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Bezahlter Urlaub

Bezahlter Urlaub: Bedeutung, Umfang und rechtliche Einordnung

Bezahlter Urlaub bezeichnet die Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung. Im Mittelpunkt steht der Erholungsurlaub, der allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusteht. Daneben existieren weitere bezahlte Freistellungen, die nicht als Urlaub im engeren Sinn gelten, etwa gesetzliche Feiertage oder bestimmte Sonderfreistellungen. Die konkrete Ausgestaltung ergibt sich aus gesetzlichen Vorgaben, Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie individuellen Arbeitsverträgen.

Abgrenzungen

Zu unterscheiden sind drei zentrale Begriffe: Der Erholungsurlaub ist der gesetzliche Mindesturlaub zuzüglich etwaiger vertraglicher Zusatzansprüche. Das Urlaubsentgelt ist die Vergütung, die während des Urlaubs weitergezahlt wird. Davon abzugrenzen ist ein etwaiges Urlaubsgeld als zusätzliche, freiwillige oder tariflich geregelte Sonderzahlung. Ebenfalls abzugrenzen sind bezahlte Freistellungen, die nicht als Erholungsurlaub zählen, etwa gesetzliche Feiertage, Mutterschutzfristen oder tariflich geregelte Sonderanlässe.

Rechtsquellen und Anspruchsgrundlagen

Der Anspruch auf bezahlten Urlaub stützt sich auf mehrere Ebenen: gesetzliche Mindeststandards, tarifliche Regelungen, betriebliche Vereinbarungen und individuelle Arbeitsverträge. Üblich ist, dass Tarif- oder Arbeitsverträge über den gesetzlichen Mindestumfang hinausgehen. In bestimmten Branchen sind zudem betriebliche Praktiken von Bedeutung, sofern sie gleichmäßig angewendet werden.

Arten des bezahlten Urlaubs und verwandter Freistellungen

Erholungsurlaub

Der Erholungsurlaub dient der Regeneration. Er entsteht kalenderjährlich und umfasst mindestens mehrere Wochen pro Jahr. Arbeits- oder Tarifverträge können darüber hinausgehende Urlaubstage vorsehen. Der Urlaubsanspruch richtet sich primär nach den regelmäßigen Arbeitstagen pro Woche.

Sonderurlaub mit Entgeltfortzahlung

Für besondere Ereignisse kann eine bezahlte Freistellung bestehen, etwa bei wichtigen familiären Anlässen oder unverschuldeter Verhinderung. Umfang und Anspruchsgründe ergeben sich regelmäßig aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag.

Bildungsurlaub

Bildungsurlaub ist in mehreren Bundesländern vorgesehen und gewährt eine bezahlte Freistellung zur beruflichen oder politischen Weiterbildung. Anspruch, Dauer und Anerkennungsvoraussetzungen richten sich nach dem jeweiligen Landesrecht sowie ggf. nach Tarif- oder Betriebsvereinbarungen.

Mutterschutzfristen

Während der gesetzlichen Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung besteht eine bezahlte Freistellung, die über besondere Leistungen abgesichert wird. Diese Zeiten gelten nicht als Urlaubsverbrauch; der Erholungsurlaub bleibt unberührt und kann nach Ende der Schutzfristen genommen werden.

Gesetzliche Feiertage

Gesetzliche Feiertage sind bezahlte arbeitsfreie Tage. Fallen sie in den genehmigten Urlaub, werden sie nicht als Urlaubstag angerechnet.

Entstehung und Berechnung des Urlaubsanspruchs

Wartezeit und anteilige Entstehung

Der Urlaubsanspruch entsteht ab Beginn des Arbeitsverhältnisses anteilig. Nach einer Wartezeit innerhalb der ersten Monate wird der volle Jahresurlaub fällig. Bei Ein- oder Austritt im laufenden Jahr entsteht der Anspruch grundsätzlich zeitanteilig.

Teilzeit, unregelmäßige Arbeitszeiten und Minijobs

Auch Teilzeitbeschäftigte und Minijobber haben einen Anspruch auf bezahlten Urlaub. Maßgeblich ist die Anzahl der regelmäßigen Arbeitstage pro Woche. Bei unregelmäßigen Diensten erfolgt die Umrechnung auf Basis der vereinbarten Arbeitstage bzw. Einsatztage. Schicht- und Wechseldienste werden über Referenzzeiträume und Dienstpläne berücksichtigt.

Wechsel der Arbeitszeit

Ändert sich im Laufe des Jahres die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage, wird der Urlaubsanspruch in der Regel anteilig auf die jeweils geltende Arbeitszeit umgerechnet, damit der Freistellungsumfang in Tagen sachgerecht bleibt.

Besondere Personengruppen

Für Jugendliche nach dem Jugendarbeitsschutzrecht und für schwerbehinderte Menschen bestehen regelmäßig erhöhte Urlaubsansprüche. Die konkrete Ausgestaltung ergibt sich aus den jeweiligen Regelungswerken.

Urlaubsentgelt und sonstige Zahlungen

Urlaubsentgelt

Während des Urlaubs ist das regelmäßige Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Grundlage ist der durchschnittliche Verdienst innerhalb eines Referenzzeitraums vor Urlaubsantritt. Typischerweise fließen regelmäßige Zulagen und variable Bestandteile ein, soweit sie mit der normalen Arbeitsleistung verknüpft sind. Überstundenvergütungen werden in der Regel nicht einbezogen, sofern sie nicht dauerhaft üblich sind.

Urlaubsgeld

Urlaubsgeld ist eine zusätzliche Zahlung, die unabhängig vom Urlaubsentgelt sein kann. Ein Anspruch folgt aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder individualvertraglicher Zusage; andernfalls handelt es sich um eine freiwillige Leistung.

Lohnabrechnung während des Urlaubs

Das Urlaubsentgelt erscheint üblicherweise als eigener Abrechnungsbestandteil. Zuschläge, die unmittelbar an die tatsächliche Arbeitsleistung gekoppelt sind, entfallen im Urlaub; regelmäßig gewährte leistungsneutrale Zulagen können anteilig enthalten sein.

Inanspruchnahme und Festlegung des Urlaubs

Urlaubsantrag und Genehmigung

Die Festlegung erfolgt durch Antrag und Genehmigung. Wünsche der Beschäftigten sind zu berücksichtigen, betriebliche Belange können entgegenstehen. Soziale Gesichtspunkte, etwa schulpflichtige Kinder, finden in der Praxis besondere Beachtung.

Betriebsferien

In bestimmten Zeiträumen kann der Arbeitgeber Betriebsferien festlegen. Dies setzt eine abgestimmte Planung voraus und erfolgt unter Einbindung der betrieblichen Mitbestimmung. Ein angemessener Anteil des Urlaubs verbleibt üblicherweise zur freien Verfügung.

Urlaubssperren

Vorübergehende Urlaubssperren sind in Ausnahmesituationen möglich, wenn zwingende betriebliche Gründe vorliegen. Sie müssen verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sein.

Unterbrechung, Verfall und Übertragung

Krankheit während des Urlaubs

Erkrankt eine Person während des Urlaubs und weist die Arbeitsunfähigkeit nach, werden diese Tage nicht auf den Urlaub angerechnet. Die Nachweispflicht entsteht ab dem ersten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit.

Feiertage innerhalb des Urlaubs

Gesetzliche Feiertage, die in den Urlaub fallen, zählen nicht als Urlaubstage. Der Urlaubsanspruch verlängert sich entsprechend um diese Tage.

Verfall und Übertragung

Grundsätzlich ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Eine Übertragung in das Folgejahr ist möglich, wenn dringende Gründe vorliegen. Ohne rechtzeitige Information über den konkreten Urlaubsstand und die Möglichkeit der Inanspruchnahme kann ein Verfall gehemmt sein; es bestehen Hinweis- und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers. Bei Langzeiterkrankung gelten verlängerte Fristen, der Anspruch bleibt jedoch nicht unbegrenzt bestehen.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Urlaub während der Kündigungsfrist

Offener Urlaub kann während der Kündigungsfrist gewährt werden, sofern keine vorrangigen Gründe entgegenstehen. Die Freistellung erfolgt dann unter Fortzahlung des Urlaubsentgelts.

Urlaubsabgeltung

Kann Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden, wandelt sich der offene Anspruch in einen Geldanspruch um. Grundlage ist das Urlaubsentgelt, bemessen nach den üblichen Regeln zur Durchschnittsvergütung.

Urlaubsbescheinigung

Beim Arbeitgeberwechsel ist eine Urlaubsbescheinigung zweckmäßig, damit der neue Arbeitgeber den bereits gewährten Urlaub anrechnen kann und Doppelansprüche vermieden werden.

Kollektive Regelungen und Mitbestimmung

Tarifverträge

Tarifverträge enthalten häufig abweichende oder ergänzende Urlaubsregelungen, etwa mehr Urlaubstage, spezielle Urlaubsstaffeln, Antragsfristen oder ein tarifliches Urlaubsgeld.

Betriebs- und Dienstvereinbarungen

Betriebs- oder Dienstvereinbarungen regeln häufig Antragswege, Prioritäten bei Überschneidungen, Betriebsferien und elektronische Urlaubsprozesse. Der Betriebs- oder Personalrat wirkt bei der Urlaubsplanung mit.

Internationaler Bezug und Entsendung

Bei grenzüberschreitender Tätigkeit stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Arbeitsrecht und dem Umfang des Urlaubsanspruchs. In Europa gelten Mindeststandards, während nationale Regelungen den genauen Umfang und die Abwicklung bestimmen. Bei Auslandseinsätzen sind zudem lokale Feiertage und Zeitzonenregelungen zu berücksichtigen.

Typische Abgrenzungsfragen

Kinderkrankheit und Pflegezeiten

Zeit für die Betreuung erkrankter Kinder ist kein Erholungsurlaub. Die Freistellung und die Entgeltfrage richten sich nach speziellen Regelungen, häufig mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Unbezahlter Urlaub

Unbezahlter Urlaub ist die vorübergehende Freistellung ohne Vergütungsanspruch. Er unterscheidet sich vom bezahlten Urlaub sowohl hinsichtlich der Entgeltfrage als auch in sozialversicherungsrechtlichen Details.

Erreichbarkeit im Urlaub

Der Urlaub dient der Erholung. Verpflichtungen zur ständigen Erreichbarkeit bestehen grundsätzlich nicht. Abweichungen können sich aus besonderen vertraglichen Abreden für Not- oder Ausnahmefälle ergeben.

Dokumentation und Nachweise

Urlaubsübersicht und Resturlaub

Üblich ist eine laufende Dokumentation über genommene und verbleibende Urlaubstage. Die Transparenz über den Urlaubsstand ist bedeutsam, um einen fristgerechten Verbrauch zu ermöglichen.

Nachweise bei Krankheit

Für die Nichtanrechnung von Krankheitstagen im Urlaub ist ein geeigneter Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erforderlich. Der Nachweis muss den Urlaubszeitraum abdecken.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Bezahltem Urlaub

Wie viele Tage bezahlten Urlaub gibt es pro Jahr?

Der Umfang richtet sich nach gesetzlichen Mindeststandards, ergänzt durch Tarif- und Arbeitsverträge. Üblich sind mehrere Wochen pro Jahr, wobei Branchen und Betriebe abweichende, häufig höhere Kontingente vorsehen.

Entsteht der Urlaubsanspruch bereits in der Probezeit?

Ja, der Anspruch entsteht vom ersten Arbeitstag an anteilig. Nach einer festgelegten Wartezeit wird der volle Jahresurlaub fällig. Vor Ablauf dieser Zeit kann Urlaub grundsätzlich im anteiligen Umfang gewährt werden.

Wie wird das Urlaubsentgelt berechnet?

Maßgeblich ist das regelmäßige Entgelt, orientiert am Durchschnittsverdienst innerhalb eines Referenzzeitraums. Regelmäßige Zulagen und variable Vergütungsbestandteile fließen typischerweise ein; reine Überstundenzuschläge bleiben in der Regel unberücksichtigt.

Zählen Feiertage, die in den Urlaub fallen, als Urlaubstage?

Nein, gesetzliche Feiertage werden nicht auf den Urlaub angerechnet. Der Urlaubszeitraum verlängert sich um diese Tage.

Was passiert bei Krankheit während des Urlaubs?

Bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit werden die Krankheitstage nicht als Urlaubstage gewertet. Voraussetzung ist ein geeigneter Nachweis, der den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit belegt.

Kann Urlaub ins nächste Jahr übertragen werden?

Ja, wenn dringende Gründe vorliegen. Zudem ist eine rechtzeitige Information über Urlaubsstände und die Möglichkeit der Inanspruchnahme bedeutsam. Ohne entsprechende Hinweise kann ein Verfall gehemmt sein. Übertragungen sind zeitlich begrenzt.

Was gilt beim Ausscheiden aus dem Unternehmen?

Nicht genommener Urlaub ist vorrangig zu gewähren. Ist dies aus zeitlichen Gründen nicht möglich, wird der verbleibende Anspruch abgegolten. Die Berechnung folgt den Grundsätzen des Urlaubsentgelts.

Haben Teilzeit- und Minijob-Beschäftigte den gleichen Anspruch?

Ja, der Anspruch besteht auch hier. Die Anzahl der Urlaubstage richtet sich nach den regelmäßigen wöchentlichen Arbeitstagen. Eine anteilige Umrechnung stellt sicher, dass der Freistellungsumfang verhältnismäßig ist.