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Besserungsmaßregeln

Begriff und Einordnung: Was sind Besserungsmaßregeln?

Besserungsmaßregeln sind staatliche Reaktionen auf Straftaten, die nicht in erster Linie auf Vergeltung oder Schuldausgleich zielen, sondern auf Behandlung, Betreuung und die Verringerung weiterer Gefahren für die Allgemeinheit. Sie dienen der Besserung der betroffenen Person sowie der Sicherung der Öffentlichkeit. Anders als Strafen knüpfen sie weniger an die Schuld als an den Zustand und die Gefährlichkeitsprognose an. Besserungsmaßregeln werden durch ein Gericht angeordnet, regelmäßig im Rahmen eines Strafverfahrens, und können neben oder anstelle einer Strafe stehen.

Ziele und Grundprinzipien

Besserung

Der Besserungsaspekt zielt darauf ab, Ursachen deliktischen Verhaltens zu behandeln oder zu kompensieren. Dazu zählen Therapie, Entwöhnung, soziale Stabilisierung und Maßnahmen, die Rückfälle verhindern helfen.

Sicherung

Der Sicherungsaspekt dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren erheblichen Rechtsverletzungen. Er rechtfertigt Eingriffe, die präventiv wirken sollen, etwa besondere Aufsicht oder Unterbringung.

Verhältnismäßigkeit und Zurückhaltung

Jede Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Eingriffe mit hoher Intensität, wie eine stationäre Unterbringung, kommen nur in Betracht, wenn mildere Mittel nicht ausreichen.

Zeitliche Flexibilität

Die Dauer richtet sich nach dem Fortbestehen der Gefährlichkeit bzw. dem Behandlungsbedarf. Deshalb sind regelmäßige Überprüfungen vorgesehen. Beendigung, Lockerung oder Fortdauer hängen von der aktuellen Prognose ab.

Arten von Besserungsmaßregeln

Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung

Zweck und Voraussetzungen

Diese Maßnahme betrifft Personen, bei denen eine psychische Störung im Zusammenhang mit der Tat steht und von denen ohne Behandlung erhebliche weitere Taten zu erwarten sind. Ziel ist die medizinisch-therapeutische Behandlung und Stabilisierung, um das Risiko erneuter Straftaten zu senken.

Vollzug und Behandlung

Der Vollzug erfolgt in spezialisierten Einrichtungen. Therapiepläne, interdisziplinäre Behandlung und regelmäßige Prognosebewertungen prägen den Ablauf. Entlassungen sind an gesicherte Prognosen und Auflagen geknüpft.

Unterbringung zur Suchtbehandlung

Zielgruppe und Ablauf

Sie betrifft Personen, deren Straftaten im Zusammenhang mit einer Abhängigkeit stehen. In strukturierten Programmen werden körperlicher Entzug, psychosoziale Therapie und Rückfallprävention kombiniert. Die Maßnahme kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrechen oder ihr vorgehen.

Sicherungsverwahrung bzw. vorbeugende Unterbringung

Charakter und Grenzen

Diese besonders eingriffsintensive Maßnahme dient dem Schutz vor fortdauernd hochgefährlichen Personen, bei denen auch nach einer Strafe schwerwiegende Taten zu erwarten sind. Sie unterliegt strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen sowie engmaschiger Überprüfung.

Führungsaufsicht und Weisungen

Inhalt und typische Weisungen

Führungsaufsicht ordnet eine staatliche Kontrolle und Begleitung nach Entlassung an. Mögliche Weisungen betreffen etwa Wohnsitznahme, Meldepflichten, Kontaktverbote, Therapie- oder Beratungsauflagen und Aufenthaltsbeschränkungen. Ziel ist die Stabilisierung in Freiheit und die Reduktion des Rückfallrisikos.

Berufs- oder Tätigkeitsverbote

Schutzfunktion

Berufs- oder Tätigkeitsverbote sollen verhindern, dass Betroffene in Situationen gelangen, die das Risiko gleichartiger Taten erhöhen. Sie werden auf Bereiche beschränkt, in denen die Tat und die Gefährdung unmittelbar anknüpfen.

Entziehung der Fahrerlaubnis

Zweck und Wiedererteilung

Bei erheblichen Verkehrsdelikten kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn die Eignung zum Führen von Fahrzeugen fehlt. Eine Wiedererteilung setzt die Wiedergewinnung dieser Eignung voraus und kann an Nachweise der Stabilisierung geknüpft sein.

Abgrenzung zur Strafe

Doppelspurigkeit des Sanktionssystems

Strafe und Maßregel stehen nebeneinander: Strafen ahnden schuldhaftes Verhalten; Besserungsmaßregeln reagieren auf Gefahrenlagen und Behandlungsbedarfe. Beide können kombiniert werden.

Schuldprinzip vs. Gefährlichkeitsprinzip

Strafen orientieren sich am Maß der Schuld. Besserungsmaßregeln richten sich nach der individuellen Prognose und dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit. Ihre Dauer ist deshalb nicht primär durch die Tat bestimmt, sondern durch die fortlaufende Bewertung der Gefährlichkeit.

Neben- oder anstelle der Strafe

Je nach Art und Rechtslage können Besserungsmaßregeln zusätzlich zur Strafe, vor deren Vollzug oder in bestimmten Konstellationen anstelle einer Strafe angeordnet werden.

Anordnung und Verfahren

Gerichtliche Entscheidung

Über Besserungsmaßregeln entscheidet das Gericht, regelmäßig im Zusammenhang mit dem Urteil zur Tat. Es stellt fest, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und welche Maßnahme geeignet ist.

Prognosegutachten

Fachliche Gutachten, insbesondere zur psychischen Verfassung, Abhängigkeit oder Rückfallwahrscheinlichkeit, unterstützen die Entscheidung. Sie sollen den Zusammenhang zwischen Zustand, Tat und zukünftiger Gefährdung transparent machen.

Rechte der betroffenen Person

Die betroffene Person wird angehört und kann sich verteidigen. Gegen Entscheidungen stehen reguläre Rechtsmittel offen. Im Vollzug gelten Schutz- und Beteiligungsrechte, etwa hinsichtlich Behandlung und Lockerungen.

Therapie- und Behandlungspläne

Im Vollzug werden individuelle Pläne erstellt, die Behandlungsziele, Maßnahmen und Evaluationszeitpunkte festlegen. Anpassungen erfolgen anhand regelmäßiger Verlaufs- und Prognosebewertungen.

Dauer, Überprüfung und Beendigung

Unbefristete und befristete Maßnahmen

Einige Maßnahmen sind von vornherein befristet, andere können unbefristet sein, dauern jedoch nur fort, solange die Voraussetzungen vorliegen. Damit ist die Prognoseentwicklung entscheidend.

Regelmäßige Überprüfungen

Gerichte oder zuständige Stellen prüfen turnusmäßig, ob die Maßnahme fortzuführen, zu lockern, auszusetzen oder zu beenden ist. Grundlage sind aktuelle Gutachten, Behandlungsverläufe und Verhaltensbeobachtungen.

Aussetzung, Lockerungen, Entlassung

Stufenmodelle mit Lockerungen und Bewährungsphasen ermöglichen einen gesicherten Übergang in die Freiheit. Auflagen und Weisungen flankieren die Entlassung, um Rückfallrisiken weiter zu senken.

Nachsorge

Nachsorge umfasst ambulante Therapie, betreutes Wohnen, sozialpädagogische Unterstützung und Führungsaufsicht. Sie verbindet individuellen Schutz mit gesellschaftlicher Sicherheit.

Grundrechtliche und systematische Bezüge

Eingriffsintensität und Schutzpflichten

Maßnahmen mit Freiheitsentzug oder weitreichenden Auflagen greifen stark in persönliche Rechte ein. Zugleich dienen sie dem Schutz Dritter. Das Recht verlangt daher strenge Begründung, Kontrolle und Überprüfung.

Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit

Art, Zweck und Voraussetzungen müssen klar umrissen sein. Die Maßnahme darf nicht weiter gehen als zur Zielerreichung erforderlich. Je intensiver der Eingriff, desto höher die Anforderungen an Begründung und Kontrolle.

Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden

Im Jugendbereich stehen erzieherische Zielsetzungen im Vordergrund. Die Systeme sehen eigene Maßnahmen mit stärker pädagogischer Ausrichtung und intensiver Betreuung vor, die an die Entwicklungsphase angepasst sind.

Unterschiede im deutschsprachigen Rechtsraum

Deutschland

Geläufig ist die Bezeichnung „Maßregeln der Besserung und Sicherung“. Der Katalog umfasst insbesondere therapeutische Unterbringungen, die Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufs- und Tätigkeitsverbote, Führungsaufsicht sowie die Sicherungsverwahrung.

Österreich

Es bestehen „Maßnahmen der Besserung und Sicherung“, darunter Unterbringung in geeigneten Anstalten für psychisch beeinträchtigte oder entwöhnungsbedürftige Personen und vorbeugende Maßnahmen bei besonderen Rückfallrisiken.

Schweiz

Das System kennt „Massnahmen“, etwa stationäre therapeutische Massnahmen und Verwahrung. Entscheidend sind auch hier die Gefährlichkeitsprognose, die therapeutische Eignung und die fortlaufende Überprüfung.

Häufig gestellte Fragen

Was unterscheidet Besserungsmaßregeln von Strafen?

Besserungsmaßregeln dienen vorrangig der Prävention und Behandlung, nicht der Ahndung. Sie richten sich nach der Gefährlichkeitsprognose und dem Behandlungsbedarf, können neben oder anstelle einer Strafe stehen und werden regelmäßig überprüft. Strafen zielen auf Schuldausgleich und sind in der Regel befristet.

Unter welchen Voraussetzungen werden Besserungsmaßregeln angeordnet?

Erforderlich sind eine erhebliche Gefahr weiterer Straftaten, ein Zusammenhang zwischen Zustand und Tat sowie die Eignung der Maßnahme, diese Gefahr zu reduzieren. Gerichte stützen sich auf Gutachten und wägen Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit ab.

Wie lange können Besserungsmaßregeln dauern?

Die Dauer hängt vom Fortbestehen der Voraussetzungen ab. Einige Maßnahmen sind befristet, andere potenziell unbefristet, enden aber, sobald die Gefährlichkeitsprognose günstig ist. Regelmäßige gerichtliche oder behördliche Überprüfungen sind vorgesehen.

Können Besserungsmaßregeln zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe angeordnet werden?

Ja. Je nach Konstellation werden sie neben der Strafe angeordnet, vor deren Vollzug durchgeführt oder können in bestimmten Fällen die Vollstreckung der Strafe unterbrechen. Ziel ist, Behandlung und Sicherung wirksam zu verknüpfen.

Welche Rolle spielen Gutachten?

Gutachten liefern die fachliche Grundlage für die Beurteilung von Zustand, Behandlungsfähigkeit und Rückfallrisiko. Sie unterstützen die Entscheidung über Anordnung, Art, Dauer und Beendigung der Maßnahme.

Welche Rechte hat die betroffene Person während der Maßnahme?

Es bestehen Anhörungs- und Beteiligungsrechte, Zugang zu Rechtsmitteln gegen Entscheidungen, Schutzrechte im Vollzug sowie Anspruch auf regelmäßige Überprüfung. Bei Therapie- und Vollzugsfragen sind individuelle Belange zu berücksichtigen.

Werden Besserungsmaßregeln in Registern vermerkt?

Maßregeln können in einschlägigen Registern erfasst werden. Art, Umfang und Dauer der Eintragung richten sich nach der jeweiligen Rechtsordnung und der konkreten Maßnahme.

Gibt es Besonderheiten bei Jugendlichen?

Im Jugendbereich liegt der Schwerpunkt auf Erziehung und Förderung. Maßnahmen sind stärker pädagogisch ausgerichtet und werden an Entwicklungsstand und Umweltbedingungen angepasst; die Überprüfung erfolgt engmaschig.