Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Beschäftigungsverhältnis

Beschäftigungsverhältnis


Begriff und Definition des Beschäftigungsverhältnisses

Das Beschäftigungsverhältnis bezeichnet im deutschen Recht einen rechtlichen Zustand, in dem sich eine natürliche Person (Beschäftigte/r) zur Leistung von Arbeit oder Dienstleistungen für eine andere natürliche oder juristische Person (Arbeitgeber bzw. Beschäftigende) verpflichtet. Diese Verpflichtung erfolgt auf vertraglicher Grundlage und begründet für beide Seiten Rechte und Pflichten. Das Beschäftigungsverhältnis ist zentraler Begriff im Arbeitsrecht sowie im Sozialrecht und dient insbesondere als Anknüpfungspunkt für sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Schutzvorschriften.

Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen

Arbeitsverhältnis

Das Beschäftigungsverhältnis wird häufig mit dem Arbeitsverhältnis gleichgesetzt. Während das Arbeitsverhältnis jedoch arbeitsrechtlich auf die persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit der Beschäftigten abstellt, umfasst das Beschäftigungsverhältnis einen weiteren Personenkreis. Hierzu zählen beispielsweise Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen oder Personen in besonderen Rechtsverhältnissen (z. B. Praktikant:innen).

Selbstständige Tätigkeit

Ein Beschäftigungsverhältnis liegt gerade nicht vor, wenn auf Basis selbstständiger Tätigkeit gearbeitet wird. Hierbei fehlt es am Merkmal der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation sowie an der persönlichen Weisungsgebundenheit. Die Abgrenzung erfolgt maßgeblich anhand der Merkmale des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV).

Ehrenamtliche und familienrechtliche Beschäftigungsverhältnisse

Tätigkeiten im Rahmen eines Ehrenamts sind typischerweise keine Beschäftigungsverhältnisse, da sie unentgeltlich ausgeführt werden und nicht auf den Austausch von Arbeitsleistung gegen Entgelt gerichtet sind. Familienrechtliche Anstellungsverhältnisse (z. B. bei Familienangehörigen) müssen zusätzlich gesonderte Voraussetzungen erfüllen, um als Beschäftigungsverhältnis anerkannt zu werden.

Rechtliche Grundlagen

Arbeitsrechtliche Regelungen

Das Beschäftigungsverhältnis wird insbesondere durch Arbeitsverträge im Sinne des § 611a BGB begründet. Das Arbeitsrecht regelt die Rechte und Pflichten beider Parteien. Der/die Beschäftigte schuldet die Arbeitsleistung, der/die Beschäftigende die Vergütung und Beachtung von Schutzvorschriften wie Mutterschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Kündigungsschutzgesetz und Bundesurlaubsgesetz.

Nachweisgesetz und Dokumentationspflichten

Gemäß dem Nachweisgesetz sind Beschäftigende verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und den Beschäftigten auszuhändigen. Dazu gehören Angaben über Arbeitszeit, Vergütung, Tätigkeitsbeschreibung und Kündigungsfristen.

Sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung „nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“. Die Einordnung als Beschäftigungsverhältnis ist für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) maßgeblich. Hierzu existiert eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung abhängiger und selbstständiger Beschäftigung.

Steuerrechtliche Aspekte

Für Beschäftigungsverhältnisse gelten die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG), vor allem im Bereich der Lohnsteuer. Beschäftigende übernehmen die Abführung der Lohnsteuer direkt über das Lohnsteuerabzugsverfahren. Auch die Pflicht zur Abführung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag ist gesetzlich geregelt.

Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses

Persönliche Abhängigkeit

Das entscheidende Kriterium für das Beschäftigungsverhältnis ist die persönliche Abhängigkeit, gekennzeichnet durch:

  • Eingliederung in eine betriebliche Organisation,
  • Bindung an Weisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit,
  • Keine freie Bestimmung der Arbeitszeit und Arbeitsweise.

Weisungsgebundenheit

Der/die Beschäftigte unterliegt in der Regel dem Direktionsrecht des/der Arbeitgebenden, kann also über Art, Ort und Umfang der Arbeitsleistung durch den/die Vorgesetzte/n bestimmt werden.

Entgeltlichkeit

Die Arbeitsleistung innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses erfolgt grundsätzlich gegen Zahlung einer Vergütung (Arbeitsentgelt). Unentgeltliche Tätigkeiten begründen im Regelfall kein Beschäftigungsverhältnis.

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

Kündigung

Die ordentliche und außerordentliche Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 622 BGB) und gegebenenfalls nach Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Spezielle Kündigungsverbote und -beschränkungen bestehen für besondere Personengruppen (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte).

Aufhebungsvertrag

Neben der Kündigung kann das Beschäftigungsverhältnis auch durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne Einhaltung von Kündigungsfristen beendet werden, sofern beide Vertragsparteien einverstanden sind.

Zeitablauf bei befristeten Verträgen

Endet das Beschäftigungsverhältnis durch Zeitablauf nach Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, ist keine Kündigung erforderlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befristung regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Besondere Arten des Beschäftigungsverhältnisses

Geringfügige Beschäftigung (Minijob)

Die geringfügige Beschäftigung ist eine besondere Form des Beschäftigungsverhältnisses, bei der das regelmäßige Arbeitsentgelt bestimmte Entgeltgrenzen nicht überschreitet (Minijob, § 8 SGB IV). Hier gelten besondere sozialversicherungsrechtliche Regelungen.

Berufsausbildungsverhältnisse

Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen der dualen Berufsausbildung unterliegen dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und sind von den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen abzugrenzen. Für Auszubildende gelten besondere Schutzvorschriften (z. B. Jugendarbeitsschutzgesetz).

Praktikantenverhältnis

Das Praktikantenverhältnis wird arbeitsrechtlich und sozialversicherungsrechtlich unterschiedlich eingestuft, abhängig von der freiwilligen oder verpflichtenden Natur sowie der Einbindung in den Ausbildungsplan.

Rechte und Pflichten im Beschäftigungsverhältnis

Rechte der Beschäftigten

  • Anspruch auf Vergütung
  • Anspruch auf Urlaub
  • Anwendung von Arbeitszeitgesetzen
  • Mitbestimmungsrechte in bestimmten Betrieben (Betriebsrat)
  • Schutz vor unrechtmäßiger Kündigung

Pflichten der Beschäftigten

  • Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung
  • Einhaltung betrieblicher Vorgaben und Arbeitszeiten
  • Treuepflicht gegenüber dem/der Beschäftigenden

Pflichten der Beschäftigenden

  • Zahlung der vereinbarten Vergütung
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • Fürsorgepflicht
  • Abführung von Sozialabgaben und Steuern

Internationale Aspekte

Auch im internationalen Kontext spielt das Beschäftigungsverhältnis eine zentrale Rolle, etwa im Rahmen grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung oder bei Anwendung des internationalen Privatrechts. Die Kriterien zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts und des zuständigen Gerichts werden durch europäische und internationale Übereinkommen sowie durch das Bürgerliche Gesetzbuch geregelt.

Fazit

Das Beschäftigungsverhältnis bildet die zentrale rechtliche Grundlage moderner Arbeitsverhältnisse in Deutschland. Seine Ausgestaltung und die rechtlichen Folgen beeinflussen maßgeblich den sozialen Schutz, die Pflichten und Rechte von Beschäftigten und Beschäftigenden sowie die Anbindung an das Sozialversicherungssystem. Die Differenzierung zu anderen Vertragsverhältnissen ist für die richtige rechtliche Behandlung und Anwendung relevanter Schutzvorschriften unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wer trägt die Beweislast bei Streitigkeiten um das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses?

Im Streitfall über das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses liegt die Beweislast grundsätzlich beim Arbeitnehmer, sofern er Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis herleiten möchte. Es gibt jedoch Besonderheiten: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt es, wenn der Arbeitnehmer Indizien und Tatsachen vorträgt, die für eine Beschäftigung sprechen. Dazu zählen etwa regelmäßige Arbeitszeiten, Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb und Arbeit mit fremden Betriebsmitteln. Kann der Arbeitnehmer diese Umstände ausreichend darlegen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, substantiiert darzulegen und zu beweisen, warum dennoch kein Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Bei Zweifeln über die Einordnung eines Rechtsverhältnisses prüft das Gericht alle objektiven Kriterien, unabhängig von der Bezeichnung des Vertrages. Das bedeutet: Die tatsächliche Durchführung des Vertrags und die gelebte Praxis sind entscheidend. Insbesondere bei vermeintlichen Werk- oder Dienstverträgen kann das Gericht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis feststellen, wenn die maßgeblichen Kriterien vorliegen (z.B. Eingliederung und Weisungsunterworfenheit).

Inwiefern gelten für ein Beschäftigungsverhältnis Kündigungsschutzvorschriften?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift grundsätzlich bei Beschäftigungsverhältnissen, die länger als sechs Monate bestehen und in Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern geführt werden. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Kündigung nur sozial gerechtfertigt, wenn sie entweder betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt erfolgt. Besonderer Kündigungsschutz besteht für bestimmte Personengruppen, wie Schwerbehinderte, Schwangere, Betriebsratsmitglieder und Arbeitnehmer in Elternzeit. Unabhängig davon gelten auch weitere rechtliche Regularien: Kündigungen müssen schriftlich erfolgen (§ 623 BGB), die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen sind einzuhalten und in manchen Fällen, beispielsweise bei tarifgebundenen Betrieben, gibt es zusätzliche Einschränkungen durch Tarifverträge. Die Wirksamkeit der Kündigung kann vom Arbeitnehmer binnen drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht angefochten werden.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses?

Beendet ein Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis, treffen ihn mehrere gesetzliche Pflichten. Zunächst muss er dem Arbeitnehmer ein schriftliches Arbeitszeugnis ausstellen, das mindestens Angaben zur Art und Dauer der Beschäftigung (einfaches Zeugnis) enthalten muss. Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen, das auch Leistung und Verhalten bewertet. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle ausstehenden Lohn- und Gehaltszahlungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung noch offener Urlaubs- oder Überstundenansprüche, auszuzahlen. Der Arbeitgeber muss zudem die Sozialversicherungsträger und das Finanzamt über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses informieren, den Arbeitnehmer rechtzeitig bei der Sozialversicherung abmelden und eine elektronische Entgeltbescheinigung (auch für das Arbeitsamt relevant) ausstellen. Eventuell überlassene Arbeitsmittel oder Unterlagen sind zurückzunehmen und der Zugang zu Betriebs-IT-Systemen oder Gebäuden zu entziehen.

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei Beschäftigungsverhältnissen?

Der Betriebsrat hat bei der Begründung, Durchführung und Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen umfangreiche Rechte. Gemäß § 99 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) ist der Betriebsrat bei Einstellungen, Eingruppierungen, Umgruppierungen und Versetzungen zu beteiligen; die Maßnahme darf ohne Zustimmung des Betriebsrats grundsätzlich nicht vorgenommen werden, sofern ein Betriebsrat besteht. Der Betriebsrat kann in bestimmten Fällen seine Zustimmung auch verweigern (z.B. bei Benachteiligung anderer Arbeitnehmer, Verstoß gegen Tarifverträge oder Gesetze). Bei geplanten Kündigungen hat der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG vorab anzuhören und die Gründe für die Kündigung mitzuteilen; unterlässt er dies, ist die Kündigung unwirksam. Bei Massenentlassungen bestehen zusätzliche Beteiligungsrechte, etwa Informations- und Beratungsrechte sowie die Pflicht, Interessenausgleiche und Sozialpläne zu verhandeln.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein befristetes Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen werden?

Ein befristetes Beschäftigungsverhältnis bedarf gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) der Schriftform; mündliche Befristungen sind unwirksam. Es wird zwischen sachgrundloser und sachgrundbezogener Befristung unterschieden. Eine sachgrundlose Befristung ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, innerhalb dieser Zeit sind maximal drei Verlängerungen möglich. Voraussetzung ist weiterhin, dass mit dem gleichen Arbeitgeber zuvor noch kein Arbeitsverhältnis bestand („Erstbefristung“). Eine Befristung mit Sachgrund, beispielsweise zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs oder zur Probe, ist zeitlich nicht limitiert, muss aber in jedem Fall ausreichend begründet sein. Nach Ablauf der Befristung wandelt sich das Arbeitsverhältnis stillschweigend in ein unbefristetes um, wenn der Arbeitnehmer weiterhin beschäftigt wird und der Arbeitgeber nicht widerspricht.

Welche arbeitsrechtlichen Ansprüche bestehen während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses?

Während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, Entlohnung, Fürsorge durch den Arbeitgeber, Urlaubsgewährung sowie Schutz vor Diskriminierung und Mobbing. Die wesentlichen Ansprüche ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, dem Gesetz (insbesondere BGB, ArbZG, BUrlG, AGG), Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Dazu zählen insbesondere das Recht auf zeitnahe und vollständige Zahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts, Anspruch auf Erhalt eines schriftlichen Nachweises der wesentlichen Arbeitsbedingungen (§ 2 NachwG), Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG), Unfallversicherungsschutz sowie Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften und Arbeitsschutzbestimmungen. Zudem besteht das Beschwerderecht, etwa bei Benachteiligungen oder Verstößen gegen Schutzvorschriften, ohne dass sich der Arbeitnehmer deswegen benachteiligt sehen darf (§ 84 BetrVG, § 13 AGG).

Welche Besonderheiten gelten beim Beschäftigungsverhältnis mit Minderjährigen?

Beschäftigungsverhältnisse mit minderjährigen Arbeitnehmern, insbesondere Jugendlichen unter 18 Jahren, unterliegen besonders strengen Schutzvorgaben nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Minderjährige dürfen nur mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter beschäftigt werden. Die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit ist limitiert, ebenso sind verbotene Arbeiten (z.B. gefährliche oder gesundheitsschädliche Tätigkeiten) klar reglementiert. Für Jugendliche gelten verlängerte Ruhepausen, ein erhöhter Urlaubsanspruch nach Alter und besondere Vorgaben zur Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit. Der Arbeitgeber muss zur Einhaltung dieser Vorschriften besondere Nachweise führen und Vorsorgeuntersuchungen sicherstellen; Verstöße gegen diese Bestimmungen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet.