Allgemeines zum Besteuerungsmaßstab
Der Begriff „Besteuerungsmaßstab“ bezeichnet im deutschen Steuerrecht die Bezugsgröße, nach der die Höhe einer Steuer im Einzelfall berechnet wird. Der Besteuerungsmaßstab dient als Grundlage für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, nach der sich die endgültige Steuerlast richtet. In den einzelnen Steuergesetzen sind unterschiedliche Besteuerungsmaßstäbe vorgesehen. Ziel des Besteuerungsmaßstabs ist es, eine nachvollziehbare und rechtskonforme Ermittlung der Steuer zu gewährleisten.
Rechtliche Grundlagen des Besteuerungsmaßstabs
Gesetzliche Regelung
Der Besteuerungsmaßstab ist in den zahlreichen Einzelsteuergesetzen geregelt. Die Definition und Ausgestaltung des Maßstabs sind abhängig von der jeweiligen Steuerart. Die rechtliche Grundlage für die Festlegung des Besteuerungsmaßstabs ergibt sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, der im deutschen Steuerrecht durch Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sowie § 85 der Abgabenordnung (AO) verankert ist.
Bedeutung im Steuersystem
Der Besteuerungsmaßstab stellt sicher, dass das Steueraufkommen entsprechend den gesetzlichen Zielsetzungen verteilt wird und sowohl Gleichmäßigkeit als auch Gerechtigkeit der Besteuerung gewahrt bleiben. Dies trägt zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei.
Arten von Besteuerungsmaßstäben im Steuerrecht
Wertbezogene Besteuerungsmaßstäbe
Wertbezogene Besteuerungsmaßstäbe knüpfen an einen Geldwert an. Zu den häufigsten wertbezogenen Maßstäben zählen:
- Umsatzsteuer: Der Besteuerungsmaßstab ist gemäß § 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) das Entgelt, also der tatsächlich vom Leistungsempfänger gezahlte Betrag.
- Grunderwerbsteuer: Maßgeblich ist der Wert der Gegenleistung, definiert in § 8 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG).
- Schenkungs- und Erbschaftsteuer: Steuerpflichtig ist der Wert der Bereicherung des Erwerbers (§ 10 ErbStG).
Mengenbezogene Besteuerungsmaßstäbe
Bei bestimmten Verbrauchsteuern werden keine Wertgrößen, sondern physische Mengen als Besteuerungsmaßstab herangezogen, beispielsweise:
- Energiesteuer: Besteuerung nach gestellten Mengeneinheiten wie Liter oder Kilogramm (§ 2 Abs. 2 Energiesteuergesetz – EnergieStG).
- Tabaksteuer: Besteuerung nach Anzahl der Zigaretten oder Menge Tabak (§ 2 Tabaksteuergesetz – TabStG).
Reine Einheitsteuern und gemischte Besteuerungsmaßstäbe
- Einheitsteuern: Hier gibt es einen festen Steuersatz je Mengeneinheit, etwa bei der Kfz-Steuer pro 100 Kubikzentimeter Hubraum (§ 8 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG).
- Gemischte Maßstäbe: Kombination aus mengenbezogenen und wertbezogenen Maßstäben, zum Beispiel bei alkoholischen Getränken (Alkoholsteuer).
Abgrenzung: Besteuerungsmaßstab, Steuerbemessungsgrundlage und Steuerschuld
Steuerbemessungsgrundlage
Die Steuerbemessungsgrundlage ist die errechnete Ausgangszahl, auf deren Basis die Steuer berechnet wird. Sie ergibt sich aus der Anwendung des Besteuerungsmaßstabs auf die jeweiligen Sachverhalte. Bei der Umsatzsteuer zum Beispiel ist das Entgelt der Besteuerungsmaßstab, die Steuerbemessungsgrundlage ist das Entgelt abzüglich ermäßigter Tatbestandselemente.
Steuerschuld
Die Steuerschuld ergibt sich schließlich durch Anwendung des maßgebenden Steuersatzes auf die Steuerbemessungsgrundlage. Der Besteuerungsmaßstab ist somit ein vorgelagerter Rechenschritt im Rahmen der Ermittlung der Steuerschuld.
Funktion und Zweck des Besteuerungsmaßstabs
Systematische Einordnung
Die Wahl des Besteuerungsmaßstabs steht in engem Zusammenhang mit dem System der jeweiligen Steuer, insbesondere ob es sich um eine materielle Leistungsbesteuerung (z.B. Einkommensteuer) oder eine Transaktionsbesteuerung (z.B. Umsatzsteuer) handelt.
Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung
Der Besteuerungsmaßstab soll gewährleisten, dass die Besteuerung gleichmäßig und nach gesetzlichen Vorgaben erfolgt. Die sachgerechte Ausgestaltung trägt dazu bei, Willkür zu vermeiden und das Gebot der steuerlichen Gleichbehandlung sicherzustellen.
Praktische Anwendung und Fallgruppen
Anwendung bei der Umsatzsteuer
Gemäß § 10 UStG ist das Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung der maßgebende Besteuerungsmaßstab. Rabatte oder Skonti sind hiervon in Abzug zu bringen, da nur der tatsächlich gezahlte Betrag als Bemessungsgrundlage dient.
Besonderheiten bei der Grunderwerbsteuer
Bei der Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung für das Grundstücksgeschäft der maßgebliche Maßstab. Kommt keine Gegenleistung zustande, wie bei unentgeltlichem Erwerb, wird der Grundbesitzwert gemäß Bewertungsgesetz angesetzt.
Relevanz für die Verbrauchsteuern
In der Verbrauchbesteuerung, etwa im Energiesteuerrecht, ist die mengenmäßige Grundlage (Liter, Kilogramm etc.) der steuerlich maßgebliche Anknüpfungspunkt. Dies erleichtert die Steuererhebung massiv, da eine einheitliche Besteuerung nach objektiven Maßstäben erfolgt.
Besteuerungsmaßstab im internationalen Vergleich
Deutschland orientiert sich bei der Ausgestaltung der Besteuerungsmaßstäbe in vielen Bereichen an international verbreiteten Standards. Im Bereich der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer/Value Added Tax) sind wertbezogene Maßstäbe weit verbreitet. Auch bei den Verbrauchsteuern sind mengenbezogene Maßstäbe innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus üblich.
Schlussfolgerung
Der Besteuerungsmaßstab ist ein zentrales Element im Steuersystem und Grundlage für eine sachliche, berechenbare und nachvollziehbare Steuerfestsetzung. Die gesetzlichen Vorschriften gewährleisten, dass die Wahl des Maßstabs transparent und geboten am jeweiligen Steuerzweck erfolgt. Die Kenntnis der jeweiligen Besteuerungsmaßstäbe ist für die praktische Steueranwendung wie auch für die Auslegung der gesetzlichen Regelungen unerlässlich.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird der Besteuerungsmaßstab im Rahmen der Umsatzsteuer ermittelt?
Der Besteuerungsmaßstab der Umsatzsteuer wird gemäß § 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) grundsätzlich nach dem Entgelt bemessen, das der Empfänger der Leistung aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Das Entgelt umfasst alle Zahlungen abzüglich der Umsatzsteuer selbst. Nicht nur der tatsächlich gezahlte Geldbetrag, sondern sämtliche geldwerten Vorteile, einschließlich Sachleistungen, Tauschgeschäften und Entgelte in Form von anderen Leistungen, zählen zum Maßstab. Selbst Rabatte, Boni oder Skonti, die dem Leistungsempfänger nachträglich gewährt werden, vermindern den Besteuerungsmaßstab, während Nebenkosten, wie Transport- und Verpackungskosten, dem Entgelt hinzugerechnet werden müssen. Besondere Vorschriften gelten bei unentgeltlichen Wertabgaben, dem Eigenverbrauch sowie bei Leistungen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern. Außerdem kann der Besteuerungsmaßstab in Ausnahmefällen auf den Marktwert oder einen Vergleichswert zurückzugreifen haben, zum Beispiel bei Transaktionen zwischen nahestehenden Personen oder bei Austauschverhältnissen ohne Geldfluss. In internationalen Sachverhalten finden zusätzlich Vorschriften zur Umrechnung von Fremdwährungen Anwendung.
Wie erfolgt die Ermittlung des Besteuerungsmaßstabs bei Tauschgeschäften und unentgeltlichen Wertabgaben?
Werden Leistungen im Rahmen eines Tauschgeschäfts getätigt, bestimmt sich der Besteuerungsmaßstab nach dem Wert der erhaltenen Gegenleistung. Bei Sach-gegen-Sach-Tausch ist grundsätzlich der Wert der hingegebenen oder erhaltenen Sache als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wobei die höhere Bemessungsgrundlage maßgeblich ist. Bei unentgeltlichen Wertabgaben – etwa bei der privaten Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen, Geschenken oder Entnahmen für den Privatgebrauch – ordnet das Gesetz an, dass als Besteuerungsmaßstab die bei der Ausführung der Entnahme entstandenen Ausgaben heranzuziehen sind, mindestens jedoch der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten oder der Wiederbeschaffungswert. Im Falle der Unternehmensentnahme sind weiterhin Abschreibungen, Veräußerungsgewinne sowie Vorgaben zur Vorsteuerkorrektur zu berücksichtigen. Somit soll eine Gleichbehandlung mit entgeltlichen Leistungsaustauschgeschäften sichergestellt werden, um Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen.
Welche Besonderheiten gelten beim Besteuerungsmaßstab im Rahmen des ermäßigten Steuersatzes?
Für Leistungen, die nach § 12 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, bleibt der grundsätzliche Maßstab, also das Entgelt, bestehen. Die Besonderheiten betreffen lediglich den anzuwendenden Steuersatz und nicht die Ermittlung der Bemessungsgrundlage selbst. Zu beachten ist dabei, dass bei Mischumsätzen – also wenn sowohl zum regulären als auch zum ermäßigten Satz besteuerbare Leistungen erbracht werden – eine eindeutige Zuordnung der Bestandteile des Entgelts zum jeweiligen Steuersatz erfolgen muss. Dies ist insbesondere bei Pauschalangeboten oder Bündelungen von Waren und Dienstleistungen von Bedeutung. In Zweifelsfällen muss das Entgelt sachgerecht aufgeteilt werden, wobei die Finanzverwaltung hierzu Vorgaben macht, beispielsweise über die Anwendung von Schätzungs- oder Aufteilungsmethoden.
Welche Auswirkungen hat eine nachträgliche Änderung des Entgelts auf den Besteuerungsmaßstab?
Wird das ursprünglich vereinbarte Entgelt für eine bereits steuerpflichtig ausgeführte Leistung nachträglich verändert – etwa durch Gewährung von nachträglichen Preisnachlässen, Boni oder Gutschriften – ist auch der Besteuerungsmaßstab entsprechend zu berichtigen. Die umsatzsteuerliche Behandlung erfolgt dabei im Wege der sogenannten Berichtigung der Umsatzsteuer gemäß § 17 UStG. Das bedeutet, der leistende Unternehmer ist verpflichtet, den geänderten Besteuerungsmaßstab in seiner Umsatzsteuervoranmeldung zu berücksichtigen und ggf. eine Korrekturvoranmeldung einzureichen. Auch der Leistungsempfänger muss die Vorsteuer entsprechend anpassen. Voraussetzung für eine Berichtigung ist, dass das ursprüngliche Leistungsentgelt tatsächlich geändert wurde und ein Zusammenhang zur bereits besteuerten Leistung besteht.
Was ist bei internationalen Sachverhalten und Fremdwährungen im Zusammenhang mit dem Besteuerungsmaßstab zu beachten?
Bei grenzüberschreitenden Lieferungen und sonstigen Leistungen ist der Besteuerungsmaßstab ebenfalls das Entgelt. Wird dieses in einer ausländischen Währung vereinbart, so ist gemäß § 16 UStG das Entgelt zum maßgeblichen Tageskurs – üblicherweise der der Europäischen Zentralbank am Tag der Leistungsausführung oder derjenige, nach dem der Unternehmer regelmäßig umrechnet – in Euro umzurechnen. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen oder Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen können zudem Anti-Missbrauchsvorschriften greifen, wonach der marktübliche Preis (Normalwert) als Besteuerungsmaßstab heranzuziehen ist, wenn das tatsächlich gezahlte Entgelt unangemessen niedrig ist. Dies soll verhindern, dass durch Verrechnungspreisgestaltungen Umsatzsteuer verkürzt wird.
Gibt es Ausnahmen von der allgemeinen Regelung zum Besteuerungsmaßstab?
Ja, das Umsatzsteuerrecht kennt mehrere Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz des Entgelts als Besteuerungsmaßstab. So ist insbesondere bei der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG im Handel mit gebrauchten Gegenständen als Bemessungsgrundlage nicht das Entgelt, sondern die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis anzusetzen. Auch beim sog. Reverse-Charge-Verfahren und bei Pauschalierungsregelungen für bestimmte Branchen werden abweichende Bemessungsgrundlagen angewendet. Ferner existieren Sonderregelungen mehrfach in europarechtlichen und nationalen Durchführungsverordnungen, etwa bei Subventionen, Zuschüssen oder Bauleistungen, bei denen die Zuordnung zum Besteuerungsmaßstab zu prüfen ist.
Welche Beweislast trifft den Steuerpflichtigen bezüglich des Besteuerungsmaßstabs?
Im Besteuerungsverfahren liegt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für sämtliche Tatsachen, die zu einer Minderung des Besteuerungsmaßstabs führen, grundsätzlich beim Steuerpflichtigen. Das Finanzamt darf grundsätzlich von dem im Vertrag angegebenen Entgelt ausgehen, muss aber bei Anhaltspunkten für Missbrauch, Unangemessenheit oder verdeckte Preisvereinbarungen Nachweise und erläuternde Unterlagen anfordern. Der Steuerpflichtige muss in diesen Fällen belegen, wie sich alle Preisbestandteile zusammensetzen und auf welchen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen abweichende Maßstäbe herangezogen werden sollen. Werden Tausch- oder tauschähnliche Geschäfte abgewickelt oder Leistungen im Konzernverbund erbracht, sind detaillierte Dokumentationspflichten einzuhalten, um den maßgeblichen Besteuerungsmaßstab nachzuweisen.