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Beschränkte Steuerpflicht


Begriff und Bedeutung der beschränkten Steuerpflicht

Die beschränkte Steuerpflicht ist ein zentraler Begriff des deutschen Steuerrechts und bezeichnet den steuerlichen Status von Personen, die im Inland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, jedoch inländische Einkünfte gemäß den nationalen Steuergesetzen erzielen. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich insbesondere auf natürliche Personen, kann aber auch auf juristische Personen Anwendung finden. Das steuerpflichtige Einkommen beschränkt sich hierbei ausschließlich auf bestimmte inländische Einkunftsquellen.


Rechtsgrundlagen und systematische Einordnung

Einkommensteuerliche Regelungen

Die maßgebliche Rechtsnorm für die beschränkte Steuerpflicht im Bereich der Einkommensteuer ist § 1 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hiernach sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz (§ 8 AO) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) innehaben, mit ihren inländischen Einkünften nach § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig. Juristische Personen unterliegen nach § 2 Absatz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht.

Umsatzsteuerliche und weitere steuerliche Regelungen

Auch im Bereich der Umsatzsteuer kann eine Steuerpflicht für im Ausland ansässige Unternehmer ausgelöst werden, sofern steuerpflichtige Umsätze im Inland erbracht werden (§ 1 UStG). Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sieht § 2 Absatz 1 Nr. 3 ErbStG die beschränkte Steuerpflicht vor, sofern weder Erblasser bzw. Schenker noch Erwerber Inländer sind, sich aber Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Bewertungsgesetz im Nachlass befindet.


Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Natürliche und juristische Personen

Die beschränkte Steuerpflicht kann natürliche Personen sowie juristische Personen umfassen. Die Unterscheidung erfolgt im Hinblick darauf, ob Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Sitz/Leitung im Inland vorliegt. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, greift die beschränkte Steuerpflicht für inländische Einkünfte.

Inländische Einkünfte (§ 49 EStG)

Beschränkt steuerpflichtig sind ausschließlich Einkünfte, die dem Katalog des § 49 EStG zugeordnet werden, unter anderem:

  • Einkünfte aus inländischer Land- und Forstwirtschaft
  • Einkünfte aus inländischem Gewerbebetrieb (z. B. Betriebsstätte im Inland, Geschäftsleitung im Inland)
  • Einkünfte aus inländischer selbständiger Arbeit
  • Einkünfte aus inländischen nicht selbständigen Tätigkeiten (z. B. Arbeitslohn für inländische Arbeitstage)
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit die Einkünfte durch inländische Schuldner oder Zahlstellen gezahlt werden
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von inländischem Grundbesitz
  • Sonstige Einkünfte mit Inlandsbezug

Umfang und Besonderheiten der Steuerpflicht

Umfang der Besteuerung – Prinzip der Quellenbesteuerung

Die Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Personen erfolgt ausschließlich bezogen auf ihre inländischen Einkünfte. Es handelt sich um eine sogenannte Quellenbesteuerung. Dies steht im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht, bei der das weltweite Einkommen herangezogen wird.

Steuertarif und persönliche Freibeträge

Beschränkt steuerpflichtige Personen werden im Einkommensteuergesetz grundsätzlich nach § 50 Absatz 1 EStG mit einem gesonderten Tarif besteuert. Persönliche Freibeträge (zum Beispiel Grundfreibetrag nach § 32a EStG, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) stehen beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen zu, sofern und soweit sie unter die Regelungen über das sogenannte „optionale Veranlagungswahlrecht“ nach § 50 Absatz 2 Satz 7 EStG oder das sog. „Grenzarbeitermodell“ fallen.

Steuerabzug an der Quelle

Bei bestimmten Einkünften wird die Einkommensteuer im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht direkt an der Quelle einbehalten und abgeführt. Beispiele hierfür sind der Steuerabzug vom Arbeitslohn nach § 39b EStG sowie der Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 ff. EStG.


Veranlagung und Erklärungspflichten

Steuererklärungspflichten

Beschränkt steuerpflichtige Personen müssen für ihre inländischen Einkünfte grundsätzlich eine Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt einreichen. In vielen Fällen wird die Steuer jedoch bereits endgültig durch einen Steuerabzug an der Quelle erhoben, sodass eine Veranlagung entfällt (§ 50 Absatz 2 EStG).

Option auf unbeschränkte Steuerpflicht

Nach § 1 Absatz 3 EStG können beschränkt steuerpflichtige Personen unter bestimmten Voraussetzungen wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt werden. Voraussetzung ist, dass mindestens 90 % der gesamten Einkünfte in Deutschland der Einkommensteuer unterliegen oder die im Ausland erzielten Einkünfte den Grundfreibetrag nicht überschreiten.


Besonderheiten bei internationalen Sachverhalten

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln, welcher Staat in Bezug auf bestimmte Einkünfte das Besteuerungsrecht erhält und verhindern damit eine doppelte Besteuerung. Die von Deutschland abgeschlossenen DBA orientieren sich an den sogenannten OECD-Musterabkommen und enthalten zumeist detaillierte Regelungen zur Zuordnung des Besteuerungsrechts hinsichtlich beschränkt Steuerpflichtiger.

Einschränkungen und Freistellungen

In einigen Fällen beschränken Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht Deutschlands, indem bestimmte Einkünfte von der inländischen Besteuerung ausgenommen werden oder eine Anrechnung der ausländischen Steuer vorschreiben. Zudem enthalten viele DBA spezielle Freistellungs- oder Anrechnungsvorschriften.


Abgrenzung zur unbeschränkten Steuerpflicht

Definition und Unterscheidung

Die unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 Absatz 1 EStG) greift, wenn ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Inland besteht. Im Gegensatz zur beschränkten Steuerpflicht sind unbeschränkt Steuerpflichtige mit ihrem gesamten Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig. Die Unterscheidung ist insbesondere für die Anwendung des Progressionsvorbehalts und die Gewährung persönlicher Vergünstigungen relevant.


Rechtsfolgen und Bedeutung in der Praxis

Die beschränkte Steuerpflicht nimmt insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten erheblichen Einfluss auf das Besteuerungssystem und ist von zentraler Bedeutung für die internationale Steuerplanung sowie bei Arbeits- und Kapitaltransfers über die Landesgrenzen hinweg. Insbesondere im Zusammenhang mit Arbeitnehmerentsendungen, Investments ausländischer Investoren und der Immobilienbesteuerung spielt sie eine maßgebliche Rolle.


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Bewertungsgesetz (BewG)
  • Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
  • Abgabenordnung (AO)
  • Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit verschiedenen Staaten
  • Anwendungserlasse der Finanzverwaltung

Im Kontext des deutschen Steuerrechts sorgt die beschränkte Steuerpflicht für eine sachgerechte Zuordnung inländischer Besteuerungsrechte und gewährleistet, dass Personen ohne Inlandsbezug nur für tatsächlich in Deutschland erzielte Einkünfte steuerlich herangezogen werden. Sie bildet damit einen essenziellen Bestandteil des internationalen Steuerrechts und ist ein zentrales Instrument der steuerrechtlichen Erfassung grenzüberschreitender Einkünfte.

Häufig gestellte Fragen

Welche steuerlichen Pflichten haben Personen mit beschränkter Steuerpflicht in Deutschland?

Personen mit beschränkter Steuerpflicht unterliegen in Deutschland lediglich mit ihren inländischen Einkünften der Einkommensteuer. Im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht, die das gesamte Welteinkommen erfasst, konzentriert sich die beschränkte Steuerpflicht ausschließlich auf Einkünfte, die im deutschen Steuerrecht als „inländische Einkünfte“ (§ 49 EStG) definiert sind. Hierzu zählen beispielsweise Einkünfte aus inländischen Immobilien, in Deutschland ansässigen Arbeitsverhältnissen, inländischen Geschäftsführertätigkeiten oder Gewinne aus Gewerbebetrieb innerhalb Deutschlands. Betroffene haben grundsätzlich die Pflicht, eine Einkommensteuererklärung für die inländischen Einkünfte abzugeben. Es gelten spezifische Quellensteuerregelungen, etwa bei Einkünften aus Kapitalvermögen oder bei bestimmten Vergütungen. Außerdem besteht die Verpflichtung, relevante Nachweise oder Dokumente zur Verfügung zu stellen, damit das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen prüfen kann.

Können Personen mit beschränkter Steuerpflicht Freibeträge oder Sonderausgaben geltend machen?

Im Regelfall stehen beschränkt Steuerpflichtigen keine persönlichen Freibeträge, wie der Grundfreibetrag oder der Kinderfreibetrag, zu. Ebenso ist die Berücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen oder haushaltsnahen Dienstleistungen grundsätzlich ausgeschlossen. Bestimmte Personengruppen können jedoch auf Antrag gemäß § 50 Abs. 1 EStG zur Besteuerung wie unbeschränkt Steuerpflichtige behandelt werden, sofern mehr als 90 % der gesamten Einkünfte in Deutschland erzielt werden oder die ausländischen Einkünfte den Grundfreibetrag nicht überschreiten (sogenanntes „Optionsrecht“). In diesem Fall können auch persönliche Freibeträge und bestimmte Abzugsbeträge greifen. Ohne Antrag ist diese Möglichkeit jedoch nicht gegeben, was den Steuervorteil gegenüber unbeschränkt Steuerpflichtigen deutlich einschränkt.

Welche Nachweispflichten bestehen für beschränkt Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt?

Beschränkt Steuerpflichtige sind verpflichtet, dem Finanzamt sämtliche Unterlagen und Nachweise vorzulegen, die zur Ermittlung und Überprüfung ihrer inländischen Einkünfte notwendig sind. Hierzu zählen Gehaltsabrechnungen, Mietverträge, Gewinn- und Verlustrechnungen inländischer Betriebe oder Kapitalertragbescheinigungen. Je nach Art der Einkünfte sind auch Bestätigungen ausländischer Steuerbehörden vorzulegen, etwa um die Höhe der ausländischen Einkünfte oder des Wohnsitzstaates zu belegen. Erfolgt ein Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger, verlangt das deutsche Finanzamt detaillierte Nachweise über das gesamte Welteinkommen sowie amtlich bestätigte Informationen zu den ausländischen Einkünften und deren Besteuerung.

Wie werden Doppelbesteuerungsabkommen bei der beschränkten Steuerpflicht berücksichtigt?

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln, in welchem Umfang und von welchem Staat bestimmte Einkünfte besteuert werden dürfen, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden. Für beschränkt Steuerpflichtige greifen diese Abkommen unmittelbar. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass einzelne Einkunftsarten in Deutschland gar nicht oder nur teilweise besteuert werden dürfen, während das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat verbleibt. Die Anwendung eines DBA ist beim Finanzamt zu beantragen und meist durch entsprechende Ansässigkeitsbescheinigungen oder Nachweise aus dem Herkunftsland zu belegen. Die korrekte Anwendung erfordert die gründliche Prüfung der Abkommensregelungen für die jeweilige Einkunftsart.

Unterliegt eine beschränkt steuerpflichtige Person dem Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer?

Beschränkt steuerpflichtige Personen müssen grundsätzlich auch den Solidaritätszuschlag auf die festgesetzte Einkommensteuer zahlen. Bei der Kirchensteuer hingegen gibt es Besonderheiten: Grundsätzlich unterliegen beschränkt Steuerpflichtige, die keiner in Deutschland anerkannten Religionsgemeinschaft angehören oder ihren Wohnsitz im Ausland haben, nicht der Kirchensteuerpflicht. Sollte jedoch eine inländische Anbindung zu einer entsprechenden Religionsgemeinschaft bestehen, kann ausnahmsweise auch Kirchensteuer erhoben werden. Hier empfiehlt sich eine gezielte Prüfung des Einzelfalles sowie ggf. die Beratung durch einen Steuerexperten.

Welche Besonderheiten gelten bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für beschränkte Steuerpflichtige?

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist entscheidend, dass die Tätigkeit in Deutschland ausgeübt oder verwertet wird. Vergütungen, die ein beschränkt Steuerpflichtiger für eine teilweise oder vollständig in Deutschland ausgeübte Tätigkeit erhält, sind in Deutschland steuerpflichtig, unabhängig davon, ob eine Entsendung durch einen ausländischen Arbeitgeber vorliegt. Allerdings spielt hierbei auch das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen eine wichtige Rolle, das gegebenenfalls eine Ausnahme vorsieht, etwa wenn der Auslandsaufenthalt nur kurzzeitig erfolgt. Bestimmte Werbungskosten können bei der Einkünfteermittlung nur in eingeschränktem Rahmen abgezogen werden, sofern kein Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger gestellt wurde.

Ist ein Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht möglich?

Ein Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht ist grundsätzlich möglich, wenn entweder die Voraussetzungen für einen Wohnsitz beziehungsweise gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland vorliegen oder wenn die sogenannte „Option zur unbeschränkten Steuerpflicht“ nach § 1 Absatz 3 EStG beansprucht wird. Letzteres setzt voraus, dass nahezu das gesamte Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig ist oder die ausländischen Einkünfte sehr niedrig sind. Der Wechsel ist dem Finanzamt anzuzeigen, und es müssen umfangreiche Unterlagen zum Einkommen sowie Nachweise über Aufenthaltsstatus bzw. Wohnsitz eingereicht werden. Nach erfolgter Anerkennung gilt die Person dann für das betreffende Veranlagungsjahr als unbeschränkt steuerpflichtig mit allen Rechten und Pflichten, die sich daraus ergeben.