Bewährungszeit: Begriff und rechtliche Einordnung
Die Bewährungszeit ist der zeitliche Rahmen, in dem eine gerichtlich ausgesetzte Strafe nicht vollstreckt wird und die betroffene Person unter festgelegten Bedingungen ihren weiteren Lebensweg gestaltet. Ziel ist zu prüfen, ob sich die mit der Aussetzung verbundenen positiven Erwartungen bestätigen. Die Bewährungszeit ist ein Kernelement des Strafrechts und kommt sowohl bei der Aussetzung einer verhängten Freiheitsstrafe als auch bei einer Entlassung aus dem Strafvollzug auf Bewährung zur Anwendung. Daneben wird der Begriff in weiteren Rechtsgebieten genutzt, etwa im öffentlichen Dienst.
Anwendungsbereiche
- Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung: Eine verhängte Freiheitsstrafe (bis zu einer gesetzlich definierten Höchstgrenze) wird nicht vollstreckt. Stattdessen wird eine Bewährungszeit mit Auflagen und Weisungen festgesetzt.
- Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (Entlassung aus dem Strafvollzug): Nach Verbüßung eines Teils der Freiheitsstrafe kann die restliche Strafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Bewährungszeit bestimmt werden.
- Jugendstrafrecht: Auch hier kann eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, mit einer speziell angepassten Bewährungszeit und typischerweise engerer erzieherischer Begleitung.
- Öffentlicher Dienst (Beamtenrecht): Bewährungszeit meint dort einen Zeitraum, in dem die Eignung in einem Amt oder für eine Laufbahn praktisch nachgewiesen wird. Dieser Verwaltungsgebrauch ist vom strafrechtlichen Verständnis zu unterscheiden.
Dauer der Bewährungszeit
Die Dauer richtet sich nach der Art der Bewährung und wird durch das Gericht festgelegt:
- Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung: Regelmäßig zwischen zwei und fünf Jahren. Eine Verkürzung oder Verlängerung innerhalb dieses Rahmens ist möglich, wenn es der Verlauf der Bewährung nahelegt.
- Aussetzung des Strafrestes: Ebenfalls grundsätzlich zwischen zwei und fünf Jahren; bei Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe beträgt die Bewährungszeit in der Regel fünf Jahre. In besonderen Konstellationen kann eine Verlängerung angeordnet werden.
- Jugendstrafrecht: Üblicherweise zwei bis drei Jahre, mit der Möglichkeit einer Verlängerung, soweit dies zur Erreichung des Erziehungsziels erforderlich erscheint.
Beginn, Ablauf und Ende
Beginn
Die Bewährungszeit beginnt mit der rechtskräftigen Entscheidung über die Aussetzung der Strafe oder, bei Entlassung aus dem Strafvollzug, mit der Entlassung auf Bewährung. Das Gericht legt den genauen Beginn regelmäßig in der Entscheidung fest.
Ablauf
Während der Bewährungszeit unterliegt die verurteilte Person bestimmten Auflagen und Weisungen und kann einer Bewährungshilfe unterstellt werden. Das Gericht überwacht den Verlauf und kann auf Entwicklungen reagieren, etwa durch Änderungen von Auflagen.
Ende und Rechtsfolgen
Mit dem Ablauf der festgesetzten Bewährungszeit ohne Widerruf gilt die Strafe als erledigt; die ausgesetzte Freiheitsstrafe wird dann nicht mehr vollstreckt. Einträge im Registerwesen bestehen unabhängig davon nach den einschlägigen Tilgungsfristen fort.
Auflagen, Weisungen und Bewährungshilfe
Auflagen
Auflagen dienen in erster Linie dem Ausgleich von Tatfolgen oder der Förderung verantwortlichen Verhaltens. Üblich sind beispielsweise Schadenswiedergutmachung, Zahlungen an gemeinnützige Einrichtungen oder die Erfüllung bestimmter Leistungen.
Weisungen
Weisungen sollen die Lebensführung in eine straffreie Bahn lenken. Häufige Inhalte sind Meldepflichten, die Teilnahme an Beratung oder Therapie, das Verbot von Kontakt zu bestimmten Personen oder Orten, Vorgaben zum Wohnsitz oder zur Beschäftigung sowie die Einhaltung von Alkohol- oder Drogenabstinenz mit möglichen Kontrollen.
Bewährungshilfe
Die Bewährungshilfe unterstützt und überwacht den Verurteilten während der Bewährungszeit. Die Zuweisung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers kann angeordnet werden, insbesondere wenn die Lebenssituation dies erfordert oder besondere Risiken bestehen. Die Bewährungshilfe berichtet dem Gericht über wesentliche Entwicklungen.
Verstöße und gerichtliche Reaktionen
Leichte und schwere Verstöße
Verstöße gegen Auflagen oder Weisungen sind nicht gleichbedeutend mit einem automatischen Widerruf. Das Gericht berücksichtigt Schwere, Häufigkeit, Ursachen und den Gesamtverlauf der Bewährung. Bei geringfügigen oder einmaligen Verstößen kommen mildere Reaktionen in Betracht.
Mögliche Maßnahmen
- Verwarnung und Hinweis auf die Folgen weiterer Pflichtverletzungen
- Nachträgliche Anordnung oder Anpassung von Auflagen und Weisungen
- Verlängerung der Bewährungszeit innerhalb der zulässigen Grenzen
- Widerruf der Bewährung bei erheblichen oder wiederholten Verstößen oder bei neuen Straftaten
Widerruf und seine Folgen
Beim Widerruf wird die ausgesetzte Freiheitsstrafe grundsätzlich vollstreckt. Bei Aussetzung eines Strafrestes betrifft die Vollstreckung den nicht verbüßten Teil. Vor- oder Untersuchungshaft werden nach den allgemeinen Regeln angerechnet. Das Gericht kann in besonderen Fallgestaltungen statt des Widerrufs zunächst mildere Mittel ergreifen, wenn dies als ausreichend erscheint.
Zuständigkeit und Verfahren
Die Festsetzung und Überwachung der Bewährungszeit erfolgt durch das Gericht. Bei Aussetzung einer Freiheitsstrafe im Urteil entscheidet und überwacht regelmäßig das Gericht, das die Strafe verhängt hat. Bei Entlassungen aus dem Strafvollzug ist typischerweise das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Kommunikation erfolgt häufig über die Bewährungshilfe, die das Gericht über Entwicklungen informiert. Änderungen der Bewährungsauflagen oder Entscheidungen über Verlängerung, Verkürzung oder Widerruf werden durch Beschluss getroffen.
Abgrenzung zu anderen Begriffen
Bewährungszeit vs. Probezeit im Arbeitsrecht
Die arbeitsrechtliche Probezeit bezeichnet einen Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses mit erleichterten Kündigungsmöglichkeiten. Sie hat mit der strafrechtlichen Bewährungszeit keine inhaltliche Verbindung.
Bewährungszeit im öffentlichen Dienst
Im Beamtenrecht bezeichnet Bewährungszeit den Zeitraum zur praktischen Bewährung in einem Amt oder in der Laufbahn, etwa bei einer Ernennung auf Probe oder im Zusammenhang mit Laufbahnfortschritten. Diese verwaltungsrechtliche Bewährungszeit betrifft Eignung und Leistung im Amt und ist von der strafrechtlichen Bewährung zu trennen.
Häufig gestellte Fragen zur Bewährungszeit
Was bedeutet Bewährungszeit im Strafrecht?
Bewährungszeit ist der Zeitraum, in dem eine ausgesetzte Freiheitsstrafe nicht vollstreckt wird und die verurteilte Person unter Auflagen, Weisungen und gegebenenfalls Bewährungshilfe steht. Ziel ist die Bewährung im Alltag ohne weitere Straftaten.
Wie lange dauert die Bewährungszeit?
Im Erwachsenenstrafrecht beträgt sie regelmäßig zwei bis fünf Jahre. Bei Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe sind typischerweise fünf Jahre vorgesehen. Im Jugendstrafrecht liegen die Zeiträume üblicherweise bei zwei bis drei Jahren.
Wann beginnt und wann endet die Bewährungszeit?
Sie beginnt mit der rechtskräftigen Aussetzungsentscheidung beziehungsweise mit der Entlassung auf Bewährung und endet mit Ablauf der festgelegten Dauer, sofern sie nicht zuvor widerrufen oder verlängert wird.
Welche Folgen haben Verstöße während der Bewährungszeit?
Je nach Schwere kommen Verwarnung, zusätzliche Auflagen, geänderte Weisungen, Verlängerung der Bewährungszeit oder der Widerruf in Betracht. Bei Widerruf wird die ausgesetzte Freiheitsstrafe vollstreckt.
Kann die Bewährungszeit verlängert oder verkürzt werden?
Ja. Das Gericht kann die Bewährungszeit innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Grenzen verlängern oder verkürzen, wenn der Verlauf der Bewährung dies nahelegt.
Welche Rolle spielt die Bewährungshilfe?
Die Bewährungshilfe unterstützt die verurteilte Person, überwacht die Einhaltung von Auflagen und Weisungen und berichtet dem Gericht. Sie ist Bindeglied zwischen Gericht und verurteilter Person.
Worin liegt der Unterschied zwischen Bewährungszeit und Probezeit?
Die Bewährungszeit ist ein strafrechtlicher Begriff im Zusammenhang mit ausgesetzten Freiheitsstrafen. Die arbeitsrechtliche Probezeit betrifft den Beginn eines Arbeitsverhältnisses und hat einen anderen Zweck.
Gilt die Bewährungszeit auch im Jugendstrafrecht?
Ja. Auch Jugendstrafen können zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungszeit ist dabei kürzer und stärker erzieherisch ausgerichtet, mit engmaschiger Begleitung.