Legal Lexikon

Betroffener


Begriff und rechtliche Relevanz des Betroffenen

Der Begriff Betroffener hat im deutschen Recht eine zentrale Bedeutung und wird in unterschiedlichen Rechtsgebieten verwendet. Unter einem Betroffenen versteht man im Allgemeinen eine natürliche oder juristische Person, die von einer behördlichen Maßnahme, einer rechtlichen Regelung oder einem Verfahren unmittelbar oder mittelbar in ihren Rechten oder Interessen betroffen ist. Die genaue Definition und Rechtsstellung variiert abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet und dem zugrunde liegenden Sachverhalt.


Rechtsquellen und gesetzliche Definitionen

Begriffsbestimmung in verschiedenen Rechtsgebieten

Der Begriff „Betroffener“ ist kein einheitlich definierter Rechtsbegriff, sondern wird je nach Rechtsgebiet unterschiedlich ausgelegt. Im Verwaltungsrecht, Strafverfahrensrecht, Datenschutzrecht sowie im Ordnungswidrigkeitenrecht nimmt der Begriff jeweils eine eigenständige Funktion und Bedeutung ein.

Verwaltungsrecht (§ 13 VwVfG)

Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) verwendet den Begriff nicht ausdrücklich, definiert aber im Rahmen der Beteiligtenstellung nach § 13 VwVfG, dass zu den Beteiligten diejenigen gehören, an die die Behörde einen Verwaltungsakt richtet, oder deren rechtliche Interessen durch Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge sonst berührt werden. Wer als „betroffen“ gilt, ist damit Teilkreis der Beteiligten.

Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 55 OWiG)

Im Recht der Ordnungswidrigkeiten (§ 55 Ordnungswidrigkeitengesetz, OWiG) ist der „Betroffene“ jene Person, gegen die das Bußgeldverfahren geführt wird. Anders als im Strafprozessrecht spricht das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht vom „Beschuldigten“, sondern bewusst neutral vom „Betroffenen“, um die geringere Intensität des Vorwurfs zu verdeutlichen.

Datenschutzrecht (DSGVO, BDSG)

Im Datenschutzrecht, insbesondere im Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), ist der „Betroffene“ diejenige Person, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden. Hier steht der Betroffene im Zentrum des datenschutzrechtlichen Schutzes und genießt umfangreiche Rechte in Bezug auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Widerspruch.


Rechtsstellung des Betroffenen in unterschiedlichen Kontexten

Verwaltungsrechtliche Verfahren

Im Verwaltungsverfahren ist der Betroffene häufig Beteiligter des Verfahrens. Seine rechtlichen Interessen müssen berücksichtigt werden, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen Gehörs, der Beteiligung am Verfahren und der Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Die Beteiligtenstellung ist zentrale Voraussetzung für den Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte.

Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren

  • Strafverfahren: Der Betroffene spielt im Strafprozess keine ausdrückliche Rolle, hier wird stattdessen vom Beschuldigten gesprochen.
  • Ordnungswidrigkeitenverfahren: Der Begriff Betroffener erfasst die Person, gegen die sich das Bußgeldverfahren richtet. Sie hat typische Verfahrensrechte, darunter das Schweigerecht, das Recht auf Entgegennahme und Erwiderung des Vorwurfs und das Recht auf Akteneinsicht.

Datenschutzrechtlicher Kontext

Im Datenschutzrecht stehen dem Betroffenen zahlreiche Rechte zu:

  • Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten
  • Berichtigung unrichtiger Daten
  • Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten („Recht auf Vergessenwerden“)
  • Einschränkung der Verarbeitung
  • Widerspruch gegen bestimmte Arten der Verarbeitung
  • Recht auf Datenübertragbarkeit

Verantwortliche und Auftragsverarbeiter sind verpflichtet, die Betroffenenrechte zu respektieren und erforderlichenfalls mit Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten.


Verfahrensrechte und Schutzmechanismen

Rechtliches Gehör

Betroffene genießen im Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Recht auf rechtliches Gehör. Ihnen muss Gelegenheit geben werden, sich zu dem Sachverhalt zu äußern und Beweisanträge zu stellen.

Akteneinsichtsrecht

Abhängig vom Verfahrensstadium und dem jeweiligen Rechtsgebiet steht dem Betroffenen vielfach ein Recht auf Akteneinsicht zu. Dies soll gewährleisten, dass der Betroffene sich effektiv verteidigen oder seine Rechte geltend machen kann.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Ist ein Betroffener durch eine behördliche Maßnahme oder Entscheidung belastet, stehen ihm regelmäßig Rechtsbehelfe wie Widerspruch, Einspruch, Klage oder Rechtsmittel wie Berufung bzw. Revision offen.


Abgrenzung zu weiteren Verfahrensbeteiligten

Der Begriff Betroffener ist von anderen Verfahrensbeteiligten abzugrenzen. Im Verwaltungsverfahren ist dies der Adressat eines Verwaltungsakts oder auch Dritte, deren Rechte betroffen sind. Im Strafverfahren spricht man vom Beschuldigten, im Zivilverfahren von den Parteien, im Datenschutzrecht hingegen explizit vom Betroffenen im Sinne des Datenschutzrechts.


Bedeutung in der Rechtsprechung

Die Rechtsstellung des Betroffenen wurde durch zahlreiche Gerichtsentscheidungen konkret ausgestaltet. Insbesondere im Datenschutzrecht hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechte Betroffener häufig gestärkt. Im Verwaltungsrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht werden die Rechte des Betroffenen durch die Gerichte ebenfalls gesichert, um einen effektiven Rechtsschutz und die Wahrung des Grundsatzes des fairen Verfahrens sicherzustellen.


Zusammenfassung

Der Begriff des Betroffenen nimmt in verschiedenen Rechtsgebieten eine zentrale Rolle ein. Als Synonym für diejenige Person, deren rechtliche Interessen durch behördliches oder unternehmerisches Handeln berührt werden, stellt der Betroffene den Schutzadressaten des jeweiligen Rechts dar. Die spezifischen Rechte und Pflichten hängen dabei maßgeblich vom einschlägigen Rechtsgebiet ab. In allen Anwendungsbereichen ist jedoch der effektive Schutz der Interessen und Rechte des Betroffenen im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren sichergestellt.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte kann ein Betroffener nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geltend machen?

Betroffene Personen haben gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine Vielzahl von Rechten gegenüber Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern. Zentrale Rechte umfassen das Recht auf Auskunft (Art. 15 DSGVO), das den Betroffenen ermöglicht, Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten personenbezogenen Daten sowie über die Verarbeitungszwecke, Kategorien personenbezogener Daten, Empfänger, Speicherdauer und weitere relevante Informationen zu verlangen. Daneben besteht das Recht auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO), welches die Korrektur unrichtiger oder unvollständiger personenbezogener Daten vorsieht. Zusätzlich räumt die DSGVO das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“, Art. 17 DSGVO) ein, sofern bestimmte Voraussetzungen wie beispielsweise die Unrechtmäßigkeit der Verarbeitung oder Wegfall des Verarbeitungszwecks vorliegen. Ferner existieren das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO), das Recht auf Datenübertragbarkeit (Art. 20 DSGVO), das Recht auf Widerspruch gegen bestimmte Datenverarbeitungen (Art. 21 DSGVO) sowie spezielle Rechte im Zusammenhang mit automatisierter Entscheidungsfindung und Profiling (Art. 22 DSGVO). Diese Rechte stärken die Position betroffener Personen und dienen der Transparenz sowie dem Schutz ihrer personenbezogenen Daten.

Wie kann ein Betroffener seine Rechte nach der DSGVO durchsetzen?

Ein Betroffener kann seine Rechte, etwa auf Auskunft, Berichtigung oder Löschung, durch eine formlose Anfrage an den Verantwortlichen geltend machen. Die Anfrage kann schriftlich, elektronisch oder mündlich erfolgen, wobei eine schriftliche Dokumentation aus Nachweisgründen empfohlen wird. Der Verantwortliche ist gemäß Art. 12 Absatz 3 DSGVO verpflichtet, die betroffene Person unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags, über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren. Unter bestimmten Umständen, etwa bei komplexen oder zahlreichen Anträgen, kann diese Frist um weitere zwei Monate verlängert werden. Sollte der Verantwortliche dem Antrag nicht oder nicht ordnungsgemäß nachkommen, steht dem Betroffenen das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde sowie das Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz zu (Art. 77, 79 DSGVO).

Welche Pflichten hat der Verantwortliche gegenüber einem Betroffenen im Zusammenhang mit einer Datenpanne?

Kommt es zu einem sogenannten „Datenschutzvorfall“ oder einer Datenpanne, trifft den Verantwortlichen im Umgang mit Betroffenen eine Meldepflicht gemäß Art. 34 DSGVO. Er muss die von der Panne betroffene Person unverzüglich informieren, sofern die Verletzung voraussichtlich ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten der Betroffenen zur Folge hat. Die Information muss klar und in einfacher Sprache erfolgen und die Art der Datenpanne, die möglichen Folgen sowie die ergriffenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Abmilderung der negativen Auswirkungen beschreiben. Weiterhin muss die Benachrichtigung die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten oder einer sonstigen Anlaufstelle enthalten, wo Betroffene weitere Informationen erhalten können.

Können Betroffene Schadensersatz nach der DSGVO verlangen?

Betroffene haben nach Art. 82 DSGVO das Recht, von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter Schadensersatz zu verlangen, wenn ihnen wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Die Haftung kann nur dann entfallen, wenn der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter nachweisen kann, dass er in keinerlei Hinsicht für den Schaden verantwortlich ist. Art und Umfang des ersatzfähigen Schadens, insbesondere bei immateriellem Schaden (z.B. Persönlichkeitsrechtsverletzungen), sind häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem Einzelfall, wobei die Gerichte zunehmend auch Schmerzensgeld für immaterielle Schäden zusprechen. Für die Durchsetzung des Anspruchs können nationale Gerichte direkt angerufen werden.

Wie ist der Schutz der Rechte Betroffener bei internationalem Datentransfer gewährleistet?

Beim internationalen Transfer personenbezogener Daten in Länder außerhalb der EU/des EWR („Drittstaaten“) müssen besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden, um die Rechte der Betroffenen zu wahren. Nach Kapitel V der DSGVO ist die Übermittlung grundsätzlich nur zulässig, wenn entweder ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission für das Empfängerdrittland vorliegt oder geeignete Garantien wie Standarddatenschutzklauseln, Binding Corporate Rules oder explizite Einwilligungen der Betroffenen bestehen. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das Datenschutzniveau für Betroffene in Drittstaaten dem der DSGVO im Wesentlichen entspricht und die Rechte der Betroffenen weiterhin effektiv durchgesetzt werden können.

Welche Möglichkeiten einer Beschwerde stehen Betroffenen offen?

Betroffene können gemäß Art. 77 DSGVO eine Beschwerde bei einer Datenschutz-Aufsichtsbehörde einreichen, wenn sie der Ansicht sind, dass die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten gegen die DSGVO verstößt. Dabei steht es dem Betroffenen frei, sich an die Behörde seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts, seines Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes zu wenden. Die Aufsichtsbehörde prüft die Beschwerde und informiert den Betroffenen über den Fortgang und das Ergebnis. Daneben besteht das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen oder das Ausbleiben von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde (Art. 78 DSGVO).

Wie werden die Rechte der Betroffenen im Unternehmensalltag praktisch umgesetzt?

Im Unternehmensalltag sind Verantwortliche verpflichtet, transparente und leicht zugängliche Informationskanäle für betroffene Personen bereitzustellen. Dazu gehören insbesondere Datenschutzhinweise und Prozesse für die Bearbeitung von Betroffenenanfragen. Verantwortliche sind angehalten, interne Abläufe und technische Maßnahmen so zu gestalten, dass sie Anfragen zügig und effizient bearbeiten können. Hierzu zählt die Schulung von Mitarbeitenden, die Einführung von Dokumentations- und Nachweisverfahren sowie die laufende Evaluierung und Anpassung der datenschutzrechtlichen Prozesse. Die praktische Umsetzung erfordert zudem eine stetige Überprüfung der Rechtmäßigkeit aller Datenverarbeitungsprozesse und eine entsprechende Anpassung an technische, organisatorische sowie gesetzliche Entwicklungen.