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Bereitschaftspolizeien


Definition und rechtliche Grundlagen der Bereitschaftspolizeien

Bereitschaftspolizeien sind polizeiliche Einheiten, die auf Bundes- und Landesebene in der Bundesrepublik Deutschland für besondere, über den alltäglichen Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hinausgehende Einsatzlagen vorgehalten werden. Die rechtliche Grundlage und der Aufgabenbereich sind in verschiedenen Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auf Bundes- und Länderebene geregelt. Bereitschaftspolizeien kommen insbesondere bei Großschadensereignissen, öffentlichen Großveranstaltungen sowie zur Unterstützung anderer Polizeidienststellen zum Einsatz.

Rechtlicher Status und Organisation

Bundesrechtliche Regelungen

Die Organisation und der Einsatz der Bereitschaftspolizeien sind maßgeblich durch das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz – AtG), insbesondere jedoch durch das Bundespolizeigesetz (BPolG) sowie durch das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes (VSG) determiniert.

Ein bedeutsamer bundesrechtlicher Anknüpfungspunkt ist das Gesetz über die Einrichtung von Bereitschaftspolizei-Einheiten (Bereitschaftspolizeigesetz, BePolG) sowie das Gesetz über die Bundespolizei (BPolG). Letztgenanntes Gesetz regelt Aufgaben, Befugnisse und Organisation der Bundespolizei, zu deren Bestandteil u. a. die Bundesbereitschaftspolizei zählt.

Landesrechtliche Grundlagen

Die Länder unterhalten eigene Bereitschaftspolizeien, deren Rechtsstellung durch die jeweiligen Polizeigesetze der Länder, z. B. das Bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) oder das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG), geregelt ist. Die Organisation, Ausstattung sowie Befugnisse spiegeln landesspezifische Sicherheitsbedürfnisse wider, unterliegen jedoch einem durch das Grundgesetz (GG) und damit durch das Föderalismusprinzip geprägten Rahmen.

Föderale Koordinierung

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern wird durch verfassungsrechtliche Kompetenzen (Art. 35, 87, 91 GG) und durch Verträge wie den Abkommen über die Bildung der Bereitschaftspolizeien koordiniert. Hierbei können Länder ihre Einheiten auf Ersuchen des Bundes oder anderer Länder abstellen.

Aufgaben und Zuständigkeiten

Einsatzfelder

Die rechtlichen Aufgabenbereiche der Bereitschaftspolizeien umfassen:

  • Unterstützung der Polizeidienststellen bei Großeinsätzen,
  • Einsatz bei Demonstrationen und Versammlungen nach Art. 8 GG,
  • Katastrophen- und Zivilschutz,
  • Wahrnehmung von besonderen Schutzaufgaben z. B. bei Staatsbesuchen, Großveranstaltungen oder Sportereignissen,
  • Fahndungs- und Streifendienste in besonderen Lagen,
  • Übernahme hoheitlicher Aufgaben bei besonderen Einsatzlagen.

Polizeiliche Befugnisse

Die gesetzlichen Eingriffsgrundlagen ergeben sich aus bundes- und landespolizeilichen Vorschriften. Hierzu zählen Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen, Ingewahrsamnahmen, Platzverweise und im Bedarfsfall Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs, jeweils nach Maßgabe der geltenden Gesetze (z. B. §§ 13 ff. BPolG, entsprechende Regelungen der Landespolizeigesetze).

Struktur und Ausbildung

Aufbau

Die Gliederung der Bereitschaftspolizeien erfolgt in sogenannten Einsatzhundertschaften, die stärker als reguläre Polizeivollzugsdiensteinheiten ausgestattet, personell verstärkt und auf schnelle Einsatzbereitschaft ausgerichtet sind. Diese Hundertschaften sind auf Landesebene den Bereitschaftspolizeiabteilungen und auf Bundesebene den Bundesbereitschaftspolizei-Abteilungen zugeordnet.

Ausbildung

Für die Ausbildung der Bereitschaftspolizisten bestehen spezifische Regelwerke und Ausbildungsordnungen, die sich an den Vorgaben der Polizeiausbildung des Bundes und der Länder orientieren. Der Erste Einstiegsdienst (mittlerer Polizeivollzugsdienst) und die Ausbildung im gehobenen Dienst umfassen einsatzbezogene Trainings, Fortbildungen in Einsatztechnik, Taktik und Recht.

Rechtliche Besonderheiten und Eingriffsintensität

Verfassungsrechtliche Schranken

Die Befugnisse der Bereitschaftspolizeien werden durch das Grundgesetz, insbesondere die Grundrechte, begrenzt. Eingriffe in Freiheit, körperliche Unversehrtheit, Versammlungsrecht oder Eigentum erfordern eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage und unterliegen der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG).

Richtervorbehalt und Rechtsschutz

Besonders eingriffsintensive Maßnahmen, wie Ingewahrsamnahmen nach Landesrecht oder Durchsuchungen, sind mit Richtervorbehalt versehen, soweit nicht Gefahr im Verzug vorliegt (vgl. Art. 104 GG). Betroffene haben Rechtsschutzmöglichkeiten über das Verwaltungsrecht.

Zusammenarbeit im Rahmen der Bund-Länder-Kooperation

Gemeinsame Einsatzleitungen und Amtshilfe

Die Bereitschaftspolizeien arbeiten bei länderübergreifenden Einsätzen im Rahmen von Amtshilfe und aufgrund von Verwaltungsabkommen eng zusammen. Die Einsatzleitung erfolgt nach dem Prinzip der einheitlichen Führungsverantwortung, wobei Zuständigkeiten und Befugnisse je nach Rechtsgrundlage (etwa bei Aufgabe des Bundesgrenzschutzes, heute Bundespolizei) variieren.

Europäische und internationale Zusammenarbeit

Bereitschaftspolizeien können auf Grundlage supranationaler Übereinkommen, etwa im Rahmen von Europol oder bilateraler Vereinbarungen, auch an internationalen Einsätzen mitwirken, sofern dies im Einklang mit völkerrechtlichen und europäischen Vorgaben und nach Maßgabe nationaler Gesetze erfolgt.

Fazit

Bereitschaftspolizeien stellen ein unverzichtbares Element moderner Gefahrenabwehr und polizeilicher Gefahrenvorsorge dar. Ihre rechtliche Ausgestaltung erfolgt auf mehreren Ebenen und unterliegt sowohl bundes- als auch landesrechtlichen Vorgaben. Die verfassungsrechtlich garantierten Schranken wahren die Rechte des Einzelnen, während flexible Einsatzstrukturen eine schnelle und effektive Reaktion auf komplexe Einsatzlagen ermöglichen. Die Bereitschaftspolizeien sind dabei sowohl organisatorisch als auch rechtlich ein zentrales Instrument zur Abwehr und Bewältigung besonderer Gefahrenlagen in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

In welchem rechtlichen Rahmen agieren Bereitschaftspolizeien in Deutschland?

Bereitschaftspolizeien bewegen sich in Deutschland innerhalb eines klar definierten rechtlichen Rahmens, der sich aus Bundes- und Landesgesetzen zusammensetzt. Verfassungsrechtlich ist das Polizeiwesen in Art. 30 und Art. 83 des Grundgesetzes grundsätzlich Sache der Länder (sog. Landeskompetenz). Dementsprechend werden die Landesbereitschaftspolizeien durch die jeweiligen Landespolizeigesetze und weitere spezifische Vorschriften, etwa das Niedersächsische Gesetz über die Bereitschaftspolizei, geregelt. Zudem existiert nach dem Bundespolizeigesetz die Bundesbereitschaftspolizei als Teil der Bundespolizei, deren Einsatz und Aufgaben durch Bundesrecht reguliert werden. Spezielle Einsatzanlässe wie Bürgerkriegsähnliche Lagen, Großdemonstrationen oder Katastrophenfälle bedürfen häufig zusätzlicher rechtlicher Grundlage, etwa durch polizeiliche Einsatzbefehle oder Kooperationsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern. Einsätze, insbesondere im Rahmen von Unterstützungshilfe anderer Länderpolizeien oder der Amtshilfe nach Art. 35 GG, verlangen eine genaue Beachtung der jeweiligen Zuständigkeitsregelungen und Verfahrensvorschriften. Jeder Polizeieinsatz muss stets dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nachkommen und die Grundrechte der Bürger wahren. Rechtsschutzmöglichkeiten, beispielsweise durch Verwaltungsbeschwerde oder durch Anrufung der Verwaltungsgerichte, stehen den vom Einsatz Betroffenen offen.

Welche besonderen Befugnisse haben Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei im Vergleich zur regulären Schutzpolizei?

Die Bereitschaftspolizei verfügt grundsätzlich über die gleichen polizeilichen Standardbefugnisse wie die Schutzpolizei; hierzu zählen Identitätsfeststellung, Platzverweise, Sicherstellung von Gegenständen sowie Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung. Allerdings ist sie meist speziell für besondere Einsatzlagen, wie Demonstrationen, Großveranstaltungen, Katastrophenschutz oder polizeiliche Unterstützungsmaßnahmen, mit erweiterten taktischen Mitteln sowie Spezialausrüstungen ausgestattet. Ihre rechtlichen Befugnisse können im Rahmen besonderer Lagen, beispielsweise im Bereich der Versammlungsaufsicht nach den jeweiligen Versammlungsgesetzen oder im Notstandsfalle nach Art. 35 GG, ausgeweitet werden. Dabei greifen sie jedoch stets auf die gleichen gesetzlichen Grundlagen wie jede andere Polizeieinheit zurück. Eine Entgrenzung der Polizeibefugnisse ausschließlich für die Bereitschaftspolizei sieht das deutsche Recht nicht vor; die Intensität und die Masse polizeilicher Maßnahmenlage unterscheidet sich jedoch oftmals im Anwendungsfall (z. B. polizeiliches Einschreiten bei unfriedlichen Versammlungen, Räumungen oder polizeilichen Großlagen).

Wie wird die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen durch die Bereitschaftspolizei rechtlich geprüft?

Die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen – etwa unmittelbarer Zwang, Anwendung von Handfesseln, Schlagstockeinsatz oder Einsatz von Pfefferspray – durch Bereitschaftspolizeien richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften der Polizeigesetze der Länder oder dem Bundespolizeigesetz. Jede Maßnahme bedarf einer klaren Rechtsgrundlage; regelmäßig greifen hier die Regelungen zur Gefahrenabwehr oder zur Durchsetzung polizeilicher Befehle. Zentral ist dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der verlangt, dass eine Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Vor dem Einsatz von Zwang ist stets eine Androhung erforderlich, sofern nicht durch besondere Umstände (z. B. polizeilicher Notstand oder drohende unmittelbare Gefahr) ein sofortiges Handeln geboten ist. Die gerichtliche Kontrolle von Zwangsanwendungen ist regelmäßig im Nachgang über die Verwaltungsgerichtsbarkeit möglich. Bei strafrechtlich relevanten Einsätzen, wie etwa Körperverletzung im Amt, können Betroffene zudem straf- und dienstrechtliche Schritte einleiten.

In welchen Fällen ist die Bundesbereitschaftspolizei den Länderpolizeien übergeordnet und wie erfolgt die Koordination?

Die Bundesbereitschaftspolizei als Teil der Bundespolizei ist grundsätzlich nur in den vom Bundespolizeigesetz geregelten Aufgabenbereichen (z. B. Grenzschutz, Schutz von Bundesorganen, Luftsicherheit, Bahnpolizei) tätig. Sie kann jedoch auf Ersuchen von Landesregierungen, insbesondere bei besonderen Gefährdungslagen, zur Unterstützung eingesetzt werden (Polizeihilfe). Im Rahmen des Art. 35 Abs. 2 und 3 GG kann die Bundesbereitschaftspolizei zur Amtshilfe bei der Abwehr einer besonderen Gefahr für die öffentliche Sicherheit von erheblicher Bedeutung eingesetzt werden. Die Koordination erfolgt über gemeinsame Einsatzstäbe, abgestimmte Führungsstrukturen und länderübergreifende Einsatzkonzepte. Die rechtliche Verantwortung bleibt dabei stets klar geregelt: Die Bundes- und Länderpolizeien handeln im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit, und die Einsatzleitung obliegt den jeweils zuständigen Behörden.

Wie ist der Rechtsschutz gegen polizeiliche Maßnahmen der Bereitschaftspolizei ausgestaltet?

Gegen Maßnahmen der Bereitschaftspolizei besteht gemäß den Verwaltungsgerichtsordnungen der Länder und nach dem Bundespolizeigesetz grundsätzlich das Recht auf Beanstandung im Verwaltungsverfahren sowie die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen (Verwaltungsrechtsschutz). Betroffene Bürger können Widerspruch einlegen und Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Bei Freiheitsentziehungen greift das Recht auf richterliche Entscheidung gemäß Art. 104 GG. In Eilfällen kann zudem einstweiliger Rechtsschutz gegen unmittelbar drohende Eingriffe beantragt werden. Darüber hinaus kann bei rechtswidrigem Handeln einzelner Polizisten der ordentliche Rechtsweg (z. B. bei Schadensersatzforderungen oder Strafanzeigen) beschritten werden.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Bereitschaftspolizisten außerhalb ihres „Stamm“-Bundeslandes eingesetzt werden und welche rechtlichen Regelungen greifen hierbei?

Die länderübergreifende Unterstützung bzw. der Einsatz außerhalb des eigenen Bundeslands basiert rechtlich auf dem Instrument der „Amtshilfe“ im Sinne des Art. 35 GG sowie auf spezifischen Kooperationsvereinbarungen der Innenministerkonferenz. Ein solcher Einsatz bedarf eines formellen Ersuchens durch das betreffende Bundesland; die Rechtgrundlage für die Eingriffsbefugnisse ergibt sich dann entweder unmittelbar aus dem Landesrecht des ersuchenden Bundeslandes (Rechtsanwendung nach dem sog. Gastlandprinzip) oder – in Ausnahmefällen – aus bundesrechtlichen Normen. Die eingesetzten Kräfte unterstehen dann in der Regel der Einsatzleitung des aufnehmenden Bundeslandes und übernehmen deren rechtliche Vorgaben inklusive Weisungsbefugnis. Voraussetzung jeder länderübergreifenden Unterstützung ist, dass keine grundrechtlichen oder gesetzlich vorgesehenen Schranken verletzt werden, insbesondere im Hinblick auf Grundrechte und einschlägige Verfahrensvorschriften.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen hinsichtlich der Dokumentation und Transparenz polizeilicher Maßnahmen bei Einsätzen der Bereitschaftspolizei?

Die Dokumentation polizeilicher Maßnahmen, insbesondere bei Großeinsätzen durch Bereitschaftspolizeien, ist rechtlich vorgeschrieben und dient der Beweisführung für die Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit des polizeilichen Vorgehens. Dies umfasst u. a. das Anfertigen von Einsatzprotokollen, die genaue Erfassung von Zwangsmaßnahmen, deren Begründungen sowie die Dokumentation von Festnahmen, Identitätsfeststellungen und anderen polizeilichen Eingriffen. Im Rahmen der Transparenzvorschriften, z. B. aus dem Informationsfreiheitsgesetz oder anderen landesrechtlichen Transparenzgesetzen, können Bürger im Nachgang Einsicht in die relevanten Akten beantragen, soweit keine Sicherheitsinteressen oder Persönlichkeitsrechte entgegenstehen. Die korrekte und vollständige Dokumentation ist zudem Voraussetzung für eine effektive gerichtliche Kontrolle und für die interne wie externe Nachbereitung von Polizeieinsätzen. Dies gilt insbesondere bei Einsätzen in sensiblen Bereichen des Versammlungsrechts oder bei sonstigen Großlagen.