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Bigamie (Doppelehe, doppelte Lebenspartnerschaft)


Begriff und Bedeutung der Bigamie (Doppelehe, doppelte Lebenspartnerschaft)

Bigamie, auch als Doppelehe oder doppelte Lebenspartnerschaft bezeichnet, beschreibt die rechtliche Situation, in der eine Person gleichzeitig mit mehr als einer Person eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft eingeht. Im Regelfall wird Bigamie als Verstoß gegen das Ein-Ehe-Prinzip (Monogamie) verstanden, das in den meisten europäischen und westlichen Rechtsordnungen als gesellschaftlicher und rechtlicher Standard festgelegt ist.

Historischer und kultureller Hintergrund der Bigamie

Herkunft und Entwicklung

Das Phänomen der Bigamie ist historisch und kulturell unterschiedlich bewertet worden. Während die gleichzeitige Ehe mit mehreren Partnern (Polygamie) in einigen Kulturen zulässig oder traditionell verankert ist, entwickelten sich in Mitteleuropa und insbesondere in Deutschland zusammen mit der Säkularisierung und veränderten Moralkonzeptionen strenge Monogamie-Bestimmungen. Das christlich geprägte Rechtssystem lehnte die Bigamie lange Zeit strikt ab.

Bigamie in verschiedenen Rechtskulturen

In vielen islamischen Staaten wird Polygamie unter bestimmten Bedingungen geduldet oder sogar gesetzlich geregelt. Dagegen ist die Mehrfachehe im Großteil der europäischen Staaten sowie in Nordamerika, Australien und zahlreichen weiteren Ländern verboten und kann strafrechtlich verfolgt werden.

Bigamie im deutschen Recht

Zivilrechtliche Regelungen

Ehe und Lebenspartnerschaft

Nach deutschem Familienrecht (§ 1306 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) ist es einer Person verboten, eine neue Ehe zu schließen, solange eine bestehende Ehe fortbesteht. Analoges gilt für die eingetragene Lebenspartnerschaft nach § 1 Absatz 3 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG). Eine wirksame Eheschließung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft setzt also die Auflösung aller vorherigen Ehen oder Lebenspartnerschaften voraus.

Folgen unwirksamer Doppelehe

Eine Eheschließung oder Lebenspartnerschaft, die entgegen diesen Vorschriften eingegangen wird, ist nichtig. Das Standesamt ist verpflichtet, die Voraussetzungen vor der Begründung einer rechtsgültigen Beziehung zu prüfen. Wird dennoch eine Doppelehe eingetragen oder vollzogen, kann diese auf Antrag der betroffenen Personen oder von Amts wegen für unwirksam erklärt werden (§ 1314 BGB).

Strafrechtliche Bewertung der Bigamie

Bigamie als Straftatbestand

Bigamie ist in Deutschland gemäß § 172 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Wer eine Ehe eingeht, obwohl bereits eine Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht, oder wer eine zweite Person heiratet, begeht eine Straftat. Der Versuch ist ebenfalls strafbar.

Strafmaß und Rechtsfolgen

Die Doppelehe wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Die Strafbarkeit bezieht sich sowohl auf die bereits verheiratete Person als auch auf denjenigen, der wissentlich einen Ehepartner mit bestehender Ehe heiratet.

Verfassungsrechtliche Beurteilung

Das Institut der Ehe ist in Artikel 6 des Grundgesetzes besonders geschützt. Das Verbot der Bigamie dient dem Schutz der in der Verfassung verankerten Wertegemeinschaft, die auf der Ehe zwischen zwei Personen als Grundmodell sozialer Stabilität basiert.

Internationale Aspekte der Bigamie

Doppelehe mit Auslandsbezug

Kommt es zu einer Doppelehe im Ausland, stellt sich häufig die Frage nach deren Anerkennung im Heimatstaat. Nach deutschem internationalen Privatrecht werden im Ausland rechtswirksam geschlossene Doppelehen regelmäßig nicht anerkannt, sofern diese gegen den deutschen ordre public (öffentliche Ordnung) verstoßen (§ 6 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche – EGBGB).

Sonderfälle: Religiöse und traditionelle Ehen

Nicht staatlich registrierte Ehen, wie etwa religiöse oder traditionelle Eheschließungen, sind hingegen nach deutschem Recht rechtlich nicht bindend und entfalten keine zivilrechtliche Wirkung. Sie können aber in Ausnahmefällen familienrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa bei Verfahren zur Unterhaltsfeststellung.

Rechtliche Konsequenzen und Folgen der Bigamie

Zivilrechtliche Konsequenzen

Die Unwirksamkeit der Doppelehe hat Auswirkungen auf das Erbrecht, die Versorgungsausgleichsansprüche, Unterhaltspflichten sowie das Sorgerecht gemeinsamer Kinder. Alle aus einer nichtigen Doppelehe resultierenden Rechtsverhältnisse werden rückabgewickelt, soweit dies möglich ist.

Strafrechtliche Folgen

Zusätzlich zu den zivilrechtlichen Effekten droht im Falle der Doppelehe eine strafrechtliche Verfolgung. Verfahren werden häufig von Amts wegen eingeleitet, sobald die Behörden Kenntnis von einer Doppelehe erlangen.

Abgrenzung: Bigamie und andere Formen der Mehrfachbeziehung

Polygamie

Polygamie bezeichnet grundsätzlich die Ehe von mehr als zwei Personen, während Bigamie explizit die Doppelehe meint. In Ländern ohne explizites Verbot der Bigamie kann Polygamie unter anderem durch die Duldung oder direkte Zulassung mehrerer Eheschließungen ermöglicht werden.

Konkubinat, nichteheliche Lebensgemeinschaft

Bigamie ist zu unterscheiden von nichtehelichen Lebensgemeinschaften wie dem Konkubinat. Diese unterfallen nicht den Bestimmungen des Ehe- oder Lebenspartnerschaftsrechts und sind insoweit nicht verboten.

Zusammenfassung

Bigamie (Doppelehe, doppelte Lebenspartnerschaft) ist ein rechtlich streng verbotenes Modell der Eheschließung und Lebenspartnerschaft, das sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich umfassende Konsequenzen nach sich zieht. Das deutsche Recht sichert durch klare gesetzliche Regelungen das Prinzip der Monogamie und schützt die Rechtsposition der betroffenen Ehepartner sowie der Kinder. Ausnahmen oder Legalisierungen bestimmter Formen mehrpartnerlicher Beziehungen sind im deutschen Recht nicht vorgesehen. Der Verstoß gegen das Ein-Ehe-Prinzip ist mit empfindlichen Strafen belegt und führt zur Nichtigkeit der zweiten Verbindung. Internationale Aspekte, religiöse Eheschließungen und kulturelle Sonderregelungen finden im deutschen Recht nur eingeschränkt Berücksichtigung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Bigamie in Deutschland?

Bigamie ist in Deutschland gemäß § 172 Strafgesetzbuch (StGB) ausdrücklich verboten und wird als Straftat verfolgt. Wer während bestehender Ehe eine weitere Ehe schließt, macht sich strafbar. Für die Beteiligten droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Strafe betrifft nicht nur die Person, die bereits verheiratet ist, sondern auch jene, die wissentlich eine Doppelehe eingehen. Darüber hinaus werden etwaige in Deutschland geschlossene Doppelehen als nichtig betrachtet (§ 1314 Abs. 2 Nr. 1 BGB), das heißt, sie haben keine rechtliche Bindung oder Wirkung. In zivilrechtlichen Verfahren, beispielsweise in Bezug auf Unterhalt oder Erbfolge, wird die zweite Ehe ebenfalls nicht berücksichtigt.

Ist eine im Ausland geschlossene Doppelehe in Deutschland anerkannt?

Deutschland erkennt eine im Ausland geschlossene Doppelehe grundsätzlich nicht an. Grundlage hierfür sind internationale Privatrechtsregeln und das deutsche Eherecht, nach dem eine Ehe nicht wirksam ist, wenn ein Ehehindernis – wie eine bestehende Ehe – vorliegt (§ 1306 BGB). Auch wenn bestimmte Staaten Doppelehen zulassen und entsprechende Eheurkunden ausstellen, sind diese Ehen bei einer Rückkehr nach Deutschland oder bei einer Beurkundung durch deutsche Behörden nichtig. Die betroffenen Personen müssen daher mit rechtlichen Nachteilen, wie etwa dem Ausschluss von Ehegattenprivilegien, rechnen.

Kann jemand, der in Deutschland eine Doppelehe führt, abgeschoben werden?

Bei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit kann das Führen einer Doppelehe Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus haben. Die Aufnahme einer Doppelehe kann einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) darstellen und als Straftat eine Ausweisung oder Abschiebung nach sich ziehen. Dies wird im Ausländerrecht regelmäßig geprüft, insbesondere wenn die bigamische Ehe aus aufenthaltsrechtlichen Gründen geschlossen wurde.

Welche Auswirkungen hat Bigamie auf das Sorgerecht und Unterhaltsansprüche?

Da Doppelehen in Deutschland rechtlich nicht anerkannt sind, hat eine bigamische Verbindung keine Auswirkungen auf bestehende Sorgerechtsregelungen oder Unterhaltsansprüche aus der ersten Ehe. Die zweite, nichtige Ehe entfaltet keine rechtlichen Pflichten oder Ansprüche. Kinder aus einer bigamischen Verbindung werden allerdings ihren rechtlichen Eltern zugeordnet, unabhängig vom Status der elterlichen Beziehung. Sollte Unterhalt für diese Kinder geltend gemacht werden, orientiert sich dieser grundsätzlich an deutschen Unterhaltsregelungen.

Wie verhält es sich mit eingetragenen Lebenspartnerschaften und Bigamie?

Auch das Recht eingetragener Lebenspartnerschaften (§ 3 LPartG) kennt das Verbot der Mehrfachpartnerschaft. Das Eingehen einer zweiten Lebenspartnerschaft während des Bestehens einer ersten ist nichtig und kann ebenfalls strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Prinzip der Monogamie gilt damit nicht nur für die klassische Ehe, sondern auch für eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, solange diese nach altem Recht existieren.

Welche Rolle spielt das Verschulden bei der Bestrafung wegen Bigamie?

Für die Strafbarkeit nach § 172 StGB muss zumindest bedingter Vorsatz vorliegen. Das heißt, der oder die Täter*in muss wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass eine zweite Ehe trotz bestehender Verbindung eingegangen wird. Fahrlässiges Verhalten – etwa Unwissen über den Familienstand oder einen Scheidungsstatus – reicht nicht aus. Das Gericht prüft insbesondere, ob beide Parteien sich über die bigamische Situation im Klaren waren.

Können Betroffene eine bigamische Ehe im Nachhinein legitimieren?

Eine bigamische Ehe, die entgegen deutschem Recht geschlossen wurde, kann nicht nachträglich legalisiert werden. Eine Legitimation ist nur möglich, wenn die frühere Ehe oder Lebenspartnerschaft wirksam aufgelöst wird, beispielsweise durch Scheidung oder Tod. Erst dann kann eine erneute Eheschließung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft rechtswirksam eingetragen und anerkannt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die zweite Ehe nichtig und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen.