Legal Lexikon

Biogas


Biogas: Rechtliche Grundlagen und Definition

Biogas ist ein gasförmiger Energieträger, der durch anaerobe Vergärung organischer Substanzen, wie beispielsweise landwirtschaftlicher Nebenprodukte, Bioabfälle oder Energiepflanzen, gewonnen wird. Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Biogas sind umfassend und betreffen unterschiedliche Rechtsbereiche, insbesondere das Energie-, Umwelt-, Abfall- und Agrarrecht. Im Folgenden werden die maßgeblichen rechtlichen Ebenen beleuchtet, unter besonderer Berücksichtigung einschlägiger Vorschriften, behördlicher Anforderungen und förderrechtlicher Aspekte innerhalb Deutschlands und unter Bezugnahme auf unionsrechtliche Vorgaben.


Energie- und förderrechtliche Rahmenbedingungen für Biogas

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bildet den zentralen energie- und förderrechtlichen Ordnungsrahmen für die Biogasproduktion und die Einspeisung ins Stromnetz. Es regelt insbesondere die Einspeisevergütung, die Ausschreibungsmodalitäten und Mengenbegrenzungen. Für Biogasanlagen gelten spezifische Anforderungen hinsichtlich der eingesetzten Substrate, der Anlagengröße und technischer Vorgaben zum Erhalt der finanziellen Förderung.

Wesentliche Aspekte im EEG:

  • Vergütungssätze abhängig von Anlagengröße und eingesetzten Einsatzstoffen
  • Ausschreibungspflichten ab bestimmten Leistungsschwellen
  • Nachhaltigkeits- und Treibhausgasminderungsnachweise, insbesondere bei Biogas aus landwirtschaftlicher Herkunft
  • Regelungen zur Flexibilisierung (Förderung der Einspeisung bei hoher Nachfrage)

Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV)

Die BioSt-NachV konkretisiert die Nachhaltigkeitsanforderungen an die Erzeugung und den Einsatz von Biomasse zur Stromerzeugung. Nachweispflichten bestehen insbesondere für Betreiber großer Biogasanlagen, die sich auf Kriterien wie Treibhausgasminderung, Herkunft der Biomasse und Flächenbilanzierung beziehen.


Umweltrechtliche Bestimmungen für Biogas

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

Die Errichtung und der Betrieb von Biogasanlagen unterliegen den Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie der hierzu erlassenen Verordnungen:

  • Genehmigungspflicht: Für größere Anlagen besteht eine Genehmigungspflicht gemäß der 4. BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen).
  • Emissionen: Regelungen zu Emissionsgrenzwerten für Luftschadstoffe, Gerüche und Lärm.
  • Anlagenüberwachung: Umfangreiche Melde- und Überwachungspflichten für Anlagenbetreiber.

Wasser- und Bodenschutz

Biogasanlagen sind an das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie das Dünge- und Bodenschutzrecht gebunden:

  • Anforderungen an Anlagen zur Vermeidung von Gewässer- und Bodenkontamination (z. B. Lagerung von Gärresten, Erd- versus Betonbehälter)
  • Einhaltung von Sicherheitsabständen zu Oberflächengewässern, Grundwasserschutzgebieten und Wohnbebauungen

Abfallrechtliche Relevanz von Biogas

Die Eingruppierung der eingesetzten Substrate hat aus abfallrechtlicher Sicht erhebliche Folgen. Werden Biogasanlagen mit Abfällen beschickt, greifen umfassende Vorschriften des Abfallrechts:

  • Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG): Vorschriften zum Umgang, zur Behandlung sowie zur Rückführung von Abfallstoffen
  • Bioabfallverordnung (BioAbfV): Regelt insbesondere den Umgang mit kommunalen und industriellen Bioabfällen in Biogasanlagen.
  • Nachweis- und Registerpflichten: Dokumentations- und Registerführungspflichten zur Herkunft, Menge und Art der eingesetzten Abfälle

Agrarrechtliche Regelungen für Biogas

Biogas aus landwirtschaftlicher Erzeugung unterliegt spezifischen Regelungen des Agrarrechts. Wichtige Aspekte betreffen:

  • Flächenbindung der Substrate zur Vermeidung nachteiliger Fruchtfolgen
  • Cross-Compliance-Auflagen im Rahmen der EU-Agrarförderung (Direktzahlungen)
  • Einschränkungen bei der Verwertung von Gärresten als Düngemittel im Düngegesetz und der Düngeverordnung

Steuerrechtliche Aspekte von Biogas

Für Biogasanlagenbetreiber sind mehrere steuerrechtliche Vorschriften von Relevanz:

  • Energiesteuerrecht: Biogas kann von der Energiesteuer befreit sein, sofern bestimmte Voraussetzungen und Nachweispflichten erfüllt werden.
  • Umsatzsteuer: Lieferung von Biogas und erzeugtem Strom unterliegt der Umsatzsteuerpflicht, es bestehen branchenspezifische Steuerregelungen.
  • Gewerbesteuerpflicht: In Abhängigkeit von Struktur und Größe der Biogasanlage kann Gewerbesteuerpflicht eintreten.

Zulassung und Betrieb von Biogasanlagen

Genehmigungsverfahren

Der Betrieb von Biogasanlagen ist regelmäßig genehmigungsbedürftig. Überwiegend handelt es sich um einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalt, ergänzt durch bauordnungs- und wasserrechtliche Zulassungen.

Verfahren umfassen:

  • Einreichung technischer Unterlagen, Nachweis der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften
  • Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (z. B. Naturschutz, Landwirtschaft, Wasserbehörden)
  • Öffentlichkeitsbeteiligung abhängig von der Anlagengröße und -standort

Betrieb und Überwachung

Im laufenden Betrieb unterliegt die Biogasanlage fortlaufender Überwachung, Dokumentationspflichten und Meldepflichten gegenüber den zuständigen Behörden. Regelmäßige Inspektionen, Prüfungen der Anlagensicherheit sowie die Einhaltung betrieblicher Standards (z. B. Störfallverordnung) sind vorgeschrieben.


Europarechtliche Vorgaben für Biogas

Das europäische Recht setzt zahlreiche Rahmenbedingungen für Biogas:

  • Richtlinie (EU) 2018/2001 (Erneuerbare-Energien-Richtlinie, RED II): Beinhaltet Anforderungen an Förderung, Nachhaltigkeit und Treibhausgaseinsparung
  • Emissionshandelsrecht: Je nach Anlagenart und Größe kann die Biogasproduktion dem europäischen Emissionshandel unterliegen
  • Vorgaben zur grenzüberschreitenden Anerkennung von Biogas und Biomethan als erneuerbare Energie im EU-Binnenmarkt

Zusammenfassung

Biogas ist als vielfältig einsetzbarer Energieträger in ein umfassendes Geflecht rechtlicher Vorschriften eingebettet. Von der Anlagenplanung über Bau und Betrieb bis hin zur Verwertung der erzeugten Produkte sind umfangreiche nationale und europäische Vorgaben einzuhalten. Insbesondere das EEG, Immissionsschutzrecht, Abfallrecht und Agrarrecht bestimmen die rechtlichen Rahmenbedingungen maßgeblich. Bei allen Abschnitten des Lebenszyklus einer Biogasanlage ist darauf zu achten, dass die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben vollständig beachtet werden. Veränderungen im regulatorischen Umfeld, insbesondere hinsichtlich Nachhaltigkeitsanforderungen und Förderbedingungen, machen eine fortlaufende Überprüfung unabdingbar.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für den Bau und Betrieb einer Biogasanlage erforderlich?

Für den Bau und Betrieb einer Biogasanlage sind in Deutschland umfangreiche Genehmigungen notwendig, die sich vor allem aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ergeben. Je nach Größe und Auslegung der Anlage ist in der Regel eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich, da Biogasanlagen potenziell umweltrelevante Emissionen (wie Geruch, Lärm oder Luftverunreinigungen) verursachen können. Die konkrete Antragsstellung erfolgt bei der jeweils zuständigen Landesbehörde, meist dem Umweltministerium oder den unteren Umweltbehörden. Zusätzlich müssen oftmals Baustellen- und Betriebsgenehmigungen nach der jeweiligen Landesbauordnung eingeholt werden. Weiterhin sind regelmäßig wasserrechtliche Erlaubnisse zu beachten, insbesondere wenn durch die Verarbeitung von Gärresten das Grundwasser oder Oberflächengewässer beeinflusst werden könnten. Dabei sind auch die Vorgaben der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und das Kreislaufwirtschaftsgesetz bezüglich der Verwertung von Nebenprodukten einzuhalten. Vor der Errichtung ist üblicherweise ein öffentliches Beteiligungsverfahren erforderlich, bei dem Nachbarn und andere Betroffene Einwendungen erheben können.

Welche umweltrechtlichen Vorschriften muss der Betreiber einer Biogasanlage beachten?

Beim Betrieb einer Biogasanlage sind insbesondere das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), das Düngegesetz (DüngG) sowie die jeweiligen Landesgesetze zu berücksichtigen. Zentrale Aspekte sind die Vermeidung von emissionsbedingten Beeinträchtigungen (Lärm, Geruch, Luftschadstoffe), der sichere Umgang mit Substraten und Gärresten (Gefahr der Verschmutzung von Böden und Gewässern), sowie das Abfallrecht hinsichtlich der eingesetzten Stoffe. Weiterhin greifen Vorgaben zum Naturschutz sowie Regelungen bezüglich des Bodenschutzes, um nachteilige Auswirkungen auf Flora, Fauna und Bodenfruchtbarkeit zu vermeiden. Hinzu kommen sektorspezifische Verordnungen, wie die 4. BImSchV oder die TA Luft, die die Anforderungen an Planung, Errichtung und Betrieb präzisieren.

Welche haftungsrechtlichen Risiken bestehen beim Betrieb einer Biogasanlage?

Betreiber von Biogasanlagen haften für sämtliche Schäden, die durch den Betrieb der Anlage verursacht werden. Neben der klassischen zivilrechtlichen Haftung für Personen- oder Sachschäden (z.B. durch Explosions- oder Brandereignisse, Umweltschäden durch Austritt von Gärresten) besteht auch eine erweiterte umweltrechtliche Haftung nach dem Umweltschadensgesetz (USchadG), insbesondere wenn es zu Schäden an den Schutzgütern Boden, Wasser oder biologische Vielfalt kommt. In bestimmten Fällen kann sogar eine Gefährdungshaftung greifen, bei der der Betreiber unabhängig von eigenem Verschulden haftet. Ergänzend sind auch strafrechtliche Konsequenzen möglich, etwa bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Missachtung von Sicherheitspflichten oder Genehmigungsauflagen.

Welche Regelungen gelten für die Einspeisung von Biogas in das öffentliche Gasnetz?

Zur Einspeisung von Biogas in das öffentliche Gasnetz bedarf es neben den oben genannten Umwelt- und Baugenehmigungen zusätzlicher energiewirtschaftlicher Anforderungen. Diese resultieren vor allem aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) und der Erneuerbare-Energien-Gesetzgebung (EEG). Eine technische Mindestqualität des Gases, insbesondere mit Blick auf Brennwert und Reinheit, muss gewährleistet sein. Weiterhin ist ein Vertrag mit dem Netzbetreiber zu schließen, der die Modalitäten der Einspeisung, Vergütung und Abrechnung regelt. Zudem bestehen Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur und gegebenenfalls steuerliche Pflichten.

Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Arbeitssicherheit in Biogasanlagen?

Arbeitsschutzrechtlich gelten für Biogasanlagen die Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Betreiber müssen eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, entsprechende Schutzmaßnahmen und Notfallpläne erstellen und aufrechterhalten sowie Mitarbeitende regelmäßig unterweisen. Besondere Bedeutung kommt dem Explosionsschutz und dem sicheren Umgang mit biologischen und chemischen Gefahrenstoffen zu. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder oder strafrechtliche Folgen.

Welche Dokumentations- und Nachweispflichten gibt es beim Betrieb von Biogasanlagen?

Gemäß den umwelt- und abfallrechtlichen Vorgaben müssen Betreiber zahlreiche Dokumentations- und Nachweispflichten erfüllen. Dazu zählen die Aufzeichnungen über die eingesetzten Substrate und die Menge der erzeugten Gärreste, die Nachweise über deren ordnungsgemäße Entsorgung oder landwirtschaftliche Verwertung (Düngemittelverordnung), sowie regelmäßige Berichte im Rahmen der Emissionsüberwachung. Im Rahmen der Genehmigung können zusätzliche Auflagen bestehen, wie die Führung von Betriebsbüchern, Messberichten oder Wartungsnachweisen für sicherheitsrelevante Anlagenbestandteile. Diese Unterlagen sind teilweise über Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Behörden vorzulegen.

Was ist bei der Verwertung und Ausbringung von Gärresten rechtlich zu beachten?

Die Verwertung und Ausbringung der bei der Biogasproduktion anfallenden Gärreste unterliegt streng den Regelungen des Düngerechts (insbesondere Düngegesetz und Düngeverordnung), des Wasserhaushaltsgesetzes sowie des Abfallrechts. Es ist sicherzustellen, dass Nährstoffeinträge in Boden und Grundwasser die zulässigen Grenzwerte nicht überschreiten. Weiterhin dürfen Gärreste nur auf Flächen ausgebracht werden, für die Stoffstrombilanzen geführt und nachgewiesen werden können. Bei Überschreitung der zulässigen Ausbringungsmengen drohen nicht nur Bußgelder, sondern gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen wegen Gewässerverunreinigung oder illegaler Abfallbeseitigung.