Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Bezirksregierung

Bezirksregierung


Bezirksregierung

Die Bezirksregierung ist eine Landesmittelbehörde in Deutschland, die als Bindeglied zwischen den Ministerien der Bundesländer (oberste Landesbehörde) und den unteren Landesbehörden sowie Kommunalverwaltungen fungiert. Sie übernimmt umfangreiche Verwaltungsaufgaben auf regionaler Ebene und besitzt meist Aufsichtsfunktionen sowie eigene Entscheidungs- und Genehmigungsbefugnisse.

Begriff und Rechtsstellung der Bezirksregierung

Die rechtliche Ausgestaltung, Zuständigkeit und Organisation von Bezirksregierungen ist in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Nicht in allen Ländern gibt es Bezirksregierungen; sie sind vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern sowie Sachsen und einigen weiteren Bundesländern etabliert.

Bezirksregierungen sind keine eigenständigen Gebietskörperschaften, sondern als Landesmittelbehörden Teil der Landesverwaltung. Sie handeln im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgabenbereiche selbstständig, sind jedoch an die Weisungen der obersten Landesbehörden gebunden.

Organisationsgrundlagen

Die genaue Rechtsgrundlage findet sich in den jeweiligen Landesverwaltungsgesetzen sowie Zuständigkeitsverordnungen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise sind Aufbau, Aufgaben und Zuständigkeiten in § 2 der Bezirksregierungseinteilungsverordnung (BezRegEinfVO NRW) sowie im Landesorganisationsgesetz NRW geregelt.

Begriffliche Einordnung – Synonyme

Neben „Bezirksregierung“ existieren in Deutschland synonym verwendete Begriffe wie „Regierungspräsidium“ (z. B. in Baden-Württemberg, Hessen), „Bezirksverwaltung“ oder „Regierung“ (z. B. Bayern).

Aufgaben und Zuständigkeiten der Bezirksregierung

Die Bezirksregierung übernimmt vielfältige Aufgaben mit oft bereichsübergreifendem Charakter. Zu nennen sind insbesondere:

Allgemeine Verwaltungsaufgaben

Zu den Kernaufgaben zählt die Umsetzung von Gesetzen, Verordnungen und Erlassen der Landesregierung. Bezirksregierungen moderieren und koordinieren die Tätigkeit der ihnen nachgeordneten Behörden, etwa Landratsämter oder kommunale Verwaltungen.

Fachaufsicht und Rechtsaufsicht

Die Bezirksregierung übt die Fachaufsicht über bestimmte untere Verwaltungsbehörden aus und kann ihnen fachliche Anweisungen erteilen. Außerdem hat sie die Rechtsaufsicht über verschiedene kommunale und staatliche Institutionen und überwacht die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.

Genehmigungsbehörde und Sonderkompetenzen

Im Rahmen ihrer Zuständigkeit fungiert die Bezirksregierung oftmals als Genehmigungsbehörde, etwa bei immissionsschutzrechtlichen Vorhaben, im Bau-, Umwelt- und Naturschutzrecht oder bei großräumigen Infrastrukturprojekten. Sie ist zuständig für Planfeststellungsverfahren, Großgenehmigungen und übernimmt außerordentliche Verwaltungstätigkeiten.

Koordinierende Funktion

Eine zentrale Aufgabe der Bezirksregierung besteht zudem in der Koordination landesweiter Strategien und Maßnahmen für den jeweiligen Regierungsbezirk, etwa im Schulwesen, Katastrophenschutz, Gesundheitswesen oder der Regionalentwicklung.

Aufbau und Organisation der Bezirksregierung

Die Bezirksregierungen gliedern sich in verschiedene Dezernate, welche jeweils fachliche Schwerpunkte abbilden. Dazu zählen klassischerweise Dezernate für Inneres und Kommunales, Bildung und Schulen, Gesundheit, Umwelt und Naturschutz, Regionalplanung oder Wirtschaft. An der Spitze steht der Regierungspräsident oder die Regierungspräsidentin, der oder die vom Ministerpräsidenten des Bundeslandes bestellt wird.

Leitung und Personalausstattung

Der Regierungspräsident leitet die Behörde und vertritt diese nach außen. Er ist den jeweils zuständigen Ministerien unterstellt und für Organisation, Ordnung, Geschäftsgang und Personalver­waltung verantwortlich. Die Bezirksregierung beschäftigt zahlreiche Fachkräfte unterschiedlichster Verwaltungsbereiche.

Rechtliche Bedeutung und Funktion im Verwaltungssystem

Die Bezirksregierung besitzt eine wichtige Scharnierfunktion innerhalb der deutschen Verwaltungsgliederung. Sie verbindet Land, Kommunen und untere Verwaltungsbehörden effizient und stellt die Umsetzung landesweiter Politik vor Ort sicher.

Mittelinstanz der Landesverwaltung

Historisch betrachtet wurde die Mittelinstanz geschaffen, um die Umsetzung staatlicher Maßnahmen zu steuern und eine Koordination regionaler Verwaltungsprozesse zu ermöglichen. Bis heute ist die Behörde für die einheitliche und rechtssichere Auslegung und Anwendung von Gesetzen und Verordnungen in ihrem Bezirk verantwortlich.

Kontrolle und Aufsicht

Im Rahmen der Kommunalaufsicht hat die Bezirksregierung Überwachungs-, Prüf- und Eingriffsrechte gegenüber den Landkreisen, Städten und Gemeinden. Sie kann bei rechtswidrigen Verwaltungsakten einschreiten und korrigierend eingreifen.

Widerspruchsbehörde

Innerhalb eines Verwaltungsverfahrens tritt die Bezirksregierung häufig als Widerspruchsbehörde auf. Betroffene, gegen die eine Verwaltungsentscheidung auf unterer Ebene ergangen ist, können Widerspruch einlegen; die Bezirksregierung prüft formell und materiell die Entscheidung.

Bezirksregierungen im föderalen System der Bundesrepublik

In Deutschland existiert kein bundeseinheitliches Modell der Mittelinstanz. In einigen Bundesländern wurden die Bezirksregierungen abgeschafft (z. B. Niedersachsen, Saarland), in anderen bestehen sie fort oder sind durch andere Mittelbehörden, z. B. Landesdirektionen oder Regierungspräsidien, ersetzt worden.

Zusammenarbeit und Verflechtung

Die Bezirksregierungen arbeiten eng mit den Ministerien, anderen Mittel- sowie unteren Landesbehörden und Kommunalverwaltungen zusammen. Auch die Kooperation mit dem Bund und seinen Fachbehörden spielt in bestimmten Aufgabengebieten (z. B. Katastrophenschutz, Gewässerschutz) eine Rolle.

Zusammenfassung

Die Bezirksregierung bildet als mittlere Instanz der Landesverwaltung ein zentrales Element im Verwaltungsaufbau der Bundesländer mit umfassender rechtlicher Bedeutung. Sie ist zuständig für Koordination, Kontrolle, Aufsicht, Durchführung von Verwaltungsvorgängen und die Umsetzung staatlicher Vorgaben auf regionaler Ebene. Aufgaben, Organisation und Befugnisse regeln die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften. Damit stellt die Bezirksregierung eine wesentliche Säule des föderalen Verwaltungssystems in Deutschland dar.


Weiterführende Rechtsquellen:

  • Landesverwaltungsgesetz (Landesrecht)
  • Bezirksregierungseinteilungsverordnung (Landesrecht)
  • Gemeindeordnung und Kommunalverfassung (Landesrecht)
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Fachgesetzliche Vorschriften, insbesondere im Umweltrecht, Bau- und Planungsrecht, Schulrecht

Siehe auch:

  • Regierungspräsidium
  • Landesdirektion
  • Kommunalaufsicht
  • Mittelbehörde

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Zuständigkeiten und Aufgaben einer Bezirksregierung?

Im rechtlichen Kontext stützen sich die Aufgaben und Zuständigkeiten einer Bezirksregierung hauptsächlich auf die Landesverfassungen der jeweiligen Bundesländer sowie auf spezielle Ausführungsgesetze, wie z.B. das Verwaltungsorganisationsgesetz, das Bezirksregierungsgesetz oder entsprechende Zuständigkeitsverordnungen. Die Bezirksregierung wird als Mittelbehörde zwischen den obersten Landesbehörden (Ministerien) und den unteren Verwaltungsbehörden tätig. Ihre Handlungskompetenzen ergeben sich zudem aus einer Vielzahl von Fachgesetzen, z.B. dem Schulgesetz, Bauordnungsrecht oder Immissionsschutzgesetz. Die Bezirksregierungen sind in zahlreichen Bereichen als „untere Landesbehörde“ oder auch „höhere Verwaltungsbehörde“ zuständig und erhalten direkte Weisungen von den Ministerien, sodass sie in Form einer staatlichen Mittelinstanz für die Rechtsaufsicht, Fachaufsicht, Koordination und Durchführung zahlreicher Verwaltungsverfahren verantwortlich sind. Rechtlich wesentliche Grundlagen für die Tätigkeit sind außerdem das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), ggf. das Verwaltungszustellungsgesetz sowie bereichsspezifische Verwaltungsvorschriften und Erlasse, die die einzelnen Rechtsgebiete detailliert regeln.

In welchen Verwaltungsverfahren tritt die Bezirksregierung als Widerspruchsbehörde auf?

Die Bezirksregierung nimmt in etlichen Verwaltungsverfahren, die auf Fachgesetzen beruhen, die Rolle der Widerspruchsbehörde ein. Dies bedeutet, dass Personen, die mit einem Bescheid einer unteren Verwaltungsbehörde nicht einverstanden sind, zuerst Widerspruch bei der Bezirksregierung einlegen müssen, bevor eine Klage zulässig wird (Vorverfahren gemäß § 68 ff. Verwaltungsgerichtsordnung). Typische Beispiele betreffen das Schulrecht (z.B. Ablehnung eines Schulplatzes), das Bauordnungsrecht (z.B. Ablehnung einer Baugenehmigung), das Gewerberecht oder auch das Sozialrecht. Die Bezirksregierung prüft im Rahmen des Widerspruchsverfahrens die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der angefochtenen Verfügung vollständig – sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht. Erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens und Erlass des Widerspruchsbescheids kann der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten beschritten werden.

Welche Aufsichts- und Kontrollbefugnisse hat die Bezirksregierung gegenüber nachgeordneten Behörden?

Rechtlich ist die Bezirksregierung gegenüber den ihr nachgeordneten staatlichen, teilweise auch kommunalen Behörden, mit umfassenden Aufsichts- und Kontrollbefugnissen ausgestattet. Sie übt sowohl die Fachaufsicht (inhaltlich-sachliche Kontrolle der Gesetzesausführung) als auch die Rechtsaufsicht (Kontrolle der Einhaltung von Recht und Gesetz) aus. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich in den jeweiligen Zuständigkeitsgesetzen, dem Kommunalverfassungsrecht sowie spezifischen Fachgesetzen. Im Rahmen der Aufsicht kann die Bezirksregierung Anweisungen erteilen, Dienstaufsichtsbeschwerden prüfen, Verwaltungsakte aufheben oder beanstanden und gegebenenfalls Ersatzvornahmen anordnen. In bestimmten Fällen – wie etwa bei Haushaltsüberschreitungen oder rechtswidrigen Beschlüssen kommunaler Organe – ist sie verpflichtet, notwendige Maßnahmen zur Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der Verwaltung zu ergreifen.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für die Ernennung und Entlassung des Regierungspräsidenten (Leiter der Bezirksregierung)?

Die Ernennung und Entlassung des Regierungspräsidenten erfolgt gemäß den beamtenrechtlichen Vorschriften der jeweiligen Landesbeamtengesetze, in Verbindung mit dem Bezirksregierungsgesetz des Bundeslandes. Die oberste Landesbehörde, meist vertreten durch das zuständige Ministerium oder die Landesregierung, ist für die Auswahl, Ernennung, Versetzung und Entlassung zuständig. Der Regierungspräsident ist ein politischer Beamter (§ 54 BBG bzw. entsprechende Landesvorschrift), was bedeutet, dass die Entlassung auch ohne Angabe von Gründen im Rahmen der sogenannten „politischen Beurlaubung“ erfolgen kann. Die Ernennung setzt in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium, eine mehrjährige Erfahrung im höheren Verwaltungsdienst sowie eine besondere Vertrauensstellung gegenüber der Landesregierung voraus.

Inwieweit ist die Bezirksregierung bei der Umsetzung von Bundesgesetzen in den Ländern beteiligt?

Bezirksregierungen sind in föderalen Strukturen wie der Bundesrepublik Deutschland zentrale Akteure bei der Umsetzung bundesgesetzlicher Regelungen im jeweiligen Landesbereich. Aufgrund des föderalen Vollzugsrahmens, wonach Bundesgesetze grundsätzlich als Länderaufgabe (Art. 83 ff. GG) von den Ländern vollzogen werden, fungieren Bezirksregierungen als ausführende Instanzen insbesondere dann, wenn komplexe oder großräumige Verwaltungsvollzüge gefordert sind (z.B. im Umweltrecht, Schulwesen oder bei der Vergabe von Verkehrsinfrastrukturmitteln). Die Normen legen fest, dass die Ausführung nach Weisung des zuständigen Landesministeriums erfolgt. Sie sind berechtigt, notwendige Verwaltungsakte zu erlassen, Entscheidungen nach Maßgabe des Bundesrechts zu treffen und für die korrekte Anwendung der Bundesnormen in den unteren Instanzen Sorge zu tragen. Ihre Entscheidungen können oftmals mit Rechtsmitteln (z.B. Widerspruch, Klage) angegriffen werden, wobei auch hier die einschlägigen Durchführungsgesetze und Verwaltungsverfahrensregelungen maßgeblich sind.

Welche Mitwirkungsrechte hat die Bezirksregierung in Verfahren der Regionalplanung?

Im Kontext der Regionalplanung ist die Bezirksregierung rechtlich als Trägerin der Regionalplanung bzw. als Höhere Landesplanungsbehörde gemäß Raumordnungsgesetz (ROG) und Landesplanungsgesetz eingesetzt. Ihre Aufgaben umfassen die Aufstellung, Fortschreibung und Änderung von Regionalplänen. Dabei müssen umfangreiche Beteiligungsrechte Dritter – darunter Kommunen, Fachbehörden und betroffene Öffentlichkeiten – nach den Vorgaben der §§ 9 ff. ROG sowie des jeweiligen Landesrechts beachtet werden. Die Bezirksregierung entscheidet nach rechtlich vorgesehenen Anhörungs- und Beteiligungsverfahren und überprüft die fachliche und rechtliche Vereinbarkeit der Regionalplanung mit Vorgaben der Landes- und Bundesplanung. Darüber hinaus obliegen ihr Überwachungs- und Steuerungsfunktionen im Rahmen der Planfeststellungsverfahren und Raumordnungsverfahren.

Wann ist die Bezirksregierung für die Erteilung von Genehmigungen und Bewilligungen zuständig?

Die Zuständigkeit der Bezirksregierung für die Erteilung von Genehmigungen und Bewilligungen ist in den einschlägigen Fachgesetzen ausdrücklich geregelt. Sie bezieht sich auf Bereiche, die entweder eine überörtliche Relevanz, eine besondere Schwierigkeit oder eine erhebliche fachliche Spezialisierung erfordern. Beispielsweise ist sie Genehmigungsbehörde im Bereich des Immissionsschutzrechts (§ 10 BImSchG), bei wasserrechtlichen Erlaubnissen von überregionaler Bedeutung (Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetz), beim Abbau von Bodenschätzen (Bundesberggesetz) oder bei besonderen schulaufsichtlichen Entscheidungen. Dabei handelt sie rechtsförmlich, d.h. ihre Genehmigungen sind Verwaltungsakte mit bindender Wirkung – diese sind mit Rechtsbehelfen anfechtbar. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit ergibt sich jeweils aus den Fach- und Zuständigkeitsgesetzen sowie ggf. nachgelagerten Verordnungen der Länder.