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Bewährungszeit


Begriff und Bedeutung der Bewährungszeit

Die Bewährungszeit ist ein Begriff aus dem Strafrecht und bezeichnet den Zeitraum, während dem eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung „unter besonderen Bedingungen“ nach dem Urteil steht. Während dieser Zeit wird geprüft, ob sich die verurteilte Person bewährt, also künftig keine Straftaten mehr begeht und eventuelle Auflagen oder Weisungen beachtet. Die Bewährungszeit ist zentraler Bestandteil des Bewährungssystems und dient dazu, straffällig gewordene Personen in die Gesellschaft zu reintegrieren und einen Aufenthalt im Strafvollzug nach Möglichkeit zu vermeiden.

Rechtsgrundlagen der Bewährungszeit

Strafgesetzbuch (StGB)

Im deutschen Recht ist die Bewährungszeit insbesondere in den §§ 56a bis 56g Strafgesetzbuch (StGB) normiert. Sie findet sowohl bei der Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe (§ 56 StGB) als auch bei bestimmten Maßregeln der Besserung und Sicherung Anwendung.

Anwendungsbereich

Die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ist grundsätzlich bei Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren zulässig (§ 56 Abs. 2 StGB). Die Entscheidung über die Bewährung und die Festsetzung der Bewährungszeit obliegt dem erkennenden Gericht.

Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Für Jugendliche und Heranwachsende gelten besondere Regelungen nach dem Jugendgerichtsgesetz (§§ 21 ff. JGG), wobei die Grundprinzipien der Bewährungszeit entsprechend Anwendung finden.

Dauer und Beginn der Bewährungszeit

Gesetzliche Vorgaben

Gemäß § 56a StGB wird die Dauer der Bewährungszeit im Urteil festgelegt. Sie beträgt mindestens zwei Jahre und höchstens fünf Jahre. In begründeten Ausnahmefällen kann das Gericht diese Fristen unterschreiten oder überschreiten.

Beginn

Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft des Urteils, sofern im Urteil kein anderer Zeitpunkt ausdrücklich bestimmt wird.

Verlängerung und Verkürzung

Das Gericht kann die Bewährungszeit nachträglich verkürzen oder verlängern, wenn dies angezeigt ist (§ 56a Abs. 2 StGB). Eine Verlängerung ist bis zur gesetzlichen Höchstdauer zulässig, wenn sich die Resozialisierung der verurteilten Person als noch nicht abgeschlossen darstellt.

Ausgestaltung der Bewährungszeit

Bewährungsauflagen und Weisungen

Während der Bewährungszeit kann das Gericht dem Verurteilten bestimmte Auflagen (§ 56b StGB) oder Weisungen (§ 56c StGB) erteilen. Diese dienen der Förderung der Resozialisierung und der Vermeidung weiterer Straftaten. Typische Auflagen sind Schadenswiedergutmachung, Zahlungen an gemeinnützige Einrichtungen oder die Teilnahme an bestimmten Programmen. Weisungen können persönliche Lebensführung, Umgang und Aufenthaltsort betreffen.

Bewährungshelfer

Zur Überwachung und Unterstützung während der Bewährungszeit kann ein Bewährungshelfer bestellt werden (§ 56d StGB). Aufgabe des Bewährungshelfers ist die Betreuung und Kontrolle des Verurteilten, sowie die Mitteilung von Verstößen gegen Weisungen an das zuständige Gericht.

Folgen von Verstößen während der Bewährungszeit

Widerruf der Bewährung

Kommt die verurteilte Person während der Bewährungszeit ihren Auflagen oder Weisungen nicht nach oder begeht erneut eine Straftat, kann das Gericht die Bewährung gemäß § 56f StGB widerrufen. In diesem Fall wird die ursprünglich ausgesetzte Strafe vollstreckt.

Ermahnung und Nachschulung

Vor einem Widerruf der Bewährung ist häufig eine Ermahnung oder die Anordnung weiterer Auflagen und Weisungen möglich, sofern ein Widerruf als unverhältnismäßig angesehen wird.

Folgen eines erfolgreichen Ablaufs der Bewährungszeit

Wird die Bewährungszeit ohne weitere Zwischenfälle durchlaufen, wird die Aussetzung der Strafe endgültig und die Verurteilung wird nach Ablauf bestimmter Fristen aus dem Zentralregister getilgt.

Rechtsprechung und Praxis

Entscheidungsspielraum der Gerichte

Die Entscheidung über die Aussetzung, Gestaltung und Überwachung der Bewährungszeit liegt im Ermessen des Gerichts. Die Beurteilung erfolgt jeweils einzelfallbezogen und wird an den individuellen Verhältnissen und dem Verhalten des Bewährten während der Bewährungszeit ausgerichtet.

Rolle im Rechtsstaat

Das Institut der Bewährungszeit steht in einem Spannungsfeld zwischen dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit und dem Resozialisierungsgedanken. Ziel ist es, Straftätern eine nachhaltige Rückkehr in die Gesellschaft unter Kontrolle und Hilfestellung zu ermöglichen und Rückfallquoten zu verringern.

Internationale Aspekte der Bewährungszeit

Auch in vielen anderen Rechtsordnungen gibt es vergleichbare Institute zur Strafaussetzung zur Bewährung. Im internationalen Vergleich bestehen jedoch Unterschiede hinsichtlich Dauer, Voraussetzungen, Ausgestaltung der Auflagen und Beteiligung sozialer Dienste. Europäische Strafvollzugsstandards betonen die Bedeutung resozialisierender Maßnahmen und einer effektiven Gestaltung der Bewährungsaufsicht.

Bewährungszeit im Überblick

Zusammenfassend ist die Bewährungszeit ein wesentliches Instrument der Straferledigung im deutschen Strafrecht, das einerseits Schutzmechanismen für die Allgemeinheit vorsieht, andererseits aber dem Verurteilten die Gelegenheit bietet, unter gerichtlich kontrollierten Bedingungen einen straffreien Lebenswandel zu führen. Durch die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und die individuelle Ausgestaltung soll die Bewährungszeit zum nachhaltigen Abbau von Rückfallrisiken und zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung straffällig gewordener Personen beitragen.


Hinweis: Die hier dargelegten Informationen dienen dem Überblick und ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung. Bei konkreten Fragestellungen empfiehlt es sich, die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zu Rate zu ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange dauert die Bewährungszeit bei einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe?

Die Dauer der Bewährungszeit ist in § 56a des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Sie beträgt mindestens zwei Jahre und höchstens fünf Jahre. Die genaue Dauer wird vom Gericht im Urteil individuell festgelegt. Die Dauer der Bewährungszeit orientiert sich dabei an den Umständen der Tat, der Persönlichkeit des Verurteilten, seiner Vorstrafen sowie seiner Prognose. Eine unter zwei Jahre liegende Bewährungszeit ist gesetzlich nicht zulässig. Innerhalb dieser Zeitspanne kann das Gericht auch eine Verlängerung oder Verkürzung der Bewährungszeit anordnen, etwa wenn sich während der Bewährungszeit neue Umstände ergeben. Die Bewährungszeit beginnt mit Rechtskraft des Urteils, also sobald das Urteil nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann.

Welche Pflichten und Auflagen können während der Bewährungszeit auferlegt werden?

Während der Bewährungszeit kann das Gericht gemäß § 56b und § 56c StGB zahlreiche Auflagen und Weisungen erteilen, um die Rückfallgefahr zu vermindern und dem Täter die Gelegenheit zu geben, sich zu bewähren. Mögliche Auflagen sind beispielsweise Schadenswiedergutmachung, Zahlung einer Geldauflage an gemeinnützige Einrichtungen, Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs oder die Aufnahme einer Arbeit. Weisungen können sich zudem auf das Kontaktverbot zu bestimmten Personen, ein Aufenthaltsverbot an bestimmten Orten oder die Verpflichtung zur Teilnahme an einer Suchttherapie beziehen. Die Einhaltung dieser Weisungen wird in der Regel durch einen Bewährungshelfer überwacht. Kommt der Verurteilte diesen Pflichten nicht nach, kann dies zur Verlängerung der Bewährungszeit oder im schlimmsten Fall zum Widerruf der Bewährung führen.

Wann kann die Bewährungszeit vorzeitig beendet werden?

Nach § 56g Abs. 1 StGB kann das Gericht die Bewährungszeit vorzeitig beenden, wenn sich der Verurteilte bewährt hat, d. h., wenn er während der abgelaufenen Bewährungszeit keine weiteren Straftaten begangen sowie alle Auflagen und Weisungen erfüllt hat. Eine beantragte vorzeitige Beendigung ist frühestens nach Ablauf der Hälfte der ursprünglich festgelegten Bewährungszeit möglich, jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Gerichts und erfolgt auf Antrag des Verurteilten oder von Amts wegen.

Was passiert, wenn während der Bewährungszeit erneut eine Straftat begangen wird?

Begeht der Verurteilte während der Bewährungszeit eine neue Straftat, kann das Gericht die Bewährung gemäß § 56f StGB widerrufen. Der Widerruf der Bewährung ist insbesondere dann möglich, wenn die neue Straftat vor Ablauf der Bewährungszeit rechtskräftig festgestellt worden ist und sie zeigt, dass sich der Verurteilte die Gnade der Strafaussetzung zur Bewährung nicht hat zur Warnung dienen lassen. In einem solchen Fall muss der Verurteilte die ursprünglich zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe antreten. Das Gericht kann in Ausnahmefällen jedoch von einem Widerruf absehen, wenn die neue Straftat geringfügig war oder aus besonderen Gründen eine günstige Prognose weiterhin gegeben ist.

Kann die Bewährungszeit verlängert werden?

Yes, das Gericht kann die Bewährungszeit gemäß § 56a Abs. 2 StGB bis zur Höchstdauer von fünf Jahren verlängern, wenn sich während der laufenden Bewährungszeit zeigt, dass dies erforderlich ist – beispielsweise wenn der Verurteilte Weisungen nicht befolgt, Auflagen nicht erfüllt oder Zweifel an seiner positiven Entwicklung bestehen. Die Verlängerung wird durch Beschluss des Gerichts angeordnet und muss den Verurteilten berücksichtigen und anhören.

Welche Rolle spielt der Bewährungshelfer während der Bewährungszeit?

Ein Bewährungshelfer wird dem Verurteilten durch das Gericht gemäß § 56d StGB zur Seite gestellt, um ihn zu unterstützen und zu überwachen. Der Bewährungshelfer hilft dem Verurteilten beispielsweise bei sozialen Schwierigkeiten, bei der Arbeitssuche oder bei der Erfüllung von Auflagen und Weisungen des Gerichts. Gleichzeitig berichtet der Bewährungshelfer dem Gericht regelmäßig über den Verlauf der Bewährung, insbesondere wenn Probleme oder Verstöße gegen Weisungen oder Auflagen auftreten.

Was bedeutet der Widerruf der Bewährung und wie läuft das Verfahren ab?

Widerruft das Gericht die Bewährung, setzt es die Vollstreckung der ursprünglich ausgesetzten Freiheitsstrafe in Gang. Der Widerruf erfolgt durch Beschluss und setzt voraus, dass der Verurteilte in erheblicher Weise gegen Auflagen verstoßen hat, eine neue Straftat begangen hat oder sich die positive Prognose als falsch herausgestellt hat. Der Betroffene wird im Rahmen des Widerrufsverfahrens angehört, hat das Recht zur Stellungnahme und kann, falls der Widerruf beschlossen wird, Rechtsmittel einlegen.

Welche Folgen hat der Ablauf der Bewährungszeit ohne Verstöße?

Nach Ablauf der festgelegten Bewährungszeit und sofern keine Verstöße gegen Auflagen, Weisungen oder das Gesetz festgestellt wurden, wird die zur Bewährung ausgesetzte Strafe erlassen (§ 56g Abs. 1 StGB). Das bedeutet, der Verurteilte gilt damit automatisch als rehabilitiert im Hinblick auf die ausgesetzte Strafe und muss diese Strafe nicht mehr verbüßen. Zudem wird der Strafmakel, soweit möglich, reduziert, was sich auch günstig auf das Führungszeugnis auswirken kann.