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Brennelementesteuer


Begriffsbestimmung und Einführung: Brennelementesteuer

Die Brennelementesteuer war eine in der Bundesrepublik Deutschland erhobene Steuer, die auf die Verwendung von Kernbrennstoffen in gewerblichen Kernkraftwerken abzielte. Sie wurde insbesondere im Zuge energie- und finanzpolitischer Maßnahmen eingeführt und ist eng mit der Diskussion um die Finanzierung der Kosten für den Ausstieg aus der Kernenergie sowie der Endlagerung radioaktiver Abfälle verbunden. Die gesetzlichen und rechtlichen Regelungen der Brennelementesteuer betrafen sowohl steuerpflichtige Unternehmen der Energiewirtschaft als auch die staatlichen Verwaltungsbehörden.


Gesetzliche Grundlagen der Brennelementesteuer

Einführung und ordnungsrechtliche Verankerung

Die Brennelementesteuer wurde durch das Brennelementesteuergesetz (Brennelementesteuergesetz – BrennelementeStG) geregelt, welches am 1. Januar 2011 in Kraft trat. Dieses Gesetz war Bestandteil umfassender finanzpolitischer Maßnahmen im Rahmen der Energiewende und des Kernenergieausstiegs. Die Gesetzgebung verfolgte das Ziel, den Beitrag der Betreiber von Kernkraftwerken zur Finanzierung des Bundeshaushalts zu erhöhen und mögliche Folgekosten der Energieerzeugung aus Kernenergie anteilig zu decken.

Regelungsumfang des Brennelementesteuergesetzes

Das Brennelementesteuergesetz regelte insbesondere:

  • die Steuerpflicht für das Entnehmen von Kernbrennstoffen aus einem steuerlichen Lager zur gewerblichen Verwendung (insbesondere zum Einsatz in einem Kernreaktor zur Energieerzeugung),
  • die Festsetzung und Erhebung der Steuer,
  • Definitionen von Begriffen wie „Kernbrennstoff“, „steuerliches Lager“ und „Verwender“,
  • die Steuerentstehung und Bemessungsgrundlage,
  • Steuervergünstigungen, Steuerbefreiungen und Rückerstattungsverfahren,
  • Verwaltungsverfahren, insbesondere Steueranmeldung und die Pflichten der betroffenen Unternehmen.

Höhe und Bemessung der Steuer

Die Steuer wurde als Mengensteuer ausgestaltet. Für Plutonium und Uran, das in Brennelementen für Kernkraftwerke verwendet wurde, fiel eine Steuer in Höhe von 145 Euro pro Gramm an. Der Steuerbetrag war somit direkt von der Menge des zum Einsatz kommenden Kernbrennstoffs abhängig.


Steuerpflicht, Steuergegenstand und Steuerentstehung

Steuerpflichtige Tatbestände

Die Steuer entstand, sobald Kernbrennstoffe aus einem steuerrechtlichen Lager zum Zwecke der gewerblichen Energieerzeugung in einem Kernkraftwerk entnommen wurden. Die Nutzung für Forschungszwecke und andere nicht-gewerbliche Verwendungen waren steuerfrei.

Steuerpflichtige Personen

Zur Entrichtung der Brennelementesteuer verpflichtet waren diejenigen Personen beziehungsweise Gesellschaften, welche die Brennstoffe einem steuerlichen Lager (in der Regel einem sogenannten „Kernbrennstofflager“) entnahmen. Dies waren üblicherweise die Betreiber von kommerziellen Kernkraftwerken.

Steuerentstehung und steuerliches Verfahren

Die Steuer wurde zum Zeitpunkt der Entnahme des Kernbrennstoffs fällig. Sie war vom Steuerpflichtigen eigenständig anzumelden und innerhalb einer festgesetzten Frist an das zuständige Hauptzollamt zu zahlen. Zu den administrativen Vorgaben zählten detaillierte Buchführungs- und Meldepflichten.


Verwaltungsverfahren und Rechtsgrundlagen

Zuständigkeit und Vollstreckung

Die Verwaltung der Brennelementesteuer oblag der Zollverwaltung, vertreten durch die Hauptzollämter. Diese Stellen waren zuständig für Anmeldung, Prüfungsverfahren, Steuerfestsetzung, Erhebung und gegebenenfalls Steuererstattung. Das Verwaltungsverfahren richtete sich nach den allgemeinen Vorschriften der Abgabenordnung (AO).

Rechtsbehelfe und Rechtsmittel

Gegen Festsetzungen oder andere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Brennelementesteuer konnten im Rahmen des bestehenden Verwaltungsrechtsschutzes Einspruch und anschließende Klage vor den Finanzgerichten erhoben werden. Auch eine Anrufung des Bundesfinanzhofs war möglich, sofern grundsätzliche Rechtsfragen berührt waren.


Rechtliche Auseinandersetzungen und Verfassungsrechtliche Aspekte

Gerichtsverfahren und Kritik

Die Brennelementesteuer war Gegenstand zahlreicher verwaltungsgerichtlicher Verfahren. Betreiber von Kernkraftwerken zweifelten insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Steuer an und rügten eine mögliche unzulässige Sonderbelastung sowie die Kompetenz des Bundesgesetzgebers.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Mit Urteil vom 13. April 2017 (Az. 2 BvL 6/13) erklärte das Bundesverfassungsgericht die Kernbrennstoffsteuer für verfassungswidrig und nichtig. Das Gericht führte aus, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz zur Erhebung der Steuer besaß, da keine ausreichende Grundlage im Grundgesetz bestand. Insbesondere könne die Steuer nicht auf die Regelungskompetenz für Verbrauchsteuern oder ähnliche Steuern gestützt werden.


Außerkrafttreten und Rückabwicklung

Beendigung der Erhebungspraxis

Das Brennelementesteuergesetz sah ohnehin ein zeitliches Befristen der Steuer vor: Die Steuer war bis zum 31. Dezember 2016 zu erheben. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde das Gesetz rückwirkend für nichtig erklärt. Bereits gezahlte Steuern waren von der Zollverwaltung vollständig an die betroffenen Betreiber zu erstatten.

Folgen für die Rechtspraxis und den Staatshaushalt

Die Rückabwicklung der Steuerbescheide führte zu erheblichen Rückzahlungen an die Energieunternehmen. Die öffentliche Diskussion um die Finanzierung der Kosten des Atomausstiegs und der Lagerung radioaktiver Abfälle erhielt damit neue Impulse.


Zusammenfassung

Die Brennelementesteuer war ein zentrales Element der deutschen Energie- und Steuerpolitik in den Jahren 2011 bis 2016. Ihr rechtlicher Hintergrund und die verfassungsrechtliche Einordnung waren Gegenstand umfangreicher Debatten und Auseinandersetzungen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts setzte einen Schlusspunkt und betonte die Grenzen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Trotz ihrer Aufhebung bleibt die Brennelementesteuer ein Beispiel für die komplexen Verflechtungen von Steuerrecht, Energiepolitik und Verfassungsrecht in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzliche Grundlage bildet die Basis für die Erhebung der Brennelementesteuer in Deutschland?

Die Erhebung der Brennelementesteuer in Deutschland wurde auf Grundlage des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) geregelt. Das Gesetz trat am 1. Januar 2011 in Kraft und bestimmte, dass Betreiber von Kernkraftwerken für die Nutzung von Kernbrennstoffen, insbesondere Uran-235 und Plutonium-239, die zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom zum Einsatz kommen, eine Steuer zu entrichten hatten. Das Gesetz regelte den steuerbaren Vorgang (das erstmalige Einsetzen der Brennelemente in die Kernspaltungskette eines Reaktors zur gewerblichen Stromerzeugung), die Bemessungsgrundlagen (Menge sowie Art des eingesetzten Kernbrennstoffs), Steuersätze sowie die Erhebungs- und Verwaltungsvorschriften. Besonders wichtig war, dass das Bundesverfassungsgericht am 13. April 2017 das Kernbrennstoffsteuergesetz als verfassungswidrig und nichtig erklärte (Az.: 2 BvL 6/13), da es keine ausreichende Rechtsgrundlage im deutschen Steuerverfassungsrecht gab. Entsprechend mussten bereits gezahlte Steuern rückabgewickelt werden. Die Anwendung des Gesetzes ist damit rechtlich obsolet, jedoch von hoher Bedeutung für die verfassungsrechtliche Bewertung von Verbrauchsteuern in Deutschland.

Welche steuerlichen Pflichten und Mitwirkungspflichten hatten Betreiber von Kernkraftwerken nach dem Kernbrennstoffsteuergesetz?

Betreiber von Kernkraftwerken, die der Brennelementesteuer unterlagen, waren nach dem Kernbrennstoffsteuergesetz verpflichtet, jede erstmalige Verwendung steuerbarer Kernbrennstoffe für die Stromerzeugung dem zuständigen Hauptzollamt anzuzeigen. Sie mussten innerhalb einer vom Gesetz bestimmten Frist Steueranmeldungen abgeben, die sowohl die Masse als auch die Art der verwendeten Kernbrennstoffe beinhalteten. Die Steuer war als Selbstveranlagungssteuer ausgestaltet, das heißt, die Betreiber hatten die Steuer eigenverantwortlich zu berechnen und abzuführen. Darüber hinaus war es ihre Pflicht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, aus denen die steuerrelevanten Prozesse nachvollziehbar hervorgingen. Die Finanzbehörde war berechtigt, Prüfungen durchzuführen und Einsicht in sämtliche relevanten Unterlagen zu nehmen. Verletzungen dieser Mitwirkungspflichten konnten steuerrechtliche Sanktionen und Bußgelder nach sich ziehen.

Wie wurde der steuerbare Vorgang unter dem Kernbrennstoffsteuergesetz konkret abgegrenzt und abgewickelt?

Der steuerbare Vorgang im Sinne des Kernbrennstoffsteuergesetzes war das erstmalige Einsetzen von uranhaltigen oder plutoniumhaltigen Brennelementen in einen deutschen Kernreaktor zur gewerblichen Stromerzeugung. Von der Steuerpflicht ausgenommen waren Vorgänge, bei denen Kernbrennstoffe nicht für die gewerbliche Energieerzeugung, sondern zu Forschungs- oder medizinischen Zwecken verwendet wurden. Die Abgrenzung verlangt eine genaue Dokumentation durch die Betreiberfirmen, um die Steuerpflicht eindeutig feststellen zu können. Die Steuer entstand mit dem Zeitpunkt des Einsetzens, nicht mit der Bestellung, dem Kauf oder der Herstellung der Brennelemente. Die Abwicklung erfolgte durch Abgabe der Steueranmeldung und Entrichtung der Steuer innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalendermonats, in dem der steuerbare Tatbestand erfüllt wurde.

Welche Rolle spielte das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2017 für die Besteuerung von Brennelementen?

Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 13. April 2017 (2 BvL 6/13) hatte eine zentrale Rolle für die weitere rechtliche Behandlung der Brennelementesteuer. Das Gericht erklärte das Kernbrennstoffsteuergesetz in Gänze für nichtig. Begründet wurde dies damit, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung einer solchen Steuer hatte, da es sich bei der Brennelementesteuer um eine materielle Verbrauchsteuer handelte, für deren Einführung es einer ausdrücklichen bundesstaatlichen Ermächtigung im Grundgesetz bedurfte. Infolge des Urteils wurden alle entstandenen Steuerforderungen hinfällig, bereits gezahlte Steuern mussten an die betroffenen Unternehmen zurückerstattet werden. Dieses Urteil hatte auch weitreichende Auswirkungen auf die Besteuerung anderer Energieträger und die verfassungsrechtliche Auslegung der Verbrauchsteuern in Deutschland.

Wie wurden Rückerstattungen der Brennelementesteuer nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgewickelt?

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts waren die betroffenen Energieversorgungsunternehmen dazu berechtigt, alle auf Grundlage des nichtigen Kernbrennstoffsteuergesetzes gezahlten Steuern zurückzuverlangen. Die Rückerstattung erfolgte durch die zuständigen Zollbehörden. Sie umfasste sowohl den ursprünglich entrichteten Steuerbetrag als auch die darauf entfallenden Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, die den Unternehmen für den entgangenen Gebrauch des Kapitals zustehen. Die Rückabwicklung erfolgte im Verwaltungsverfahren nach den allgemeinen Vorschriften der Abgabenordnung, wobei die Steueranmeldungen nachträglich aufgehoben und entsprechende Erstattungsbescheide erlassen wurden. Aufgrund der zu erstattenden Beträge hatte das Urteil erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die öffentliche Haushaltslage.

Welche zoll- und steuerrechtlichen Kontrollen betrafen die Brennelementesteuer?

Zuständig für die Erhebung, Überwachung und Kontrolle der Brennelementesteuer waren die Hauptzollämter. Sie führten entsprechende Prüfungen und Inspektionen bei den steuerpflichtigen Unternehmen durch, um die ordnungsgemäße Feststellung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Zu den Kontrollmaßnahmen gehörte die Überprüfung der angegebenen Mengen an eingesetzten Kernbrennstoffen, die Einsichtnahme in betriebliche Unterlagen und Anlagenbücher, sowie die Überwachung des Warenflusses im Bereich der Kernenergie. Die Hauptzollämter hatten weitgehende Befugnisse zur Feststellung der steuerlichen Verhältnisse und konnten bei Verstößen gegen die steuerlichen Pflichten Bußgelder oder gegebenenfalls strafrechtliche Ermittlungen einleiten.

Inwiefern war eine Anrechnung oder ein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Brennelementesteuer vorgesehen?

Die Brennelementesteuer war eine reine Verbrauchsteuer und unterschied sich von der Umsatzsteuer, bei der Vorsteuerabzugsmöglichkeiten bestehen. Nach dem Kernbrennstoffsteuergesetz war keine Anrechnung der gezahlten Steuer möglich, sondern sie stellte eine endgültige Belastung der Unternehmen dar. Ebenso war keine Anrechnung oder Berücksichtigung im Rahmen anderer Steuerarten vorgesehen, etwa als Betriebsausgabe in der Körperschaftsteuer. Die Steuer sollte explizit als Lenkungssteuer wirken und den Einsatz von Kernbrennstoffen zur Stromerzeugung verteuern. Steuerliche Vorteile konnten allenfalls auf Ebene der laufenden Steuerveranlagung indirekt durch die Geltendmachung als Aufwand entstehen, was jedoch vom allgemeinen Steuerrecht und nicht vom Kernbrennstoffsteuergesetz geregelt wurde.