Legal Lexikon

Beiwagen


Definition und rechtlicher Rahmen des Beiwagens

Ein Beiwagen ist ein an einem einspurigen Kraftfahrzeug, üblicherweise an einem Motorrad oder Mofa, angebrachtes, einspuriges Fahrzeugteil, das zur Beförderung von Personen oder Gütern dient. Im straßenverkehrsrechtlichen Kontext stellt der Beiwagen ein eigenständiges technisches Gerät dar, das fest mit dem Zugfahrzeug verbunden ist, jedoch im Gegensatz zu Anhängern keine eigenständige Achse aufweist. Die rechtliche Einordnung von Beiwagen ist insbesondere für die Zulassung, Nutzung und Versicherung von Fahrzeugkombinationen von zentraler Bedeutung.

Straßenverkehrsrechtliche Einordnung

Rechtlicher Status nach StVZO und FZV

Nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) fällt der Beiwagen unter die Bestandteile, die als „mit dem Fahrzeug verbundene Ausrüstung“ gewertet werden. Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) definiert ein Gespann aus Motorrad und Beiwagen nicht als zwei getrennte Kraftfahrzeuge, sondern als eine betriebsfertige Einheit. Für die Zulassungsbehörden sowie bei der Einordnung im Rahmen von Vorschriften zur Fahrerlaubnis besitzt der Beiwagen damit den Status eines festen Teils des Zugfahrzeugs.

Begriffsbestimmung gemäß § 30a StVZO:

Gemäß § 30a StVZO ist der Beiwagen „ein mit einem einspurigen Kraftfahrzeug verbundenes Fahrzeug ohne eigene Antriebseinrichtung und ohne eigene Vorder- oder Hinterachse, das an der Seite des Zugfahrzeugs angebracht ist und zur Personen- oder Güterbeförderung dient“.

Zulassungspflicht und Betriebserlaubnis

Für die Inbetriebnahme eines Motorrades mit Beiwagen ist die Betriebserlaubnis beider Fahrzeugbestandteile erforderlich. Die Kombination muss als Einheit abgenommen werden, wofür § 19 StVZO maßgeblich ist. Technische Anforderungen an Beiwagen regeln insbesondere §§ 33, 41, 46 sowie 67 StVZO. Der Beiwagen muss fest mit dem Zugfahrzeug verbunden sein; ein Wechseln an andere Maschinen ist nur mit erneuter technischer Abnahme gestattet.

Kennzeichen und Versicherungskennzeichen

Ein Beiwagen erhält kein eigenes Kennzeichen, sondern führt das Kennzeichen des Hauptfahrzeugs. Versicherungspflichten umfassen somit auch den Betrieb des Beiwagens, sofern er fest montiert und ordnungsgemäß angemeldet ist.

Fahrerlaubnisrechtliche Aspekte

Führerscheinklassen

Die Zulassung zum Führen eines Gespanns mit Beiwagen regelt das Fahrerlaubnisrecht. Das Mitführen eines Beiwagens bei Motorrädern (Gespanngespann) ist durch die vorhandene Fahrerlaubnis der Klasse A oder A1 abgedeckt, sofern in der Zulassungsbescheinigung Teil I das Mitführen technisch erlaubt ist. Für Kleinkraftfahrzeuge (Mofas, Mopeds) gilt dies sinngemäß für die Fahrerlaubnisklassen AM und M.

Altersgrenzen und Prüfungsanforderungen

Für das Führen eines Motorrads mit Beiwagen gelten dieselben Altersgrenzen wie für das zugrundeliegende Zugfahrzeug. Besondere Prüfungsanforderungen bezüglich der Führung eines Gespanns existieren gegenwärtig im Regelfall nicht; Ausnahmen können sich nur bei erheblicher technischer Umrüstung oder Sondergenehmigungen ergeben.

Bau- und Ausrüstungsvorschriften

Technische Anforderungen nach StVZO

Bauvorschriften für Beiwagen umfassen unter anderem:

  • Festigkeit der Verbindung: Die Verbindung muss einsatz- und verkehrssicher sein sowie den auftretenden Lasten standhalten.
  • Beleuchtung: Beiwagen benötigen eigene Beleuchtungseinrichtungen, insbesondere eine Seitenleuchte und ggf. einen Rückstrahler (§ 53b StVZO).
  • Bremsen: Eine separate Bremsanlage für den Beiwagen ist häufig nicht erforderlich, sofern das Zugfahrzeug für die kombinierten Lasten ausgerüstet ist (§§ 41, 46 StVZO).

Sicherheit und Insassenbeförderung

Die Beförderung von Personen im Beiwagen ist zulässig, sofern der Beiwagen hierfür ausgelegt, mit geeigneten Sitzen, Haltegriffen und ggf. Sicherheitsgurten versehen ist. Das Mitführen von Kindern ist durch besondere Vorschriften, insbesondere Sitz- und Sicherungsregeln, eingeschränkt (§ 21 Abs. 3 StVO).

Haftung und Versicherung

Haftungsrechtliche Auswirkungen

Die Benutzung eines Beiwagens beeinflusst die Haftungsverteilung im Schadensfall. Der Betrieb eines Motorrads mit Beiwagen wird als Einheit betrachtet (§ 7 StVG). Die Haftung des Halters erstreckt sich auf Schäden, die durch den Betrieb des Zugfahrzeugs einschließlich des Beiwagens verursacht werden. Für Insassen des Beiwagens gilt der erweiterte Schutz im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung (§ 1 PflVG).

Versicherungspflichten und Deckung

Die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeuge umfasst den Betrieb mit Beiwagen, sofern dieser ordnungsgemäß montiert und genehmigt ist. Im Schadensfall besteht Deckung für Schäden an Dritten sowie für Personenschäden von Insassen, bei grober Fahrlässigkeit kann jedoch eine Regresspflicht entstehen.

Steuerrechtliche Aspekte

Motorisierte Zweiräder mit Beiwagen unterliegen der Kraftfahrzeugsteuerpflicht. Die Bemessung erfolgt durch die Steuerklassifikation des Grundfahrzeugs, das vorhandene Zusatzgewicht und die zulässige Gesamtmasse werden hierbei berücksichtigt, der Beiwagen selbst führt zu keiner selbständigen Steuerpflicht.

Typische Anwendungsbereiche und Besonderheiten

Verwendung im öffentlichen Straßenverkehr

Beiwagen kommen in privaten, gewerblichen sowie historischen Kontexten zur Anwendung. Im öffentlichen Straßenverkehr gelten sämtliche vorgenannten Vorschriften; Verstöße, etwa gegen die Betriebssicherheit oder Mitführungsregeln von Personen, können zu Bußgeldern und Ordnungswidrigkeitenverfahren führen.

Sonderregelungen

Besondere Vorschriften gelten für den gewerblichen Transport von Personen oder Gütern im Beiwagen (Personenbeförderungsgesetz, Güterkraftverkehrsgesetz), im Motorsport und für historische Fahrzeuge (H-Kennzeichen, Begutachtung durch anerkannte technische Dienste).

Zusammenfassung

Der Beiwagen ist im rechtlichen Sinne ein integraler Bestandteil des jeweiligen Kraftfahrzeugs, dessen Betrieb weitreichenden öffentlich-rechtlichen und haftungsrechtlichen Vorschriften unterliegt. Die Einhaltung der technischen, zulassungsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen ist unerlässlich, um einen sicheren, zulässigen und haftungssicheren Betrieb im Straßenverkehr zu gewährleisten. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der geltenden Normen der StVZO, FZV, StVG sowie weiterer relevanter Vorschriften.

Häufig gestellte Fragen

Welche Zulassungsvorschriften gelten für einen Beiwagen in Deutschland?

Grundsätzlich ist für das Fahren eines Motorrads mit Beiwagen in Deutschland die Betriebserlaubnis (ABE) oder eine Einzelbetriebserlaubnis gemäß § 21 StVZO erforderlich. Möchte man einen Beiwagen an ein Motorrad anbauen, muss eine technische Abnahme durch eine amtlich anerkannte Prüforganisation (wie TÜV, DEKRA) erfolgen, da sich das Fahrzeug durch den Umbau in seinen wesentlichen Eigenschaften verändert. Dabei werden unter anderem Aspekte wie die Anbindung des Beiwagens, die Stabilität, die Bremsanlage sowie die Beleuchtungseinrichtungen überprüft. Ohne entsprechende Eintragung in die Fahrzeugpapiere (insbesondere in die Zulassungsbescheinigung Teil I) darf das Gespann im öffentlichen Straßenverkehr nicht bewegt werden. Wird der Beiwagen wieder entfernt, ist dies ebenfalls in den Papieren durch eine Änderungsabnahme zu dokumentieren.

Benötigt man für das Fahren eines Motorrads mit Beiwagen einen speziellen Führerschein?

Für das Führen eines Motorrads mit Beiwagen in Deutschland ist grundsätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse A ausreichend, sofern das Motorrad diese Klasse voraussetzt. Es gibt keine gesonderte Führerscheinklasse ausschließlich für Gespanne. Wichtig ist jedoch: Bei bestimmten Fahrerlaubnisklassen für dreirädrige Kraftfahrzeuge oder Vierradfahrzeuge (z. B. Klasse B bei sogenannten Trikes) kann es zu Einschränkungen kommen, wenn der Beiwagen eine eigenständige Achse aufweist und nicht als einspuriges Fahrzeug gilt. Üblicherweise gilt: Ein einachsiger Beiwagen am Motorrad fällt unter den „normalen“ Motorradführerschein.

Welche Vorschriften gelten für die Versicherung eines Motorrads mit Beiwagen?

Das Motorad mit Beiwagen muss als Gespann explizit bei der Kfz-Versicherung angegeben werden, da sich Risiko- und Schadensbewertung ändern können. Rechtlich ist der Beiwagen Teil des Fahrzeugs und wird in die Kfz-Haftpflichtversicherung aufgenommen. Der Versicherungsschutz erweitert sich damit automatisch auf Schäden, die sowohl durch das Motorrad als auch den Beiwagen verursacht werden. Im Schadensfall ist der Beiwagen rechtlich ausdrücklich mitversichert, solange er vorschriftsmäßig angebaut und in den Papieren vermerkt ist. Im Falle von nicht genehmigten An- oder Umbauten kann der Versicherungsschutz ganz oder teilweise entfallen.

Gibt es spezielle Verkehrsregeln für das Fahren mit Beiwagen?

Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gibt für Gespanne bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen vor: So ist z. B. das Überholen und Abbiegen wegen der geänderten Fahrzeugbreite besonders zu beachten. Zudem darf ein Motorrad mit Beiwagen rechts überholen (§ 5 Abs. 8 StVO), was regulären Zweirädern verwehrt ist. Weiterhin gelten für den Beiwagen dieselben Beleuchtungs-, Kennzeichnungs- und Reflektorpflichten wie für andere Fahrzeuge. Besondere Sorgfaltspflichten bestehen darüber hinaus beim Transport von Personen oder Kindern im Beiwagen; die Sitzplätze müssen für diese ausdrücklich zugelassen und gesichert sein.

Dürfen Personen im Beiwagen mitfahren und gibt es Altersbeschränkungen?

Gemäß § 21 StVO ist das Mitnehmen von Personen im Beiwagen erlaubt, jedoch müssen die Sitzplätze im Rahmen der Betriebserlaubnis genehmigt und entsprechend zugelassen sein. Für das Mitfahren von Kindern gilt: Kinder unter sieben Jahren dürfen nur mitgenommen werden, wenn eine geeignete Rückhalteeinrichtung vorhanden ist, wie dies für Automobil-Kindersitze üblich ist. Ab einem Alter von sieben Jahren können Kinder – wie Erwachsene – im Beiwagen Platz nehmen, sofern ein geeigneter Sitzplatz, eine Verkleidung (Windschutz) und Sicherung vorhanden sind. Bei Zuwiderhandlungen können Bußgelder und Punkte in Flensburg anfallen.

Wie ist die Höchstgeschwindigkeit für Motorräder mit Beiwagen geregelt?

Rechtlich unterliegen Motorräder mit Beiwagen eigenen Geschwindigkeitsbeschränkungen, abhängig vom Gesamtgewicht des Gespanns sowie von der jeweiligen Zulassung. Innerhalb geschlossener Ortschaften gelten sie wie „normale“ Krafträder. Außerhalb geschlossener Ortschaften und auf Autobahnen gilt eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, sofern das Gespann technisch dafür zugelassen ist. Bei älteren Krafträdern, welche nicht für 100 km/h eingetragen sind oder deren technischen Voraussetzungen (z. B. Bremsanlage, Reifen) dies nicht erlauben, kann eine geringere Geschwindigkeit in der Zulassungsbescheinigung vorgeschrieben sein.

Welche besonderen Anforderungen bestehen an die Beleuchtung und Sicherheitsausstattung des Beiwagens?

Der Beiwagen muss mindestens mit einem weißen, nach vorne wirkenden Begrenzungslicht ausgerüstet sein. Hinten ist ein rotes Rücklicht sowie ein roter Rückstrahler (Katzenauge) vorgeschrieben. Außerdem müssen gelbe seitliche Reflektoren angebracht werden, falls der Beiwagen das Gesamtfahrzeug besonders breit macht. Blinker sind zwar nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch empfohlen und in einigen Fällen, insbesondere bei breiten Gespannen, von der Prüfstelle verlangt. Hinzu kommt eine vorgeschriebene sichere Anordnung und Befestigung der Sitze, Haltegriffe und ggf. Gurtsysteme (vor allem bei Kindermitnahme). Bei Missachtung kann die Betriebserlaubnis erlöschen und es entstehen haftungsrechtliche Konsequenzen.