Begriff und Grundgedanke der Blankettfälschung
Blankettfälschung bezeichnet die Fälschung einer Erklärung, die auf einem bereits unterschriebenen, inhaltlich (teilweise) noch leeren Dokument beruht. Charakteristisch ist, dass eine echte Unterschrift oder ein echtes Authentizitätsmerkmal vorhanden ist, der nachträglich eingefügte Text jedoch nicht (oder nicht in diesem Umfang) vom Unterzeichner gedeckt ist. Das Ergebnis ist eine Urkunde, die den Anschein erweckt, vom Aussteller zu stammen, obwohl der maßgebliche Inhalt nicht seinem Willen entspricht.
Der Begriff ist eine Unterform der Dokumentenfälschung. Er grenzt sich dadurch ab, dass nicht ein vollständig gefälschtes Schriftstück hergestellt wird, sondern ein echtes Signum (z. B. Unterschrift) mit einem unbefugt eingebrachten oder nachträglich veränderten Inhalt kombiniert wird.
Struktur und Funktionsweise der Blanketturkunde
Urkundenfunktion und Zuordnung zum Aussteller
Eine Urkunde dient dem Beweis einer Erklärung, die einem Aussteller zugerechnet wird. Die Unterschrift schafft die Verbindung zwischen Inhalt und Person. Bei einer Blanketturkunde ist diese Verbindung zunächst unvollständig: Die Unterschrift existiert vor dem endgültigen Text. Erst mit dem Ausfüllen erhält das Dokument seine Beweisfunktion. Entscheidend ist, ob der endgültige Inhalt vom Willen des Unterzeichners gedeckt ist.
Entstehung eines Blanko-Dokuments
Blanketturkunden entstehen typischerweise, wenn jemand ein leeres oder nur teilweise ausgefülltes Formular unterschreibt und es einer anderen Person überlässt, den Rest auszufüllen. Beispiele sind vorunterzeichnete Quittungen, Schuldanerkenntnisse, Wechsel, Schecks oder Vertragsformulare. Die Berechtigung und die Grenzen des Ausfüllens ergeben sich regelmäßig aus Absprachen oder dem erkennbaren Zweck.
Typische Fallkonstellationen
Unbefugtes Ausfüllen einer unterschriebenen Leerseite
Wer ein fremdes, bereits unterschriebenes Blatt oder Formular ohne jede Befugnis ausfüllt, erschafft den Anschein, der Unterzeichner habe gerade diesen Inhalt erklärt. Das Dokument ist in seiner maßgeblichen Aussagekraft nicht dem Unterzeichner zuzurechnen. Diese Konstellation gilt als besonders typische Ausprägung der Blankettfälschung.
Ausfüllen entgegen einer begrenzten Ermächtigung
Wurde eine Ausfüllungsbefugnis erteilt, ist maßgeblich, ob der Ausfüller innerhalb der vereinbarten Grenzen handelt. Wird der Umfang überschritten (etwa ein höherer Betrag oder abweichende Bedingungen), gilt die ursprüngliche, echte Urkunde als inhaltlich verfälscht. Die formale Echtheit der Unterschrift bleibt bestehen, der Beweisgehalt ist jedoch manipuliert.
Nachträgliche Änderungen an einem bereits ausgefüllten Dokument
Wird ein dokumentierter Inhalt nachträglich verändert (z. B. Betrag, Datum oder Konditionen), liegt eine Verfälschung einer echten Urkunde vor. Bei Blankettfälschung stehen hingegen typischerweise die erstmalige, unbefugte inhaltliche Ausfüllung oder die über das Erlaubte hinausgehende Komplettierung im Vordergrund.
Besondere Anwendungsfelder
Häufig betroffen sind Zahl- und Wertpapiere, Quittungen, Bestell- und Lieferformulare, Schuldanerkenntnisse, Vollmachtsurkunden sowie vorgefertigte Vertragsmuster. Je nach Dokumentenart können zusätzlich besondere Vorschriften zu Zahlungs- und Wertpapieren einschlägig sein.
Abgrenzungen
Wirksames Ausfüllen im Rahmen einer Befugnis
Wird ein Blankett innerhalb der erkennbaren oder vereinbarten Grenzen ausgefüllt, ist das Ergebnis eine echte Urkunde. Täuschungen über tatsächliche Umstände, die nicht im Dokument verkörpert sind, können gesondert rechtlich relevant sein, begründen für sich jedoch keine Blankettfälschung.
Bloße Unwahrheit ohne Urkunde
Eine reine mündliche Falschangabe ohne Bezug zu einer Urkunde erfüllt keinen Tatbestand der Dokumentenfälschung. Erforderlich ist stets eine Beeinträchtigung der Beweisfunktion eines Dokumentes.
Digitale Konstellationen
Bei elektronischen Dokumenten übernehmen Signaturen und technische Sicherungen die Authentizitätsfunktion. Wird ein elektronisch signiertes, inhaltlich offenes Dokument unbefugt vervollständigt oder später verändert, können vergleichbare Grundsätze gelten. Maßgeblich bleibt, ob der endgültige Inhalt dem Signaturinhaber zurechenbar ist oder die Beweisfunktion manipuliert wurde.
Subjektive Voraussetzungen
Vorsatz
Erforderlich ist Wissen und Wollen hinsichtlich der unbefugten inhaltlichen Herstellung oder Veränderung der Urkunde. Der Täter muss erkennen, dass der Inhalt vom tatsächlichen oder erkennbaren Willen des Unterzeichners nicht gedeckt ist.
Täuschungsabsicht im Rechtsverkehr
Regelmäßig wird vorausgesetzt, dass die gefälschte oder verfälschte Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr bestimmt ist. Es genügt, wenn die Verwendung gegenüber Behörden, Unternehmen oder Privatpersonen naheliegt oder beabsichtigt ist.
Tathandlungen und Stadien
Herstellung einer unechten Urkunde
Wer ohne jede Ausfüllungsbefugnis den Inhalt einer vorunterzeichneten Leerseite erstellt, stellt eine unechte Urkunde her, weil der Aussteller dem konkreten Inhalt nicht zugerechnet werden kann.
Verfälschung einer echten Urkunde
Wer die Grenzen einer erteilten Ausfüllungsbefugnis überschreitet oder nachträglich inhaltlich ändert, verfälscht eine echte Urkunde. Die Identität des Ausstellers bleibt bestehen, der Inhalt wird jedoch in unzulässiger Weise verändert.
Gebrauch einer gefälschten oder verfälschten Urkunde
Wer ein so hergestelltes Dokument im Rechtsverkehr verwendet, macht den Täuschungserfolg möglich oder verstärkt ihn. Das kann rechtlich eigenständig bewertet werden.
Versuch
Bereits ein Ansetzen zur Herstellung oder Verwendung kann je nach konkreter Ausgestaltung beachtlich sein. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls und der Grad der Tatverwirklichung.
Beteiligung und Zurechnung
Mitwirkung mehrerer Personen
Beteiligen sich mehrere, kann die Verantwortung nach den üblichen Regeln der Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe verteilt werden. Maßgeblich sind Beitrag, Tatplan und Tatherrschaft.
Rolle des ursprünglichen Unterzeichners
Hat der Unterzeichner die spätere unbefugte Verwendung veranlasst oder wesentliche Teile gebilligt, können sich Besonderheiten für die Zurechnung ergeben. Fehlt eine solche Billigung, ist der Unterzeichner Opfer einer Manipulation der Beweisfunktion seiner Unterschrift.
Konkurrence und weitere Delikte
Blankettfälschung kann mit anderen Straftatbeständen zusammentreffen, etwa mit Vermögensdelikten, wenn durch den Einsatz des Dokuments Zahlungen erlangt oder Verpflichtungen begründet werden. Die rechtliche Einordnung hängt von Handlungsablauf, Zweck und Verwendung ab.
Beweisfragen in der Praxis
In der Praxis spielen Schrift- und Dokumentenmerkmale eine große Rolle, etwa Druckbild, Tintenverlauf, Schreibmittelwechsel, zeitliche Reihenfolge von Unterschrift und Text oder technische Spuren bei elektronischen Dokumenten. Aus solchen Indizien kann sich ergeben, ob ein Dokument nachträglich ausgefüllt oder inhaltlich verändert wurde.
Rechtsfolgen
Blankettfälschung ist strafbar und kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Zusätzlich sind zivilrechtliche Folgen möglich, etwa die Unwirksamkeit des manipulierten Dokuments, Rückabwicklungen oder Schadensersatzansprüche. Im geschäftlichen Verkehr kommen interne arbeits- und organisationsrechtliche Konsequenzen hinzu.
Internationale Perspektiven
Viele Rechtsordnungen kennen den Grundgedanken, dass das unbefugte Ausfüllen einer vorunterzeichneten Urkunde eine Fälschung darstellen kann. Unterschiede bestehen im Detail, etwa zur Reichweite der Ausfüllungsbefugnis, zu digitalen Signaturen oder zu speziellen Zahlungsinstrumenten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Blankettfälschung
Was bedeutet Blankettfälschung?
Blankettfälschung liegt vor, wenn ein bereits unterschriebener, inhaltlich noch offener Vordruck unbefugt ausgefüllt oder über die erteilte Befugnis hinaus vervollständigt wird, sodass der endgültige Inhalt dem Unterzeichner zu Unrecht zugerechnet erscheint.
Wann liegt eine Blankettfälschung vor?
Sie liegt vor, wenn der Ausfüller keine oder nur eine begrenzte Ausfüllungsbefugnis hat und den endgültigen Inhalt dennoch erstellt oder erweitert, obwohl dieser nicht vom Unterzeichner gedeckt ist. Maßgeblich ist die fehlende Übereinstimmung von Unterschrift und tatsächlicher Erklärung.
Welche Rolle spielt eine erteilte Ausfüllungsbefugnis?
Eine Ausfüllungsbefugnis erlaubt das Vervollständigen innerhalb bestimmter Grenzen. Wird innerhalb dieser Grenzen gehandelt, entsteht eine echte Urkunde. Das Überschreiten der Grenzen führt zur Verfälschung, das vollständige Fehlen einer Befugnis zur Herstellung einer unechten Urkunde.
Ist bereits das Ausfüllen strafbar oder erst der Gebrauch?
Schon die unbefugte Herstellung oder inhaltliche Veränderung kann strafbar sein. Der spätere Gebrauch der manipulierten Urkunde ist regelmäßig ein eigenständiger, zusätzlich relevanter Schritt, weil er die Täuschung im Rechtsverkehr verwirklicht.
Wie unterscheidet sich Blankettfälschung von einer nachträglichen Änderung eines ausgefüllten Dokuments?
Bei der Blankettfälschung steht die erstmalige unbefugte Vervollständigung eines vorunterzeichneten Dokuments im Vordergrund. Bei der nachträglichen Änderung wird ein bereits ausgefülltes und echtes Dokument inhaltlich verändert. Beide Fälle beeinträchtigen die Beweisfunktion, unterscheiden sich aber im Ausgangspunkt.
Gibt es Blankettfälschung auch bei elektronischen Dokumenten?
Ja, vergleichbare Situationen können sich bei elektronischen Dokumenten ergeben, wenn eine elektronische Signatur einen noch offenen Inhalt später unbefugt abdeckt oder ein signiertes Dokument nachträglich verändert wird. Entscheidend bleibt die Zurechnung des endgültigen Inhalts zum Signaturinhaber.
Welche weiteren Delikte kommen neben Blankettfälschung in Betracht?
Je nach Verwendung können Vermögensdelikte, Daten- oder Zahlungsinstrumente betreffende Delikte hinzutreten. Ob und wie diese zusammentreffen, hängt vom konkreten Einsatz des manipulierten Dokuments und den beabsichtigten Wirkungen ab.