Begriff und rechtliche Einordnung: Belohnung und Billigung von Straftaten
Der Tatbestand der Belohnung und Billigung von Straftaten ist im deutschen Strafrecht von besonderer Bedeutung für den Schutz des Rechtsfriedens und das allgemeine Normbewusstsein. Er stellt öffentliche Äußerungen in Bezug auf Straftaten unter Strafe, sofern sie geeignet sind, das Unrecht der Tat herabzusetzen oder öffentliche Zustimmung zu einer rechtswidrigen Handlung zu suggerieren. Die konkrete Ausgestaltung findet sich in § 140 des Strafgesetzbuches (StGB).
Gesetzliche Regelung
Standort im Strafgesetzbuch
Der Straftatbestand ist in § 140 StGB geregelt und wird zu den Straftaten gegen die öffentliche Ordnung gezählt. Er ergänzt die Vorschriften zur Verhütung und Sanktionierung von Straftaten, indem er auch das gesellschaftliche Klima in Bezug auf strafbare Handlungen schützt.
Gesetzestext § 140 StGB (Auszug)
Wer eine rechtswidrige Tat oder deren Versuch, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist, belohnt oder öffentlich billigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tatbestandsmerkmale
Täterkreis
Tatverdächtig kann jede natürliche Person sein, da keine besonderen Voraussetzungen an die Täterschaft gestellt werden. Die Strafbarkeit ist an keine bestimmte Funktion, Rolle oder Profession gebunden.
Tathandlungen
Belohnung einer Straftat
Die Belohnung bezieht sich auf jede Zuwendung oder Handlung, die als Anerkennung für die Erfüllung einer Straftat verstanden werden kann. Wesentlich ist, dass dies durch einen kausalen Zusammenhang zum zuvor begangenen Delikt motiviert ist. Belohnungsformen können materieller oder immaterieller Natur sein.
Billigung einer Straftat
Billigung umfasst jede zustimmende Äußerung, die das Unrecht einer Straftat relativiert oder in der Öffentlichkeit in positiver Weise hervorhebt. Entscheidend ist die öffentliche Kundgabe, die geeignet ist, das sittliche Bewertungsgefüge der Gesellschaft zu beeinträchtigen.
Öffentlichkeit
Erforderlich ist eine Äußerung in einem für einen unbestimmten Personenkreis zugänglichen Rahmen („öffentlich“), etwa in Versammlungen, durch Medien, im Internet, in sozialen Netzwerken oder auf vergleichbaren Plattformen.
Tatobjekt
Tatobjekte sind rechtswidrige Taten oder deren Versuch. Entscheidend ist, dass die Handlung als gesetzwidrig gilt (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), unabhängig von einer tatsächlichen Bestrafung des Täters.
Straftaten nach deutschem Strafrecht
Nicht strafbar ist die Billigung und Belohnung ausschließlich solcher Taten, die ausländisches Recht verletzen, solange sie nicht auch nach deutschem Recht einen Straftatbestand erfüllen.
Zeitpunkt der Tat
Die Belohnung oder Billigung muss „nach der Tat“ erfolgen, das heißt nach Vollendung oder zumindest nach strafbarem Versuch des begangenen Delikts.
Schutzgut
Das Schutzgut ist das öffentliche Interesse am Erhalt des Rechtsfriedens sowie das Vertrauen in die Geltung und Durchsetzbarkeit der Strafgesetze. Der Straftatbestand schützt vor einer gesellschaftlichen Relativierung oder einer nachträglichen Rechtfertigung rechtswidrigen Handelns durch Akteure jeglicher Herkunft.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen
Unterschied zu Aufforderung oder Anstiftung (z.B. § 111 StGB)
Während § 140 StGB nachträgliche Akte der Belohnung oder öffentlichen Zustimmung sanktioniert, erfassen Vorschriften wie § 111 StGB das öffentliche Auffordern zu Straftaten im Vorfeld.
Abgrenzung zu Beleidigungsdelikten
Äußerungen, die Delikte nach § 185 ff. StGB erfüllen, können parallel Tatbestände des § 140 StGB erfüllen, soweit sie in positiver Weise auf begangene rechtswidrige Handlungen Bezug nehmen.
Verhältnis zur Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz wird durch § 140 StGB begrenzt, soweit Äußerungen geeignet sind, den Rechtsfrieden und die öffentliche Ordnung zu gefährden.
Strafrahmen und Rechtsfolgen
Strafmaß
Es wird eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe verhängt. Die Strafzumessung erfolgt nach den allgemeinen Regeln des Strafgesetzbuches, orientiert sich an Schwere der Tat, Reichweite der Kundgabe sowie den konkreten Umständen des Einzelfalls.
Versuch und Teilnahme
Der Tatbestand ist ein echtes Unterlassungsdelikt; Versuch ist hier nicht strafbar, jedoch kann Teilnahme im Sinne der §§ 26, 27 StGB (Anstiftung, Beihilfe) möglich sein.
Beispiele aus der Praxis
- Die öffentliche Ehrung eines Bankräubers für dessen Tat durch eine Preisverleihung.
- Die aktive Billigung eines Brandanschlags im Rahmen einer öffentlichen Demonstration.
- Kundgabe in sozialen Netzwerken: Das Lob eines vollendeten Straftatbestandes, etwa bei politisch motivierten Straftaten.
Bedeutung und praktische Relevanz
Der Straftatbestand trägt dazu bei, den Rückhalt für das staatliche Gewaltmonopol und die Integrität rechtsstaatlicher Strafnormen in der Gesellschaft zu stärken. In Zeiten digitaler Kommunikation kommt der Norm aufgrund der weiten Verbreitungsmöglichkeiten über soziale Medien wachsende Bedeutung zu.
Rechtsvergleichende Betrachtung
Auch in anderen Staaten existieren vergleichbare Vorschriften, beispielsweise im österreichischen oder schweizerischen Strafrecht, die Äußerungen zur Billigung oder Belohnung von Straftaten unter Strafe stellen, wenngleich die Ausgestaltung und der Anwendungsbereich variieren.
Literatur und weiterführende Links
Zur Vertiefung empfiehlt sich die Lektüre zentraler Kommentarwerke zum Strafgesetzbuch sowie einschlägiger Fachaufsätze zur Auslegung und Anwendung von § 140 StGB.
Siehe auch
Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung des Straftatbestandes der Belohnung und Billigung von Straftaten, beleuchtet alle relevanten Rechtsfragen detailliert und bietet sowohl praktische Beispiele als auch Verweise auf verwandte Normen.
Häufig gestellte Fragen
Wann macht man sich wegen Belohnung und Billigung von Straftaten strafbar?
Eine Strafbarkeit wegen Belohnung und Billigung von Straftaten ist gegeben, wenn jemand öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften eine rechtswidrige Tat, die als Verbrechen einzustufen ist, in einer Weise billigt, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Maßgeblich ist hierbei insbesondere, dass sich die Äußerung auf eine schwere Straftat (Verbrechen) bezieht und die Form der Kundgabe dazu geeignet ist, negative Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung oder das Rechtsbewusstsein der Allgemeinheit hervorzurufen. Zu beachten ist zudem, dass sowohl die ausdrückliche als auch die stillschweigende Billigung, zum Beispiel durch zustimmende Gesten oder Symbole, erfasst sein kann, sofern sie für Dritte verständlich ist. Eine bloße Diskussion über eine Straftat ohne ausdrückliche Befürwortung fällt indes nicht darunter.
Wann liegt eine „öffentliche“ Billigung im Sinne des Gesetzes vor?
Eine Billigung gilt als „öffentlich“ im Sinne des Strafgesetzbuches, wenn sie gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen oder einer nicht geschlossenen Personengruppe erfolgt. Darunter fallen insbesondere Äußerungen in Medien, im Internet, auf Demonstrationen oder an anderen allgemein zugänglichen Orten. Auch das Verbreiten entsprechender Schriftstücke oder anderer Darstellungen kann eine öffentliche Kundgabe darstellen. Entscheidend ist dabei, dass die Äußerung prinzipiell von jedermann zur Kenntnis genommen werden kann, wobei es nicht darauf ankommt, ob tatsächlich eine größere Anzahl an Personen den Vorgang wahrnimmt, sondern nur, dass dies möglich wäre.
Ist auch die Belohnung von Straftaten erfasst und was bedeutet das?
Das Gesetz erfasst ausdrücklich auch die Belohnung von Straftaten neben der Billigung. Unter einer Belohnung ist jede Form der materiellen oder immateriellen Zuwendung oder Unterstützung an den Täter oder Dritte zu verstehen, die als Anerkennung oder Dank für die begangene Straftat erfolgt. Typische Beispiele sind finanzielle Zuwendungen, Sachgeschenke oder auch öffentlichkeitswirksame Lobesbekundungen. Entscheidend ist, dass diese Handlung einem Verbrechen gewidmet ist und die Belohnung in einer Weise geschieht, die zum Ausdruck bringt, das strafbare Verhalten ausdrücklich zu würdigen.
Was versteht man unter der Störung des öffentlichen Friedens in diesem Zusammenhang?
Die Störung des öffentlichen Friedens ist ein zentraler Tatbestandsmerkmal beim Tatbestand der Belohnung und Billigung von Straftaten. Hierunter fällt jede Handlung, die geeignet ist, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu beeinträchtigen, Misstrauen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zu schüren, Gruppen oder Einzelne zur Nachahmung von Straftaten zu motivieren oder das gesellschaftliche Rechtsbewusstsein zu beeinträchtigen. Es reicht nicht aus, dass einzelne Personen sich subjektiv gestört fühlen; vielmehr muss eine objektive Gefährdung des öffentlichen Friedens vorliegen, d.h., eine konkrete und nachvollziehbare Eignung zur Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung.
Gibt es Ausnahmen oder Rechtfertigungsgründe, die eine Strafbarkeit ausschließen?
Grundsätzlich kann eine Strafbarkeit wegen Belohnung und Billigung von Straftaten ausgeschlossen sein, wenn eine Rechtfertigung im Rahmen der Meinungsfreiheit vorliegt. Allerdings sind Äußerungen, die den Tatbestand erfüllen und den öffentlichen Frieden konkret gefährden, nicht mehr durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung geschützt. Auch eine satirische oder ironische Äußerung kann eine Strafbarkeit ausschließen, sofern klar und eindeutig erkennbar ist, dass keine echte Billigung oder Belohnung vorliegt. Letztlich kommt es in Zweifelsfällen auf die Umstände des Einzelfalls und die Auslegung durch die Gerichte an.
Wie wird der erforderliche Vorsatz festgestellt?
Für eine Strafbarkeit ist Vorsatz erforderlich. Das bedeutet, der Täter muss bewusst und gewollt die Billigung oder Belohnung einer begangenen Straftat äußern und sich darüber im Klaren sein, dass dies öffentlich oder in einer Versammlung sowie mit der Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens geschieht. Ein bloßes Versehen oder eine fahrlässige Äußerung reicht nicht aus. Der subjektive Wille zur Billigung oder Belohnung ist dabei anhand der Umstände zu beurteilen, z.B. durch die Art der Äußerung, den Kontext und die begleitende Kommunikation.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung?
Die Strafandrohung richtet sich nach § 140 StGB (Belohnung und Billigung von Straftaten) und sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Die konkrete Höhe der Strafe hängt von den Umständen des Einzelfalls, dem Gewicht der Äußerung, dem Grad der öffentlichen Zugänglichkeit sowie etwaigen Vorstrafen des Täters ab. Auch die Motivation des Täters sowie die Frage, ob durch die Handlung tatsächlich eine erhebliche Störung des öffentlichen Friedens eingetreten ist, können das Strafmaß beeinflussen.