Legal Lexikon

Wiki»Bekenntnisschulen

Bekenntnisschulen


Begriff und Grundlagen der Bekenntnisschulen

Bekenntnisschulen sind im deutschen Schulrecht staatlich anerkannte Schulen, deren Unterricht und Gesamtgestaltung auf einem bestimmten religiösen Bekenntnis – zumeist katholisch oder evangelisch – beruhen. Sie stellen neben den Gemeinschaftsschulen und Weltanschauungsschulen eine besondere Form öffentlicher Schulen dar. Die rechtlichen Grundlagen und Ausgestaltungen variieren dabei zwischen den einzelnen Bundesländern, da das Schulwesen gemäß Artikel 7 Absatz 1 Grundgesetz (GG) weitgehend in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt.

Historische Entwicklung und rechtliche Verankerung

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für Bekenntnisschulen finden sich maßgeblich im Grundgesetz, insbesondere in Artikel 7 GG. Dort wird festgelegt:

  • Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 GG: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.“
  • Artikel 7 Absatz 5 GG: „Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet.“

Diese Vorschriften werden durch schulrechtliche Regelungen der Länder konkretisiert. Viele Länder (insbesondere Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) haben in ihren Landesverfassungen und Schulgesetzen weitergehende Bestimmungen zu Bekenntnisschulen.

Landesrechtliche Regelungen

Im deutschen Föderalismus unterscheiden sich die Bestimmungen zu Bekenntnisschulen erheblich:

  • Nordrhein-Westfalen: Die Schulform der Bekenntnisschule ist in § 26 Schulgesetz NRW geregelt und nimmt dort einen erheblichen Anteil am Schulsystem ein.
  • Niedersachsen: Auch hier finden sich Bekenntnisschulen, allerdings mit rückläufiger Tendenz.
  • Andere Länder: In vielen weiteren Bundesländern sind Bekenntnisschulen heute kaum noch verbreitet oder werden gar nicht mehr errichtet.

Organisation und Rechtsstatus

Öffentliche und private Bekenntnisschulen

Es ist zwischen öffentlichen und privaten Schulen zu unterscheiden:

  • Öffentliche Bekenntnisschulen werden vollständig oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert und unterliegen den staatlichen Kontrollmechanismen. Sie stehen – vorbehaltlich der Zulassungsvoraussetzungen – grundsätzlich allen Schülern offen.
  • Private Bekenntnisschulen werden von Religionsgemeinschaften oder Stiftungen getragen und unterstehen einer Aufsicht nach Artikel 7 Absatz 4 GG. Sie genießen weitergehende Gestaltungsfreiheit in der Ausrichtung und Pädagogik.

Aufnahme und Wahl der Bekenntniszugehörigkeit

Schülerinnen und Schüler einer Bekenntnisschule sollten nach dem vorgesehenen Bekenntnis konfirmiert bzw. getauft sein oder einer entsprechenden Glaubensgemeinschaft angehören. Nach § 26 Absatz 2 Schulgesetz NRW kann die Aufnahme in eine Bekenntnisschule von der Zugehörigkeit oder dem Eintritt in das betreffende Bekenntnis abhängig gemacht werden, wenn die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität überschreitet.

Wechsel der Schulart

Ein Wechsel zwischen einer Bekenntnisschule und einer Gemeinschaftsschule ist grundsätzlich möglich. Ebenso ist die Umwandlung einer Schule in eine andere Schulart möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des jeweiligen Landes gegeben sind, oftmals unter Einbeziehung von Mehrheiten der Eltern- und Schülerschaft sowie Beteiligungsrechten der Schulträger.

Unterrichtsgestaltung und schulisches Leben

Religiöse Prägung des Schulalltags

Der Unterricht an Bekenntnisschulen erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Bekenntnisgrundsätze. Besonderes Merkmal ist der konfessionell geprägte Religionsunterricht, der fest im Stundenplan verankert ist. Die religiöse Ausrichtung spiegelt sich auch in weiteren Elementen des Schulalltags wider, beispielsweise durch gemeinsame Gebete, Gottesdienste und spezifische Feste im Jahresverlauf.

Lehrer und Personal

Lehrkräfte an Bekenntnisschulen sind in der Regel selbst dem jeweiligen Bekenntnis zugehörig oder müssen bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf ihre religiöse Überzeugung erfüllen. Das Landesrecht räumt Kirchen und Religionsgemeinschaften teils Mitspracherechte bei der Einstellung des Personals ein (z.B. § 26 Absatz 3 Schulgesetz NRW).

Rechte und Pflichten der Erziehungsberechtigten und Schüler

Wahlrecht der Erziehungsberechtigten

Artikel 7 Absatz 5 GG sowie die Schulgesetze der Länder sichern den Eltern das Recht, die schulische Ausrichtung ihrer Kinder zu wählen. Dies umfasst auch das Recht, eine Bekenntnisschule für die Schulbildung zu bevorzugen, sofern eine solche im Einzugsgebiet angeboten wird.

Pflichten beim Besuch

Mit der Aufnahme verpflichten sich Eltern und Schüler, die religiöse Prägung des Unterrichts und Schullebens zu akzeptieren. Eine aktive Teilnahme am konfessionellen Unterricht sowie an entsprechenden Veranstaltungen wird in der Regel vorausgesetzt. Rechtlich bedingte Ausnahmeregelungen bestehen, wenn Schüler nicht dem Religionsbekenntnis angehören, über die das jeweilige Landesrecht entscheidet.

Umwandlung und Aufhebung von Bekenntnisschulen

Bekenntnisschulen können in Gemeinschaftsschulen umgewandelt oder aufgehoben werden. Die näheren Voraussetzungen regeln die Länder durch Rechtsvorschriften. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist eine Umwandlung möglich, wenn eine qualifizierte Mehrheit der Eltern dies beantragt und ein entsprechender Elternwillen nach den Maßgaben des Schulgesetzes dokumentiert ist.

Kritik und aktuelle Entwicklungen

Bekenntnisschulen stehen wiederholt im Fokus gesellschaftlicher und rechtlicher Diskussionen. Kritisiert wird unter anderem die Diskriminierungsgefahr gegenüber anders- oder nichtgläubigen Schülern und Lehrkräften. Demgegenüber wird das Recht der Elternfreiheit und religiösen Prägung von Befürwortern betont. Nicht zuletzt infolge zunehmender Pluralisierung der Gesellschaft ist die Tendenz zu beobachten, dass die Zahl der Bekenntnisschulen rückläufig ist.

Häufige Streitfragen und Rechtsprechung

Die Frage nach Zulassung, Ablehnung und dem Wechsel von Schülern an Bekenntnisschulen ist wiederkehrender Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Das Bundesverfassungsgericht und die Verwaltungsgerichte stützen die besondere Schutzwürdigkeit des Elternwahlrechts, zugleich sind die Landesregelungen stets auf Verhältnismäßigkeit bezüglich Diskriminierungsverbot und Religionsfreiheit zu prüfen.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere Artikel 7 GG
  • Landesschulgesetze (z.B. Schulgesetz NRW)
  • Kommentierung zu Religions- und Schulrecht (insbesondere: Sachs, GG-Kommentar; Schurig, Schulrecht)
  • Rechtsprechung zum Diskriminierungsverbot und Elternwahlrecht (u.a. BVerfG, VG Düsseldorf)
  • Wissenschaftliche Gesamtdarstellungen, etwa Denzler/Schreiber, „Bekenntnisschulen im schulrechtlichen Wandel“

Hinweis: Die konkrete Ausgestaltung von Bekenntnisschulen kann im Einzelfall, je nach Bundesland, Schulträgermitwirkung und gesellschaftlicher Entwicklung weitreichend variieren. Die rechtlichen Details sind regelmäßig anhand aktueller Gesetzesfassungen und Rechtsprechung zu überprüfen.

Häufig gestellte Fragen

Dürfen Bekenntnisschulen Schülerinnen und Schüler auf Basis ihres Bekenntnisses ablehnen?

Bekenntnisschulen unterliegen rechtlich dem Grundsatz der Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Grundgesetz und Art. 7 Abs. 2 GG. Dennoch dürfen sie in bestimmten Konstellationen Schüler ablehnen, wenn diese nicht dem betreffenden Bekenntnis angehören. Das Schulgesetz Nordrhein-Westfalen (§ 26 SchulG NRW) beispielsweise sieht für die Aufnahme eine Vorrangregelung für Kinder des entsprechenden Bekenntnisses vor. Erst wenn nach Aufnahme dieser Kinder noch Plätze frei sind, können Kinder anderer oder ohne Konfession aufgenommen werden, wobei die Eltern bestätigen müssen, dass sie die religiös geprägte Ausrichtung der Schule respektieren. Allerdings ist auch eine enge Auslegung problematisch, da der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) und das Diskriminierungsverbot zu berücksichtigen sind. Die Rechtsprechung betont, dass es im Rahmen des Landesrechts klare gesetzliche Grundlagen für etwaige Ablehnungen bedarf und diese stets verhältnismäßig sein müssen.

Welche Religionspraxis ist an Bekenntnisschulen rechtlich vorgeschrieben?

Die Religionspraxis an Bekenntnisschulen ist im Landesrecht und in den jeweiligen Schulordnungen geregelt. In der Regel ist der Religionsunterricht des jeweiligen Bekenntnisses ein verpflichtendes Unterrichtsfach (§ 31 Abs. 1 SchulG NRW), es sei denn, das Kind gehört einer anderen oder keiner Religion an und die Erziehungsberechtigten beantragen die Befreiung. Häufig werden zudem gemeinsame Gottesdienste, religiöse Feiern und Gebete in den Schulalltag integriert. Rechtlich ist festgelegt, dass diese Maßnahmen nicht den Rahmen der Zumutbarkeit überschreiten dürfen und das Recht auf negative Religionsfreiheit berücksichtigen müssen. Kinder und Eltern können sich auf Ausnahmetatbestände berufen, insbesondere wenn eine Teilnahme aus Glaubens- oder Gewissensgründen unzumutbar ist.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, eine Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule umzuwandeln?

Die Umwandlung einer Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule ist rechtlich klar geregelt und unterliegt in den Ländern besonderen Voraussetzungen. Nach § 26 Abs. 6 SchulG NRW beispielsweise kann eine Umwandlung erfolgen, wenn mindestens 2/3 aller Erziehungsberechtigten der betroffenen Schule dies in einer geheimen Abstimmung beantragen und für den Übergang die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie etwa Raumangebot und Lehrerversorgung, erfüllt sind. Darüber hinaus muss die Schülerentwicklung langfristig gesichert sein. Entscheidend ist, dass bei der Umwandlung die Rechte der Minderheit geschützt werden; daher dürfen Erziehungsberechtigte, die einer Umwandlung widersprechen, ihre Kinder auf Wunsch auf eine andere Bekenntnisschule der gleichen Konfession schicken. Die Verfahren sind regelmäßig mit öffentlichen Anhörungen und einem förmlichen Verwaltungsakt verknüpft.

Welche Rechte haben die Lehrerinnen und Lehrer an Bekenntnisschulen hinsichtlich ihres eigenen Bekenntnisses?

Lehrkräfte an Bekenntnisschulen sind nach landesrechtlichen Regelungen verpflichtet, das jeweilige Bekenntnis nicht nur zu respektieren, sondern grundsätzlich auch anzugehören. Vielfach regelt das Landespersonalvertretungsgesetz in Verbindung mit dem Schulrecht, dass das Bekenntnis (etwa katholisch oder evangelisch) bei Einstellungen und Versetzungen ein wesentliches Kriterium darstellt (§ 57 Abs. 4 Schulgesetz NRW). So kann von Bewerberinnen und Bewerbern verlangt werden, dass sie dem Bekenntnis der Schule angehören, andernfalls dürfen sie abgelehnt werden. Bestehende Arbeitsverhältnisse sind jedoch nach den Prinzipien des Bestands- und Vertrauensschutzes auszugestalten; eine spätere Konversion oder der Kirchenaustritt führt nicht automatisch zu einem Beschäftigungsverbot, sondern ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Gibt es für Bekenntnisschulen besondere Vorgaben zur Mitbestimmung durch die Elternschaft?

Die rechtliche Mitbestimmung der Eltern an Bekenntnisschulen unterscheidet sich hinsichtlich der relevanten Themen teils deutlich von anderen öffentlichen Schulen. In der Schulkonferenz können etwa spezifische Fragen des religiösen Lebens und der Schulausrichtung verhandelt werden; die Elternvertreter haben dabei das gleiche Stimmrecht wie andere Mitglieder (§ 65 SchulG NRW). Besondere Vorschriften bestehen etwa zur Wahl und Befragung der Elternschaft bei der Frage einer Umwandlung der Schule; hier ist die Mitbestimmung sogar explizit vorgeschrieben und ohne Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit nicht möglich. Grundsätzlich muss die Elternmitwirkung regelmäßigen landesrechtlichen Vorgaben entsprechen und darf nicht durch das Bekenntnisrecht eingeschränkt werden.

Wie werden Kinder mit anderem oder keinem religiösen Bekenntnis rechtlich geschützt?

Kinder, die keinem oder einem anderen als dem an der Bekenntnisschule vertretenen Bekenntnis angehören, sind umfassend durch Grundgesetz (insbesondere Art. 4 und Art. 3) und Landesrecht geschützt. Sie dürfen zwar zur Teilnahme am Unterricht des jeweiligen Bekenntnisses verpflichtet werden, soweit die Eltern zustimmen (Zustimmungsvorbehalt), können aber im Regelfall auf Antrag befreit werden. Diskriminierungsverbote und das Übermaßverbot sind in der schulischen Praxis zu wahren, sodass keine Benachteiligung beim Zugang zu schulischen Angeboten, Beförderungen oder Teilnahme am Schulleben erfolgen darf. Das Verwaltungsgericht kann angerufen werden, falls Diskriminierungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen vermutet werden.

Welche staatlichen Kontrollmechanismen bestehen gegenüber Bekenntnisschulen?

Bekenntnisschulen sind trotz der konfessionellen Prägung vollumfänglich öffentliche Schulen und unterliegen den rechtlichen Kontrollmechanismen der Schulaufsicht (§ 87 ff. SchulG NRW). Die Schulaufsicht prüft die Einhaltung sämtlicher schulrechtlicher Vorgaben, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Grundrechte, des Diskriminierungsverbots sowie der sich aus dem Landesrecht ergebenden Sonderregelungen für Bekenntnisschulen. Gegen behördliche Maßnahmen oder ausbleibende Aufsicht können betroffene Eltern, Schüler oder Lehrer den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Neben der originären Schulaufsicht können im Streitfall auch Datenschutz-, Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsstellen angerufen werden.