Belohnung und Billigung von Straftaten: Begriff, Zweck und Einordnung
Belohnung und Billigung von Straftaten bezeichnet einen eigenständigen Straftatbestand, der das öffentliche Lob, das Gutheißen oder das Belohnen bestimmter, besonders schwerer rechtswidriger Taten unter Strafe stellt. Geschützt werden die öffentliche Ordnung und das Vertrauen in die Rechtsgemeinschaft. Wer schwere Taten nachträglich glorifiziert oder hierfür Vorteile verspricht oder gewährt, kann das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung beeinträchtigen, Nachahmung begünstigen und Opfer herabwürdigen. Das Gesetz reagiert darauf, indem es das öffentliche Belohnen oder Billigen in fest umrissenen Konstellationen sanktioniert.
Kernelemente des Tatbestands
Belohnung
Belohnung liegt vor, wenn wegen einer bereits begangenen schweren Tat ein Vorteil versprochen oder gewährt wird. Das kann Geld, Sachleistungen, Dienstleistungen oder eine sonstige Zuwendung sein. Unerheblich ist, ob die begünstigte Person die Tat selbst begangen hat; auch Zuwendungen an Dritte (etwa Angehörige) können Belohnungscharakter haben, wenn der Bezug zur Tat erkennbar im Vordergrund steht.
Billigung
Billigung ist das wertende Gutheißen einer konkreten schweren Tat. Sie kann ausdrücklich (z. B. durch zustimmende Worte) oder konkludent (z. B. durch eindeutige Gesten, Symbole, Plakate) erfolgen. Maßgeblich ist, dass Außenstehende das Verhalten als Zustimmung zur konkreten Tat verstehen. Bloße Berichterstattung, nüchterne Beschreibung oder klare Distanzierung sind davon abzugrenzen.
Öffentlichkeit und Verbreitung
Die Tat muss in einer Form begangen werden, die die Allgemeinheit erreicht oder erreichen kann. Erfasst sind öffentliche Äußerungen, Äußerungen in Versammlungen sowie das Verbreiten von Inhalten, auch digital. Öffentlich ist eine Äußerung, wenn sie für einen unbestimmten Personenkreis zugänglich ist. Geschlossene, kleine Gesprächssituationen sind regelmäßig nicht erfasst; große Gruppen, frei zugängliche Profile oder übertragene Veranstaltungen können öffentlich sein.
Zeitliche Einordnung
Belohnung und Billigung setzen grundsätzlich eine bereits geschehene Bezugstat voraus. Das Gutheißen abstrakter künftiger Taten ohne Bezug zu einer konkreten Tat fällt nicht hierunter, sondern kann andere Tatbestände berühren. Ob bereits der Versuch der Bezugstat genügt, hängt von der Reichweite des erfassten Deliktskatalogs ab; entscheidend ist, dass ein konkretes Ereignis zugrunde liegt.
Schwere der Bezugstat
Nicht jede rechtswidrige Handlung reicht aus. Erfasst ist ein gesetzlich definierter Kreis besonders gravierender Taten, typischerweise solche gegen Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung, erhebliche Eigentums- und Freiheitsdelikte in qualifizierter Form, erhebliche Gefährdungsdelikte sowie Taten gegen die innere und äußere Sicherheit. Alltägliche Bagatelldelikte sind nicht umfasst.
Geeignetheit zur Störung des öffentlichen Friedens
Das Verhalten muss nach seiner Art geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören. Gemeint ist die Gefahr, dass das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttert, das Sicherheitsgefühl beeinträchtigt, Opfergruppen eingeschüchtert oder gesellschaftliche Konflikte angeheizt werden. Die Eignung bemisst sich nach Inhalt, Form, Anlass, Reichweite und Kontext der Äußerung.
Vorsatz
Erforderlich ist Vorsatz: Die handelnde Person muss wissen, dass eine schwere konkrete Tat geschehen ist, und bewusst belohnen oder billigen. Es genügt, wenn sie die Umstände zumindest billigend in Kauf nimmt. Irrtümer über den tatsächlichen Ablauf oder die Schwere der Bezugstat können den Vorsatz entfallen lassen.
Abgrenzungen und Grundrechtsbezug
Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit
Meinungsäußerungen, Kunst und Berichterstattung sind geschützt. Der Schutz endet, wo das Gutheißen konkreter schwerer Taten beginnt und die öffentliche Ordnung gefährdet wird. Maßgeblich ist der objektive Aussagegehalt: Distanzierende, kritische oder neutral-dokumentierende Beiträge fallen nicht darunter; die Übernahme und Bestätigung der Tat als „richtig“ oder „nachahmenswert“ schon.
Private Äußerungen
Äußerungen im engsten persönlichen Bereich sind in der Regel nicht erfasst. Sobald Aussagen in größeren Gruppen, auf Veranstaltungen oder in allgemein zugänglichen Bereichen getätigt werden, kann Öffentlichkeit vorliegen. Digitale Kommunikationsräume können je nach Zugang und Reichweite als öffentlich gelten.
Abgrenzung zu Aufforderung und Unterstützung
Belohnung und Billigung beziehen sich auf eine bereits geschehene Tat. Wer zu künftigen Taten auffordert oder hierfür Belohnung im Voraus in Aussicht stellt, kann andere Straftatbestände erfüllen (z. B. öffentliche Aufforderung zu Straftaten oder Anstiftung). Ebenso ist die Unterstützung bei der Tatbegehung gesondert einzuordnen.
Sachliche Dokumentation
Wissenschaftliche, historische oder journalistische Auseinandersetzungen, die sich kritisch oder neutral mit einer konkreten Tat befassen, sind grundsätzlich nicht tatbestandsmäßig, solange sie nicht in Zustimmung oder Glorifizierung umschlagen. Einordnende Kritik, Opferperspektiven und Kontextualisierung sprechen gegen ein Billigen.
Typische Erscheinungsformen
Offline-Handlungen
Öffentliche Reden, Kundgebungen, Transparent- und Plakataktionen, die eine konkrete schwere Tat preisen, sowie symbolische Ehrungen wie Preisverleihungen oder „Auszeichnungen“ an Täterinnen und Täter können erfasst sein.
Online und soziale Medien
Beiträge, Videos, Livestreams, Kommentare oder Memes, die eine konkrete schwere Tat glorifizieren oder Täterinnen und Täter feiern, können tatbestandsmäßig sein. Reichweite, Hashtags, Verlinkungen und die Interaktion des Publikums beeinflussen die Einordnung. Auch das Verbreiten fremder Inhalte kann erfasst sein, wenn der zustimmende Zweck deutlich wird.
Symbolische Handlungen
Gesten, Embleme, Musikstücke oder visuelle Codes können eine Billigung ausdrücken, wenn ihr Sinngehalt eindeutig auf die Zustimmung zu einer konkreten schweren Tat gerichtet ist und dies für Außenstehende erkennbar ist.
Geld- oder Sachzuwendungen
Spendenaktionen, Preisgelder oder sonstige Zuwendungen an Täterinnen oder Täter – oder in deren Namen – können Belohnungscharakter haben, wenn sie ausdrücklich „für die Tat“ gewährt werden. Fehlt der Bezug zur Tat, liegt regelmäßig keine Belohnung vor.
Rechtsfolgen
Strafbarkeit und Folgen
Belohnung und Billigung von Straftaten ist ein Vergehen und wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet. Nebenstrafen und Maßregeln können hinzutreten. Eintragungen in das Register, Auswirkungen auf Bewährung oder ausländerrechtliche Konsequenzen können folgen.
Sicherstellung, Einziehung und Löschung
Inhalte, Ton- und Bildträger, Datenträger und Veröffentlichungen, die der Tat dienen, können sichergestellt, eingezogen oder gelöscht werden. Online-Plattformen können zur Entfernung entsprechender Inhalte verpflichtet werden.
Verfahren und Verfolgung
Die Verfolgung erfolgt in der Regel von Amts wegen. Zuständig sind die Strafverfolgungsbehörden am Ort der Handlung oder dort, wo der Erfolg eintritt (z. B. dort, wo Inhalte abgerufen werden).
Grenzüberschreitende Sachverhalte
Auch Äußerungen aus dem Ausland können erfasst sein, wenn sie inländische Bezüge haben, etwa durch Abrufbarkeit, Zielrichtung oder Wirkung im Inland. Internationale Kooperationen können einschlägig sein.
Praxisrelevante Besonderheiten
Bezugstat
Die Bezugstat muss konkretisiert sein. Allgemeine Zustimmung zu „Verbrechen“ ohne Bezug auf ein konkretes Ereignis ist hiervon abzugrenzen. Die Einordnung als schwere Tat richtet sich nach gesetzlichen Kriterien; nicht jede Straftat genügt.
Mehrdeutige Äußerungen, Ironie und Satire
Mehrdeutige oder ironische Formulierungen werden nach Kontext und Gesamtäußerungsgehalt bewertet. Entscheidend ist, wie ein unvoreingenommenes Publikum die Aussage versteht. Satire ist geschützt, solange sie nicht in eine ernsthafte Glorifizierung konkreter Taten umschlägt.
Interaktionssignale (Like, Share, Emoji)
Ob ein „Like“, das Teilen eines Beitrags oder die Nutzung von Emojis eine Billigung darstellt, hängt vom Kontext ab. Isolierte Interaktionssignale sind oft vieldeutig; werden sie jedoch in einem zustimmenden Gesamtzusammenhang eingesetzt, kann ihre Bedeutung als Billigung gedeutet werden.
Konkurrenzen mit anderen Straftatbeständen
Belohnung und Billigung kann neben anderen Delikten stehen, etwa neben Äußerungsdelikten, Beleidigung, Verunglimpfung oder Propagandadelikten. Welche Vorschrift vorrangig ist oder wie sie zusammentreffen, richtet sich nach den allgemeinen Regeln zur Konkurrenz.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet „Belohnung“ im rechtlichen Sinn?
Belohnung ist das Versprechen oder Gewähren eines Vorteils wegen einer bereits geschehenen schweren Tat. Der Vorteil kann materiell oder immateriell sein und muss erkennbar im Zusammenhang mit der Tat stehen.
Wann liegt eine „Billigung“ vor?
Billigung liegt vor, wenn eine konkrete schwere Tat zustimmend beurteilt wird, etwa durch Lob, Applaus, Symbole oder entsprechende Kommentare. Maßgeblich ist, dass Außenstehende die Äußerung als Gutheißen dieser konkreten Tat verstehen.
Muss die Bezugstat tatsächlich begangen worden sein?
In der Regel setzt der Tatbestand eine bereits geschehene konkrete Tat voraus. Das bloße Gutheißen abstrakter Straftaten ohne konkreten Anlass ist nicht umfasst, kann jedoch andere Straftatbestände berühren.
Reicht ein Posting in sozialen Medien aus?
Ja, wenn das Posting öffentlich zugänglich ist oder verbreitet wird und nach seinem Inhalt die konkrete Tat belohnt oder billigt, kann es tatbestandsmäßig sein. Reichweite, Hashtags, Bildsprache und Begleittext beeinflussen die Bewertung.
Sind ironische oder satirische Beiträge erfasst?
Ironie und Satire sind geschützt, solange sie für ein durchschnittliches Publikum als solche erkennbar sind und nicht tatsächlich die konkrete Tat verherrlichen. Entscheidend sind Kontext, Tonfall und Einbettung.
Wer kann Täter sein?
Grundsätzlich kann jede natürliche Person Täter sein. Eine besondere Stellung oder Rolle ist nicht erforderlich. Handeln mehrere Personen, kommen Mittäterschaft oder Teilnahme in Betracht.
Welche Folgen drohen neben einer Strafe?
Neben Geld- oder Freiheitsstrafe sind Sicherstellung, Einziehung und Löschung von Inhalten möglich. Zudem können eintragungs- und aufenthaltsrechtliche Folgen sowie Beschränkungen im Waffen- oder Versammlungsbereich eintreten.
Wie verhält sich das zu der Meinungsfreiheit?
Meinungsfreiheit ist gewährleistet, findet jedoch ihre Grenzen in allgemeinen Gesetzen. Das gezielte Gutheißen konkreter schwerer Taten in einer Weise, die den öffentlichen Frieden gefährdet, fällt nicht unter den Schutzbereich.