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Bildschirmarbeitsplatz


Begriff und rechtliche Grundlagen des Bildschirmarbeitsplatzes

Ein Bildschirmarbeitsplatz ist im rechtlichen Kontext jeder Arbeitsplatz, der überwiegend durch die Nutzung eines Bildschirms – meist eines Computer- oder Displaybildschirms – geprägt ist. Die gesetzlichen Regelungen legen fest, unter welchen Bedingungen solche Arbeitsplätze gestaltet, genutzt und überwacht werden müssen, um Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Die maßgeblichen Bestimmungen finden sich insbesondere in der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung – BildscharbV) sowie im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und in weiteren einschlägigen Vorschriften.

Definition des Bildschirmarbeitsplatzes nach deutschem Recht

Gemäß § 2 BildscharbV bezeichnet ein Bildschirmarbeitsplatz jeden Arbeitsplatz, der mit einem Bildschirmgerät ausgestattet ist und an dem regelmäßig Bildschirmarbeit verrichtet wird. Nicht hierunter fallen etwa die Bedienung von Fahrerkabinen, Bedienpulte mit kleinen Anzeigen im Produktionsbereich sowie Finanzkassen. Entscheidend für die rechtliche Qualifikation ist die Regelmäßigkeit und Dauer der Bildschirmnutzung.

Ziel und Zweck der rechtlichen Regelungen

Die Vorschriften zum Bildschirmarbeitsplatz verfolgen das Ziel, gesundheitliche Belastungen für Beschäftigte zu minimieren. Schwerpunkte liegen insbesondere auf dem Schutz der Augen, der Vermeidung von Muskel-Skelett-Erkrankungen, der Gewährleistung eines ergonomischen Arbeitsplatzes und der Reduzierung psychischer Belastungen durch Bildschirmarbeit.

Rechtliche Vorgaben und Anforderungen

Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV)

Die Bildschirmarbeitsverordnung konkretisiert Anforderungen an die Gestaltung und Organisation von Bildschirmarbeitsplätzen und setzt eine europäische Richtlinie (RL 90/270/EWG) in nationales Recht um.

Arbeitsplatzausstattung

Gemäß § 3 BildscharbV müssen Bildschirmarbeitsplätze ergonomisch gestaltet sein. Dazu gehören:

  • Verstellbare Bildschirmgeräte (z. B. Neigung, Helligkeit, Kontrast)
  • Arbeitstische mit ausreichend variabler Höhe und Fläche
  • Arbeitsstuhl mit individueller Einstellbarkeit
  • Beleuchtung zur Minimierung von Reflexionen und Blendungen
  • Umgebung mit ausreichend Platz, geeigneter Klimatisierung und niedrigen Geräuschpegeln

Nutzung von Pausen und Tätigkeitswechsel

§ 4 BildscharbV schreibt vor, dass Arbeitsunterbrechungen oder Tätigkeitswechsel eingeplant werden müssen, um monotone Belastungen durch dauerhafte Bildschirmarbeit zu vermeiden. Beschäftigte sollen im Rahmen der täglichen Arbeitsroutine regelmäßig Gelegenheit zu anderen Tätigkeiten oder zu Pausen erhalten.

Unterweisung und Information

Nach § 6 BildscharbV sind Beschäftigte vor Aufnahme der Arbeit und bei wesentlichen Änderungen gezielt zu unterweisen. Inhalte dieser Unterweisung sind:

  • Ergonomische Arbeitsweise
  • Nutzung und Einstellung der Arbeitsplatzausstattung
  • Hinweise zur Vorbeugung gesundheitlicher Beeinträchtigungen

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und DGUV Vorschriften

Das Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG) verlangt, dass Unternehmen regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen auch für Bildschirmarbeitsplätze durchführen. Daraus abgeleitete Schutzmaßnahmen sind umzusetzen und regelmäßig zu überprüfen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlicht ergänzende Schriften (insbesondere DGUV Information 215-410), die praxisnahe Hinweise zur Gestaltung sicherer Bildschirmarbeitsplätze bieten.

Bildschirmarbeitsplatz und Arbeitsmedizin

Gemäß § 5 BildscharbV haben Beschäftigte Anspruch auf eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens, die vor Aufnahme der Tätigkeit sowie in regelmäßigen Abständen zu wiederholen ist. Ergibt die Untersuchung ärztlich festgestellte gesundheitliche Einschränkungen, muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergreifen, etwa durch kostenfreie Bereitstellung einer speziellen Bildschirmarbeitsplatzbrille.

Haftung und Aufsichtspflichten

Arbeitgeberpflichten

Arbeitgeber sind verpflichtet, alle gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, festgestellte Risiken zu beseitigen und für eine wirksame Unterweisung der Beschäftigten zu sorgen. Die Nichterfüllung dieser Pflichten kann im Schadensfall zu Haftungsansprüchen führen, etwa durch Überlastungsfolgen oder Berufskrankheiten infolge unsachgemäßer Arbeitsplatzgestaltung.

Kontrolle durch Behörden

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wird durch die zuständigen Aufsichtsbehörden (Gewerbeaufsichtsamt, Unfallversicherungsträger) stichprobenartig überprüft. Bei Feststellung von Mängeln können behördliche Anordnungen bis hin zur Stilllegung von Arbeitsplätzen ausgesprochen werden.

Weiterführende Regelungen und Entwicklungen

Europarechtliche Grundlagen

Die Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze basieren maßgeblich auf der europäischen Richtlinie 90/270/EWG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten. Ziel ist eine europaweit einheitliche Schutzstufe für Beschäftigte.

Betriebliche Mitbestimmung

Die Mitbestimmungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen (z. B. Betriebsräte) ergeben sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zu den mitbestimmungspflichtigen Themen gehören Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und die Ausgestaltung ergonomischer Arbeitsplätze.

Rechtsprechung

Gerichte haben in verschiedenen Urteilen klargestellt, dass die Anforderungen der Bildschirmarbeitsverordnung bindend sind und Arbeitgeber die Einhaltung nicht allein durch Verweis auf Schutzpflichten der Beschäftigten abwälzen dürfen. Die richterliche Auslegung betrifft insbesondere die Zuständigkeit für die Bereitstellung von Hilfsmitteln sowie für die Überwachung der Einhaltung von Pausenregelungen.

Zusammenfassung

Der Begriff Bildschirmarbeitsplatz ist im deutschen Arbeitsrecht umfassend geregelt. Maßgebliche Gesetze und Verordnungen verlangen eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, regelmäßige Gefährdungsbeurteilung, medizinische Vorsorge, Unterweisung der Beschäftigten sowie die Einhaltung von Pausen- und Schutzmaßnahmen. Arbeitgeber tragen die Verantwortung für die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen und bei Nichteinhaltung drohen weitreichende Haftungsrisiken. Die kontinuierliche Anpassung an technische Entwicklungen und arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse bleibt ein zentrales Element des Gesundheitsschutzes an Bildschirmarbeitsplätzen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach deutschem Recht für die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes verantwortlich?

Für die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes ist nach deutschem Recht in erster Linie der Arbeitgeber verantwortlich. Grundlage hierfür bilden das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (BildscharbV). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu treffen und die Arbeitsplätze ergonomisch zu gestalten. Dazu zählen unter anderem die Auswahl geeigneter Arbeitsmittel, die Bereitstellung von höhenverstellbaren Stühlen und Tischen sowie die Gewährleistung einer entsprechenden Beleuchtung. Der Arbeitgeber muss auch dafür sorgen, dass Beschäftigte regelmäßig über die besonderen Risiken und Schutzmaßnahmen am Bildschirmarbeitsplatz unterwiesen werden. Darüber hinaus ist er verpflichtet, Maßnahmen zum Ausgleich einseitiger Belastungen zu ermöglichen, beispielsweise durch Bildschirmpausen oder Tätigkeitswechsel. Die Verantwortung kann nicht vollständig auf externe Dienstleister oder die Beschäftigten selbst übertragen werden; auch im Falle von Telearbeit oder Homeoffice bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht, zumindest die Rahmenbedingungen vorzugeben und zu prüfen.

Welche Anforderungen stellt die BildscharbV an die technische Ausstattung eines Bildschirmarbeitsplatzes?

Die BildscharbV (Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten) legt konkrete Mindestanforderungen an die technische Ausstattung von Bildschirmarbeitsplätzen fest. Dazu gehören Anforderungen an den Bildschirm selbst (verstellbar, flimmerfrei, reflexionsarm), an Tastatur und sonstige Eingabegeräte (abgesetzte Tastatur, ergonomische Anordnung), an den Arbeitsstuhl (höhenverstellbar, mit Rückenlehne), und an den Arbeitstisch (ausreichende Fläche, höhenangepasst). Zudem regelt die Verordnung, dass ausreichend Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz, störungsarme Arbeitsbedingungen und eine angemessene Beleuchtung zur Verfügung stehen müssen. Steckdosen und Verkabelungen dürfen keine Stolperfallen darstellen. Die technische Ausrüstung muss regelmäßig gewartet, überprüft und bei Bedarf erneuert werden, um die Gesundheitsgefährdung durch die Arbeit an Bildschirmen zu minimieren. Verstöße gegen diese Vorgaben können für Arbeitgeber bußgeld- oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zu Pausenregelungen bei Bildschirmarbeit?

Ja, für Bildschirmarbeitsplätze gelten nach § 5 BildscharbV besondere Pausenregelungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeit so zu organisieren, dass durch regelmäßige Unterbrechungen eine einseitige Belastung der Augen sowie des Muskel- und Skelettsystems vermieden wird. Feste Pausenzeiten speziell für die Bildschirmarbeitszeit schreibt das Gesetz zwar nicht generell vor, jedoch müssen Tätigkeitswechsel oder kurzzeitige Unterbrechungen (“Bildschirmpausen”) möglich sein. Gängige Praxis, basierend auf arbeitsschutzrechtlichen Empfehlungen, ist die Einteilung von 5-10 Minuten Pausen nach jeweils 50-60 Minuten Bildschirmarbeit, die auch mit anderen Tätigkeiten abseits des Bildschirms genutzt werden können. Diese Pausen gelten nicht als reguläre Arbeitsunterbrechung (z.B. Frühstücks- oder Mittagspause), sondern sind ergonomisch notwendige Kurzunterbrechungen und müssen somit in die Arbeitszeit eingerechnet werden.

Müssen Bildschirmarbeitsplätze regelmäßig vom Arbeitgeber kontrolliert werden?

Nach deutschem Recht ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Bildschirmarbeitsplätze regelmäßig zu überprüfen und zu beurteilen. Die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG sowie § 3 BildscharbV muss vor Aufnahme der Tätigkeit und bei jeder wesentlichen Änderung am Arbeitsplatz durchgeführt werden. Der Turnus der Überprüfungen ist nicht gesetzlich exakt festgelegt, sollte jedoch bei Veränderungen der Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung oder nach Beschwerden angepasst werden. Die Überprüfung muss sowohl eine Bewertung der technischen und ergonomischen Ausstattung des Arbeitsplatzes als auch eine Betrachtung der tatsächlichen Arbeitsweise einschließen. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und etwaige Mängel unverzüglich zu beheben. Die Einbeziehung der Beschäftigten und der Betriebsarzt bzw. die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist zwingend zu empfehlen.

Welche besonderen Pflichten entstehen für den Arbeitgeber im Homeoffice bzw. bei mobiler Bildschirmarbeit?

Auch bei Telearbeit, Remote Work oder mobiler Bildschirmarbeit ist der Arbeitgeber rechtlich verpflichtet, die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu schützen. Im Unterschied zur klassischen Bildschirmarbeit im Betrieb sind hier jedoch eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten gegeben. Der Arbeitgeber muss klare Rahmenbedingungen vorgeben, beispielsweise durch die Bereitstellung ergonomischer Arbeitsmittel, Richtlinien zur Arbeitsplatzgestaltung und zur Arbeitsorganisation, und er muss die Beschäftigten über die Risiken und Schutzmaßnahmen aufklären. Auch hier ist eine Gefährdungsbeurteilung notwendig, die idealerweise in enger Abstimmung mit dem Mitarbeitenden erfolgt. Während eine umfassende Inspektion des Heimarbeitsplatzes in der Praxis meist entfällt, bleibt der Arbeitgeber haftbar, wenn offensichtliche gesundheitliche Gefahren nicht thematisiert oder ignoriert werden. Der Beschäftigte trägt jedoch eine Mitverantwortung für die Umsetzung der Vorgaben im eigenen Wohnraum.

Sind Gesundheitsuntersuchungen bei regelmäßiger Bildschirmarbeit verpflichtend?

Gemäß § 6 BildscharbV hat jeder Beschäftigte mit einem Bildschirmarbeitsplatz das Recht, vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen sowie bei Auftreten von Sehbeschwerden eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens durch einen Arzt durchführen zu lassen. Arbeitgeber müssen diese Untersuchungen auf eigene Kosten ermöglichen und ihre Beschäftigten über dieses Recht informieren. Die Teilnahme ist für die Beschäftigten freiwillig, das heißt, sie haben keinen Anspruch auf Zwangsuntersuchung, wohl aber das Recht auf Nachfrage. Stellt der Arzt oder die Ärztin im Rahmen dieser Untersuchungen fest, dass eine spezielle Sehhilfe für den Bildschirmarbeitsplatz erforderlich ist, so muss der Arbeitgeber deren Kosten ganz oder teilweise übernehmen, sofern es sich nicht um eine gewöhnliche Sehhilfe (z.B. Standardbrille) handelt.

Welche Nachweise und Dokumentationen muss der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Bildschirmarbeitsplätzen führen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung, getroffene Schutzmaßnahmen und Unterweisungen zu dokumentieren. Dies ergibt sich aus § 6 Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit § 3 BildscharbV. Die Unterlagen müssen so geführt werden, dass bei einer Kontrolle durch die zuständigen Aufsichtsbehörden (beispielsweise Gewerbeaufsichtsamt, Berufsgenossenschaften) die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben belegt werden kann. Dazu zählen insbesondere die Protokolle zu Gefährdungsbeurteilungen, Instandhaltungsnachweise für Arbeitsmittel, Belege zu durchgeführten Unterweisungen und Informationen über die Durchführung und Ergebnisse von Gesundheitsuntersuchungen. Die Dokumentation muss auf dem aktuellen Stand gehalten und auf Nachfrage vorgelegt werden. Verstöße gegen diese Pflichten können arbeitsrechtliche und ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.