buchführung rechtlich zulässig?

Ja. Elektronische Buchführung ist zulässig, wenn Lesbarkeit, Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit gewährleistet sind. Systeme müssen Prozesse und Änderungen protokollieren und eine maschinelle Auswertbarkeit sicherstellen.

Welche Bedeutung hat die Verfahrensdokumentation?

Die Verfahrensdokumentation beschreibt die organisatorischen und technischen Prozesse der Buchführung. Sie ermöglicht es, Aufbau, Zuständigkeiten und Änderungen nachzuvollziehen, und ist für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit maßgeblich.

Welche Folgen haben Mängel in der Buchführung?

Mängel können zu steuerlichen Schätzungen, Versagung von Vergünstigungen sowie zu ordnungswidrigkeiten- oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Zivilrechtlich kann die Beweislage beeinträchtigt sein; in Leitungsfunktionen bestehen Haftungsrisiken.

Darf die Buchführung ausgelagert werden?

Eine Auslagerung an Dienstleister ist zulässig. Rechtlich verantwortlich bleibt jedoch der aufzeichnungspflichtige Betrieb, der die Ordnungsmäßigkeit, Vollständigkeit und Verfügbarkeit der Unterlagen sicherstellen muss.

In welcher Sprache und Währung ist zu buchen?

Die Buchführung erfolgt in einer verständlichen Sprache; bei Verwendung einer anderen Sprache ist eine verlässliche Übersetzung bereitzuhalten. Gebucht wird grundsätzlich in der gesetzlichen Währung des Sitzstaats; Fremdwährungsgeschäfte werden sachgerecht umgerechnet.

Worin unterscheidet sich die doppelte Buchführung von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung?

Die doppelte Buchführung erfasst Vermögens- und Schuldenbestände sowie alle Geschäftsvorfälle periodengerecht und ermöglicht Bilanz und Ergebnisrechnung. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung stellt demgegenüber vereinfacht Einnahmen und Ausgaben eines Zeitraums gegenüber.