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Beistandschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Beistandschaft

Die Beistandschaft ist ein im deutschen Recht verankerter Begriff und bezeichnet eine spezielle Form der rechtlichen Vertretung für minderjährige Kinder, die insbesondere im Bereich des Kindschaftsrechts eine wichtige Rolle spielt. Die Beistandschaft dient dazu, minderjährige Kinder in bestimmten familienrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere bei der Feststellung der Vaterschaft sowie bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegenüber einem Elternteil, zu unterstützen und zu vertreten. Die gesetzlichen Regelungen zur Beistandschaft finden sich vor allem in den §§ 1712 bis 1717 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und ergänzend im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) sowie in der Zivilprozessordnung (ZPO).


Bedeutung, Zweck und Geltungsbereich

Bedeutung der Beistandschaft

Die Beistandschaft ist ein Instrument des deutschen Kindschaftsrechts, um die Rechtsstellung von Kindern gegenüber ihren unterhaltspflichtigen Elternteilen zu stärken. Sie stellt insbesondere dann eine wichtige Unterstützung dar, wenn die sorgeberechtigte Person – meist die Mutter – allein für das Kind sorgt und Unterstützung bei bestimmten rechtlichen Angelegenheiten benötigt. Das Jugendamt wird im Rahmen seiner Aufgaben als Beistand bestellt und vertritt das Kind in den festgelegten Angelegenheiten.

Zweck der Beistandschaft

Das wesentliche Ziel der Beistandschaft ist der Schutz und die Wahrung der Rechte des minderjährigen Kindes. Die Beistandschaft soll die Durchsetzung von Ansprüchen vereinfachen sowie die Interessen des Kindes effektiv vertreten. Sie gewährleistet, dass die rechtlichen Belange eines Kindes auch dann verfolgt werden, wenn der sorgeberechtigte Elternteil dazu nicht in der Lage ist oder keine Unterstützung durch einen Anwalt in Anspruch nehmen möchte.

Gesetzliche Regelungen

Das BGB regelt die Beistandschaft in den §§ 1712 bis 1717. Weitere Vorschriften sind im SGB VIII (insbesondere §§ 52a und 52b) enthalten. Die Regelungen ermöglichen es dem Sorgeberechtigten eines minderjährigen Kindes, für die Feststellung der Vaterschaft oder die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen eine Beistandschaft beim zuständigen Jugendamt schriftlich zu beantragen.


Voraussetzungen und Verfahren zur Einrichtung der Beistandschaft

Antrag und Einleitung

Die Beistandschaft kann auf schriftlichen Antrag des alleinsorgeberechtigten Elternteils oder eines Elternteils mit gemeinsamem Sorgerecht eingeleitet werden. Der Antrag ist formlos an das örtlich zuständige Jugendamt zu richten. Die Beistandschaft kann bereits während der Schwangerschaft beantragt werden, allerdings erst mit der Geburt des Kindes wirksam werden.

Zulässigkeit und Umfang der Beistandschaft

Die Beistandschaft kann entweder für die Feststellung der Vaterschaft, für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen oder für beide Angelegenheiten beantragt werden. Der Umfang der Beistandschaft richtet sich nach dem Antrag und kann sich auf eine oder beide Angelegenheiten beschränken. Dabei bleibt das Sorgerecht in anderen Belangen unberührt; das Elternteil behält weiterhin die elterliche Sorge, soweit sie nicht von einem Gericht eingeschränkt oder entzogen wurde.

Wirkung der Beistandschaft

Mit der Einrichtung der Beistandschaft geht die entsprechende Vertretungsmacht in den festgelegten Angelegenheiten auf das Jugendamt über. Der Beistand kann beispielsweise im Namen des Kindes Klage auf Feststellung der Vaterschaft erheben oder Unterhaltsansprüche geltend machen und durchsetzen. Die Beistandschaft steht dabei neben den Rechten und Pflichten des sorgeberechtigten Elternteils. Das bedeutet, dass der Elternteil weiterhin eigenständig neben dem Beistand tätig werden kann, solange kein Ausschluss nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB erfolgt.


Aufgaben, Rechte und Pflichten des Beistands

Aufgabenbereiche

Der Beistand übernimmt folgende wesentliche Aufgaben:

  • Feststellung der Vaterschaft
  • Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen des minderjährigen Kindes
  • Vertretung des Kindes in gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren im Rahmen der beantragten Angelegenheiten

Daneben berät der Beistand das Kind und den antragstellenden Elternteil umfassend in den betreffende Angelegenheiten und informiert über die Möglichkeiten und Rechtsfolgen.

Rechte des Beistands

Der Beistand ist berechtigt, das minderjährige Kind im Rahmen der Beistandschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Er kann dazu sämtliche erforderlichen Rechtsgeschäfte abschließen, Klagen erheben, Mahnverfahren beantragen, Vergleiche schließen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Pflichten des Beistands

Zu den wichtigsten Pflichten gehört die sorgfältige und umfassende Prüfung und Verfolgung der Ansprüche des Kindes. Der Beistand ist verpflichtet, regelmäßig über den Stand des Verfahrens zu informieren und das Wohl des Kindes stets zu berücksichtigen.


Beendigung und Erlöschen der Beistandschaft

Beendigungsgründe

Die Beistandschaft endet

  • durch schriftlichen Antrag des antragstellenden Elternteils (jederzeit und formfrei möglich)
  • bei Wegfall der Voraussetzungen (z.B. Wegfall der Alleinsorge im betroffenen Bereich)
  • mit Volljährigkeit des Kindes
  • durch Tod des Kindes

Wird das Kind volljährig, ist die Beistandschaft beendet, da der Volljährige seine Rechte selbständig ausüben kann.

Erlöschen durch gerichtliche Entscheidung

Eine Beistandschaft kann auch enden, wenn eine gegenteilige gerichtliche Entscheidung vorliegt, insbesondere wenn das Sorgerecht auf eine andere Person übertragen wird oder Gründe vorliegen, die eine Fortführung nicht zulassen.


Abgrenzung zu anderen Vertretungsverhältnissen im Familienrecht

Unterschied zur Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft

Die Beistandschaft unterscheidet sich von der Amtspflegschaft und der Amtsvormundschaft, da sie als konkrete Unterstützung für bestimmte Angelegenheiten dient und nicht die generelle elterliche Sorge betrifft. Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft dagegen umfassen umfassende Sorge- und Vertretungsrechte für das Kind.

Verhältnis zur Ergänzungspflegschaft

Die Ergänzungspflegschaft tritt dann ein, wenn aufgrund eines Interessenkonflikts ein Pfleger für bestimmte Angelegenheiten bestellt werden muss. Die Beistandschaft jedoch ist eine freiwillige Form der Vertretung und tritt auf Antrag des Sorgeberechtigten ein.


Kosten und Dauer der Beistandschaft

Die Einrichtung und Führung einer Beistandschaft durch das Jugendamt ist für den Antragsteller in der Regel kostenfrei. Die Dauer richtet sich nach den behandelten Angelegenheiten und endet mit Abschluss des entsprechenden Verfahrens bzw. spätestens mit Volljährigkeit des Kindes.


Zusammenfassung

Die Beistandschaft stellt im deutschen Familienrecht ein effizientes Mittel dar, um minderjährige Kinder bei der Vaterschaftsfeststellung und bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gezielt zu unterstützen. Sie wird auf Antrag des Sorgeberechtigten errichtet, verbleibt allerdings in ihrem Umfang auf die genannten Themenfelder beschränkt und greift nicht in andere Teile der elterlichen Sorge ein. Die Beistandschaft endet automatisch mit Volljährigkeit des Kindes oder auf Antrag des Sorgeberechtigten. Durch die klare rechtliche Ausgestaltung und die Möglichkeit, das Jugendamt als Vertreter zu bestellen, gewährleistet die Beistandschaft eine umfassende Wahrung der Interessen und Rechte des Kindes.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann eine Beistandschaft beantragen?

Eine Beistandschaft kann grundsätzlich von dem alleinsorgeberechtigten Elternteil oder dem Elternteil mit überwiegendem Sorgerecht beim Jugendamt beantragt werden. Haben beide Elternteile das Sorgerecht gemeinsam und leben getrennt, so kann der Elternteil, bei dem das Kind lebt, die Beistandschaft beantragen. Gesetzliche Voraussetzung ist dabei, dass der minderjährige Unterhaltsansprüche geltend machen will oder seine Abstammung klären lassen möchte. Die Beistandschaft ist freiwillig und setzt keinen Gerichtsbeschluss voraus. Sie endet nicht automatisch mit der Volljährigkeit des Kindes, sondern nur durch ausdrückliche schriftliche Erklärung, Wegfall der rechtlichen Voraussetzungen oder auf Antrag des Sorgeberechtigten. Ein wichtiger Hinweis dabei ist, dass die Beantragung der Beistandschaft die elterliche Sorge in anderen Bereichen nicht berührt und nur für die Geltendmachung von Unterhalt und Klärung der Vaterschaft relevant ist.

Welche Aufgaben übernimmt das Jugendamt im Rahmen einer Beistandschaft?

Im Rahmen der Beistandschaft übernimmt das Jugendamt als Beistand zentrale Aufgaben hinsichtlich der Vertretung des minderjährigen Kindes in spezifischen rechtlichen Belangen. Zu den Kernaufgaben gehören insbesondere die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegenüber dem barunterhaltspflichtigen Elternteil sowie die Feststellung der Vaterschaft. Konkret bedeutet dies, dass das Jugendamt Schriftverkehr mit dem anderen Elternteil führt, Unterhaltstitel erstellt oder die gerichtliche Durchsetzung von Unterhaltsforderungen übernimmt. Der Beistand kann auch bei Verhandlungen und Gerichtsterminen das Kind vertreten. Zudem berät das Jugendamt den antragstellenden Elternteil eingehend über Rechte und Pflichten, prüft Anlage und Höhe des Unterhalts und wickelt die Kommunikation mit Behörden und Gerichten ab. Der Wirkungskreis des Beistandes ist dabei rechtlich genau abgegrenzt und bezieht sich ausschließlich auf die im Antrag bezeichneten Angelegenheiten.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat die Einrichtung einer Beistandschaft auf das Sorgerecht?

Die Einrichtung einer Beistandschaft durch das Jugendamt bewirkt keine Einschränkung des elterlichen Sorgerechts. Das bedeutet, dass die elterliche Sorge – das heißt das Recht und die Pflicht, für das Kind zu sorgen – in allen anderen Bereichen weiterhin vollumfänglich beim oder bei den Eltern verbleibt. Die Beistandschaft wirkt ergänzend ausschließlich im Bereich der Vertretung des Kindes bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und/oder der Vaterschaftsfeststellung. Der Beistand handelt hierbei als gesetzlicher Vertreter des Kindes nur in Bezug auf die beantragten Aufgabenbereiche und nicht darüber hinaus. Mit anderen Worten behalten die Sorgeberechtigten alle übrigen Rechte und Pflichten, insbesondere bezüglich Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge.

Ist eine Beistandschaft auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge möglich?

Auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann eine Beistandschaft eingerichtet werden, jedoch muss in diesem Fall der Antrag von dem Elternteil gestellt werden, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Voraussetzung ist, dass das Kind im Haushalt des antragstellenden Elternteils lebt. Der andere Elternteil muss über den Antrag informiert werden, eine ausdrückliche Zustimmung ist jedoch nicht erforderlich. Diese Regelung dient der Effizienz und Klarheit, wenn ein Elternteil im Alltag überwiegend für das Kind sorgt und Angelegenheiten wie Unterhalt und Vaterschaft zügig und rechtlich eindeutig geregelt werden müssen.

Wie kann eine Beistandschaft beendet werden und welche Folgen hat dies?

Die Beistandschaft kann jederzeit vom antragstellenden Elternteil schriftlich ohne Angabe von Gründen beim Jugendamt beendet werden. Darüber hinaus endet die Beistandschaft automatisch mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder wenn das Kind heiratet beziehungsweise für volljährig erklärt wird. Ebenfalls endet die Beistandschaft, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand, wie das Sorgerecht oder die Unterhaltspflicht, entfallen. Mit Beendigung der Beistandschaft endet die rechtliche Vertretung durch das Jugendamt in den betreffenden Angelegenheiten; fortan sind die Eltern bzw. das nun volljährige Kind wieder selbst für die Geltendmachung oder Wahrnehmung etwaiger Ansprüche verantwortlich. Dies sollte insbesondere bei laufenden oder noch zu erwartenden Unterhaltsverhandlungen bedacht werden.

Welche Kosten entstehen durch die Inanspruchnahme einer Beistandschaft?

Für die Inanspruchnahme einer Beistandschaft durch das Jugendamt entstehen grundsätzlich keine Kosten. Die Leistungen des Jugendamtes als Beistand sind ein Bestandteil der Kindesunterstützung im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe und werden somit kostenfrei zur Verfügung gestellt. Anfallende Kosten für notwendige Gerichtsverfahren, zum Beispiel bei der gerichtlichen Festsetzung von Unterhaltsansprüchen oder der Durchführung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens, können jedoch separat nach den Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes oder durch die Einschaltung anwaltlicher Vertretung entstehen. Eine Pflicht zur Zahlung von Anwalts- oder Gerichtsgebühren durch das Jugendamt besteht nicht, das Jugendamt strebt jedoch eine möglichst einvernehmliche und außergerichtliche Klärung der Angelegenheiten an.

Welche Rolle spielt die Beistandschaft im Unterhaltsverfahren vor Gericht?

Im Unterhaltsverfahren nimmt der bestellte Beistand die rechtliche Vertretung des minderjährigen Kindes ein und agiert als dessen gesetzlicher Vertreter im gerichtlichen Verfahren. Dies umfasst die Einreichung von Anträgen auf Unterhaltsfestsetzung, die Teilnahme an Verhandlungen und die Durchsetzung titulierten Anspruchs auf Zahlung. Innerhalb des Prozesses ist der Beistand berechtigt und verpflichtet, im Sinne und zum Vorteil des Kindes zu handeln, auch gegenüber dem antragstellenden Elternteil, falls dessen Interessen mit denen des Kindes kollidieren sollten. Der Beistand kann auf Grundlage seiner Vertretungsbefugnis auch Vergleiche abschließen oder Rechtsmittel einlegen und trägt damit maßgeblich zur Durchsetzung beziehungsweise Sicherung des Kindesunterhalts bei.