Definition und rechtliche Einordnung der Bestandswohnung
Eine Bestandswohnung bezeichnet im miet- und wohnungsrechtlichen Kontext eine bereits vermietete oder zuvor vermietete Wohnung, die von einer Person genutzt wird oder genutzt wurde und sich somit im Bestand der bewohnten oder bewohnbaren Wohneinheiten befindet. Der Begriff unterscheidet sich insbesondere von der „Neubauwohnung“ und spielt in verschiedenen Gesetzen, Verordnungen sowie bei der Anwendbarkeit mietrechtlicher Schutzvorschriften eine zentrale Rolle.
Der Terminus ist rechtlich nicht ausdrücklich definiert, hat sich aber als praktisch relevante Kategorie etabliert, wenn mietrechtliche oder wohnungswirtschaftliche Bestimmungen nach dem Alter und der bisherigen Nutzung einer Wohnung differenzieren.
Abgrenzung: Bestandswohnung und Neubauwohnung
Wohnungsbegriff und Bestand
Eine Wohnung wird als Bestandswohnung betrachtet, wenn sie sich bereits vor Inkrafttreten bestimmter gesetzlicher Regelungen im Wohnungsbestand befand oder bereits zu Wohnzwecken genutzt wurde. Wichtige Stichtage sind dabei insbesondere das Inkrafttreten mietrechtlicher Änderungen, etwa im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse oder bei Modernisierungsregelungen.
Neubau- und Erstbezugswohnungen
Im Gegensatz zur Bestandswohnung ist die Neubauwohnung oder Erstbezugswohnung eine solche, die erstmals nach einem bestimmten Stichtag (in Deutschland häufig der 1. Oktober 2014 im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse) genutzt oder vermietet wird. Bestimmte Schutzmechanismen greifen für Bestandswohnungen, während für Neubauten oftmals Ausnahmen gelten.
Mietrechtliche Regelungen zur Bestandswohnung
Mietpreisbremse und Bestandswohnungen
Gemäß § 556d BGB („Mietpreisbremse“) dürfen die Mietpreise bei der Vermietung von Bestandswohnungen grundsätzlich die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10 % nicht übersteigen. Neubauwohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden, sind hiervon ausgenommen. Dies führt dazu, dass der Status als Bestandswohnung maßgeblich für die Anwendung der Preisregulierung ist.
Modernisierung und Bestandswohnung
Bei der Modernisierung von Bestandswohnungen finden nach § 559 BGB spezielle Regelungen Anwendung. Die Berechtigung zur Mietanpassung ist bei Bestandswohnungen auf bestimmte Maßnahmen und den Umfang der Kostensteigerung begrenzt. Die Modernisierungspauschale für die umlagefähigen Kosten hat bei Bestandswohnungen wesentliche Bedeutung und unterscheidet sich teilweise von Neubau- oder Erstbezugswohnungen.
Kündigungsschutz für Bestandswohnungen
Das Mietrecht sieht für Mieter von Bestandswohnungen umfassende Kündigungsschutzrechte vor. Vorschriften zu Kündigungsfristen, sozialer Härte (§ 574 BGB) und zu den Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung (§ 573 BGB) greifen vorrangig bei bestehenden Mietverhältnissen über Bestandswohnungen. Besonderheiten ergeben sich zudem bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Öffentlich-rechtliche Aspekte der Bestandswohnung
Zweckentfremdungsverbot
In zahlreichen Landesgesetzen (bspw. Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz – ZwVbG) finden sich besondere Regelungen zum Schutz von Bestandswohnungen vor einer zweckwidrigen Nutzung (z.B. als Ferienwohnung). Bestandswohnungen stehen dabei insbesondere unter dem Schutz der Wohnraumversorgung und dürfen ohne Genehmigung nicht anders genutzt werden.
Sozialbindung bei Bestandswohnungen
Bestandswohnungen, die der öffentlichen Wohnraumförderung unterliegen, sind häufig mit mietrechtlichen Bindungen ausgestattet. Die Sozialbindung regelt die Miethöhe, Belegung und das Vergabeverfahren von Bestandswohnungen, wenn diese öffentlich gefördert wurden.
Bestandswohnungen im Rahmen von Eigentumsübertragungen
Mieterrechte bei Eigentümerwechsel
Nach § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) bleibt das Mietverhältnis über eine Bestandswohnung auch bei Eigentümerwechsel bestehen. Neuer Eigentümer tritt in bestehende Mietverhältnisse ein und übernimmt alle Rechte und Pflichten.
Umwandlung in Wohnungseigentum
Bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum genießen Mieter von Bestandswohnungen besonderen Schutz. Eine Kündigung ist in solchen Fällen oft erst nach einer Sperrfrist von mehreren Jahren zulässig, wie § 577a BGB regelt.
Bedeutung der Bestandswohnung für die Wohnraumpolitik
Bestandswohnungen sind ein zentrales Element der Wohnraumpolitik in Deutschland, da sie den Großteil des verfügbaren Wohnraumes ausmachen. Ihre Regulierung dient dem sozialen Mieterschutz, der Erhaltung preiswerten Wohnraums sowie der Umsetzung wohnungspolitischer Ziele auf kommunaler und bundesweiter Ebene.
Zusammenfassung
Die Bestandswohnung ist ein bedeutsamer Begriff im deutschen Miet- und Immobilienrecht. Sie steht beispielhaft für den im Bestand befindlichen und bereits zu Wohnzwecken genutzten Wohnraum, der anders als Neubauten oder erstmals genutzte Wohnungen spezifischen rechtlichen Schutzmechanismen unterliegt. Bestandswohnungen bilden den Kernbereich der Mietpreisregulierung, des Kündigungsschutzes, der Zweckentfremdungsverbote sowie der öffentlichen Wohnraumförderung und sind wesentlicher Bestandteil der Mieter- und Verbraucherschutzgesetze.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Regelungen sind beim Kauf einer Bestandswohnung zu beachten?
Beim Kauf einer Bestandswohnung greifen verschiedene gesetzliche Regelungen, die Käufer und Verkäufer gleichermaßen beachten müssen. Zunächst ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) maßgeblich, insbesondere die Vorschriften über den Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB). Der Kauf einer Bestandswohnung bedarf gemäß § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung, damit der Vertrag wirksam wird. Zusätzlich sind die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zu berücksichtigen, das die rechtliche Ausgestaltung von Wohnungseigentum, Rechte und Pflichten der Eigentümer sowie das Verhältnis zur Eigentümergemeinschaft regelt. Ebenfalls relevant sind die Regelungen zur Lastenfreistellung, Übernahme von Rücklagen oder Instandhaltungsrückstau gemäß Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sowie die Offenlegungspflichten des Verkäufers hinsichtlich etwaiger Mängel. Auch das Vorkaufsrecht der Gemeinde gemäß § 24 BauGB kann eine Rolle spielen. Käufer sollten sich ferner über bestehende Mietverhältnisse (Kauf bricht nicht Miete, § 566 BGB), öffentlich-rechtliche Anforderungen (wie das Energieausweis-Vorlagegesetz) und etwaige Beschränkungen hinsichtlich Sanierungsgebieten, Denkmalschutz oder Erbbaurechten informieren. Ein Notar prüft im Rahmen der Kaufabwicklung insbesondere die Eigentumsverhältnisse und etwaige Belastungen im Grundbuch, übernimmt aber keine umfassende rechtliche Beratung. Daher empfiehlt sich stets die Konsultation eines im Immobilienrecht versierten Anwalts.
Welche Rechte und Pflichten habe ich als Erwerber einer Bestandswohnung?
Als Erwerber einer Bestandswohnung werden Sie Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft, was eine Vielzahl an Rechten und Pflichten nach sich zieht. Zu den Pflichten zählen die Zahlung des Hausgelds (Betriebskosten, Instandhaltungsrücklage, Verwaltungskosten), die anteilige Beteiligung an Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie die Einhaltung der gemeinschaftlichen Regeln und Beschlüsse, die in der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sowie durch die Eigentümerversammlung festgelegt sind. Zu den Rechten gehört die Nutzung des Sondereigentums (der eigenen Wohnung) sowie des Gemeinschaftseigentums im Rahmen der Zweckbestimmung. Als Eigentümer haben Sie zudem Stimmrecht in der Eigentümerversammlung und können bei Beschlussfassungen mitwirken. Weitere Pflichten können sich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. bei denkmalgeschützten Häusern) ergeben. Beim Erwerb übernimmt der Käufer in der Regel alle ab Besitzübergang anfallenden Rechte und Verpflichtungen; hierzu zählen auch bereits geplante, aber noch nicht umgesetzte Maßnahmen der WEG, sofern diese Beschlusslage sind.
Welche Haftungsrisiken bestehen beim Erwerb einer Bestandswohnung?
Beim Erwerb einer Bestandswohnung besteht das wesentliche Haftungsrisiko in der Übernahme von Sach- und Rechtsmängeln, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehen. Gemäß § 434 BGB haftet der Verkäufer für Mängel, sofern nicht ein Ausschluss vereinbart wurde – bei Bestandsimmobilien ist jedoch ein Gewährleistungsausschluss („gekauft wie gesehen“) üblich, sodass der Käufer das Risiko für nicht offenbarte Mängel trägt. Ausgenommen hiervon sind arglistig verschwiegene Mängel; hierfür haftet der Verkäufer auch bei Vereinbarung eines Ausschlusses. Das Risiko von Gemeinschaftsbelastungen (z. B. Instandhaltungsrückständen oder nicht umgelegten Sonderumlagen) trägt ebenfalls der Erwerber, sofern diese vor Eigentumsumschreibung beschlossen wurden. Beim Erwerb treten Sie zudem in bestehende Verträge mit der WEG-Verwaltung ein. Ein weiteres Risiko kann in Altlasten, Baulasten oder anderen im Grundbuch eingetragenen Belastungen liegen, für die Sie nach Eintragung als Eigentümer haften.
Welche Bedeutung hat das Grundbuch beim Kauf einer Bestandswohnung?
Das Grundbuch spielt eine zentrale Rolle beim Kauf einer Bestandswohnung, da es die Eigentumsverhältnisse sowie sämtliche dinglichen Rechte und etwaige Belastungen dokumentiert. Im Bestandsblatt sind das Sondereigentum (Wohnungseigentum), der Miteigentumsanteil und ggf. Sondereigentumsrechte eingetragen. In den Abteilungen II und III finden sich Belastungen wie Hypotheken, Grundschulden, Wohnrechte, Nießbrauch, Wegerechte oder Erbbaurechte. Vor Abschluss des Kaufvertrags sollte zwingend eine Grundbucheinsicht erfolgen, um mögliche Belastungen zu erkennen, die sich auf die Nutzung oder den Wert der Wohnung auswirken können. Belastungen, die nach Vertragsunterzeichnung aber vor Eigentumsumschreibung eingetragen werden, können im Regelfall dem Käufer zur Last fallen, weshalb auch Zwischenverfügungsverbote und Auflassungsvormerkung als Sicherungsmechanismen vereinbart werden.
Welche Besonderheiten gelten bei bestehenden Mietverhältnissen?
Besteht für die Bestandswohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs ein Mietverhältnis, ist der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 566 BGB) zu beachten. Das bedeutet, dass der Käufer mit Eigentumsübergang in das bestehende Mietverhältnis eintritt und sämtliche Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters übernimmt. Kündigungen durch den Erwerber sind nur unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften möglich und können gegebenenfalls auf Eigenbedarf oder wirtschaftliche Verwertung gestützt werden. Laufende Kautionskonten, Betriebskostenguthaben oder -nachzahlungen sowie weitere mietrechtliche Ansprüche gehen ebenfalls auf den Erwerber über. Der Verkäufer ist verpflichtet, über bestehende Mietverhältnisse, Zahlungsrückstände sowie etwaige laufende Streitigkeiten im Kaufvertrag Auskunft zu geben.
Welche Rolle spielt die Teilungserklärung beim Erwerb einer Bestandswohnung?
Die Teilungserklärung ist ein zentrales Dokument beim Erwerb einer Bestandswohnung. Sie regelt die Aufteilung des Gebäudes in Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, definiert die jeweiligen Miteigentumsanteile und enthält oft auch eine Gemeinschaftsordnung, welche Rechte und Pflichten der Eigentümer konkretisiert. Die Teilungserklärung legt fest, welche Gebäudeteile zum Sondereigentum (z. B. Wohnung, Kellerraum) und welche zum Gemeinschaftseigentum (z. B. Treppenhaus, Dach, Außenanlagen) gehören. Ebenfalls umfasst sie oftmals Regelungen zu Sondernutzungsrechten (z. B. an Stellplätzen oder Gärten) und kann Vereinbarungen zu Stimmrechten, Umlageschlüsseln sowie zu Instandhaltungs- und Kostenverteilungen enthalten. Sie ist beim Grundbuchamt hinterlegt und für jeden Erwerber bindend.
Worauf ist aus rechtlicher Sicht bei der Finanzierung des Kaufs einer Bestandswohnung zu achten?
Bei der Finanzierung spielt der rechtliche Sicherungsaspekt für die Bank eine entscheidende Rolle. Daher wird die finanzierende Bank in aller Regel verlangen, dass zu ihren Gunsten eine Grundschuld ins Grundbuch eingetragen wird. Käufer sollten darauf achten, dass eine Finanzierung erst nach notarieller Beurkundung verbindlich abgeschlossen wird und die Auszahlung des Darlehens in der Regel erst nach Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch und Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgt. Auch sollte der Kaufvertrag aufschiebend bedingt auf die Finanzierung abgeschlossen werden, bzw. Rücktrittsrechte für den Fall der Finanzierungsverweigerung vereinbart werden. Zudem ist zu prüfen, ob bestehende Belastungen bevorzugt abzulösen sind oder übernommen werden können und inwieweit Sondertilgungen oder Vorfälligkeitsentschädigungen anfallen.
Welche Fristen und Formerfordernisse sind beim Kauf einer Bestandswohnung zu beachten?
Zentral ist die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags. Nach Vertragsschluss erfolgt oft eine sogenannte Fälligkeitsmitteilung, sobald alle Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung (insbesondere Lastenfreistellung, Verzichtserklärungen, Auflassungsvormerkung) erfüllt sind. Erst nach Zahlungsnachweis wird der Erwerber als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Steuerrechtlich ist die Anzeige des Erwerbs beim Finanzamt und die Zahlung der Grunderwerbsteuer innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids maßgeblich. Bei Beteiligung von Verbrauchern gilt zu beachten, dass der Notarvertrag frühestens 14 Tage nach Aushändigung des Vertragsentwurfs unterzeichnet werden sollte, sofern eine Partei Verbraucher ist (§ 17 BeurkG). Bei finanzierten Käufen muss die Frist für die Stellung des Finanzierungsantrags und die Auszahlung des Darlehens eingehalten werden.