Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Brutto(arbeits)lohn

Brutto(arbeits)lohn


Definition und rechtlicher Rahmen des Bruttolohns

Der Bruttolohn (Bruttoarbeitslohn) bezeichnet im deutschen Arbeitsrecht die gesamte vertraglich vereinbarte Vergütung, die ein Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit innerhalb eines bestimmten Abrechnungszeitraums vom Arbeitgeber erhält. Der Bruttolohn stellt dabei die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen dar und umfasst sämtliche Lohnbestandteile vor Abzug gesetzlich oder tariflich vorgeschriebener oder freiwilliger Abgaben. Die Begriffe „Bruttolohn“ und „Bruttoarbeitslohn“ werden in Gesetzestexten, Tarifverträgen und arbeitsrechtlichen Kommentaren synonym verwendet.


Zusammensetzung des Bruttolohns

Grundvergütung

Die Grundvergütung bildet den Hauptanteil des Bruttolohns. Sie wird in Arbeits- oder Tarifverträgen regelmäßig als monatlicher Festbetrag oder als Stundenlohn festgelegt. Die Höhe ergibt sich entweder aus individuellen Vereinbarungen oder orientiert sich an den jeweiligen tariflichen Bestimmungen.

Zulagen, Zuschläge und sonstige Bezüge

Zum Bruttolohn zählen außerdem alle Zuschläge und Zulagen, u.a.:

  • Überstundenzuschläge
  • Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge
  • Schichtzulagen
  • Leistungsprämien und Provisionen
  • vermögenswirksame Leistungen
  • Sachbezüge (z.B. Dienstwagen, Unterkunft, Verpflegung)
  • Einmalzahlungen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld)
  • Tantiemen und Gratifikationen

Diese Lohnbestandteile erhöhen das Bruttoarbeitsentgelt und sind im Regelfall steuer- und sozialversicherungspflichtig, sofern keine ausdrückliche Ausnahme besteht.


Abgrenzung zu Nettolohn und anderen Entgeltbegriffen

Unterschied zum Nettolohn

Der Nettolohn ist der nach Abzug aller gesetzlichen und ggf. zusätzlichen individuellen Abzüge verbleibende Auszahlungsbetrag. Der Bruttolohn bildet die Basis zur Ermittlung des Nettoentgelts durch folgende Abzüge:

  • Lohnsteuer inklusive Zuschläge für Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
  • Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung)
  • ggf. individuelle Gehaltsabtretungen oder Pfändungen

Unterschied zum Arbeitsentgelt und Gesamtbrutto

Während der Begriff „Bruttolohn“ alle Lohnbestandteile vor Abzug der Arbeitnehmeranteile umfasst, kann das „Arbeitsentgelt“ im Sinne des § 14 SGB IV weitergefasst sein und auch geldwerte Vorteile bzw. Sachbezüge einschließen. Das Gesamtbrutto in der Lohn- und Gehaltsabrechnung bezeichnet das vor Abzug aller Steuern und Sozialabgaben aufgeschlüsselte Bruttogehalt einschließlich aller Einmalzahlungen und Sonderleistungen.


Rechtliche Grundlagen und Regelungen

Arbeitsvertrag und Tarifvertrag

Die Höhe und Ausgestaltung des Bruttolohns wird in Deutschland in erster Linie im Arbeitsvertrag festgelegt. Ergänzend gelten ggf. einschlägige Tarifverträge oder betriebliche Vereinbarungen, die Mindestvergütungen vorschreiben oder bestimmte Zuschläge regeln. § 2 Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet zur schriftlichen Niederlegung der wesentlichen Lohnbestandteile.

Gesetzliche Vorgaben zum Mindestlohn

Seit 2015 gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG), das jedem Arbeitnehmer einen gesetzlichen Mindestbruttolohn pro Stunde zusichert. Die konkrete Höhe des Mindestlohns wird regelmäßig angepasst und ist für alle Arbeitnehmer verbindlich, sofern keine gesetzlichen Ausnahmen greifen.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Bewertung

Bruttolohn und seine einzelnen Bestandteile stellen im Sinne des Einkommenssteuergesetzes (EStG) steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, sofern sie nicht ausdrücklich steuerfrei sind (z.B. nach § 3 EStG). Für die Berechnung der Lohnsteuer ist der Bruttolohn maßgeblich. Im Sozialversicherungsrecht ist das Arbeitsentgelt gemäß § 14 SGB IV die Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung.


Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Bruttolohn

Abrechnung und Auszahlungsverfahren

Arbeitgeber sind verpflichtet, den Bruttolohn ordnungsgemäß zu ermitteln, lohnsteuerlich und sozialversicherungsrechtlich abzurechnen sowie dem Arbeitnehmer eine detaillierte Gehaltsabrechnung zur Verfügung zu stellen (§ 108 GewO). In der Abrechnung sind sämtliche Bestandteile des Bruttolohns und sämtliche Abzüge aufzuführen.

Einbehalt und Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen

Vom Bruttoarbeitslohn sind auf Grundlage des § 38 EStG sowie der einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vom Arbeitgeber alle fälligen Abgaben einzubehalten und an die zuständigen Stellen abzuführen. Verstöße hiergegen können haftungs- und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.


Bedeutung des Bruttolohns in diversen Rechtsbereichen

Arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz und Vergütungsansprüche

Im Rahmen von Kündigungsschutzklagen oder Lohnklagen bildet der Bruttolohn die Basis zur Berechnung von ausstehenden Entgeltansprüchen. Auch für die Bemessung von Abfindungen oder Urlaubsabgeltungen ist der Bruttolohn maßgeblich.

Sozialleistungsrecht

Für die Berechnung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (z.B. Arbeitslosengeld, Mutterschaftsgeld, Elterngeld) ist der Bruttoarbeitslohn regelmäßig die relevante Bemessungsgröße.

Insolvenzrecht

Im Insolvenzfall ist der Bruttolohn die Grundlage für die Berechnung etwaiger Insolvenzgeld-Ansprüche gemäß §§ 165 ff. SGB III.


Nachweise und Kontrolle

Gehaltsabrechnung und Nachweis gegenüber Behörden

Die monatliche Gehaltsabrechnung dient als Nachweis über die Höhe und Zusammensetzung des Bruttolohns, sowohl für Arbeitnehmer als auch im Rahmen behördlicher Prüfungen, z.B. durch Finanzämter oder Träger der Sozialversicherung.

Prüf- und Mitteilungspflichten

Im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung sowie Betriebsprüfungen der Sozialversicherungsträger wird regelmäßig die ordnungsgemäße Abrechnung und Abführung des Bruttolohns kontrolliert.


Literaturhinweise und Rechtsprechung

Zentrale gesetzliche Grundlagen zum Bruttolohn finden sich u.a. im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Einkommenssteuergesetz (EStG), im Sozialgesetzbuch (SGB) sowie im Mindestlohngesetz (MiLoG). Wichtige Grundsatzentscheidungen gibt es insbesondere von den Arbeitsgerichten (insbesondere BAG) zur Abgrenzung von Brutto- und Nettolohn sowie zur Behandlung einzelner Lohnbestandteile.


Zusammenfassung

Der Bruttoarbeitslohn ist ein zentrales Element des deutschen Arbeits- und Sozialrechts. Er bezeichnet die Gesamtheit aller vor Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gezahlten Arbeitsentgelte. Die korrekte Ermittlung und Abrechnung des Bruttolohns ist für die Einhaltung arbeitsrechtlicher, steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten von wesentlicher Bedeutung. Der Bruttolohn bildet die Basis für viele weitergehende Rechtsansprüche und ist ein zentrales Kriterium für Fragen rund um Vergütung, Sozialleistungen und steuerrechtliche Verpflichtungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln den Bruttoarbeitslohn in Deutschland?

Der Bruttoarbeitslohn wird in Deutschland in einer Vielzahl von Gesetzen und Bestimmungen geregelt. Zentral sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 611a ff., die das Arbeitsverhältnis und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers normieren. Hinzu kommen das Einkommensteuergesetz (EStG), welches in § 19 die steuerliche Einordnung des Arbeitslohns regelt, sowie das Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), das für sozialversicherungsrechtliche Zwecke eine Legaldefinition des sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitslohns enthält. Darüber hinaus sind tarifvertragliche Regelungen gemäß dem Tarifvertragsgesetz (TVG) sowie betriebliche Vereinbarungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beachten. Auch landesspezifische Mindestlohngesetze und das bundesweit geltende Mindestlohngesetz (MiLoG) können den Bruttolohn beeinflussen, indem sie eine gesetzliche Untergrenze setzen. In Fällen von Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sind zudem Spezialgesetze oder -regelungen, etwa das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bei Krankheit, zu berücksichtigen.

Welche Bestandteile gehören rechtlich zwingend zum Bruttolohn?

Zum Bruttolohn zählen gemäß der gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen alle vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gezahlten Vergütungsbestandteile. Dies umfasst grundsätzlich das Grundentgelt sowie sämtliche Zulagen, Zuschläge für Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Prämien, Provisionen, Sachleistungen (z.B. Dienstwagen, Wohnungsüberlassung), geldwerte Vorteile, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Abfindungen und Sonderzahlungen, sofern diese vertraglich oder tariflich zugesichert sind. Nach § 14 SGB IV sind diese Bestandteile auch im sozialversicherungsrechtlichen Kontext zu berücksichtigen, soweit keine ausdrücklichen gesetzlichen Ausnahmen vorliegen. Steuerfreie oder pauschal versteuerte Zuschläge können allerdings in der sozialversicherungsrechtlichen Abgrenzung ausgenommen sein.

Wie ist der Bruttolohn bei Teilzeitbeschäftigung rechtlich zu betrachten?

Aus rechtlicher Sicht besteht bei Teilzeitbeschäftigung nach § 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ein Anspruch auf anteilige Vergütung, die sich am Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeitszeit orientiert. Das heißt, der Bruttolohn bei Teilzeitbeschäftigung muss im Verhältnis zur vollen Arbeitszeit und der dafür gezahlten Vergütung stehen, was eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten ausschließt. Alle gesetzlichen und vertraglichen Lohnbestandteile sind grundsätzlich entsprechend anteilig zu berücksichtigen, sofern keine zwingenden entgegenstehenden Regelungen bestehen. Dabei gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 4 TzBfG), der Diskriminierung verbietet.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Auszahlung des Bruttolohns?

Gemäß § 614 BGB ist der Bruttolohn grundsätzlich nach Beendigung der jeweiligen Arbeitsleistung fällig, wobei die Fälligkeit durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertragliche Regelungen modifiziert werden kann. Die Auszahlung hat regelmäßig zum vereinbarten Termin, häufig zum Monatsende, zu erfolgen. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, zum Zeitpunkt der Fälligkeit auch die entsprechende Lohnabrechnung zu erstellen, welche alle gesetzlichen Abzüge (z.B. Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge) detailliert ausweist. Die ordnungsgemäße und rechtzeitige Auszahlung ist dabei eine Hauptpflicht des Arbeitgebers; bei Verzug kann der Arbeitnehmer Verzugszinsen und ggf. Schadensersatz geltend machen (§§ 286, 288 BGB).

Wie wird der Bruttolohn bei Überstunden und Mehrarbeit rechtlich behandelt?

Das Arbeitsrecht unterscheidet Überstunden (über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit) und Mehrarbeit (über die gesetzliche Höchstarbeitszeit hinausgehende Arbeit). Grundsätzlich müssen Überstunden mittels einer ausdrücklichen vertraglichen oder tariflichen Regelung vergütet oder durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Fehlt eine Regelung, kann im Einzelfall ein Anspruch auf Bruttolohn für die erbrachten Überstunden nach § 612 BGB bestehen, wenn diese „üblicherweise nur gegen Vergütung“ zu leisten sind. Zuschläge für Überstunden, Nacht- oder Feiertagsarbeit sind keine gesetzliche Pflicht, können aber aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen resultieren und erhöhen die Bruttobezüge entsprechend.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber hinsichtlich der Lohnabrechnung und Transparenz des Bruttolohns?

Der Arbeitgeber ist nach § 108 Gewerbeordnung (GewO) verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei jeder Auszahlung des Arbeitslohns eine schriftliche Abrechnung über die Zusammensetzung des Bruttolohns und sämtliche Abzüge (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Sozialversicherungsbeiträge etc.) zu erteilen. In dieser Lohnabrechnung müssen zudem alle Be- und Abzüge verständlich und nachvollziehbar dargestellt werden, um eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit seitens des Arbeitnehmers zu ermöglichen. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Pflicht, kann er auf Auskunftserteilung verklagt werden, zudem drohen Bußgelder.

Was ist im rechtlichen Kontext bei der Rückforderung von zu viel gezahltem Bruttolohn zu beachten?

Hat der Arbeitgeber irrtümlich zu viel Bruttoarbeitslohn gezahlt, steht ihm grundsätzlich ein Rückforderungsrecht zu (§ 812 BGB, „Leistungskondiktion“). Gleichwohl ist bei der Rückforderung zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer die Überzahlung als solche erkennen musste und ob sie für ihn offensichtlich war. Unter Umständen kann der Arbeitnehmer, wenn er den Lohn bereits im guten Glauben verbraucht hat, Schutz nach den Grundsätzen des Wegfalls der Bereicherung genießen. Die Rückforderung greift zudem regelmäßig nur für den Netto- nicht aber den Bruttobetrag, sofern die Abgaben bereits an die jeweiligen Träger abgeführt wurden, es sei denn, diese werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet.

Kann der Bruttolohn im laufenden Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber einseitig geändert werden?

Eine einseitige Änderung des Bruttolohns durch den Arbeitgeber ist rechtlich grundsätzlich nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Grundlage bildet der abgeschlossene Arbeitsvertrag, der die Vergütungspflicht normiert. Änderungen bedürfen entweder einer einvernehmlichen Regelung (Änderungsvertrag/-vereinbarung) oder der Änderungskündigung (vgl. § 2 KSchG). Änderungskündigungen sind nur nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Eine einseitige Reduzierung ohne rechtlich tragfähigen Grund und ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ist unwirksam und kann zur Nachzahlungspflicht führen. Im Rahmen von Betriebsänderungen, etwa Restrukturierungen, besteht die Möglichkeit von Betriebsvereinbarungen, die allerdings ebenfalls gesetzlichen Anforderungen unterliegen.