Definition und rechtlicher Status des Beifahrers
Der Begriff Beifahrer bezeichnet eine Person, die sich während einer Fahrt in einem Kraftfahrzeug befindet, ohne das Fahrzeug selbst zu steuern. Der Beifahrer nimmt typischerweise auf dem vorderen oder hinteren Sitz eines Kraftfahrzeugs Platz und ist Teil des Fahrzeuginsassenkreises. Aus rechtlicher Sicht ergeben sich für Beifahrer zahlreiche Rechte und Pflichten, die insbesondere im Bereich des Verkehrsunfallrechts, der Haftung und Versicherung sowie im Ordnungswidrigkeitenrecht von Bedeutung sind.
Beifahrer im Rahmen der Straßenverkehrsordnung (StVO)
Sitzplatzwahl und Anschnallpflicht
Laut § 21a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind Beifahrer – unabhängig von ihrem Sitzplatz im Fahrzeug – verpflichtet, während der Fahrt eine geeignete, amtlich genehmigte Sicherheitsgurtvorrichtung zu benutzen. Die Anschnallpflicht gilt für sämtliche Insassen, ausgenommen sind lediglich wenige Sonderfälle, etwa bei medizinischer Indikation. Die Missachtung dieser Vorschrift kann ein Bußgeld und Verwarnungsgeld nach sich ziehen.
Beifahrer im Kontext des Kinderschutzes
Kinder, die als Beifahrer transportiert werden, unterliegen zusätzlich den Bestimmungen des § 21 StVO. Hier sind gesonderte Rückhalteeinrichtungen (Kindersitze) vorgeschrieben, wenn Kinder unter 12 Jahren und kleiner als 150 cm sind. Der Fahrzeugführer ist für die Einhaltung dieser Vorschriften verantwortlich.
Mitverschulden und Haftung des Beifahrers
Grundsatz der Eigenverantwortung
Beifahrer trifft grundsätzlich eine Eigenverantwortung im Rahmen von Schadenereignissen. Die Haftungsfragen werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Straßenverkehrsgesetz (StVG) differenziert geregelt.
Ansprüche des Beifahrers bei Unfällen
Wird ein Beifahrer bei einem Verkehrsunfall verletzt oder kommt ums Leben, bestehen Ansprüche gegen den Fahrer und gegebenenfalls gegen den Halter des Fahrzeugs gemäß §§ 7, 18 StVG sowie gegen dessen Haftpflichtversicherung. Die Haftung ist lediglich in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei höherer Gewalt oder bei grob fahrlässigem Eigenverhalten des Beifahrers, ausgeschlossen oder gemindert.
Mitverschulden nach § 254 BGB
Gemäß § 254 BGB ist ein Mitverschulden des Beifahrers zu berücksichtigen, wenn dieser durch eigenes Verhalten (etwa Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes, bewusste Inkaufnahme von Fahrten mit alkoholisierten oder offensichtlich fahruntüchtigen Fahrern) zu einem Schaden beiträgt. In solchen Fällen kann eine Anspruchskürzung im Umfang des Mitverschuldens erfolgen. Insbesondere die Begleitung bei Fahrten mit offensichtlich alkoholisierter oder berauschter Person kann ein erhebliches Mitverschulden begründen.
Haftung gegenüber Dritten
Der Beifahrer haftet eigenen Handlungspflichten nach, beispielsweise wenn er durch Eingreifen in das Fahrgeschehen (z. B. Lenkung, Ziehen an der Handbremse) einen Unfall verursacht. In solchen Fällen können sich Haftungsansprüche Dritter gegen den Beifahrer ergeben (§§ 823, 249 BGB).
Beifahrer und Versicherungsschutz
Haftpflichtversicherung
Im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sind Beifahrer als mitversicherte Personen erfasst. Kommt es zu einem Unfall, deckt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Personenschäden der Beifahrer ab.
Insassenunfallversicherung
Darüber hinaus bieten zahlreiche Kraftfahrzeuge eine private Insassenunfallversicherung, welche unabhängig von einer etwaigen Schuld Personenschäden von Beifahrern abdeckt. Die Bedingungen und Umfang des Schutzes sind jedoch jeweils den individuellen Versicherungsverträgen zu entnehmen.
Ordnungswidrigkeiten und Strafrecht
Straftatbestände mit Bezug zum Beifahrer
In bestimmten Konstellationen kann das Verhalten eines Beifahrers strafrechtlich relevant sein, etwa bei Beihilfe oder Anstiftung zum Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Straßenverkehrsgesetz, StVG) oder bei gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr (§ 315b StGB).
Beifahrer als Meldepflichtiger
Der Beifahrer ist rechtlich nicht verpflichtet, Ordnungswidrigkeiten des Fahrers aktiv anzuzeigen. Jedoch können zivilrechtliche Haftungsfragen entstehen, wenn er Mitverantwortung an der Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit trägt, etwa bei Missachtung der Sicherungspflicht für Kinder oder bei Überlassen der Fahrzeuglenkung an ungeeignete Fahrer.
Rechte und Pflichten des Beifahrers im internationalen Kontext
Die Rechtsstellung des Beifahrers variiert innerhalb der Europäischen Union und anderen Staaten zum Teil beträchtlich. Grundsätzlich gilt jedoch auch international, dass Beifahrer den jeweiligen nationalen Vorschriften zur Sicherungspflicht und Haftung unterliegen.
Zusammenfassung
Der Beifahrer nimmt im deutschen Verkehrsrecht eine differenzierte Rolle ein. Ihn treffen nicht nur zahlreiche Rechte, wie etwa Ansprüche auf Schadensersatz und Versicherungsschutz, sondern auch Pflichten bezüglich der eigenen Sicherung und des Verhaltens im Fahrzeug. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ist sowohl aus Gründen der Haftungsvermeidung als auch zum eigenen Schutz von zentraler Bedeutung. Ein genaues Verständnis der jeweiligen Rechtsgrundlagen ist für Beifahrer ebenso relevant wie für Fahrzeugführer und Halter.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Pflichten hat ein Beifahrer während der Fahrt?
Ein Beifahrer ist nach deutschem Recht grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, aktiv am Verkehrsgeschehen teilzunehmen oder den Fahrer bei dessen Pflichten zu unterstützen. Allerdings bestehen indirekte Verpflichtungen: So ist der Beifahrer verpflichtet, während der Fahrt einen Sicherheitsgurt anzulegen, sofern dies technisch möglich und vorgeschrieben ist (§ 21a StVO). Bei Kindern ist der verantwortliche Erwachsene, meist der Fahrer, für die Sicherung verantwortlich, beim volljährigen Beifahrer haftet dieser selbst. Missachtet der Beifahrer die Gurtpflicht, kann dies mit einem Verwarnungsgeld geahndet werden. Kommt es durch das Verhalten des Beifahrers (zum Beispiel durch Ablenkung des Fahrers oder das Eingreifen in Fahrzeugbedienelemente) zu einem Unfall, kann er zivil- und ggf. auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. In Extremfällen, etwa absichtlichem Hereinreißen des Lenkrads, kann dies als fahrlässige Körperverletzung oder sogar als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) gewertet werden.
Muss ein Beifahrer bei einem Unfall seine Personalien angeben?
Ein Beifahrer ist nach einem Unfall, an dem er nicht aktiv beteiligt war, grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Personalien gegenüber Unfallgegnern oder der Polizei sofort preiszugeben. Die Verpflichtung zur Angabe der Personalien nach § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) bezieht sich ausschließlich auf Unfallbeteiligte, zu denen regelmäßig nur der Fahrzeugführer zählt. Sollte der Beifahrer jedoch selbst einen Beitrag zum Unfall geleistet haben (etwa durch aktives Eingreifen ins Fahrgeschehen), kann er ebenfalls wie ein Unfallbeteiligter behandelt werden und wäre zur Angabe der Personalien verpflichtet. Im Rahmen polizeilicher Ermittlungen kann es aber zum Beispiel als Zeuge zu einer Vernehmung kommen, wobei auch hier die allgemeinen Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte gelten.
Haftet der Beifahrer bei Verkehrsverstößen des Fahrers mit?
Nein, der Beifahrer haftet grundsätzlich nicht für Verkehrsverstöße, die ausschließlich vom Fahrer begangen werden. Es gibt allerdings Ausnahmen, wenn der Beifahrer selbst durch aktives Tun oder Unterlassen zum Verstoß beigetragen hat (z.B. Billigung oder Förderung einer Trunkenheitsfahrt, Manipulation am Fahrzeug während der Fahrt). In solchen Fällen kann auch dem Beifahrer ein Mitverschulden oder eine Beteiligung an einer Straftat (z.B. Beihilfe zur Trunkenheitsfahrt) vorgeworfen werden. Ansonsten drohen dem Beifahrer keine rechtlichen Folgen für Verkehrsverstöße des Fahrers. Bußgelder, Punkte oder Fahrverbote im Ordnungswidrigkeitenrecht treffen ausschließlich den verantwortlichen Fahrer.
Welche Rechte hat ein Beifahrer bei Polizeikontrollen?
Bei Polizeikontrollen hat der Beifahrer deutlich weniger Pflichten als der Fahrer. Er ist nicht verpflichtet, sich gegenüber der Polizei auszuweisen, sofern kein konkreter Verdacht gegen ihn besteht (z.B. Verdacht auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten). Auch muss er keine Angaben zur Fahrt oder zu anderen Fahrzeuginsassen machen und unterliegt dem Zeugnisverweigerungsrecht, sofern die Voraussetzungen vorliegen (z.B. Verwandtschaft mit dem Fahrer). Die Durchsuchung des Beifahrers oder seiner Sachen bedarf eines konkreten Verdachts und ist nicht pauschal zulässig. Allerdings kann die Polizei Ausweisdokumente verlangen, wenn dies zur Feststellung der Identität erforderlich ist – z.B. bei bestehenden Ermittlungen.
Kann ein Beifahrer für mitgeführte Gegenstände im Auto haftbar gemacht werden?
Die Haftung für mitgeführte Gegenstände liegt in der Regel beim Eigentümer oder der Person, die die Gegenstände zum Zeitpunkt der Kontrolle bei sich führt. Findet die Polizei etwa Betäubungsmittel im Fußraum vor, muss geklärt werden, wem diese zuzurechnen sind. Der Beifahrer ist dann verdächtig, wenn der Besitz oder die Zuordnung der Gegenstände zu ihm möglich erscheint (z.B. die Gegenstände befinden sich im Bereich des Beifahrers). Eine pauschale Haftung gibt es jedoch nicht; im Strafrecht gilt das Schuldprinzip. Es muss nachgewiesen werden, dass der Beifahrer die Gegenstände kannte und im Besitz hatte (tatsächliche Verfügungsgewalt). Erst dann drohen ihm entsprechende rechtliche Konsequenzen.
Hat der Beifahrer ein Mitspracherecht bei der Fahrweise?
Rechtlich gesehen hat ein Beifahrer kein formales Mitspracherecht bezüglich der Fahrweise. Die Verantwortung für das Fahrzeug und die Einhaltung aller Verkehrsvorschriften liegt beim Fahrer. Ein Beifahrer kann seine Bedenken äußern oder vorschlagen, die Fahrt abzubrechen (zum Beispiel bei Übermüdung oder Fahruntüchtigkeit durch Alkohol). Lehnt der Fahrer dieses ab, hat der Beifahrer keine rechtlichen Möglichkeiten, dies zu erzwingen. Sollte jedoch eine erhebliche Gefahrenlage bestehen und der Beifahrer unternimmt nichts (z.B. bei einer offensichtlichen Trunkenheitsfahrt), kann ihm ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden, etwa unter Gesichtspunkten der Garantenpflicht oder Beihilfe, sofern er erkennen konnte, dass der Fahrer nicht fahrtüchtig ist und dennoch eine Mitfahrt billigend in Kauf genommen hat.
Kann ein Beifahrer Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld nach einem Unfall geltend machen?
Ja, wird ein Beifahrer bei einem Unfall verletzt, stehen ihm grundsätzlich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu. Diese richten sich im Regelfall gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung. Dabei ist es unerheblich, ob der Beifahrer im Fahrzeug des Schädigers oder eines unbeteiligten Dritten sitzt. Voraussetzung ist, dass den Beifahrer kein Mitverschulden trifft (z.B. Missachtung der Gurtpflicht). In solchen Fällen kann das Mitverschulden den Anspruch mindern. Im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrers sind auch Beifahrerschäden abgedeckt, es sei denn, der Beifahrer hat grob fahrlässig oder vorsätzlich zur Entstehung des Schadens beigetragen.
Darf ein Beifahrer bei Fahranfängern im Rahmen des „Begleiteten Fahrens ab 17″ auch mitfahren?
Beim „Begleiteten Fahren ab 17″ (BF 17) schreibt das Gesetz vor, dass eine eingetragene, geeignete Begleitperson anwesend ist, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss (§ 48a FeV: mindestens 30 Jahre alt, seit mindestens 5 Jahren ununterbrochen im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis, nicht mehr als 1 Punkt im Fahreignungsregister). Weitere Beifahrer, die nicht gleichzeitig die Funktion der eingetragenen Begleitperson übernehmen, dürfen grundsätzlich mitfahren, sofern dadurch die Sicherheit und Beaufsichtigung des Fahranfängers nicht beeinträchtigt werden. Rechtlich ist jedoch zu beachten, dass ausschließlich die eingetragene Begleitperson ihren Verpflichtungen nachkommen muss; andere Beifahrer haben keine speziellen gesetzlichen Pflichten oder besonderen Rechte im Rahmen des begleiteten Fahrens.