Definition und Anwendungsbereich der Börsenzulassungsverordnung
Die Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) ist eine Rechtsverordnung der Bundesrepublik Deutschland, welche die Einzelheiten der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an der Börse regelt. Sie konkretisiert im deutschen Kapitalmarktrecht die gesetzlichen Vorschriften des Börsengesetzes (BörsG) im Hinblick auf Zulassungsvoraussetzungen, Verfahrensabläufe, Publizitätspflichten und die erforderlichen Angaben in den maßgeblichen Dokumenten für die Börsenzulassung.
Die Börsenzulassungsverordnung kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn Kapitalgesellschaften Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Zertifikate zum regulierten Markt einer Wertpapierbörse in Deutschland einführen möchten. Ziel ist, auf Basis einheitlicher, transparenter Regeln ein hohes Maß an Anlegerschutz und Markttransparenz zu gewährleisten.
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Rechtsgrundlagen und Entwicklungsgeschichte der Börsenzulassungsverordnung
Gesetzliche Grundlagen
Die BörsZulV stützt sich auf das Börsengesetz (BörsG), insbesondere auf § 32 BörsG, der die Bundesregierung beziehungsweise das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) dazu ermächtigt, die mit der Börsenzulassung verbundenen Details durch Rechtsverordnung zu regeln. Neben dem BörsG sind insbesondere auch das Wertpapierprospektgesetz und die einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen.
Historische Entwicklung
Die Börsenzulassungsverordnung wurde am 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708) erlassen und hat seitdem zahlreiche Aktualisierungen erfahren, um sich an die Veränderungen in der europäischen und nationalen Kapitalmarktregulierung sowie an internationale Standards anzupassen. Insbesondere die Übernahme europäischer Richtlinien, etwa der Prospektrichtlinie oder der Transparenzrichtlinie, führte zu wiederholten Anpassungen.
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Wesentliche Regelungsinhalte der Börsenzulassungsverordnung
Zulassungsvoraussetzungen für Wertpapiere
Die BörsZulV regelt detailliert die Voraussetzungen, unter denen Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen werden können. Zu den wichtigsten Anforderungen gehören:
- Rechtssicherheit der Wertpapiere: Die Emittentin muss rechtlich zur Emission der Wertpapiere befugt sein, und die Wertpapiere selbst müssen den rechtlichen Spezifikationen entsprechen.
- Mindestnennbetrag: Für Aktien und andere Wertpapiere ist ein bestimmter Mindestnennbetrag bzw. ein Mindestvolumen vorgeschrieben, um ausreichend Handelsliquidität zu gewährleisten.
- Streubesitzanforderungen: Ein bestimmter Anteil der Wertpapiere muss im öffentlichen Umlauf (Streubesitz) sein, um die Funktionsfähigkeit des Handels sicherzustellen.
- Rechtsstellung der Wertpapierinhaber: Die Rechte, die mit den Wertpapieren verbunden sind, wie Stimmrechte oder Gewinnansprüche, müssen eindeutig bestimmt und veröffentlich sein.
Form und Inhalt des Zulassungsantrags
Gemäß BörsZulV sind Emittenten verpflichtet, den Antrag auf Börsenzulassung schriftlich bei der Zulassungsstelle der jeweiligen Börse einzureichen. Der Antrag muss alle gesetzlich geforderten Angaben und Unterlagen enthalten, beispielsweise:
- Ausführliche Beschreibung der Emittentin und ihrer Geschäftstätigkeit,
- Namentliche Zeichnung des Vorstands/der Geschäftsführung,
- Satzung oder Gesellschaftsvertrag in aktueller Fassung,
- Testierter Jahresabschluss der letzten drei Geschäftsjahre (bzw. nach aktuellem Stand möglich kürzere Fristen für bestimmte Emittenten).
Prospekt- und Publizitätspflichten
Ein zentraler Aspekt der Börsenzulassungsverordnung sind die Regelungen zu Prospekt-und Offenlegungspflichten. Emittenten müssen einen Wertpapierprospekt veröffentlichen, der alle für die Bewertung der Wertpapiere wesentlichen Informationen umfasst. Der Prospekt unterliegt der Nachprüfung durch die nationale Aufsichtsbehörde (in Deutschland: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin).
Weitere Publizitätsanforderungen betreffen regelmäßig:
- Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen,
- Offenlegung von Unternehmensdaten und Finanzkennzahlen,
- Meldungen über bedeutende Stimmrechtsanteile (gemäß § 33 WpHG).
Verfahren der Zulassung und Widerruf
Die Entscheidung über die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel trifft die Börsenzulassungsstelle nach Abschluss der Prüfung aller eingereichten Unterlagen und Unterlagen. Ein schriftlicher Nachweis über die Zulassung wird dem Antragsteller erteilt.
Ein Widerruf der Zulassung ist möglich, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind oder auf Antrag der Emittentin, sofern die Marktintegrität und der Schutz der Anleger gewährleistet bleiben.
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Verhältnis zu anderen Rechtsakten und europarechtliche Einflüsse
Die Börsenzulassungsverordnung muss in ihrem Anwendungsbereich stets im Kontext weiterer einschlägiger Rechtsvorschriften betrachtet werden:
- Börsengesetz (BörsG)
- Wertpapierprospektgesetz (WpPG)
- Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
- Regelungen der EU, insbesondere: Prospektverordnung (EU) 2017/1129, Marktmissbrauchsverordnung (MAR)
Die europarechtlichen Vorgaben werden durch Anpassungen der BörsZulV fortlaufend harmonisiert. So wurden die Anforderungen an die Prospekterstellung und -veröffentlichung maßgeblich durch das Unionsrecht geprägt und erweitert.
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Bedeutung der Börsenzulassungsverordnung im Kapitalmarktrecht
Die Börsenzulassungsverordnung bildet einen zentralen Baustein des deutschen Kapitalmarktaufsichtsrechts. Sie sorgt für Transparenz, Rechtssicherheit und den Schutz der Anlegerinteressen auf dem regulierten Kapitalmarkt. Durch die umfassende Regulierung der Zulassung und die darauf aufbauenden Publizitätsanforderungen werden ein ordnungsgemäßer Preisbildungsmechanismus und die Integrität der Börsen gewährleistet.
Die strengen Zulassungskriterien und Offenlegungspflichten, die durch die BörsZulV implementiert sind, tragen erheblich zur Funktionsfähigkeit und dem internationalen Renommee des Finanzplatzes Deutschland bei.
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Literatur und weiterführende Quellen
- Börsengesetz (BörsG)
- Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) – aktuelle Fassung
- Wertpapierprospektgesetz (WpPG)
- Prospektverordnung (EU) 2017/1129
- Informationen der Deutschen Börse AG zur Börsenzulassung
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Zusammenfassung
Die Börsenzulassungsverordnung ist ein zentrales Regelwerk für den Zugang von Wertpapieren zum regulierten Börsenhandel in Deutschland. Sie definiert umfassend die Voraussetzungen, Verfahren und Informationspflichten für Emittenten von Wertpapieren, stellt so einen wichtigen Eckpfeiler des deutschen Wertpapier- und Kapitalmarktrechts dar und dient dem Schutz der Marktteilnehmer und der Sicherstellung eines fairen, transparenten Kapitalmarkts.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist nach der Börsenzulassungsverordnung berechtigt, einen Antrag auf Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel zu stellen?
Gemäß der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) sind grundsätzlich nur bestimmte Personenkreise berechtigt, einen Antrag auf Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel zu stellen. Hierzu zählen insbesondere das ausgebende Unternehmen selbst (Emittent) sowie Kreditinstitute, die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassen sind und über eine entsprechende Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfügen. Die Antragstellung setzt voraus, dass der Antragsteller die notwendigen rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllt, sowie die erforderlichen Unterlagen und Informationen bereitstellt, wie sie im Börsengesetz (BörsG) und in der Börsenzulassungsverordnung genau spezifiziert sind. Der Antrag ist an die Geschäftsführung der jeweiligen Börse zu richten, wobei die Einhaltung der vorgegebenen Fristen und Formerfordernisse essenziell ist. Eine Mitwirkung von Dritten, beispielsweise durch eine Bevollmächtigung, ist nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zulässig und muss entsprechend dokumentiert werden.
Welche Unterlagen sind nach der Börsenzulassungsverordnung für die Zulassung einzureichen?
Die Einreichung der Zulassungsunterlagen verlangt gemäß Börsenzulassungsverordnung die Vorlage eines vollständigen, aktuellen und nach geltenden Vorgaben erstellten Wertpapierprospekts. Ergänzend dazu sind Unterlagen vorzulegen, die die Rechtsstellung des Emittenten und der Wertpapiere belegen (z.B. Satzung, Handelsregisterauszüge, Nachweis der ordnungsgemäßen Begebung der Wertpapiere), aktuelle Jahresabschlüsse einschließlich Lagebericht sowie gegebenenfalls Zwischenberichte, sofern dies aufgrund des Geschäftsjahres erforderlich ist. Sollte es sich beim Emittenten um einen ausländischen Rechtsträger handeln, sind zusätzlich Übersetzungen und ggf. Legalisationen der Unterlagen vorzulegen. Die Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen an die Unterlagen richtet sich nach EU-Prospektverordnung, Börsengesetz und ergänzenden nationalen Vorschriften, die für die jeweilige Gattung der Wertpapiere spezifische Regelungen vorsehen. Die Dokumente müssen vollständig, wahrheitsgemäß und rechtlich belastbar sein, andernfalls kann die Zulassung versagt oder im Nachhinein widerrufen werden.
Unter welchen Umständen kann die Zulassung nach Börsenzulassungsverordnung versagt werden?
Eine Versagung der Zulassung ist nach der Börsenzulassungsverordnung in mehreren Fällen zulässig und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zwingend vorgesehen. Zu den wichtigsten Verweigerungsgründen zählt die Unvollständigkeit, Fehlerhaftigkeit oder Unrichtigkeit der eingereichten Unterlagen. Auch wenn die Publizitätspflichten nicht ausreichend erfüllt wurden oder der Prospekt nicht den gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen entspricht, ist eine Versagung zu erwarten. Darüber hinaus kann eine Zulassung verweigert werden, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Emission bestehen, etwa aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Kapitalbeschaffung, Zweifeln hinsichtlich der Bonität des Emittenten oder Verstöße gegen das Wertpapierhandelsrecht. Ein weiterer Grund ist die Gefahr von Marktverzerrungen oder der Schutz der Interessen von Anlegern, insbesondere im Hinblick auf ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Börsenmarktes. Die Entscheidung über die Versagung erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Börsenorganen.
Welche Publizitätspflichten bestehen nach der Zulassung gemäß Börsenzulassungsverordnung weiter?
Nach Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel sind die Emittenten weiterhin strengen Publizitätspflichten unterworfen. Insbesondere sind fortlaufend Ad-hoc-Mitteilungen nach Art. 17 MAR (Marktmissbrauchsverordnung) vorzunehmen, sofern kursrelevante Informationen vorliegen. Die Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen, Zwischen- und Quartalsberichten bleibt bestehen und ist regelmäßig zu erfüllen. Änderungen, die die Rechte der Wertpapierinhaber oder wesentliche Unternehmensdaten betreffen, sind unverzüglich und ordnungsgemäß zu publizieren. Zusätzlich können Sondervorschriften nach dem Börsengesetz oder der Deutschen Börsenordnung gelten, die branchenspezifische oder marktbezogene Mitteilungspflichten vorsehen. Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann empfindliche Sanktionen, Geldbußen bis hin zum Börsenausschluss nach sich ziehen.
In welchen Fällen ist ein Widerruf der Zulassung nach der Börsenzulassungsverordnung möglich?
Der Widerruf einer Börsenzulassung ist analog zu deren Versagung unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Wesentliche Gründe für einen Widerruf können sein: das Wegfallen der Zulassungsvoraussetzungen (z.B. Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Emittenten), wiederholte oder schwerwiegende Verletzungen von Publizitäts- oder Berichtspflichten, das Bekanntwerden von Täuschungen, Unrichtigkeiten oder gefälschten Angaben im Rahmen der Zulassung oder bei späteren Publikationen. Auch die Antragsstellung des Emittenten selbst auf Widerruf der Zulassung ist nach rechtlicher Prüfung und unter Einhaltung bestimmter Fristen möglich (sogenannter „Delisting-Antrag“), wobei die Interessen der Anleger besonders berücksichtigt werden müssen. Die Entscheidung über den Widerruf obliegt der jeweiligen Börsen-Geschäftsführung, die unter Wahrung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, der Schutzinteressen des Kapitalmarktes sowie der Anleger zu entscheiden hat.
Welche besonderen Anforderungen stellt die Börsenzulassungsverordnung an ausländische Emittenten?
Ausländische Emittenten unterliegen grundsätzlich denselben Zulassungsvoraussetzungen wie inländische Emittenten, jedoch mit einigen zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen. Neben der Vorlage sämtlicher standardmäßiger Unterlagen sind Dokumente in deutscher Sprache oder zumindest mit beglaubigter Übersetzung einzureichen. Bei juristischen Personen aus dem Ausland ist der Nachweis der Rechtefähigkeit sowie der Rechtsgrundlage der Wertpapieremission nach ausländischem Recht erforderlich, was häufig durch amtliche Beglaubigungen oder Legalisationen (Apostillen) ergänzt werden muss. Darüber hinaus müssen ausländische Emittenten häufig zusätzliche Nachweise bezüglich der Erfüllung steuerlicher und aufsichtsrechtlicher Verpflichtungen in ihrem Herkunftsland erbringen. Auch die Anerkennung von Abschlüssen und Berichten kann von besonderen Bewertungsverfahren abhängig sein, um die Gleichwertigkeit mit den deutschen oder EU-rechtlichen Anforderungen zu gewährleisten.
Wie ist das Verfahren bei Änderungen der Zulassungsunterlagen nach der Erteilung der Zulassung geregelt?
Ändern sich nach der Erteilung der Zulassung wesentliche Angaben, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen enthalten waren, ist der Emittent gemäß Börsenzulassungsverordnung verpflichtet, die betreffenden Änderungen unverzüglich der Börsengeschäftsführung mitzuteilen und die aktualisierte Fassung der relevanten Unterlagen einzureichen. Veränderungen können insbesondere im Zusammenhang mit Änderungen der Gesellschaftsstruktur, Kapitalmaßnahmen, neuen Emissionen oder sonstigen kapitalmarktrelevanten Ereignissen eintreten. Die Verpflichtung zur Mitteilung besteht, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen dem Markt und den Anlegern jederzeit in aktueller und vollständiger Form zur Verfügung stehen und somit die Integrität des Börsenhandels gewährleistet ist. Zuwiderhandlungen können auch nachträglich zum Widerruf der Börsenzulassung führen oder andere aufsichtsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen nach sich ziehen.