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Bestechung im geschäftlichen Verkehr


Begriff und rechtliche Einordnung: Bestechung im geschäftlichen Verkehr

Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr stellt eine Form der Korruptionsstraftat dar, die insbesondere im Bereich des Wirtschaftsrechts und des Unternehmertums von erheblicher Bedeutung ist. Sie betrifft Situationen, in denen durch das Gewähren, Versprechen oder Fordern von Vorteilen unlautere Beeinflussung im Rahmen kaufmännischer Entscheidungen erfolgt. Neben dem allgemeinen Verständnis des Begriffs „Bestechung“ beinhaltet sie eine Vielzahl spezifischer rechtlicher Regelungen und Folgewirkungen.

Historische Entwicklung der Strafbarkeit

Die Strafbarkeit der Bestechung im geschäftlichen Verkehr erlangte in Deutschland durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Jahre 1997 breitere Bedeutung. Bis zu diesem Zeitpunkt beschränkte sich Korruptionsstrafrecht überwiegend auf den öffentlichen Sektor. Mit der Einführung des § 299 Strafgesetzbuch (StGB) wurde die geschäftliche Bestechung in den Fokus des Strafrechts gestellt, um Integrität und Lauterkeit im wirtschaftlichen Verkehr zu schützen.

Gesetzliche Grundlagen

Strafgesetzbuch (§ 299 StGB)

Die zentrale Norm zur Bekämpfung der Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist § 299 StGB. Sie unterscheidet zwischen zwei Hauptdelikten:

  1. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB):

Es ist strafbar, als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens einen Vorteil zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, damit ein anderer bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen im Wettbewerb bevorzugt wird.

  1. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB):

Es ist ebenfalls strafbar, einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens einen Vorteil als Gegenleistung dafür anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren, um eine wettbewerbswidrige Bevorzugung zu erlangen.

Tatbestandsmerkmale

  • Vorteil: Jede objektive Besserstellung des Empfängers. Hierzu zählen auch immaterielle Vorteile.
  • Beauftragter oder Angestellter: Auch freie Mitarbeiter oder leitende Angestellte.
  • Handeln im Auftrag oder Interesse des Unternehmens: Die Tat muss einen Bezug zum wirtschaftlichen Verkehr aufweisen.
  • Wettbewerbswidrige Bevorzugung: Bevorzugung muss gegen den Grundsatz des Leistungswettbewerbs verstoßen.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Unterschiede zu Amtsträgerbestechung

Im Gegensatz zur Bestechung von Amtsträgern (§§ 331 ff. StGB) bezieht sich die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ausschließlich auf den privaten Sektor. Öffentliche Amtsträger fallen nicht unter § 299 StGB, sondern unter strengere Vorschriften mit höherem Strafrahmen und anderer Zielrichtung.

Verhältnis zur Untreue und Unterschlagung

Bestechung kann mit Vermögensdelikten wie Untreue oder Unterschlagung zusammentreffen, bleibt jedoch ein eigenständiges Delikt. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr zielt auf die Wahrung des lauteren Wettbewerbs ab, nicht primär auf den Vermögensschutz.

Strafrahmen und Sanktionen

Die Tatbestände des § 299 StGB werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. In besonders schweren Fällen, wie systematischen oder gewerbsmäßigen Handlungen, können höhere Strafen verhängt werden. Daneben sehen weitere Rechtsnormen berufsrechtliche und sanktionsrechtliche Folgen vor, etwa im Vergaberecht oder Wettbewerbsrecht.

Nebenfolgen und zivilrechtliche Aspekte

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Die Verwicklung in einen Bestechungsvorfall kann arbeitsrechtliche Maßnahmen wie fristlose Kündigung oder Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Arbeitgeber sind regelmäßig verpflichtet, solchen Vorfällen nachzugehen.

Zivilrechtliche Nichtigkeit von Verträgen

Verträge, denen ein Bestechungsakt zugrunde liegt, sind nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot grundsätzlich nichtig. Dies wirkt sich auf sämtliche mit dem betroffenen Geschäft zusammenhängende Rechtsverhältnisse aus.

Unternehmensrechtliche Sanktionen

Unternehmen, deren Mitarbeitende gegen § 299 StGB verstoßen, können mit Bußgeldern nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) belegt werden. Zudem können Ausschlüsse von öffentlichen Vergabeverfahren (Vergabesperre) erfolgen.

Prävention und Compliance

Angesichts der erheblichen Risiken setzen zahlreiche Unternehmen auf Compliance-Programme und interne Kontrollsysteme. Ziel ist die Verhinderung von Korruption im geschäftlichen Verkehr, etwa durch Schulungen, Verhaltenskodizes und anonyme Hinweisgebersysteme (Whistleblowing).

Internationale Aspekte

Mit der Umsetzung internationaler Abkommen, wie der OECD-Konvention gegen Bestechung, erfolgte die Angleichung deutscher und internationaler Rechtsstandards. Multinationale Unternehmen unterliegen daher häufig parallel den Anforderungen mehrerer Rechtsordnungen, zum Beispiel durch extraterritoriale Wirkung von Regelungen wie dem US-amerikanischen Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) oder dem britischen Bribery Act.

Zusammenfassung

Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung von Fairness und Integrität im wirtschaftlichen Wettbewerb. Der Tatbestand schützt das Vertrauen in Marktmechanismen und umfasst ein weitreichendes System von strafrechtlichen, zivilrechtlichen und arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Aufgrund wachsender internationaler Verflechtungen gewinnt das Thema stetig an Bedeutung, was effektive Präventions- und Kontrollsysteme im unternehmerischen Bereich erforderlich macht.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei Bestechung im geschäftlichen Verkehr?

Im deutschen Recht stellt die Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB (Strafgesetzbuch) eine Straftat dar, die sowohl für den bestechenden als auch den bestochenen Teil strafbar sein kann. Die Strafen richten sich nach Umfang, Schwere und Umständen des Einzelfalls. Grundsätzlich drohen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen. Wird die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen, erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Darüber hinaus können auch berufsrechtliche Sanktionen, empfindliche Geldbußen oder sogar der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen verhängt werden. Für Unternehmen sieht das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) zudem erhebliche Unternehmensgeldbußen vor, insbesondere wenn Verstöße durch betriebsorganisatorische Mängel begünstigt wurden. Auch zivilrechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzansprüche oder die Anfechtung von Verträgen sind denkbar.

Welche Handlungen gelten als Bestechung im geschäftlichen Verkehr?

Bestechung im geschäftlichen Verkehr umfasst das Anbieten, Versprechen oder Geben von Vorteilen an Beschäftigte oder Beauftragte eines Unternehmens, damit diese im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis eine Pflichtverletzung begehen. Typische Vorteilsgaben sind Geldzahlungen, Wertgegenstände, Reisen, Bewirtungen oder andere geldwerte Zuwendungen. Entscheidend ist, dass der Vorteil im Austausch für eine unlautere Bevorzugung oder Benachteiligung eines Dritten im Wettbewerb steht. Es reicht bereits aus, dass ein Vorteil in Aussicht gestellt wird; die tatsächliche Annahme des Vorteils ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich, ebenso wenig wie das tatsächliche Handeln des Bediensteten. Lediglich sogenannte sozialadäquate Aufmerksamkeiten von geringem Wert werden meist nicht als Vorteil angesehen.

Wer kann im Sinne des § 299 StGB Täter einer Bestechung im geschäftlichen Verkehr sein?

Täter kann grundsätzlich jeder sein, der einer anderen Person im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, um eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb zu erlangen («Bestechender»). Ebenso kann sich strafbar machen, wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens einen solchen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt («Bestochener»). Der Begriff des Beauftragten ist weit zu verstehen und umfasst nicht nur festangestellte Arbeitnehmer, sondern auch freie Mitarbeiter, Handelsvertreter und sogar Subunternehmer, sofern sie bei Ausführung von Aufgaben für das Unternehmen tätig werden. Auch juristische Personen (Unternehmen) können als sogenannte „rechtliche Täter“ belangt werden, vor allem im Ordnungswidrigkeitenrecht nach § 30 OWiG.

Welche Rolle spielt die Zustimmung des Arbeitgebers bei der Bewertung einer Vorteilsnahme?

Eine zentral wichtige Ausnahme vom strafbaren Verhalten besteht dann, wenn der Arbeitgeber oder der zuständige Unternehmensvertreter der Annahme oder Gewährung eines Vorteils ausdrücklich zustimmt. Mit dieser Zustimmung fehlt es an einer Pflichtverletzung im Sinne des § 299 StGB. Die Zustimmung muss vor oder spätestens mit der Vorteilsgabe erfolgen und bezieht sich auf jede einzelne Zuwendung. Pauschale Zustimmungen, die ohne Bezug zum konkreten Einzelfall erteilt werden, genügen in der Regel nicht den rechtlichen Anforderungen. Entscheidend ist außerdem, dass die Zustimmung von einer dazu berechtigten Person innerhalb der Unternehmensstruktur erfolgt, etwa durch die Geschäftsleitung. Das Fehlen einer solchen Zustimmung begründet häufig bereits den Verdacht einer unlauteren Bevorzugung.

Welche Bedeutung kommt dem Wettbewerbsbezug im Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu?

Ein zentrales Merkmal der Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist der sogenannte Wettbewerbsbezug. Die Tathandlung muss darauf gerichtet sein, dem Täter oder einem Dritten im Wettbewerb einen unlauteren Vorteil zu verschaffen. Es genügt, wenn durch die Bevorzugung oder Benachteiligung von Mitbewerbern eine Wettbewerbsverzerrung herbeigeführt wird. Auch Handlungen zwischen Unternehmen, die keine unmittelbaren Wettbewerber sind, können diesen Bezug aufweisen, sofern die Handlung einen Einfluss auf den freien Wettbewerb haben kann. Wettbewerbsbezug besteht typischerweise bei der Vergabe von Aufträgen, der Auswahl von Lieferanten oder der bevorzugten Beschaffung von Waren und Dienstleistungen.

Welche Auswirkungen hat eine Selbstanzeige oder Kooperation bei Bestechung im geschäftlichen Verkehr?

Eine Selbstanzeige im eigentlichen Sinne gibt es im deutschen Strafrecht für Korruptionsdelikte im geschäftlichen Verkehr nicht, anders als etwa bei Steuerstraftaten. Gleichwohl kann eine frühzeitige und umfassende Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden als strafmildernder Umstand berücksichtigt werden. Erfolgt dies vor Abschluss der Ermittlungen, können die Gerichte insbesondere im Rahmen der Strafzumessung Milderung gewähren. Unternehmen, die interne Ermittlungen durchführen, den Sachverhalt offenlegen und präventive Maßnahmen einleiten, können unter Umständen eine Reduzierung drohender Unternehmensgeldbußen erlangen. Für Einzelpersonen kann eine Kooperation auch den Verzicht auf Untersuchungshaft oder einen Strafbefehl zur Folge haben.

Können auch Auslandsgeschäfte von den Vorschriften zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr erfasst sein?

Ja, der Anwendungsbereich des § 299 StGB ist grundsätzlich auch auf Auslandsgeschäfte erstreckt, sofern die Tat im Inland begangen wurde oder ein inländisches Unternehmen betroffen ist. Darüber hinaus existieren ergänzende Vorschriften zur Bekämpfung der Auslandskorruption, etwa § 335a StGB (Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen Geschäftsverkehr). Deutschland ist zudem an internationale Antikorruptionsabkommen gebunden, etwa das OECD-Übereinkommen zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger. Unternehmen mit Auslandsgeschäften unterliegen somit neben deutschem Recht oft auch ausländischer Korruptionsgesetzgebung und müssen insbesondere bei internationalen Transaktionen umfassende Compliance-Maßnahmen etablieren.