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Betriebsurlaub


Betriebsurlaub: Definition, rechtliche Grundlagen und praxisrelevante Aspekte

Begriff und Grundverständnis des Betriebsurlaubs

Der Begriff Betriebsurlaub bezeichnet eine in einem Unternehmen festgelegte, meist mehrtägige, manchmal auch wochenweise andauernde, betrieblich veranlasste, vollständige oder teilweise Schließung eines Betriebs oder Betriebsteils, in der die Beschäftigten ihren Erholungsurlaub zu nehmen haben. Betriebsstillstände dieser Art werden häufig während Zeiten geringer Auslastung, beispielsweise über Weihnachten oder im Sommer, angeordnet.

Rechtsgrundlagen zum Betriebsurlaub in Deutschland

Gesetzliche Rahmenbedingungen (Bundesurlaubsgesetz)

Die rechtliche Grundlage für den Betriebsurlaub ergibt sich insbesondere aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Nach § 7 Abs. 1 BUrlG ist der Arbeitgeber zwar berechtigt, den Zeitpunkt des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche der Beschäftigten festzulegen, allerdings stehen dabei betriebliche Belange stets in einem Spannungsverhältnis zu den Interessen der Belegschaft.

Ermessensspielraum des Arbeitgebers

Dem Arbeitgeber wird nach ständiger Rechtsprechung ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt, um durch den Betriebsurlaub betriebliche Abläufe und Erfordernisse sicherzustellen. Dennoch dürfen bei der Festlegung des Betriebsurlaubs die Interessen der Beschäftigten nicht unangemessen zurückgestellt werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die persönlichen Urlaubswünsche angemessen zu berücksichtigen, sofern keine dringenden betrieblichen Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.

Mitbestimmungsrechte bei der Anordnung von Betriebsurlaub

Beteiligung des Betriebsrats

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) besteht hinsichtlich der Festlegung von Urlaubsgrundsätzen, wozu auch der Betriebsurlaub zählt, ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Betriebsurlaub kann daher regelmäßig nicht einseitig von der Unternehmensleitung angeordnet werden. Es ist vielmehr eine Einigung mit dem Betriebsrat herbeizuführen.

Ablauf bei Einigungsstreit

Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, kann gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle angerufen werden, die verbindlich entscheidet.

Verteilung und Umfang des Betriebsurlaubs

Anteil am Jahresurlaub

In der Praxis ist der Betriebsurlaub als Zwangsurlaub meist auf einen verhältnismäßigen Anteil (etwa zwei bis drei Wochen) des gesetzlichen Mindesturlaubs (nach BUrlG mindestens 24 Werktage bei Vollzeitbeschäftigung auf Basis der Sechs-Tage-Woche) beschränkt und darf grundsätzlich nicht den gesamten Jahreserholungsurlaub umfassen. Nur in begründeten Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, den gesamten Jahresurlaub als Betriebsurlaub festzusetzen.

Resturlaub und Sonderfälle

Steht einem Beschäftigten nicht ausreichend Resturlaub zum geplanten Betriebstillstand zur Verfügung, kann der Arbeitgeber nicht verlangen, dass für den Betriebsurlaub unbezahlter Urlaub genommen wird. In solchen Fällen bleibt entweder die Verpflichtung zur Lohnzahlung bestehen oder es müssen individuelle Vereinbarungen getroffen werden.

Sonderregelungen und tarifliche Vorgaben

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

In vielen Branchen enthalten Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen spezifische Regelungen zum Umfang und zur zeitlichen Lage des Betriebsurlaubs. Diese gehen den gesetzlichen Bestimmungen regelmäßig vor, sofern sie für die Beschäftigten günstiger sind. Interessant ist hierbei insbesondere die Festlegung, wie viel Prozent des Jahresurlaubs als Betriebsurlaub verwendet werden dürfen und welcher Anteil als individuell zu verplanender Urlaub verbleibt.

Sonderregelungen für einzelne Beschäftigtengruppen

Saisonarbeitskräfte, Teilzeitbeschäftigte oder Mitarbeiter:innen mit individuellen Wiedereingliederungszeiten können besonderen Regelungen unterliegen, die beim Betriebsurlaub zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich gilt jedoch der Gleichbehandlungsgrundsatz.

Folgen der Anordnung von Betriebsurlaub

Auswirkungen auf den Erholungsurlaub

Der im Rahmen eines Betriebsurlaubs festgesetzte Urlaub wird auf den individuellen Urlaubsanspruch der Mitarbeitenden angerechnet. Beschäftigte, deren Urlaubskonto zum Zeitpunkt des Betriebsurlaubs nicht ausreichend gefüllt ist (z.B. weil sie erst im Laufe des Jahres eingetreten sind), bleiben unter bestimmten Umständen dennoch bezugsberechtigt.

Fortzahlung der Vergütung

Während des Betriebsurlaubs besteht Anspruch auf Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG. Die Vergütung bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn.

Rechtsprechung zum Betriebsurlaub

Zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, etwa des Bundesarbeitsgerichts (BAG), haben den Rahmen für die Wirksamkeit und die zulässigen Grenzen von Betriebsurlaub abgesteckt, insbesondere hinsichtlich Zweckmäßigkeit, Mitbestimmung und Verhältnismäßigkeit. Entscheidend ist stets eine sachgerechte Abwägung zwischen betrieblichen Interessen und Arbeitnehmerrechten.

Rückkehr aus dem Betriebsurlaub und betriebliche Organisation

Nach dem Ende des Betriebsurlaubs sind Beschäftigte grundsätzlich verpflichtet, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Bei einer Verlängerung des Betriebsurlaubs, etwa aufgrund außerordentlicher betrieblicher Gründe, sind neue Absprachen mit dem Betriebsrat erforderlich.

Zusammenfassung

Der Betriebsurlaub stellt unter Berücksichtigung gesetzlicher, tariflicher und betriebsverfassungsrechtlicher Vorgaben ein zentrales Instrument zur Steuerung von Erholungszeiten im betrieblichen Kontext dar. Die verbindliche Festlegung bedarf einer sorgfältigen Interessensabwägung und ist ohne Mitbestimmung unzulässig. Anzahl und Lage des Betriebsurlaubs unterliegen klaren Grenzen; individuelle und kollektive Schutzrechte sind zu beachten. Die Missachtung arbeitsrechtlicher Vorgaben kann erhebliche rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber nach sich ziehen.


Dieser Artikel stellt eine umfassende begriffliche und rechtliche Einordnung des Betriebsurlaubs im deutschen Arbeitsrecht dar und bietet praxisorientierte Hinweise zur Anwendung und Auslegung.

Häufig gestellte Fragen

Kann der Arbeitgeber Betriebsurlaub anordnen und welche rechtlichen Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?

Der Arbeitgeber darf grundsätzlich Betriebsurlaub anordnen, muss dabei jedoch bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigen. Vor allem bedarf die Anordnung des Betriebsurlaubs regelmäßig einer konkreten betrieblichen Notwendigkeit, etwa aufgrund von Betriebsstilllegungen während der Ferienzeit oder wegen saisonaler Auftragseinbrüche. Rein willkürliche Festsetzungen sind unzulässig. Zudem ist der Betriebsrat (falls vorhanden) nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwingend zu beteiligen, da es sich um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit handelt. Ohne Mitbestimmung ist die Betriebsurlaubsanordnung unwirksam. Arbeitgeber müssen außerdem auf die Interessen der Arbeitnehmer Rücksicht nehmen: Urlaubswünsche dürfen nicht unbegründet übergangen werden. Auch darf nur ein Teil des gesetzlichen Jahresurlaubs – üblicherweise werden etwa zwei Drittel als Höchstgrenze angenommen – für Betriebsurlaub verplant werden, sodass Beschäftigte noch hinreichend Urlaub individuell planen können. Weiterhin ist die Anordnung frühzeitig bekannt zu geben, damit Arbeitnehmer ihre persönlichen Planungen darauf abstimmen können. Besonderheiten gelten bei einzelnen Arbeitnehmergruppen, etwa bei Eltern in der Elternzeit oder bei Teilzeitkräften; hier kann ein genereller Betriebsurlaub nicht ohne Weiteres durchgesetzt werden.

Müssen Arbeitnehmer während des Betriebsurlaubs ihren Erholungsurlaub einsetzen oder gibt es Ausnahmen?

In der Regel werden Arbeitnehmer während eines Betriebsurlaubs verpflichtet, ihren gesetzlichen und gegebenenfalls tariflichen oder vertraglichen Erholungsurlaub einzusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn der gewünschte Urlaubstermin der Arbeitnehmer davon abweicht. Allerdings gibt es Ausnahmen: Sollte ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Betriebsurlaubs keinen ausreichenden Urlaubsanspruch (beispielsweise wegen kurzer Betriebszugehörigkeit) haben, muss ihm für diesen Zeitraum entweder unbezahlte Freistellung gewährt oder eine andere Lösung gefunden werden. Ebenfalls ausgenommen sind Arbeitnehmer, die aufgrund von Krankheit, Mutterschutz oder Elternzeit urlaubsunfähig sind – in diesen Fällen wird der Urlaub nicht verbraucht, sondern verbleibt als Anspruch. Ebenso sind tarifvertragliche Regelungen zu beachten, die abweichende Vorgaben enthalten können und vorrangig zu berücksichtigen sind. Schließlich kann auch eine Nichtanwendung des Urlaubs auf den Betriebsurlaub in Betracht kommen, wenn ausdrücklich andere betriebliche oder individuelle Vereinbarungen bestehen.

Wie lange im Voraus muss der Betriebsurlaub angekündigt werden?

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Frist zur Ankündigung von Betriebsurlaub, jedoch ergibt sich aus dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und dem Rücksichtnahmegebot des Arbeitgebers eine Verpflichtung zur frühzeitigen Mitteilung. In der Praxis empfiehlt sich eine Ankündigungsfrist von mindestens sechs Monaten, um Arbeitnehmern sowie dem Betriebsrat hinreichend Planungssicherheit zu bieten. Die Rechtsprechung nimmt oftmals bei kurzfristiger Ankündigung eine Unzumutbarkeit für die Arbeitnehmer an, sofern beispielsweise bereits fest gebuchte Urlaube oder familiäre Verpflichtungen bestehen. Es ist daher im Interesse des Betriebes, den Betriebsurlaub so früh und transparent wie möglich anzukündigen und individuelle Umstände der Belegschaft zu berücksichtigen. Eine verspätete Mitteilung kann zur Unwirksamkeit der Betriebsurlaubsanordnung führen.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Festlegung von Betriebsurlaub?

Der Betriebsrat besitzt nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und der Festlegung des Urlaubsplans, wozu auch die Anordnung von Betriebsurlaub zählt. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber den Betriebsurlaub nicht einseitig festlegen darf, sondern dies stets im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen muss. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Die Beteiligung des Betriebsrates sichert, dass sowohl betriebliche Belange als auch die Interessen der Arbeitnehmer umfassend abgewogen werden. Ohne eine entsprechende Beteiligung des Betriebsrates ist die Anordnung von Betriebsurlaub rechtlich unwirksam und kann nicht gegen die Belegschaft durchgesetzt werden.

Was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer während des Betriebsurlaubs erkrankt?

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des für ihn festgelegten Betriebsurlaubs, gelten die allgemeinen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG): Nach § 9 BUrlG werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer die Krankheit sowie deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilt und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Die während der attestierten Erkrankung entfallenden Urlaubstage werden dem Urlaubskonto wieder gutgeschrieben und können zu einem späteren Zeitpunkt nachgenommen werden. Diese Regelung gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub, als auch in der Regel für darüber hinausgehende, vertraglich oder tariflich gewährte Urlaubsansprüche, sofern keine abweichenden Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag bestehen.

Ist eine Rücknahme oder Änderung eines bereits angekündigten Betriebsurlaubs rechtlich zulässig?

Eine bereits angekündigte und verbindlich festgelegte Betriebsurlaubsphase kann vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht einseitig wieder aufgehoben oder verschoben werden, da dies in die schutzwürdigen Interessen der Arbeitnehmer eingreift, die bereits Planungen (wie Urlaubsbuchungen, familiäre Dispositionen etc.) getroffen haben könnten. Eine Änderung kann ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn schwerwiegende betriebliche Gründe vorliegen (z.B. unvorhergesehene Notfälle), und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gewahrt bleiben. Der Arbeitgeber hat zudem die durch eine Änderung oder Rücknahme entstehenden Nachteile der Arbeitnehmer (z. B. Stornokosten) zu ersetzen. Erfolgt die Änderung hingegen ohne ausreichenden Grund und ohne Beteiligung des Betriebsrats, ist sie in der Regel rechtswidrig.

Gibt es Sonderregelungen für Teilzeit- oder befristet beschäftigte Arbeitnehmer beim Betriebsurlaub?

Auch Teilzeit- und befristet angestellte Arbeitnehmer unterliegen grundsätzlich den Regelungen zum Betriebsurlaub, d. h. sie müssen während des angeordneten Betriebsurlaubs ihren (anteiligen) Urlaub nehmen. Allerdings gilt dies nur für die Tage, an denen sie laut Arbeitsvertrag regulär zur Arbeitsleistung verpflichtet wären. Für Tage, an denen ohnehin keine Arbeitsverpflichtung besteht, kann kein Urlaub angerechnet werden. Bei befristet Beschäftigten müssen Urlaubsansprüche anteilig berücksichtigt und die Urlaubserteilung innerhalb der Vertragslaufzeit ermöglicht werden. Sonderregeln oder abweichende Regelungen können sich zudem aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglichen Absprachen ergeben. Besondere Fallkonstellationen, etwa bei mehreren Minijobs parallel, sind gegebenenfalls gesondert zu betrachten.