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Brennelementesteuer

Begriff und Zweck der Brennelementesteuer

Die Brennelementesteuer war eine Abgabe des Bundes auf die Verwendung bestimmter kernbrennstoffhaltiger Materialien in kommerziellen Kernkraftwerken in Deutschland. Sie wurde im Jahr 2011 eingeführt und knüpfte an den Einsatz von Kernbrennstoffen im Reaktorkern an. Ziel war vor allem die Erzielung von Staatseinnahmen in einer Übergangsphase der Energieversorgung; eine zusätzliche Lenkungswirkung im Hinblick auf die Nutzung der Kernenergie wurde mitgedacht.

Rechtsnatur und Systematik

Einordnung

Die Brennelementesteuer war als Steuer konzipiert, die an einen konkret bestimmbaren Vorgang anknüpft: das erstmalige Einlegen von Kernbrennstoff in den Reaktorkern eines Leistungsreaktors. Sie war keine Gegenleistung für eine individuelle staatliche Leistung (also weder Gebühr noch Beitrag) und auch keine zweckgebundene Sonderabgabe. Inhaltlich weist sie Nähe zu verbrauchs- bzw. verwendungsbezogenen Steuern auf, da der Steueranlass ein Nutzungsvorgang ist.

Abgrenzung zu regulativen Instrumenten

Die Brennelementesteuer war ein fiskalisches Instrument und unterschied sich damit von sicherheitsrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsregimen der Kernenergie sowie von finanzierungsbezogenen Vorsorgepflichten für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung. Diese Regime verfolgen Schutz- und Vorsorgezwecke; die Steuer zielte auf Einnahmeerzielung ab.

Steuergegenstand und Bemessungsgrundlage

Steuergegenstand

Besteuert wurde die Verwendung von Kernbrennstoffen in einem Reaktorkern zum Zweck der gewerblichen Stromerzeugung. Kernbrennstoffe im Sinne der Steuer waren insbesondere Uran-235 sowie Plutonium-239 und Plutonium-241 in Brennelementen oder sonstigen brennstoffhaltigen Komponenten.

Bemessungsgrundlage und Steuersatz

Bemessungsgrundlage war die Masse der in den Reaktorkern eingelegten spaltbaren Isotope. Der Steuersatz betrug 145 Euro pro Gramm der steuerrelevanten Isotope. Die Steuer fiel je Einlegevorgang an und war auf denselben Brennstoff nicht mehrfach zu entrichten.

Steuerpflicht und Entstehungstatbestand

Steuerpflichtige

Steuerpflichtig waren die Betreiber von kommerziellen Kernkraftwerken, die Kernbrennstoffe in einen Reaktorkern einlegten. Forschungseinrichtungen und nicht kommerzielle Nutzungen waren nicht erfasst.

Entstehung der Steuer

Die Steuer entstand mit dem erstmaligen Einlegen der steuerrelevanten Brennstoffe in den Reaktorkern nach dem gesetzlich definierten Stichtag. Die spätere Entnahme oder Wiederaufarbeitung war für die Entstehung der Steuer ohne Bedeutung.

Verwaltungsverfahren und Erhebung

Anmeldung und Festsetzung

Die Erhebung erfolgte durch steuerliche Anmeldung der Betreiber gegenüber der zuständigen Bundesbehörde. Auf Grundlage der gemeldeten Massen der spaltbaren Isotope erfolgte die Festsetzung und Bekanntgabe der Zahllast.

Nachweisführung und Kontrolle

Die Betreiber hatten die mengenmäßigen Daten der eingesetzten Brennstoffe nachvollziehbar zu dokumentieren. Hierzu dienten technische Unterlagen wie Brennstoffinventare, Mess- und Wiegeprotokolle sowie kerntechnische Buchführung. Die Behörde konnte Unterlagen anfordern und stichprobenartig prüfen.

Fälligkeit und Zahlung

Die Steuerbeträge waren nach Festsetzung innerhalb der vorgegebenen Fristen zu entrichten. Bei verspäteter Zahlung konnten Säumnisfolgen entstehen.

Zeitlicher Geltungsbereich, Außerkrafttreten und nachträgliche Entwicklung

Geltung und Befristung

Die Brennelementesteuer galt in Deutschland im Zeitraum von 2011 bis Ende 2016. Sie war von Anfang an befristet angelegt und trat mit Ablauf der Befristung außer Kraft.

Rechtliche Beanstandung und Rückabwicklung

Die Erhebung wurde nachträglich rechtlich beanstandet und schließlich aufgehoben. In der Folge wurden bereits entrichtete Beträge an die Betreiber erstattet, einschließlich der gesetzlichen Verzinsung für den betroffenen Zeitraum.

Finanz- und energiepolitische Einordnung

Fiskalische Bedeutung

Die Steuer führte während ihrer Geltung zu erheblichen Einnahmen des Bundes. Mit der späteren Aufhebung waren entsprechende Rückzahlungen verbunden, was haushaltswirtschaftliche Auswirkungen hatte.

Energiepolitischer Kontext

Die Steuer entstand in einer Phase des Umbaus des Energiesystems. Sie stand neben anderen Instrumenten der Energie- und Klimapolitik, ohne diese inhaltlich zu ersetzen. Ihr Zweck lag nicht in der Regulierung der nuklearen Sicherheit, sondern in der Einnahmeerzielung.

Verhältnis zu anderen Abgaben und Verpflichtungen

Abgrenzung zu Energiesteuern und Umlagen

Die Brennelementesteuer war keine Stromverbrauchs- oder Mineralölsteuer und keine Umlage auf Endkunden. Sie knüpfte allein an die Verwendung spaltbarer Stoffe im Kraftwerk an und wurde von den Betreibern geschuldet.

Abgrenzung zu Entsorgungs- und Stilllegungsverpflichtungen

Unabhängig von der Steuer bestehen eigenständige Pflichten zur Finanzierung von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung radioaktiver Abfälle. Diese Pflichten folgen eigenem Regelungszweck und eigener Finanzierungslogik und sind von der Brennelementesteuer zu trennen.

Europarechtliche und internationale Bezüge

Harmonisierungsgrad

Die Brennelementesteuer war ein nationales Instrument. Eine unionsweite Harmonisierung solcher Steuern besteht nicht. Gleichwohl musste das Instrument mit grundlegenden unionsrechtlichen Vorgaben, etwa zur Warenverkehrsfreiheit und zu staatlichen Beihilfen, vereinbar sein.

Nukleare Rahmenordnung

Die nuclearrechtlichen Sicherheits- und Aufsichtsstandards folgen völker- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen. Diese betreffen jedoch primär Sicherheit und Strahlenschutz und nicht die Frage einer nationalen Besteuerung des Brennstoffeinsatzes.

Praktische Auswirkungen und Dokumentationsanforderungen

Auswirkungen auf Betreiber

Die Steuer wirkte sich auf die laufenden Kosten der Stromerzeugung in Kernkraftwerken aus und erforderte detaillierte Stoffstrom- und Massenbilanzen, um die Besteuerungsgrundlagen nachvollziehbar zu dokumentieren.

Behördliche Praxis

Die Verwaltungspraxis umfasste die Prüfung der Anmeldungen, den Abgleich mit technischen Nachweisen sowie die Abwicklung der nachträglichen Aufhebung einschließlich Erstattungen.

Häufig gestellte Fragen zur Brennelementesteuer

Was wurde durch die Brennelementesteuer konkret besteuert?

Besteuert wurde der erstmalige Einsatz bestimmter spaltbarer Isotope, insbesondere Uran-235 sowie Plutonium-239 und -241, in den Reaktorkern eines kommerziellen Kernkraftwerks zur Stromerzeugung.

Wer war Schuldner der Brennelementesteuer?

Schuldner waren die Betreiber von kommerziellen Kernkraftwerken, die steuerrelevante Kernbrennstoffe in den Reaktorkern einlegten.

Wann entstand die Steuer und wie oft fiel sie an?

Die Steuer entstand mit dem erstmaligen Einlegen der steuerrelevanten Brennstoffe nach dem maßgeblichen Stichtag. Für denselben Brennstoff fiel die Steuer nicht mehrfach an.

Wie wurde die Höhe der Brennelementesteuer berechnet?

Die Höhe ergab sich aus der Masse der eingelegten spaltbaren Isotope multipliziert mit einem festen Steuersatz von 145 Euro je Gramm der steuerrelevanten Isotope.

Galt die Brennelementesteuer dauerhaft?

Nein. Sie galt von 2011 bis Ende 2016 und war befristet. Nach Ablauf der Befristung trat sie außer Kraft.

Was geschah nach der rechtlichen Beanstandung der Steuer?

Die Erhebung wurde rückwirkend aufgehoben. Bereits geleistete Steuerbeträge wurden an die Betreiber erstattet, einschließlich Verzinsung für den relevanten Zeitraum.

Stand die Brennelementesteuer im Zusammenhang mit unionsrechtlichen Vorgaben?

Die Steuer war ein nationales Instrument ohne unionsweite Harmonisierung. Sie musste jedoch mit grundlegenden unionsrechtlichen Prinzipien vereinbar sein, insbesondere in Bezug auf Binnenmarktregeln.