Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Familienrecht»Besuchsrecht

Besuchsrecht


Begriff und Bedeutung des Besuchsrechts

Das Besuchsrecht bezeichnet das Recht einer Person – häufig im Kontext familiärer Beziehungen – eine andere Person regelmäßig zu besuchen und persönlichen Kontakt zu pflegen. Es spielt insbesondere im Familienrecht bei Trennung und Scheidung von Eltern eine bedeutende Rolle, betrifft jedoch auch andere rechtliche Bereiche, wie z.B. das Betreuungs- und Haftrecht. Ziel des Besuchsrechts ist es, das persönliche Band zwischen getrennt lebenden Personen, etwa Eltern und Kindern, zu erhalten und zu stärken.


Besuchsrecht im Familienrecht

Definition und Rechtsgrundlagen

Im Familienrecht beschreibt das Besuchsrecht, auch Umgangsrecht genannt, das Recht und die Pflicht des nicht betreuenden Elternteils auf Umgang mit seinen minderjährigen Kindern. Die maßgeblichen rechtlichen Normen hierfür finden sich in Deutschland in den §§ 1684 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dort ist geregelt, dass jedes Kind das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen hat und umgekehrt.

Träger des Umgangsrechts

Primär steht das Besuchsrecht:

  • Dem von der Betreuung ausgeschlossenen Elternteil
  • Dem Kind selbst
  • In bestimmten Fällen weiteren Bezugspersonen, wie Großeltern, Geschwistern oder anderen nahestehenden Personen (§ 1685 BGB)

Inhalt und Umfang des Besuchsrechts

Der konkrete Umfang des Besuchsrechts richtet sich nach dem Kindeswohl und kann umfassen:

  • Regelmäßige Besuche (z.B. an Wochenenden oder in den Ferien)
  • Telefonate, digitale Kommunikation (Videokonferenzen, Chats)
  • Gemeinsame Unternehmungen und Urlaube

Maßgeblich sind die individuellen Bedürfnisse sowie das Alter und der Entwicklungsstand des Kindes. Gerichte und Jugendämter unterstützen bei der Ausgestaltung und gegebenenfalls Durchsetzung des Umgangsrechts.

Einschränkung und Ausschluss des Besuchsrechts

Das Umgangsrecht kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, falls das Kindeswohl durch den Kontakt gefährdet wird (§ 1684 Abs. 4 BGB). Gründe hierfür können vorliegen bei:

  • Körperlicher oder seelischer Misshandlung
  • Gefährdung des Kindes durch Vernachlässigung
  • Manipulativem Verhalten gegenüber dem Kind

Ein vollständiger Ausschluss ist nur das letzte Mittel und immer zeitlich befristet zu verfügen.


Besuchsrecht im Betreuungsrecht

Besuchsrecht bei betreuten Personen

Im Betreuungsrecht umfasst das Besuchsrecht insbesondere das Recht naher Angehöriger, Kontakt zu betreuten Volljährigen zu pflegen. Der Betreuer hat dabei sicherzustellen, dass derartige Kontakte grundsätzlich möglich sind, sofern sie dem Wohl der betreuten Person dienen und deren Wille nicht entgegensteht, vgl. § 1821 BGB.

Bedeutung in stationären Einrichtungen

In Pflege- und Altenheimen sowie ähnlichen Einrichtungen bleibt das Besuchsrecht ein wichtiger Aspekt der persönlichen Freiheit. Lediglich bei Nachweis einer erheblichen Gefährdung der betreuten Person kann das Besuchsrecht beschränkt werden.


Besuchsrecht im Strafvollzug

Besuche von Inhaftierten

Im Strafvollzug regeln gesetzliche Vorschriften, insbesondere die Strafvollzugsordnung sowie die jeweiligen Landesgesetze, das Besuchsrecht von Inhaftierten. Hierbei ist das Besuchsrecht Teil des Resozialisierungsgedankens und dient dem Erhalt familiärer und sozialer Bindungen.

Beschränkungen

Das Besuchsrecht kann aus Sicherheitsgründen, zur Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung oder auf richterliche Anordnung beschränkt oder untersagt werden. Auch Kontrollmaßnahmen (z. B. Überwachung, Trennscheiben) sind möglich.


Internationales Besuchsrecht

grenzüberschreitende Familienfälle

In Fällen, in denen Kinder und Elternteile in unterschiedlichen Staaten leben, gelten internationale Übereinkommen wie die Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) und die Brüssel IIa-Verordnung innerhalb der EU. Diese sehen vor, das Umgangsrecht auch im grenzüberschreitenden Kontext zu gewährleisten und Rückführungen ermöglicht werden.


Durchsetzung und Verfahren des Besuchsrechts

Außergerichtliche Einigung

Vorrang hat die einvernehmliche Regelung zwischen den betroffenen Personen beziehungsweise Elternteilen. Unterstützung bieten Jugendämter und Familienberatungsstellen.

Gerichtliche Regelung

Kommt eine Einigung nicht zustande, kann auf Antrag das Familiengericht das Besuchsrecht regeln oder Maßnahmen zur Durchsetzung anordnen (§§ 1626 Abs. 3, 1671, 1684 BGB). Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Zwangsvollstreckung

Bleibt ein Elternteil dem gerichtlich angeordneten Besuchsrecht fern, sind Zwangsmaßnahmen wie Ordnungsgeld oder Ordnungshaft möglich (§ 89 FamFG).


Besuchsrecht und Kindeswille

Das Gesetz stellt den Kindeswillen in den Fokus: Der Wunsch des Kindes, den Umgang auszusetzen oder zu gestalten, ist stets zu berücksichtigen. Mit zunehmendem Alter und Reifegrad erhält der persönliche Wille des Kindes mehr Gewicht.


Rechtsvergleich und Besonderheiten

In anderen Ländern existieren zum Teil abweichende Regelungen zum Besuchsrecht, die sich in Umfang, Priorität und rechtlichen Voraussetzungen unterscheiden. Im europäischen und internationalen Kontext gilt jedoch: Das Kind hat grundsätzlich ein Recht auf Kontakt zu beiden Elternteilen.


Fazit

Das Besuchsrecht stellt einen zentralen Pfeiler der zwischenmenschlichen und familiären Beziehungen dar. Es schützt die Interessen von Kindern, Eltern sowie anderen nahestehenden Personen und ermöglicht es, Bindungen trotz räumlicher oder persönlicher Trennung aufrechtzuerhalten. Die gesetzlichen Regelungen sorgen für einen ausgewogenen Interessenausgleich und setzen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt sämtlicher Überlegungen zum Umgangsrecht. Die Details der Ausgestaltung, Einschränkung und Durchsetzung sind komplex und umfassen unterschiedliche gesellschaftliche Lebenssituationen, vom Familienrecht über das Betreuungsrecht bis hin zum Strafvollzug.

Häufig gestellte Fragen

Unter welchen Voraussetzungen kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden?

Das Umgangsrecht kann nur in engen Ausnahmefällen und unter strengen rechtlichen Voraussetzungen eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden. Gemäß § 1684 Abs. 4 BGB ist die Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangs in der Regel dann zulässig, wenn das Wohl des Kindes durch den Umgang mit dem Umgangsberechtigten konkret gefährdet wäre und keine milderen Mittel zur Abwendung dieser Gefahr bestehen. Häufige Fallkonstellationen sind beispielsweise schwere körperliche oder seelische Misshandlungen, eine latente Missbrauchsgefahr oder eine massive Beeinflussung und Instrumentalisierung des Kindes durch den Umgangsberechtigten. Die Entscheidung über eine Einschränkung oder den Entzug des Umgangsrechts liegt beim Familiengericht, das nach umfassender Abwägung aller relevanten Umstände und nach Einholung von Sachverständigengutachten entscheidet. Leichtere Konflikte oder Spannungen zwischen den Elternteilen rechtfertigen in der Regel keine Einschränkung des Umgangs. Zudem ist eine solche Maßnahme stets zeitlich zu befristen und regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Einschränkung vorliegen.

Welche Rolle spielt das Kindeswohl beim Umgangsrecht?

Das Kindeswohl ist das zentrale rechtliche Kriterium bei allen Fragen des Umgangsrechts. Es ist sowohl bei der erstmaligen Regelung des Umgangs als auch bei Änderungen oder Einschränkungen ausschlaggebend. Das familiengerichtliche Verfahren ist darauf ausgerichtet, die Interessen und Bedürfnisse des Kindes vorrangig zu berücksichtigen (§ 1697a BGB). Dazu gehört, dass der Kontakt zu beiden Elternteilen grundsätzlich als förderlich für die Entwicklung des Kindes angesehen wird, es sei denn, gewichtige Gründe sprechen dagegen. Bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung können das Alter, die Bindungen des Kindes, sein Entwicklungsstand, seine Wünsche und die erzieherische Eignung der Eltern miteinbezogen werden. In strittigen Fällen wird häufig eine Kindesanhörung durchgeführt, bei der die Meinung des Kindes erhoben und gewürdigt wird, soweit dies seiner Entwicklung entspricht.

Wie wird das Umgangsrecht gerichtlich durchgesetzt?

Das Umgangsrecht kann vom Familiengericht mit Hilfe eines Umgangsbeschlusses geregelt und im Streitfall auch durchgesetzt werden. Falls ein Elternteil den gerichtlich festgelegten Umgang verweigert oder behindert, kann der andere Elternteil einen Antrag auf Vollstreckung nach § 89 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) stellen. Das Gericht kann daraufhin Zwangsmittel wie Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder die Androhung bzw. Durchführung von Zwangsmaßnahmen gegenüber dem verpflichteten Elternteil anordnen. Voraussetzung ist stets ein vorangegangener vollstreckbarer Beschluss und eine vorherige Androhung der Zwangsmittel. Die gerichtliche Durchsetzung steht stets im Spannungsverhältnis zum Kindeswohl; auch hier hat das Gericht darauf zu achten, dass das Kind nicht zusätzlich belastet oder gefährdet wird.

Welche Rechte haben Großeltern und andere Bezugspersonen im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht?

Großeltern sowie andere enge Bezugspersonen des Kindes (zum Beispiel Stiefeltern, Geschwister oder langjährige Pflegepersonen) haben nach § 1685 BGB unter bestimmten Voraussetzungen ein eigenes Umgangsrecht. Sie können beim Familiengericht einen Antrag auf Umgang stellen, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Zentrale Voraussetzung ist dabei, dass zwischen dem Kind und der Bezugsperson eine sozial-familiäre Bindung besteht, deren Fortführung dem Kindeswohl zuträglich ist. Das Gericht prüft hierbei sehr sorgfältig, ob ein Umgang den Kindesinteressen entspricht, und wägt dies gegen mögliche Konflikte mit den Eltern ab. Ein generelles Umgangsrecht besteht für Großeltern oder andere Bezugspersonen nicht, vielmehr ist stets eine Einzelfallprüfung durchzuführen.

Welche Bedeutung hat der Kindeswille im Umgangsverfahren?

Der Kindeswille ist bei Umgangsregelungen ein bedeutsamer rechtlicher Aspekt, der insbesondere mit zunehmendem Alter und Reifegrad des Kindes stärkeres Gewicht erhält. Gerichte sind verpflichtet, ab einem gewissen Entwicklungsstand des Kindes dessen Vorstellungen, Wünsche und Ablehnungen zu ermitteln und in ihre Entscheidung einzubeziehen. Ab etwa dem 14. Lebensjahr wird dem Kindeswillen ein besonders hoher Stellenwert beigemessen, es sei denn, das Wohl des Kindes wäre dadurch gefährdet. Die Kindesanhörung (§ 159 FamFG) ist in Umgangsverfahren gesetzlich vorgesehen, wobei die Anhörung in kindgerechter Form und unter Berücksichtigung der individuellen Belastbarkeit des Kindes stattfinden soll. Der Kindeswille ist allerdings nicht absolut, sondern einer gerichtlichen Würdigung und Abwägung mit anderen Kindeswohlkriterien unterworfen.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen im Umgangsverfahren?

Im gerichtlichen Umgangsverfahren besteht grundsätzlich eine aus dem elterlichen Sorgerecht abgeleitete Mitwirkungspflicht der Elternteile. Sie haben sowohl dem Gericht als auch dem Jugendamt relevante Auskünfte zu erteilen, an Anhörungen teilzunehmen und auf richterliche Anordnungen oder Vermittlungen konstruktiv zu reagieren. Das Gericht kann die Eltern zur Teilnahme an Beratungsgesprächen (§ 156 Abs. 1 FamFG) verpflichten und anordnen, sich beim Jugendamt oder einer weiteren Beratungsstelle Unterstützung zu holen. Ziel dieser Mitwirkungspflichten ist es, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen und das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen. Verweigert ein Elternteil nachhaltig die Mitwirkung, kann dies zulasten seiner Position im Umgangsverfahren gewertet werden.

Kann das Umgangsrecht mit Auflagen oder Bedingungen verknüpft werden?

Das Familiengericht hat die Möglichkeit, in seinem Umgangsbeschluss bestimmte Auflagen oder Bedingungen zum Schutz und Wohl des Kindes festzulegen (§ 1684 Abs. 3 BGB). Solche Auflagen sind beispielsweise die Begleitung der Umgänge durch einen Dritten (sogenannter begleiteter Umgang), der Ausschluss bestimmter Personen vom Umgang oder die Festlegung bestimmter Orte und Zeiten. Teilweise kann das Gericht auch anordnen, dass das Umgangsrecht erst nach der Teilnahme an Erziehungsberatung oder Eltern-Kind-Maßnahmen ausgeübt werden darf. Ziel ist es, durch solche Auflagen eine schützende und kindeswohldienliche Ausgestaltung des Umgangs zu gewährleisten. Die Auflagen sind stets dem individuellen Fall und den konkreten Gefährdungslagen anzupassen und müssen verhältnismäßig sein. Sie können durch das Gericht später auch wieder aufgehoben oder angepasst werden, wenn sich die Umstände ändern.