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Betriebsvermögensvergleich

Begriff und Grundprinzip des Betriebsvermögensvergleichs

Der Betriebsvermögensvergleich ist eine Methode zur Ermittlung des betrieblichen Gewinns oder Verlusts eines Wirtschaftsjahres. Ausgangspunkt ist das Betriebsvermögen, also die Summe aller dem Betrieb zuzuordnenden Vermögenswerte abzüglich der betrieblichen Schulden. Der Gewinn ergibt sich aus dem Vergleich des Betriebsvermögens am Ende und am Anfang des Geschäftsjahres, bereinigt um private Geld- oder Sachbewegungen. Vereinfacht gilt: Steigt das Betriebsvermögen, liegt – nach Berücksichtigung bestimmter Korrekturen – ein Gewinn vor, sinkt es, entsteht ein Verlust.

Der Vergleich berücksichtigt, dass Eigentümerinnen und Eigentümer Geld oder Gegenstände dem Betrieb zuführen (Einlagen) oder entnehmen (Entnahmen). Diese privaten Vorgänge werden herausgerechnet, damit das Ergebnis ausschließlich die betriebliche Tätigkeit abbildet.

Abgrenzung zu anderen Gewinnermittlungsarten

Gegenüberstellung zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt den Gewinn durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, überwiegend nach dem Zufluss- und Abflussprinzip. Der Betriebsvermögensvergleich knüpft dagegen an den Jahresabschluss mit Bilanz an und ermittelt den Gewinn periodenrein über Bestandsänderungen des Nettovermögens. Er ist damit stärker bilanzorientiert und bildet wirtschaftliche Vorgänge auch dann ab, wenn noch kein Zahlungsfluss stattgefunden hat.

Zusammenhang mit Handelsbilanz und Steuerbilanz

Die Bilanz zeigt Vermögen und Schulden zum Stichtag. Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) weist den Periodenerfolg aus. Für den Betriebsvermögensvergleich wird in der Regel die Bilanz als Ausgangspunkt genutzt; wo notwendig, werden steuerliche Abweichungen berücksichtigt. So kann sich eine eigenständige steuerliche Betrachtung ergeben, die vom handelsrechtlichen Abschluss abweicht.

Was gehört zum Betriebsvermögen?

Betriebsvermögen und Privatvermögen

Zum Betriebsvermögen zählen Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Privatvermögen sind Gegenstände und Rechte, die überwiegend privaten Zwecken dienen. Die korrekte Zuordnung ist entscheidend, weil nur betriebliche Güter in Bilanz und Gewinnermittlung einfließen.

Notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen

Notwendiges Betriebsvermögen sind Gegenstände, die objektiv nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden. Gewillkürtes Betriebsvermögen betrifft Güter, die sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden können und die nach nachvollziehbarer Entscheidung dem Betrieb zugeordnet werden dürfen. Die Entscheidung muss konsistent und dokumentiert sein.

Bewertung und Ansatz

Wirtschaftsgüter werden in der Bilanz mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt, vermindert um planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen. Schulden sind mit ihrem Rückzahlungsbetrag zu berücksichtigen. Rückstellungen bilden ungewisse Verpflichtungen ab. Durch solche Bewertungen entstehen häufig Differenzen zwischen Zeitwert und Buchwert, sogenannte stille Reserven oder stille Lasten, die beim Betriebsvermögensvergleich mittelbar eine Rolle spielen können.

Ablauf des Vergleichs im Jahresabschluss

Stichtage und Periodenabgrenzung

Der Vergleich erfolgt zwischen dem Betriebsvermögen zu Beginn und am Ende des Wirtschaftsjahres. Erfasst werden dabei alle Geschäftsvorfälle, die dem betrachteten Zeitraum wirtschaftlich zuzuordnen sind. Forderungen, Verbindlichkeiten und Abgrenzungsposten sorgen dafür, dass der Erfolg periodenrein abgebildet wird.

Korrekturen: Entnahmen und Einlagen

Private Entnahmen mindern das Betriebsvermögen ohne betrieblichen Aufwand darzustellen; Einlagen erhöhen das Betriebsvermögen ohne betrieblichen Ertrag. Für ein unverzerrtes Ergebnis werden Entnahmen hinzugerechnet und Einlagen abgezogen. Dadurch spiegelt der Vergleich ausschließlich die betriebliche Tätigkeit wider.

Ergebnisdarstellung

Das Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs ist der steuerlich maßgebliche Gewinn oder Verlust des Wirtschaftsjahres. Negative Ergebnisse können nach allgemeinen Regeln steuerlich berücksichtigt werden. Der ausgewiesene Gewinn ist Grundlage für nachgelagerte steuerliche Bedeutungen und bildet den Ausgangspunkt für die steuerliche Veranlagung.

Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten

Adressaten des Betriebsvermögensvergleichs

Den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln insbesondere Unternehmen, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind. Dazu zählen typischerweise bestimmte Rechtsformen sowie Betriebe ab bestimmten Größenordnungen. Darüber hinaus kann diese Methode freiwillig gewählt werden, wenn die Buchführung ordnungsgemäß geführt wird.

Erforderliche Unterlagen

Eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung setzt eine geordnete Buchführung, eine jährliche Inventur sowie einen Abschluss mit Bilanz und GuV voraus. Je nach Unternehmensgröße können ergänzende Berichte und Erläuterungen hinzukommen. Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und nachvollziehbar sein und unterliegen gesetzlichen Aufbewahrungspflichten.

Steuerliche Wirkungen und typische Abgrenzungen

Stille Reserven

Stille Reserven entstehen, wenn Vermögenswerte in der Bilanz niedriger ausgewiesen sind als ihr tatsächlicher wirtschaftlicher Wert. Sie werden regelmäßig erst bei Veräußerung, Entnahme oder bei bestimmten Umstrukturierungen sichtbar und beeinflussen dann den Gewinn. Der Betriebsvermögensvergleich erfasst solche Effekte über die Veränderung des Betriebsvermögens.

Rückstellungen und Bewertungsspielräume

Rückstellungen für ungewisse Verpflichtungen wirken gewinnmindernd, ihre Auflösung entsprechend gewinnerhöhend. Die Bildung setzt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit und eine verlässliche Schätzung voraus. Da Bewertungen Spielräume eröffnen, kommt der dokumentierten Begründung eine besondere Bedeutung zu.

Entnahmen, Einlagen und Privatnutzungen

Geld- und Sachentnahmen sind private Vorgänge und werden bei der Gewinnermittlung neutralisiert, indem sie dem Ergebnis zugerechnet werden. Einlagen werden spiegelbildlich abgezogen. Bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern ist der private Anteil als Entnahme zu behandeln, typischerweise anhand angemessener Aufteilungsmaßstäbe.

Typische Anwendungsfälle

Gründung und laufender Betrieb

Bei Aufnahme einer Tätigkeit wird das Anfangsvermögen erfasst, einschließlich der eingebrachten Gegenstände und Rechte. Im laufenden Betrieb sorgt die Inventur zum Jahresende dafür, dass Bestände, Forderungen, Verbindlichkeiten und Abgrenzungen vollständig berücksichtigt werden.

Wechsel der Gewinnermittlungsart

Ein Wechsel zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist grundsätzlich möglich und mit besonderen Übergangsvorschriften verbunden. Ziel ist eine periodengerechte Abbildung, ohne dass Geschäftsvorfälle doppelt oder gar nicht erfasst werden.

Betriebsveräußerung und -aufgabe

Bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs werden stille Reserven regelmäßig sichtbar. Der Betriebsvermögensvergleich bildet dies über die Veränderung des Betriebsvermögens ab und führt zu einem entsprechend angepassten Ergebnis.

Dokumentation und Nachvollziehbarkeit

Belege, Inventur und Kontennachweise

Eine belastbare Gewinnermittlung setzt Belege für alle Geschäftsvorfälle voraus. Die Inventur stellt sicher, dass Bestände vollständig und richtig erfasst werden. Kontennachweise, Buchungsunterlagen und Arbeitsdokumentationen müssen so geführt werden, dass ein sachverständiger Dritter den Ablauf und das Ergebnis nachvollziehen kann.

Häufige Missverständnisse

Nicht identisch mit der GuV

Die GuV zeigt den Periodenerfolg, der Betriebsvermögensvergleich stellt hingegen auf die Bestandsveränderung des Nettovermögens ab und korrigiert private Vorgänge. Beide Betrachtungen hängen zusammen, sind aber nicht identisch.

Keine reine Kassenbetrachtung

Der Betriebsvermögensvergleich ist keine Zahlungsstromrechnung. Auch Forderungen, Verbindlichkeiten, Abschreibungen, Rückstellungen und Abgrenzungen werden ergebniswirksam erfasst.

Privatvermögen bleibt außen vor

Privat genutzte Gegenstände werden grundsätzlich nicht Teil des Betriebsvermögens. Nur korrekt zugeordnete und dokumentierte Wirtschaftsgüter gehen in die Bilanz und damit in den Betriebsvermögensvergleich ein.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschuss-Rechnung?

Der Betriebsvermögensvergleich ermittelt den Gewinn über die Veränderung des Betriebsvermögens zwischen zwei Stichtagen, bereinigt um Entnahmen und Einlagen. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung stellt demgegenüber tatsächliche Einnahmen und Ausgaben des Jahres gegenüber. Der Betriebsvermögensvergleich ist bilanzorientiert und bildet Vorgänge auch ohne Zahlungsfluss ab.

Wer muss den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln?

Der Betriebsvermögensvergleich wird insbesondere von Unternehmen angewandt, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind. Dazu gehören typischerweise bestimmte Rechtsformen und Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung. Er kann zudem freiwillig genutzt werden, wenn ordnungsgemäß Buch geführt wird.

Wie werden Entnahmen und Einlagen berücksichtigt?

Entnahmen sind private Geld- oder Sachabflüsse aus dem Betrieb und werden dem Ergebnis wieder zugerechnet. Einlagen sind private Zuführungen und werden vom Ergebnis abgezogen. Dadurch wird der Gewinn oder Verlust nicht durch private Vorgänge verzerrt.

Welche Wirtschaftsgüter zählen zum Betriebsvermögen?

Zum Betriebsvermögen gehören Vermögenswerte, die dem Betrieb dienen, etwa Maschinen, Waren, Forderungen, liquide Mittel und immaterielle Rechte. Schulden, Rückstellungen und Abgrenzungsposten werden ebenfalls einbezogen. Privat genutzte Gegenstände gehören grundsätzlich nicht dazu.

Welche Rolle spielt die Inventur beim Betriebsvermögensvergleich?

Die Inventur stellt zum Stichtag die tatsächlichen Bestände fest und ist Grundlage für die Bilanz. Ohne eine vollständige und richtige Inventur kann das Betriebsvermögen nicht verlässlich ermittelt werden, wodurch der Betriebsvermögensvergleich an Aussagekraft verliert.

Kann man zwischen Gewinnermittlungsarten wechseln?

Ein Wechsel ist grundsätzlich möglich. Dabei sind besondere Übergangsregeln zu beachten, damit Geschäftsvorfälle weder doppelt noch gar nicht erfasst werden. Ziel ist eine periodengerechte und konsistente Abbildung.

Wie wirkt sich die private Nutzung betrieblicher Gegenstände aus?

Die private Verwendung betrieblicher Wirtschaftsgüter wird als Entnahme behandelt. Dadurch wird der betriebliche Aufwand oder Ertrag neutralisiert, sodass der Gewinn das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit zutreffend widerspiegelt.