Besitzpfandrecht
Das Besitzpfandrecht ist ein zentrales Sicherungsrecht im deutschen Zivilrecht und gehört zu den sogenannten beschränkten dinglichen Rechten. Es ermöglicht dem Gläubiger, sich durch die Übergabe einer beweglichen Sache oder eines Rechtes gegen den Ausfall seiner Forderung abzusichern. Im Gegensatz dazu steht das Faustpfandrecht als bekannteste Ausprägung des Besitzpfandrechts. Das Besitzpfandrecht unterscheidet sich vom Sicherungseigentum sowie vom gesetzlichen Pfandrecht und wird umfassend in den §§ 1204 bis 1259 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt.
Rechtliche Grundlagen
Entstehung des Besitzpfandrechts
Für die rechtswirksame Begründung eines Besitzpfandrechts ist zunächst die Einigung (Pfandvertrag) zwischen dem Pfandgläubiger und dem Pfandbesteller notwendig. Darüber hinaus muss die Übergabe des Pfandobjekts an den Gläubiger oder dessen Besitzmittler erfolgen (Besitzkonstitut gemäß § 930 BGB ist beim Besitzpfandrecht nicht möglich). Die Publizität der Übergabe sorgt dafür, dass Dritte erkennen können, dass eine Sicherung an der Sache besteht. Der Besitzpfandgläubiger erhält ein Pfandrecht, das ihm die Verwertung der Sache ermöglicht, falls die gesicherte Forderung nicht erfüllt wird.
Gesetzliche Normierung
Das Besitzpfandrecht ist insbesondere in folgenden Vorschriften des BGB kodifiziert:
- §§ 1204-1259 BGB: Allgemeine Regelungen zum Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten
- Spezialvorschriften für bestimmte Pfandrechte (z. B. Vermieter- und Verpächterpfandrecht, §§ 562 ff. BGB)
- § 805 ZPO: Pfändung von Rechten im Rahmen der Zwangsvollstreckung
Gegenstände des Besitzpfandrechts
Gegenstand eines Besitzpfandrechts können alle beweglichen Sachen sowie bestimmte Rechte sein. Nicht pfändbar sind Gegenstände, die dem unentziehbaren Eigenbedarf des Schuldners dienen oder einer besonderen gesetzlichen Regelung unterliegen (z. B. unpfändbare Sachen gemäß § 811 ZPO).
Rechtswirkungen und Inhalt des Besitzpfandrechts
Schutz des Besitzpfandgläubigers
Das Besitzpfandrecht gewährt dem Gläubiger ein bevorzugtes Befriedigungsrecht gegenüber nachrangigen Gläubigern im Falle der Verwertung. Ferner genießt der Gläubiger Besitzschutz nach §§ 859, 1007 BGB und ist berechtigt, die Sache bis zur vollständigen Befriedigung der gesicherten Forderung zurückzubehalten. Dem Pfandgläubiger obliegt die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung und Pflege der Pfandsache gemäß § 1214 BGB.
Pfandrechte an Rechten
Auch Rechte (insbesondere Forderungen, Grundschulden, Hypotheken) können verpfändet werden, sofern sie übertragbar sind. Die Entstehung eines Pfandrechts an Rechten richtet sich nach den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften (§ 1273 BGB). Der Besitz an Rechten wird dabei durch Mitteilung an den Drittschuldner oder Eintragung im entsprechenden Register ersetzt.
Sicherungsfunktion und Verwertung
Das Besitzpfandrecht dient der Sicherung einer bestehenden oder zukünftigen Forderung. Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, kann der Gläubiger die Sache nach vorheriger Androhung verwerten (§ 1228 BGB). Die Verwertung erfolgt in der Regel durch öffentliche Versteigerung, wobei eventuelle Überschüsse an den Schuldner auszukehren sind (§ 1247 BGB).
Inhaltsarten und Beendigung des Besitzpfandrechts
Akzessorietät
Das Besitzpfandrecht ist akzessorisch, d. h. es ist in Bestand und Umfang von der gesicherten Forderung abhängig. Erlischt die Forderung (z. B. durch Zahlung), so erlischt zugleich das Besitzpfandrecht (§ 1252 BGB).
Beendigung
Das Besitzpfandrecht kann durch folgende Umstände beendet werden:
- Erlöschen der gesicherten Forderung (Akzessorietät)
- Rückgabe des Pfandobjekts an den Verpfänder
- Verwertung des Pfandes und Auskehrung eines eventuellen Überschusses
- Verzicht des Pfandgläubigers
Mit dem Erlöschen des Besitzpfandrechts erlischt auch das Recht des Gläubigers zur Inbesitznahme und etwaigen Verwertung der Sache.
Abgrenzung zu anderen Sicherungsrechten
Faustpfandrecht
Das Faustpfandrecht ist die bekannteste, gesetzlich geregelte Form des Besitzpfandrechts. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es nur an beweglichen Sachen und nicht durch Besitzmittlungsverhältnis begründet werden kann.
Sicherungsübereignung und Hypothek
Die Sicherungsübereignung unterscheidet sich vom Besitzpfandrecht insbesondere dadurch, dass der Sicherungsnehmer Eigentum, nicht bloß ein beschränktes Recht erwirbt. Die Hypothek wiederum bezieht sich auf unbewegliche Sachen (Grundstücke) und ist grundbuchlich zu sichern.
Gesetzliches Besitzpfandrecht
Gesetzliche Besitzpfandrechte entstehen kraft Gesetzes bei bestimmten Rechtsverhältnissen, z. B. das Vermieterpfandrecht (§§ 562 ff. BGB). Ein vertragliches Besitzpfandrecht bedarf hingegen der ausdrücklichen Vereinbarung und Übergabe.
Rechte und Pflichten der Beteiligten
Rechte des Pfandgläubigers
- Besitz und Verwertung des Pfandes zur Befriedigung der gesicherten Forderung
- Verbot der eigenmächtigen Überlassung des Pfandes an Dritte ohne Zustimmung des Verpfänders
Pflichten des Pfandgläubigers
- Sorgfältiger Umgang und Verwahrung des Pfandobjekts
- Herausgabe des Pfandes nach Tilgung der Forderung
- Rechenschaftspflicht über die erfolgte Verwertung
Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen
Bei schuldhafter Verletzung der Sorgfaltspflicht haftet der Pfandgläubiger auf Schadensersatz (§ 1216 BGB). Der Verpfänder kann im Falle weiterer Pflichtverstöße die Rückgabe des Pfandes verlangen oder auf Verzicht am Pfandrecht klagen.
Internationales Recht
Auch im internationalen Privatrecht finden Besitzpfandrechte Anwendung. Die Anknüpfung erfolgt meist über das Recht am Standort der beweglichen Sache (lex rei sitae). Die Ausgestaltung und Gültigkeit eines Pfandrechts können sich somit nach dem Sachrecht des jeweiligen Landes richten.
Diese Ausarbeitung zum Besitzpfandrecht bietet eine überblicksartige, gleichzeitig tiefgehende Darstellung der Begrifflichkeiten, Rechtsgrundlagen und Funktion im deutschen Zivilrecht. Sie berücksichtigt die wichtigsten Normen, Rechtsinstitute und Abgrenzungen, wodurch das Besitzpfandrecht umfassend und für weitergehende Recherchen zugänglich erklärt wird.
Häufig gestellte Fragen
Wann entsteht das Besitzpfandrecht und welche Voraussetzungen müssen vorliegen?
Das Besitzpfandrecht entsteht, sobald eine bewegliche Sache dem Pfandgläubiger übergeben wird, um eine bestehende oder künftige Forderung zu sichern (§ 1204 ff. BGB). Voraussetzung ist zunächst, dass zwischen Pfandbesteller (Schuldner oder ein Dritter) und Pfandgläubiger ein wirksamer Pfandvertrag geschlossen wird, in dem sich beide Parteien über die Verpfändung einig sind. Weiterhin muss die Übergabe der Sache erfolgen, das bedeutet der unmittelbare Besitz an der Sache geht auf den Pfandgläubiger über, entweder körperlich oder durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die zu sichernde Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist und das Pfandrecht nicht durch Gesetz oder Vereinbarung ausgeschlossen ist. Ein Besitzpfandrecht kann grundsätzlich nur an beweglichen, nicht vertretbaren Sachen und an bestimmten Rechten bestellt werden, sofern diese verpfändbar sind.
Welche Rechte und Pflichten hat der Pfandgläubiger während des Pfandrechts?
Der Pfandgläubiger hat das Recht, die verpfändete Sache bis zur vollständigen Befriedigung seiner gesicherten Forderung im Besitz zu behalten. Währenddessen ist er verpflichtet, die Sache sorgfältig zu verwahren und alles zu unterlassen, was zur Minderung ihres Wertes führen könnte (§§ 1213, 1214 BGB). Darüber hinaus hat er keinen Gebrauch an der Sache zu machen, es sei denn, dies ist ausdrücklich vertraglich gestattet. Der Pfandgläubiger muss notwendige und nützliche Ausgaben für die Erhaltung der Sache tätigen und hat daraus gegebenenfalls einen Anspruch auf Ersatz gegen den Pfandbesteller. Er muss dem Pfandbesteller Auskunft über die Sache und deren Zustand geben, insbesondere auf Verlangen. Verletzt der Pfandgläubiger diese Pflichten, kann der Pfandbesteller Schadensersatz verlangen.
Unter welchen Voraussetzungen kann das Besitzpfandrecht verwertet werden?
Die Verwertung des Besitzpfandrechts ist grundsätzlich erst möglich, wenn die gesicherte Forderung fällig geworden ist. Bevor eine Verwertung stattfinden kann, muss der Pfandgläubiger dem Pfandbesteller die Verwertung ankündigen (§ 1234 BGB); dies dient dem Schutz des Schuldners. Erfolgt keine Einigung über die Verwertung, erfolgt diese in der Regel durch öffentliche Versteigerung (§ 1235 BGB). Die Pfandverwertung darf nicht zum Nachteil des Pfandbestellers durchgeführt werden; insbesondere sind Formvorschriften und Fristen zu beachten. Der Pfandgläubiger hat außerdem die Pflicht, einen etwaigen Mehrerlös, der durch die Verwertung erzielt wurde, an den Pfandbesteller herauszugeben.
Was geschieht, wenn die gepfändete Sache untergeht oder beschädigt wird?
Geht die verpfändete Sache – etwa durch Zerstörung oder Diebstahl – unter, so erlischt das Besitzpfandrecht grundsätzlich, es sei denn, es tritt eine Surrogation ein, also Ersatz durch eine andere Sache, etwa einen Versicherungsanspruch oder einen Schadenersatzanspruch. Dieser Anspruch tritt dann an die Stelle der ursprünglichen Sache und das Pfandrecht bezieht sich fortan auf das Surrogat gemäß § 1218 BGB. Bei Beschädigungen kann der Pfandgläubiger einen Anspruch auf Ersatz gegen den Verursacher haben. Er ist verpflichtet, den Pfandbesteller unverzüglich zu informieren, wenn die Sache beschädigt oder in ihrem Wert gemindert wurde, und, falls nötig, Sicherungsmaßnahmen zu treffen.
Kann das Besitzpfandrecht abgetreten oder übertragen werden?
Das Besitzpfandrecht ist grundsätzlich abtretbar, da es ein Sicherungsrecht ist, das mit der gesicherten Forderung verbunden ist. Eine Abtretung des Pfandrechts erfolgt zusammen mit der gesicherten Forderung; das bedeutet, dass der Erwerber der Forderung gemäß § 401 BGB auch das dazugehörige Pfandrecht erwirbt. Für die Wirksamkeit der Abtretung ist weder eine Zustimmung des Pfandbestellers noch eine besondere Mitteilung erforderlich, allerdings sollte die Besitzübertragung rechtlich nachvollziehbar ausgestaltet sein. Wird das Pfandrecht getrennt von der Forderung abgetreten, ist dies unzulässig; das Pfandrecht ist akzessorisch und kann nicht losgelöst von der Forderung übertragen werden.
Wann und wie erlischt das Besitzpfandrecht?
Das Besitzpfandrecht erlischt in mehreren Fällen: zum einen durch Erlöschen der gesicherten Forderung (zum Beispiel durch Zahlung oder Aufrechnung), zum anderen durch freiwillige Herausgabe der Pfandsache an den Pfandbesteller (§ 1252 BGB), wodurch das Besitzverhältnis aufgehoben wird. Ebenso erlischt das Pfandrecht, wenn die Sache vollständig untergeht, ohne dass ein Surrogat eintritt, oder wenn die Sache auf Grund gesetzlicher Bestimmungen frei von Pfandrechten wird (z.B. nach § 932 BGB bei gutgläubigem Erwerb vom Nichtberechtigten). Schließlich kann das Pfandrecht durch einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Verwertungsakt enden, insbesondere im Zuge einer Versteigerung und Verteilung des Erlöses.
Welche Unterschiede bestehen zwischen dem gesetzlichen und dem vertraglichen Besitzpfandrecht?
Das gesetzliche Besitzpfandrecht entsteht kraft Gesetzes, ohne dass es einer besonderen Vereinbarung benötigt, immer dann, wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind (zum Beispiel das Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB oder das Werkunternehmerpfandrecht nach § 647 BGB). Das vertragliche Besitzpfandrecht hingegen wird durch eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien begründet. Während beim gesetzlichen Pfandrecht die Entstehung und der Umfang gesetzlich festgelegt sind, besteht beim vertraglichen Pfandrecht eine umfassende Gestaltungsfreiheit bezüglich Umfang, Sicherungszweck und Verwertungsmodalitäten. Die Durchsetzung und die Grenzen dieser Rechte orientieren sich jedoch jeweils strikt an den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf Schutzvorschriften zugunsten des Schuldners.