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Betriebsvermögensvergleich


Begriff und rechtliche Bedeutung des Betriebsvermögensvergleichs

Der Betriebsvermögensvergleich ist eine Methode zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns eines Unternehmens anhand des Vergleichs des Betriebsvermögens am Ende und zu Beginn eines Wirtschaftsjahres. Dieses Verfahren ist in der deutschen Besteuerungspraxis von besonderer Bedeutung, da es neben der Einnahmen-Überschussrechnung als zentrales Verfahren zur Gewinnermittlung dient. Die Vorschriften zum Betriebsvermögensvergleich finden sich in den §§ 4 Abs. 1, 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie in weiteren steuerrechtlichen Regelungen.


Rechtliche Grundlagen des Betriebsvermögensvergleichs

Gesetzliche Normierung

Die Grundlagen des Betriebsvermögensvergleichs sind im Einkommensteuergesetz (EStG) festgelegt. Nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt sich der Gewinn als der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um Entnahmen und vermindert um Einlagen. Für Gewerbetreibende, die verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, ist der Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG verpflichtend.

Anwendungsbereich

Der Betriebsvermögensvergleich ist insbesondere für Gewerbebetriebe, Kapitalgesellschaften sowie bestimmte andere Gewinnermittlerformen maßgebend. Er ist die Gewinnermittlungsart für bilanzierungspflichtige Unternehmen. Nicht anwendbar ist der Betriebsvermögensvergleich bei Betrieben, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln.


Durchführung des Betriebsvermögensvergleichs

Grundschema der Gewinnermittlung

Das Grundschema des Betriebsvermögensvergleichs lautet wie folgt:

Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres
– Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
+ Entnahmen
– Einlagen
= Steuerlicher Gewinn

Durch diesen Vergleich werden alle während des Wirtschaftsjahres erzielten betrieblichen Änderungen am Vermögensstand erfasst, auch solche, die sich nicht unmittelbar in einer Ein- oder Auszahlung niederschlagen.

Abgrenzung zu anderen Gewinnermittlungsarten

Im Unterschied zur Einnahmen-Überschussrechnung, die auf einer Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben beruht, umfasst der Betriebsvermögensvergleich auch nichtzahlungswirksame Geschäftsvorfälle, wie beispielsweise Forderungen oder Rückstellungen. Dies führt zu einer periodengerechten Gewinnermittlung.


Umfang und Bewertung des Betriebsvermögens

Betriebsvermögen im Sinne des Steuerrechts

Das Betriebsvermögen umfasst alle zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter, d. h. alle vermögenswerten Positionen, die dem Betrieb dauerhaft zu dienen bestimmt sind. Das steuerliche Betriebsvermögen gliedert sich in notwendiges Betriebsvermögen und gewillkürtes Betriebsvermögen.

Notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen

  • Notwendiges Betriebsvermögen: Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für betriebliche Zwecke genutzt werden.
  • Gewillkürtes Betriebsvermögen: Wirtschaftsgüter, die sowohl betrieblich als auch privat verwendet werden können, bei denen eine klare Zuordnung zum Betriebsvermögen durch den Steuerpflichtigen möglich ist.

Bewertungsvorschriften

Die Bewertung des Betriebsvermögens erfolgt nach den für die steuerliche Gewinnermittlung vorgesehenen Maßstäben, insbesondere nach den §§ 6 bis 6b EStG. Maßgeblich sind hierbei insbesondere die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), die aus dem Handelsrecht abgeleitet werden.

Wesentliche Bewertungsregeln sind unter anderem:

  • Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
  • Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG)
  • Niederstwertprinzip (Abschreibungen bei Wertminderungen)

Besondere Bestimmungen und steuerliche Folgefragen

Entnahmen und Einlagen

Entnahmen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) sind Beträge oder Wirtschaftsgüter, die der Unternehmer dem Betrieb für private Zwecke entnimmt. Einlagen sind umgekehrt Zuführungen aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen. Beide Positionen verändern das Betriebsvermögen, ohne dass ein unmittelbarer betrieblicher Ertrag oder Aufwand vorliegt. Sie werden daher im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs besonders erfasst und bei der Gewinnermittlung entsprechend berücksichtigt.

Anpassungen bei Wechsel der Gewinnermittlungsart

Ein Wechsel von oder zu einer anderen Gewinnermittlungsart (z. B. von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich) zieht besondere steuerliche Korrekturposten nach sich. Hierbei müssen stille Reserven ggf. aufgedeckt oder fortgeführt werden und einmalige Anpassungen am steuerlichen Gewinn erfolgen.

Beachtung handelsrechtlicher Grundlagen

Die steuerliche Gewinnermittlung durch den Betriebsvermögensvergleich orientiert sich grundsätzlich an den handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätzen nach dem Handelsgesetzbuch (HGB), soweit sich aus steuerrechtlichen Vorschriften keine abweichenden Sonderregeln ergeben. Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz wird durch das Prinzip der Maßgeblichkeit aus § 5 Abs. 1 EStG geregelt.


Bedeutung in Betriebsprüfungen und steuerlicher Praxis

Der Betriebsvermögensvergleich bildet in der steuerlichen Praxis die zentrale Grundlage für Betriebsprüfungen sowie für die Kontrolle und Nachvollziehbarkeit der unternehmerischen Gewinnermittlung. Sämtliche schematische und sachliche Richtigkeit der Bilanz und Gewinnermittlung werden im Rahmen von Prüfungen durch die Finanzverwaltung an diesem Verfahren gemessen.


Fazit

Der Betriebsvermögensvergleich ist eine gesetzlich verankerte und detailliert geregelte Methode zur Gewinnermittlung, die Unternehmen im Rahmen ihrer steuerlichen Erklärungspflichten beachten müssen. Er erfordert eine genaue Erfassung und Bewertung sämtlicher betriebsrelevanter Vorgänge und bildet die Basis für die Besteuerung von Unternehmen, insbesondere für bilanzierungspflichtige Steuerpflichtige. Durch seine umfassende Berücksichtigung sämtlicher Vermögensveränderungen ermöglicht der Betriebsvermögensvergleich eine akkurate, periodengerechte Darstellung des Unternehmenserfolgs und ist ein zentrales Element der deutschen Steuerrechtsordnung.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln den Betriebsvermögensvergleich?

Der Betriebsvermögensvergleich ist im deutschen Steuerrecht insbesondere durch die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG sowie durch das Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. § 4 Abs. 1 EStG definiert den Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und demjenigen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, zuzüglich Entnahmen und abzüglich Einlagen. Für die ordnungsmäßige Buchführung und Bilanzierung sind die §§ 238 ff. HGB einschlägig, vor allem für Kaufleute und Kapitalgesellschaften. Die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz werden durch das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 EStG gesteuert, wonach die handelsrechtlichen Grundsätze grundsätzlich auch für die steuerliche Gewinnermittlung heranzuziehen sind, sofern steuerrechtlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Ergänzend kommen weitere steuerliche Vorschriften etwa des Bewertungsgesetzes (BewG) oder der Abgabenordnung (AO) zur Anwendung, wenn es um die Bewertung einzelner Vermögensgegenstände oder um steuerliche Vorschriften zur Ausübung bestimmter Wahlrechte geht.

Welche Buchführungspflichten bestehen beim Betriebsvermögensvergleich?

Beim Betriebsvermögensvergleich sind die steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungspflichten zu beachten. Grundsätzlich verpflichtet § 238 HGB alle Kaufleute zur Buchführung und zur Erstellung eines Inventars sowie einer Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung. Steuerlich wird diese Buchführungspflicht durch § 140 AO übernommen, d.h., wer nach anderen Gesetzen – meist dem HGB – zur Buchführung verpflichtet ist, muss dies auch steuerlich befolgen. Wer nicht bereits aus handelsrechtlichen Gründen verpflichtet ist, kann dennoch nach § 141 AO aufgrund bestimmter Umsatz-, Gewinngrenzen oder Wirtschaftswertgrenzen zur Buchführung und somit zum Betriebsvermögensvergleich herangezogen werden. Einzelunternehmer und Freiberufler unterhalb dieser Grenzen können ihren Gewinn hingegen durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln und sind nicht zum Betriebsvermögensvergleich verpflichtet. Besteht die Buchführungspflicht, ist diese ordnungsgemäß, lückenlos und nachvollziehbar zu erfüllen – dies wird regelmäßig von der Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen überprüft.

Was sind die rechtlichen Vorgaben zur Bilanzierungspflicht beim Betriebsvermögensvergleich?

Für den Betriebsvermögensvergleich ist meist die Aufstellung einer Bilanz erforderlich. Bilanzierungspflicht besteht insbesondere für alle Kaufleute gemäß §§ 238, 242 HGB, wozu auch viele Gewerbetreibende zählen. Auch für Personengesellschaften wie OHG und KG gilt diese Verpflichtung, ebenso wie für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG). Die handelsrechtliche Pflicht wird steuerlich nach § 5 Abs. 1 EStG übernommen. Die Bilanz muss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) erstellt werden. Neben der Darstellung von Aktiva und Passiva sind auch alle stillen Reserven sowie Rückstellungen zu berücksichtigen. Zeitpunkt und Dauer der Bilanzierungsfrist richten sich einerseits nach dem HGB (grundsätzlich innerhalb von drei bis sechs Monaten nach Abschlussstichtag), andererseits nach steuerlichen Vorgaben, wobei Steuerbilanzen spätestens mit Abgabe der Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen sind. Bei Umwandlungen oder Betriebsaufgaben gelten zusätzliche bilanzrechtliche Bestimmungen, etwa die zwingende Erstellung einer Zwischen- oder Schlussbilanz.

Welche Bewertungsvorschriften sind beim Betriebsvermögensvergleich zu beachten?

Die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden erfolgt nach den gesetzlichen Bewertungsvorschriften, die sich in erster Linie aus dem Handelsgesetzbuch (§§ 252 bis 256a HGB) und ergänzend aus steuerrechtlichen Vorschriften ergeben. Grundsätzlich gilt das Niederstwertprinzip für das Umlaufvermögen und das gemilderte Niederstwertprinzip für das Anlagevermögen im Handelsrecht. Steuerlich gibt es davon abweichende Regelungen, beispielsweise durch das modifizierte Niederstwertprinzip für das Anlagevermögen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG. Ferner sind steuerliche Wahlrechte wie die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 2 EStG), Bewertungswahlrechte (§ 6 EStG) oder Sonderregelungen für bestimmte Rückstellungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG) zu beachten. Maßgeblich ist die zum Bilanzstichtag bestehende Rechtslage; nachträgliche Wertänderungen sind grundsätzlich erst im Folgejahr zu berücksichtigen.

Welche steuerlichen Folgen ergeben sich aus Fehlern beim Betriebsvermögensvergleich?

Fehlerhafte Betriebsvermögensvergleiche, etwa durch unzulässige Bewertungsmethoden, nicht erkannte Bilanzierungs- oder Bewertungsfehler, führen steuerlich zu einer fehlerhaften Gewinnermittlung. Dies kann bei einer Betriebsprüfung zur Korrektur der Besteuerungsgrundlagen (§ 129 AO, Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten; § 177 AO, Fehlerberichtigung im Zusammenhang mit Außenprüfungen) führen. Je nach Schwere kann das Finanzamt Schätzungen vornehmen (§ 162 AO). Werden vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen, können zudem strafrechtliche Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) eingeleitet werden. Neben Steuernachzahlungen werden i.d.R. Zinsen nach § 233a AO festgesetzt und bei grobem Verschulden Säumniszuschläge oder Strafzuschläge erhoben.

Welche Mitwirkungspflichten hat der Steuerpflichtige beim Betriebsvermögensvergleich gegenüber dem Finanzamt?

Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, die für den Betriebsvermögensvergleich relevanten Unterlagen und Aufzeichnungen vollständig, richtig und zeitnah zu führen (§ 90 AO). Bei Anforderung durch das Finanzamt müssen Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss und Anlagenverzeichnis sowie die dazugehörigen Buchführungsunterlagen vorgelegt werden. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung ist der Steuerpflichtige verpflichtet, die Prüfer zu unterstützen, erforderliche Auskünfte zu erteilen und Einsicht in Unterlagen zu gewähren (§ 200 AO). Wird die Mitwirkung verweigert oder sind die Unterlagen unvollständig, kann das Finanzamt eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) vornehmen.

Wie wirken sich Bilanzänderungen oder Bilanzberichtigungen rechtlich beim Betriebsvermögensvergleich aus?

Bilanzänderungen sind nach Abgabe einer Steuererklärung grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen zulässig (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG; R 4.4 EStR). Eine Änderung kann erfolgen, solange der Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist, und nur, soweit steuerrechtliche Vorschriften dies erlauben. Bilanzberichtigungen dagegen sind zwingend vorzunehmen, wenn die Bilanz nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt. Solche Bilanzberichtigungen sind unabhängig von der Bestandskraft des Steuerbescheids möglich und unterliegen keiner Ausschlussfrist. Rechtsfolgen sind dann meist die Anpassung des steuerlichen Gewinns sowie gegebenenfalls Steuernachzahlungen oder Erstattungen für die betroffenen Wirtschaftsjahre.

Welche Fristen sind bei der Erstellung und Einreichung des Betriebsvermögensvergleichs zu beachten?

Die Erstellung des Betriebsvermögensvergleichs erfolgt grundsätzlich zum Bilanzstichtag (meist 31. Dezember). Handelsrechtlich sind Bilanzen in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres zu erstellen (§ 264 HGB bei Kapitalgesellschaften). Steuerlich richtet sich die Frist nach der Abgabe der Steuererklärung: Für Steuerberater wird die Frist oft bis zum 31. Juli des Folgejahres (bzw. verlängert bis Ende Februar des übernächsten Jahres bei Beratung durch einen Steuerberater) gesetzt; das Finanzamt kann in begründeten Fällen Fristverlängerungen gewähren. Verspätete Abgabe kann zu Verspätungszuschlägen (§ 152 AO) führen. In Umwandlungsfällen, Betriebsaufgaben oder etwa bei Insolvenz gelten spezifische Sonderfristen.