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Binnenfischerei


Begriff und rechtliche Grundlagen der Binnenfischerei

Die Binnenfischerei bezeichnet das Fangen, Züchten und Bewirtschaften von Fischen, Krebsen, Muscheln und anderen aquatischen Organismen in stehenden oder fließenden Binnengewässern. Sie stellt einen eigenständigen Bereich innerhalb der gewerblichen und nicht-gewerblichen Tätigkeiten des Fischereiwesens dar und unterliegt einer Vielzahl spezifischer rechtlicher Vorschriften auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Bundesrechtliche Vorschriften

Fischereigesetze und -verordnungen

Die Regelungen zur Binnenfischerei sind in Deutschland überwiegend im Bundesrecht (insbesondere dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Tiergesundheitsgesetz) sowie in länderspezifischen Fischereigesetzen verankert. Da das Fischereiwesen in erheblichem Umfang Sache der Bundesländer ist (Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 Grundgesetz), existieren entsprechende Fischereigesetze (FischG) der Länder, die Details zur Ausübung sowie zu Rechten und Pflichten im Rahmen der Binnenfischerei bestimmen.

Fischereirechtliche Bewilligungen und Erlaubnisse

Das Fischen in Binnengewässern ist üblicherweise an das Vorliegen einer Fischereierlaubnis gebunden. Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte des Gewässers tritt als Fischereiberechtigter auf und kann die Ausübung der Fischerei ganz oder teilweise an Dritte gegen Entgelt oder unentgeltlich übertragen. Die Befugnisse und Pflichten ergeben sich aus dem jeweiligen Fischereigesetz sowie den vertraglichen Vereinbarungen.

Fischereischeine dürfen in Deutschland nur nach Nachweis der Sachkunde (meist durch das Ablegen einer Fischerprüfung) durch die jeweilige Landesbehörde ausgestellt werden.

Umwelt- und Naturschutzrecht

Neben den fischereispezifischen Vorschriften sind weitere bundesrechtliche Regelungen einschlägig. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geben Vorgaben für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, die unmittelbar auch die Tätigkeiten der Binnenfischerei berühren. Die Ausübung der Binnenfischerei ist an die Vorgaben zum Gewässer-, Arten- und Naturschutz gebunden.

Landesrechtliche Regelungen

Ausübung und Organisation der Binnenfischerei

Die Details der Ausübung, wie Fangzeiten, Mindestmaße, Fanggeräte und Schonbereiche, werden durch die einzelnen Bundesländer per Landesfischereigesetzen und Fischereiordnungen geregelt. Hierzu zählen:

  • Regelungen zur Bewirtschaftung von Fischbeständen (z.B. Besatzmaßnahmen, Fangmethoden)
  • Schonzeiten und Mindestmaße für bestimmte Fischarten
  • Zulassung und Kontrolle von Fischereibetrieben

Fischereigenossenschaften und -verbände

Binnenfischerei wird häufig in genossenschaftlichen oder verbandlichen Strukturen ausgeübt, insbesondere wenn sich die Fischereirechte auf größeren oder gemeinschaftlich genutzten Gewässern befinden. Die Rechte und Pflichten dieser Körperschaften ergeben sich aus den jeweiligen landesgesetzlichen Normen und den Satzungen der Zusammenschlüsse.

Europarechtliche Einflüsse

Die Binnenfischerei steht mittelbar unter dem Einfluss des Europäischen Fischereirechts, etwa bezüglich des Umwelt- und Artenschutzes durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG). Sie schreiben Mindestanforderungen für die Bewirtschaftung von Gewässern und Fischbeständen vor und beeinflussen nationale Vorschriften erheblich.

Rechtliche Beziehungen in der Binnenfischerei

Fischereirecht als besonderes Nutzungsrecht

Fischereirechte sind in Deutschland grundsätzlich an das Eigentum oder den Besitz von Gewässern gekoppelt. Die Ausübung kann vom Eigentümer selbst wahrgenommen oder auf Dritte durch Fischereipachtverträge übertragen werden. Fischereirechte sind eigenständige, grundstücksbezogene Rechte und können rechtlich abgesichert (insbesondere über Eintragungen im Grundbuch) bestehen.

Binnenfischerei und Eigentum an stehenden und fließenden Gewässern

Der Eigentümer eines Gewässers oder der Berechtigte nach Wasserrecht entscheidet über die Verpachtung oder eigene Nutzung der Binnenfischerei. Die ordnungsgemäße Ausübung und Wahrnehmung der fischereilichen Bewirtschaftungspflichten (z.B. Hegepflicht, Bestandspflege) wird von den zuständigen Landesbehörden überwacht.

Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

Verstöße gegen fischerei-, naturschutz- und umweltrechtliche Vorschriften werden mit Bußgeldern, unter Umständen auch mit strafrechtlichen Sanktionen verfolgt. Hierzu zählen das unberechtigte Fischen, das Missachten von Fangbeschränkungen oder die Verwendung verbotener Fanggeräte.

Fischereiordnungen und Bewirtschaftungsvorschriften

Fangbeschränkungen und Artenschutz

Die jeweils anzuwendenden Fischereiordnungen schreiben Art und Umfang der zugelassenen Fanggeräte vor und bestimmen, welche Arten zu welchen Zeiten und in welchem Maß entnommen werden dürfen. Ziel ist die nachhaltige Nutzung der Ressourcen unter Berücksichtigung des Artenschutzes und der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer.

Besatz- und Pflegeverpflichtung

Fischereiberechtigte müssen den Fischbestand unter Beachtung ökologischer Vorgaben bewirtschaften. Dies umfasst u.a. Maßnahmen zur Erhaltung standorttypischer Fischarten, zur Verbesserung der Gewässerstrukturen sowie zum Schutz gefährdeter Arten.

Kontrolle und Überwachung

Behördliche Kontrollen durch Fischereiaufseher oder ausgewiesene Amtsträger sichern die Einhaltung der Vorschriften. Die Organisation, Ausbildung und Bestellung dieser Aufseher sind regional unterschiedlich geregelt.

Sonderbereiche und Abgrenzungen

Unterschied zur Seefischerei und Aquakultur

Die Binnenfischerei ist abzugrenzen von der Seefischerei, die das Fischen in Küstengewässern und hoher See umfasst, sowie von der Aquakultur, die als geplante und kontrollierte Aufzucht von Wasserorganismen verstanden wird. Überschneidungen bestehen insbesondere bei Teichwirtschaften, die teils dem Binnenfischereirecht, teils spezifischem Aquakulturrecht unterliegen können.

Bedeutung der Binnenfischerei in Deutschland

Die Binnenfischerei ist traditionell ein wichtiger Wirtschaftszweig für die ländlichen Regionen und dient darüber hinaus der Freizeitfischerei (Angelfischerei) und dem Naturschutz. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollen die nachhaltige Nutzung der biologischen Ressourcen im Binnenland sichern und einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Interessen schaffen.

Literaturverzeichnis

  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  • Fischereigesetze der Bundesländer
  • Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG)
  • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG)
  • Riehl, G. (Hrsg.): Kommentar zum Wasserrecht, München 2021
  • Schindler, R. (Hrsg.): Das Fischereirecht in Deutschland, Berlin 2020

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information über die rechtlichen Aspekte der Binnenfischerei und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, in deutschen Binnengewässern fischereilich tätig zu sein?

Die fischereiliche Nutzung von Binnengewässern in Deutschland ist streng geregelt und richtet sich primär nach dem Eigentum beziehungsweise den fischereirechtlichen Nutzungsrechten an einem Gewässer. Grundsätzlich muss für jede fischereiliche Tätigkeit (Fischfang und Fischzucht eingeschlossen) entweder das Fischereirecht als Teil des Grundeigentums bestehen oder erworben werden. Darüber hinaus ist ein gültiger Fischereischein, welcher auf Antrag nach vorheriger Ablegung einer staatlichen Fischerprüfung von der zuständigen Behörde (meist Landratsämter oder Ordnungsämter) erteilt wird, gesetzlich vorgeschrieben. Zusatzvoraussetzungen betreffen eventuell erforderliche Erlaubnisscheine des Rechteeigentümers oder Pächters für das jeweilige Gewässer. Juristische und natürliche Personen ohne diese Voraussetzungen begehen eine Ordnungswidrigkeit oder unter Umständen sogar eine Straftat (unerlaubte Fischerei, § 293 StGB). Die Regelungen zu Details wie Alter, Befähigungsnachweise oder etwaige Ausnahmen können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, da das Fischereirecht Landesrecht ist.

Unterliegt der Fischfang in Binnengewässern bestimmten Schonzeiten und Fangbeschränkungen?

Ja, in deutschen Binnengewässern sind Schonzeiten und Fangbeschränkungen gesetzlich vorgeschrieben. Die jeweiligen Landesfischereigesetze und -verordnungen legen für bedrohte oder wirtschaftlich bedeutende Fischarten Schonzeiten fest, während derer der Fang und oft auch das gezielte Angeln untersagt sind. Zusätzlich existieren Fangmindestmaße für zahlreiche Fischarten, sodass zu junge oder zu kleine Fische nicht verwertet werden dürfen und schonend zurückzusetzen sind. Fangbeschränkungen können auch hinsichtlich der Anzahl der entnehmbaren Fische pro Tag oder Angeltag gelten. Diese Vorschriften dienen dem Schutz und Erhalt der Fischbestände und werden durch fischereiliche Aufsichtsorgane kontrolliert. Verstöße gegen Schonzeiten oder Fangbeschränkungen stellen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten dar und können mit Bußgeldern, Entzug des Fischereischeins oder sogar Freiheitsstrafen geahndet werden.

Welche Rolle spielt das Tierschutzrecht in der Binnenfischerei?

Das Tierschutzrecht, insbesondere das Tierschutzgesetz (TierSchG), ist auch im Rahmen der Binnenfischerei uneingeschränkt zu beachten. Laut § 17 TierSchG ist das Zufügen von Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund verboten. Das schließt die Pflicht zur waidgerechten Behandlung von Fischen ein: Dazu gehört u.a. die fachgerechte Betäubung und Tötung aller gefangenen Fische, die entnommen werden sollen. Fische dürfen grundsätzlich nicht nur zum Zweck des Angelns selbst („Catch & Release“-Fischerei ohne Ausnahmegenehmigung) zurückgesetzt werden. Zusätzlich bestehen Regelungen zum Fanggerät, zu erlaubten und verbotenen Ködern sowie zur Vermeidung unnötigen Leidens. Die Einhaltung des Tierschutzgesetzes wird bei Prüfungen zum Erwerb des Fischereischeins abgefragt und unterliegt ständiger Überwachung durch die zuständigen Behörden.

Unterliegen Binnengewässer einer behördlichen Überwachung und Kontrolle?

Binnengewässer unterliegen bezüglich der Fischerei einer umfänglichen behördlichen Überwachung. Dies geschieht durch Fischereiaufsichten, Ordnungsämter, Wasserschutzpolizei oder zuständige Fischereibehörden auf Landes- und Kreisebene. Die Befugnisse dieser Institutionen erstrecken sich auf Kontrolle von Fischereischeinen, Erlaubnissen, Fanglisten, Einhaltung der Schonzeiten und Fangmindestmaße sowie Kontrolle der Gerätschaften und ggf. Lebendhaltung von gefangenen Fischen. Zudem besteht die Pflicht zur Führung eines Fangbuchs, je nach Bundesland. Festgestellte Verstöße gegen Fischerei-, Tier- oder Naturschutzvorschriften führen zu entsprechenden verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Verfahren, die im Extremfall auch bis zu einem Berufs- oder Tätigkeitsverbot führen können.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Bewirtschaftung und Hege von Fischbeständen?

Wer Träger des Fischereirechts ist (Eigentümer oder Pächter eines Gewässers), hat grundlegende Hegepflichten. Rechtsgrundlage sind die Landesfischereigesetze. Der Fischereiberechtigte ist verpflichtet, Bestandsaufnahmen durchzuführen, regelmäßig Hegepläne zu erstellen und umzusetzen sowie den ökologischen Zustand des Gewässers zu überwachen. Die Bewirtschaftung hat pflichtgemäß und unter Berücksichtigung naturschutz- und wasserrechtlicher Vorgaben (u.a. Wasserhaushaltsgesetz, Bundesnaturschutzgesetz) sowie unter Einhaltung des arttypischen Besatzes und des gesundheitlichen Zustands der Fischpopulation zu erfolgen. Maßnahmen wie Fischbesatz, Gewässerpflege oder strukturelle Verbesserungen dürfen häufig nur mit behördlicher Genehmigung und im Rahmen eines anerkannten Hegeplans erfolgen.

Inwiefern greifen Naturschutz- und Wasserrecht in die Binnenfischerei ein?

Sowohl das Naturschutzrecht, insbesondere das Bundesnaturschutzgesetz, als auch das Wasserrecht, v.a. das Wasserhaushaltsgesetz, haben erhebliche Bedeutung für die Ausübung der Binnenfischerei. Änderungen an Gewässern, Uferbefestigungen, der Einsatz von Fanggeräten, Besatzmaßnahmen oder die Anlage von Teichen müssen stets auch unter naturschutz- und wasserrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Beispielsweise können bestimmte Gebiete als Naturschutzgebiete ausgewiesen sein, in denen die Fischerei eingeschränkt oder gänzlich untersagt ist. Die Gewässergüte, Nutzung von Chemikalien, Umwelteinwirkungen und Renaturierungsmaßnahmen unterliegen ebenfalls strengen Auflagen. Genehmigungen sind häufig mit strengen naturschutzfachlichen Auflagen verknüpft.

Welche Haftungsrisiken bestehen für Betreiber und Nutzer von Binnenfischereien?

Betreiber und Nutzer von Binnenfischereien unterliegen hohen Haftungsrisiken – sowohl gegenüber Dritten (z.B. bei Umweltschäden, Unfällen oder Verunreinigungen des Gewässers) als auch gegenüber Behörden (bei Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften). Bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung bestehender Sorgfaltspflichten können zivil- und strafrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, etwa Schadenersatzforderungen im Falle der Verunreinigung oder der Beeinträchtigung geschützter Arten und Lebensräume. In der Praxis empfiehlt sich daher der Abschluss entsprechender Haftpflichtversicherungen und die gründliche Beachtung aller geltenden gesetzlichen Anforderungen.