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Benutzung der Gewässer


Begriff und Bedeutung der Benutzung der Gewässer

Die Benutzung der Gewässer ist ein zentrales Konzept des Wasserrechts in Deutschland und anderen Ländern und umfasst sämtliche Formen der Inanspruchnahme oberirdischer Gewässer sowie des Grundwassers. Der Begriff ist rechtlich genau definiert und unterliegt umfangreichen Regelungen, die sowohl die zulässigen Nutzungen als auch die Voraussetzungen, Verfahren und Grenzen der jeweiligen Inanspruchnahme festlegen. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich insbesondere im Wasserhaushaltsgesetz (WHG), ergänzt durch landesrechtliche Vorschriften. Ziel der Regulierung ist der nachhaltige Umgang mit Gewässern als öffentliche Ressourcen, der Schutz des Wasserhaushalts, der Natur sowie die Berücksichtigung konkurrierender Nutzungsinteressen.

Rechtsgrundlagen der Benutzung der Gewässer

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bildet die bundesweite Grundlage für die Regelung der Gewässerbenutzung. Gemäß § 1 WHG dient das Gesetz dem Schutz und der Bewirtschaftung der Gewässer im Interesse des Allgemeinwohls. Das Gesetz definiert die verschiedenen Formen der Gewässerbenutzung und regelt, in welchen Fällen eine behördliche Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich ist.

Landeswassergesetze

Die Bundesländer regeln die Einzelheiten sowie ergänzende Anforderungen durch Landeswassergesetze. Diese berücksichtigen insbesondere spezifische regionale und lokale Gegebenheiten und legen weitere Vorschriften zur Durchführung des WHG fest.

Weitere Vorschriften

Ergänzende Regelungen ergeben sich aus dem Naturschutzrecht, Abfallrecht, Immissionsschutzrecht sowie dem EU-Recht, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und der Grundwasserrichtlinie.

Arten der Gewässerbenutzung

Definition gemäß WHG

Nach § 9 Abs. 1 WHG ist „Benutzung eines Gewässers“ insbesondere:

das Entnehmen und Ableiten von Wasser (z. B. für Bewässerung, Energieerzeugung, industrielle Nutzung, Trinkwasserversorgung),
das Aufstauen und Absenken von Gewässern,
das Einbringen und Einleiten von Stoffen,
das Entnehmen fester Stoffe (z. B. Sand, Kies),
das gezielte Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser.

Sonderformen und sonstige Benutzungen

Zu den Sonderformen zählen unter anderem die Schiffahrt, die Nutzung zur Energiegewinnung (Wasserkraft, Kühlung), das gewerbliche und industrielle Gewässerausbau, sowie temporäre Maßnahmen wie Umleitungen oder Notentnahmen.

Nicht jede Gewässernutzung stellt im Sinne des Gesetzes eine „Benutzung“ dar. Tätigkeiten wie das Baden, Schwimmen, Befahren mit kleinen Booten oder der Gemeingebrauch fallen abhängig vom Landesrecht zumeist unter den Gemeingebrauch und sind in bestimmten Grenzen erlaubnisfrei.

Zulassungsvoraussetzungen

Erlaubnis- und Bewilligungspflicht

Die Benutzung von Gewässern ist grundsätzlich erlaubnispflichtig (§ 8 WHG). Die Erlaubnis oder Bewilligung wird von der zuständigen Wasserbehörde erteilt. Die Voraussetzungen richten sich nach dem Schutzzweck des WHG, den wasserwirtschaftlichen Belangen, dem Schutz der Gewässergüte und den Rechtspositionen anderer Nutzungsberechtigter.

Erlaubnis: Wird regelmäßig für befristete, vorübergehende oder widerrufliche Nutzungen erteilt.
Bewilligung: Wird für auf Dauer angelegte und mit besonderen Rechtspositionen verbundene (dingliche) Nutzungen vergeben.

Bestimmte geringfügige Benutzungen können durch Rechtsverordnung oder einzelne Landesvorschriften auf Anzeige beschränkt oder ganz freigestellt sein.

Besondere Anforderungen und Verfahren

Im Erlaubnis- bzw. Bewilligungsverfahren sind regelmäßig Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP), Beteiligungen weiterer Behörden sowie gegebenenfalls die Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Für bestimmte Großvorhaben gelten besondere Zulassungstatbestände (z.B. Planfeststellungsverfahren).

Einschränkungen und Grenzen

Gemeingebrauch und Anliegergebrauch

Der Gemeingebrauch (§ 25 WHG) ist die Benutzung eines Gewässers durch jedermann im Rahmen des Gesetzes (z. B. Baden, Waschen, Tränken von Vieh). Der Anliegergebrauch (§ 26 WHG) gewährt Grundstückseigentümern bestimmte Vorteile im Zusammenhang mit eigenem Grundstücksbedarf, ist aber ebenfalls begrenzt.

Prioritäten, Widerruf und Einschränkungen

Die Bewilligung oder Erlaubnis zur Gewässerbenutzung steht unter dem Vorbehalt des Wohls der Allgemeinheit. Im Falle höherwertiger Nutzungen oder Gefährdungen wichtiger Rechtsgüter (z. B. der öffentlichen Trinkwasserversorgung, dem Naturschutz) kann die Befugnis zur Gewässerbenutzung eingeschränkt oder widerrufen werden. Nach § 15 WHG sind Maßnahmen zur Reinhaltung und Verbesserung des Gewässerzustandes vorrangig.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Die unerlaubte Benutzung eines Gewässers ist ordnungswidrig und kann mit Geldbußen oder sogar strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden (§§ 103 ff. WHG). Außerdem können Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Sanierung des ursprünglichen Zustands angeordnet werden. Überdies bestehen zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz gegen unzulässige Gewässerbenutzungen.

Gewässerbenutzungsabgabe

Für die Benutzung der Gewässer kann nach den Abgabengesetzen der Länder eine Abgabe (Wasserentnahmeentgelt, Abwasserabgabe) festgesetzt werden. Ziel ist es, einen Anreiz zu einem schonenden und ressourcensparenden Umgang mit Wasser zu schaffen sowie den Aufwand für Schutzmaßnahmen zu finanzieren.

Europarechtliche Vorgaben

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einem integrativen Management der Gewässer unter Berücksichtigung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte. Die Richtlinie fordert die nachhaltige Nutzung und eine kontinuierliche Verbesserung des Zustands der Gewässer.

Literatur und Weblinks

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Landeswassergesetze
Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG)
Umweltbundesamt: Wasserrahmenrichtlinie
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Gewässernutzung

Hinweis: Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den Begriff und die rechtlichen Grundlagen der Benutzung der Gewässer. Bei der praktischen Anwendung sind stets die einschlägigen Gesetze und Verordnungen sowie die regionalen Besonderheiten zu prüfen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, ein öffentliches Gewässer zu nutzen?

Die Berechtigung zur Nutzung öffentlicher Gewässer ist im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie in den jeweiligen Landeswassergesetzen geregelt. Grundsätzlich gilt die sogenannte Gemeingebrauchsregelung nach § 25 WHG, wonach jedermann oberflächliche Gewässer im Rahmen des Gemeingebrauchs nutzen darf – hierzu zählen insbesondere das Baden, Waschen, das Tränken von Tieren, das Schöpfen von Wasser mit Handgefäßen sowie das Befahren mit kleinen, nicht motorisierten Wasserfahrzeugen, sofern keine besonderen Einschränkungen bestehen. Dieser Gemeingebrauch darf jedoch die Wasserbeschaffenheit nicht nachteilig verändern und die Rechte anderer nicht beeinträchtigen. Für weitergehende oder speziellere Nutzungen, wie größere Entnahmen, Anlagenbau oder gewerbliche Aktivitäten, bedarf es in der Regel einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung durch die zuständige Behörde. Das Landesrecht kann die Ausgestaltung und den Umfang des Gemeingebrauchs weiter konkretisieren oder beschränkende Regelungen – etwa in Naturschutzgebieten oder für bestimmte Gewässerabschnitte – vorsehen.

Welche Genehmigungen sind für Baumaßnahmen an Gewässern erforderlich?

Baumaßnahmen an und in Gewässern – darunter fallen beispielsweise Brücken, Stege, Uferbefestigungen oder Verrohrungen – unterliegen strengen wasserrechtlichen Anforderungen. Zumeist ist eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich, die als „Erlaubnis“ oder „Bewilligung“ im Sinne von § 8 WHG bezeichnet wird. Zusätzlich können weitere Genehmigungen nach dem Bauordnungsrecht oder dem Naturschutzrecht notwendig sein. Bei Vorhaben größeren Ausmaßes, etwa bei Gewässerausbauten oder erheblichen Eingriffen in den Wasserhaushalt, kann zudem ein Planfeststellungsverfahren nach §§ 68 ff. WHG erforderlich sein. Die konkrete Zuständigkeit liegt je nach Bundesland bei den unteren oder oberen Wasserbehörden. Die Prüfung umfasst neben wasserwirtschaftlichen Belangen auch Aspekte des Gewässerschutzes, des Hochwasserschutzes, des Artenschutzes sowie Belange der Anlieger und der Allgemeinheit. Ohne eine solche Genehmigung sind bauliche Maßnahmen in, an oder über Gewässern in aller Regel unzulässig und können zu Rückbauverfügungen und Bußgeldern führen.

Welche Pflichten hat ein Anlieger gegenüber dem Gewässer?

Anlieger eines Gewässers haben verschiedene gesetzliche Pflichten, die sowohl dem Schutz des Wassers als auch der Allgemeinheit dienen. Zu den zentralen Pflichten zählt nach § 40 WHG die sogenannte Unterhaltungslast für bestimmte Gewässer, insbesondere Gewässer zweiter Ordnung, die von den Eigentümern und Anliegern zu erfüllen ist. Darunter versteht man die regelmäßige Pflege, Instandhaltung und gegebenenfalls das Entfernen von Abflusshindernissen wie Treibgut oder Müll. Bei Gewässern erster Ordnung liegt diese Pflicht bei der öffentlichen Hand. Daneben sind Anlieger verpflichtet, Maßnahmen zu dulden, die dem Hochwasserschutz, dem Gewässerausbau oder der Unterhaltung dienen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. Eingriffe in den natürlichen Zustand des Gewässers, wie Uferbefestigungen, Begradigungen oder Einleitungen, bedürfen regelmäßig einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Darüber hinaus gelten besondere Pflichten, wenn das Grundstück in einem Überschwemmungsgebiet liegt – hier können Nutzungsbeschränkungen und vorsorgliche Baumaßnahmen vorgeschrieben sein.

Wann ist für die Nutzung eines Gewässers eine Erlaubnis erforderlich?

Eine Erlaubnis nach wasserrechtlichen Vorschriften ist insbesondere dann erforderlich, wenn der geplante Gebrauch über den Gemeingebrauch hinausgeht oder mit einer potentiellen Beeinträchtigung des Gewässers verbunden ist. Dies betrifft insbesondere die Entnahme größerer Wassermengen, das Aufstauen oder Ableiten von Wasser, den Betrieb von Wasserkraftanlagen, das Einbringen von Stoffen (z.B. Abwässer) oder das Befahren mit motorbetriebenen Fahrzeugen. Die Erlaubnis gemäß § 8 WHG wird nach einer umfassenden Prüfung aller Auswirkungen auf Wasserhaushalt, Natur und Drittrechte erteilt. Sie kann mit Nebenbestimmungen, Auflagen und Bedingungen verbunden sein und wird meist befristet. Ohne diese Erlaubnis sind die genannten Nutzungen regelmäßig unzulässig und können mit Strafen und Rückbauverfügungen geahndet werden.

Welche Vorschriften gelten für das Einleiten von Abwasser in Gewässer?

Das Einleiten von Abwasser in Gewässer ist ein streng reglementierter Tatbestand nach § 9 WHG. Eine Zulassung erfolgt grundsätzlich nur unter Berücksichtigung der Anforderungen an den Gewässerschutz und unter dem Vorbehalt, dass die Einleitung technisch und ökologisch möglichst schadlos erfolgt. Vor der Erteilung einer Einleiterlaubnis sind fortschrittliche Reinigungsmaßnahmen nach dem Stand der Technik umzusetzen, sodass Schadstoffe weitestgehend entfernt werden. Die Einleiterlaubnis kann konkrete Grenzwerte für Inhaltsstoffe, Temperatur und Abwassermenge enthalten und verpflichtet zur stetigen Überwachung und Dokumentation der Einleitbedingungen. Verstöße gegen Erlaubnisauflagen oder das ungenehmigte Einleiten gelten nach § 324 Strafgesetzbuch als Umweltstraftaten und werden entsprechend verfolgt. Überdies bestehen zusätzliche Melde- und Überwachungspflichten seitens der Betreibenden.

Inwieweit ist der Zugang zu Gewässern rechtlich gewährleistet oder beschränkt?

Der Zugang zu öffentlichen Gewässern ist grundsätzlich durch das Gemeingebrauchsrecht gewährleistet; jedoch gibt es bedeutsame Beschränkungen. Privateigentum am Ufer oder an angrenzenden Flächen kann die Betretung einschränken, sofern keine besonderen Dienstbarkeiten oder Wegerechte bestehen. Landesrechtliche Vorschriften, insbesondere im Naturschutzrecht (z.B. in Naturschutz- oder Wasserschutzgebieten), können das Betreten, Baden oder Befahren zusätzlich regeln oder verbieten. Auch zum Schutz von Anlagen, zum Erhalt der Wasserbeschaffenheit oder zur Gewährung der öffentlichen Sicherheit (z.B. bei Hochwassergefahr) können lokale oder befristete Zugangsverbote erlassen werden. Nutzungsinteressen sind daher stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung öffentlicher wie privater Belange abzuwägen; in Streitfällen entscheiden die Wasserbehörden oder gegebenenfalls die Gerichte.