Legal Lexikon

Behörden


Begriff und Bedeutung von Behörden

Eine Behörde ist im öffentlichen Recht eine Organisationseinheit, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt und mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet ist. Sie handelt im Rahmen der Gesetze, vollzieht Gesetze entweder durch den Erlass von Verwaltungsakten oder durch schlichtes Verwaltungshandeln und steht dabei häufig im Kontakt mit Bürgern, Unternehmen sowie anderen öffentlichen Stellen. Behörden sind auf unterschiedlichen Ebenen angeordnet und unterliegen spezifischen gesetzlichen Regelungen, die ihren Aufbau, ihre Zuständigkeit und ihre Verfahrensweise bestimmen.


Allgemeine Definition und Abgrenzung

Legaldefinition und Gesetzesgrundlagen

Der Begriff der Behörde ist in verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedlich definiert. In Deutschland beispielsweise enthält § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) folgende Legaldefinition: Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Diese Definition ist auf zahlreiche Gesetze anzuwenden, speziell im Verwaltungsrecht.

Im weiteren Sinne werden unter Behörden alle öffentlichen Einrichtungen gefasst, denen durch Gesetz oder auf Gesetz beruhenden Verordnung hoheitliche Aufgaben übertragen wurden.

Abgrenzung zu anderen öffentlichen Stellen

Nicht alle öffentlichen Einrichtungen sind Behörden. So gelten etwa Parlamente und Gerichte nicht als Behörden im Sinne des Verwaltungsrechts, auch wenn sie teilweise ähnliche Strukturen oder Aufgaben wahrnehmen. Behörden sind insbesondere Träger der vollziehenden Gewalt (Exekutive) und werden von der Legislative und Judikative abgegrenzt.


Behördenaufbau und -arten

Behördenleiter und Aufbauorganisation

Jede Behörde verfügt über einen Behördenleiter (beispielsweise einen Präsidenten, Amtsleiter oder Bürgermeister), der die Verwaltung intern und nach außen vertritt. Der innere Aufbau ist hierarchisch gegliedert in Dienststellen, Abteilungen, Referate und Fachbereiche. Auch die Größe und der Umfang der Aufgaben unterscheiden sich erheblich.

Einteilung nach Verwaltungsebene

  • Bundesbehörden: Zuständig für gesamtstaatliche Aufgaben, etwa das Bundesministerium des Innern oder das Bundeskriminalamt.
  • Landesbehörden: Nehmen Aufgaben auf Landesebene wahr, wie z.B. die Landespolizei oder Landesämter.
  • Kommunalbehörden: Ausführung von Aufgaben auf kommunaler Ebene, beispielsweise Stadtverwaltungen oder Landratsämter.

Einteilung nach Funktion und Aufgabenbereich

  • Allgemeine Verwaltungsbehörden: Erledigen ein breites Spektrum an Verwaltungsaufgaben (z.B. Landratsamt, Bürgermeisteramt).
  • Sonderbehörden oder Fachbehörden: Sind für spezielle Aufgabenbereiche zuständig wie das Gesundheitsamt, Umweltamt oder das Bauamt.

Behördliche Tätigkeit und Handlungsformen

Der Verwaltungsakt

Ein zentrales Mittel behördlichen Handelns ist der Verwaltungsakt. Hierbei handelt es sich laut § 35 VwVfG um eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist und auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt (zum Beispiel Erteilung einer Baugenehmigung).

Schlichtes Verwaltungshandeln

Neben dem Erlass von Verwaltungsakten nehmen Behörden auch Tätigkeiten vor, die keine unmittelbare Rechtswirkung haben („schlichtes Verwaltungshandeln“), wie beispielsweise Auskünfte, Beratungen oder tatsächliches Verwaltungshandeln (etwa Unterhalt städtischer Einrichtungen).

Öffentlich-rechtlicher Vertrag

Eine weitere Handlungsform stellt der öffentlich-rechtliche Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) dar, mit dem Behörden Verwaltungsaufgaben im Einvernehmen mit anderen Rechtsträgern regeln.


Rechte und Pflichten von Behörden

Bindung an Gesetz und Recht

Behörden sind nach dem sogenannten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Eigenständige Entscheidungen sind nur im Rahmen der durch Gesetz eingeräumten Ermessenstatbestände möglich.

Verwaltungsverfahren und Anhörung

Bei behördlichem Handeln gelten verfahrensrechtliche Grundsätze, insbesondere das Recht auf rechtliches Gehör, Beachtung von Fristen, Formvorschriften und Mitwirkungsrechte der betroffenen Personen oder Institutionen.

Amtshilfe und Zusammenarbeit

Behörden sind verpflichtet, sich gegenseitig Amtshilfe zu leisten (§ 4 VwVfG) und aktiv zusammenzuarbeiten, etwa bei der Ermittlung von Sachverhalten oder bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten.


Aufsicht, Kontrolle und Rechtsschutz

Dienstaufsicht und Rechtsaufsicht

Die behördliche Tätigkeit unterliegt der Dienst- und Fachaufsicht durch übergeordnete Stellen. Während bei der Dienstaufsicht das Verhalten der Bediensteten im Mittelpunkt steht, betrifft die Fachaufsicht auch sachliche Entscheidungen.

Rechtsschutz gegen behördliches Handeln

Die Betroffenen haben die Möglichkeit, gegen Akte und Maßnahmen von Behörden Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Hierfür stehen je nach Sachverhalt Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte, Finanzgerichte oder andere spezielle Gerichtsbarkeiten zur Verfügung.


Behörden im internationalen Kontext

Begriff und Funktion in anderen Rechtsordnungen

Auch in anderen europäischen und außereuropäischen Staaten existieren Behörden in vergleichbarer Ausprägung, wobei Aufbau, Aufgaben und rechtliche Normierung national unterschiedlich ausgeprägt sein können.

Europäische Behörden

Im Rahmen der europäischen Integration existieren europäische Behörden wie etwa die Europäische Kommission oder spezialisierte Agenturen, die hoheitliche Aufgaben grenzüberschreitend ausüben.


Fazit

Behörden sind fundamentale Organisationseinheiten der öffentlichen Verwaltung. Sie erfüllen grundlegende Aufgaben im staatlichen Gefüge, vollziehen Gesetze, treffen Verwaltungsentscheidungen und sind an Recht und Gesetz gebunden. Aufbau, Funktion und Handlungsformen sind detailliert gesetzlich geregelt und unterliegen einer umfassenden Kontrolle und Aufsicht. Die Rechte und Pflichten im Verhältnis zu Bürgern sowie untereinander sind präzise bestimmt und gewährleisten Rechtsstaatlichkeit sowie Transparenz des Verwaltungshandelns.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte habe ich gegenüber einer Behörde im Verwaltungsverfahren?

Als Bürger stehen Ihnen im Verwaltungsverfahren gegenüber einer Behörde unterschiedliche Rechte zu. Zunächst besteht ein Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 28 VwVfG). Das bedeutet insbesondere, dass Sie vor Erlass eines Verwaltungsakts die Möglichkeit haben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Darüber hinaus haben Sie ein Recht auf Akteneinsicht (§ 29 VwVfG), sofern nicht besondere Interessen, wie etwa der Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder das Persönlichkeitsrecht Dritter, entgegenstehen. Sie können zudem die Mitwirkung von Bevollmächtigten oder Beiständen verlangen, diese dürfen grundsätzlich nicht zurückgewiesen werden (§ 14 VwVfG). Ein Anspruch auf die Bekanntgabe der Entscheidung und deren Begründung (§ 39 VwVfG) besteht ebenfalls. Gegen einen für Sie nachteiligen Verwaltungsakt können Sie das Rechtsbehelfsverfahren (Widerspruch, Klage) in Anspruch nehmen; entsprechend muss eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erfolgen. Liegt eine Untätigkeit der Behörde vor, besteht unter Umständen nach Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung ein Anspruch auf gerichtliche Entscheidung (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO).

Wie kann ich mich gegen eine Entscheidung einer Behörde wehren?

Wird gegen Sie ein Verwaltungsakt erlassen oder eine behördliche Maßnahme durchgeführt, können Sie Rechtsmittel einlegen. In der Regel ist zunächst der Widerspruch das statthafte Mittel, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist (§ 68 VwGO). Dieser ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Ausgangsbehörde oder der Widerspruchsbehörde einzulegen, häufig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, ergeht ein Widerspruchsbescheid. Gegen diesen können Sie dann Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen. In besonderen Fällen, v.a. bei akuten Maßnahmen mit drohenden Nachteilen, können Sie auch um einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a, 123 VwGO ersuchen. In manchen Rechtsgebieten ist der Widerspruch ausgeschlossen, hier ist unmittelbar Klage zu erheben.

Welche Auskunftspflichten haben Behörden gegenüber Bürgern?

Die Behörden sind grundsätzlich zu sachgemäßer und rechtzeitiger Auskunft verpflichtet (§ 25 VwVfG). Allerdings gilt der Informationsanspruch nur insoweit, wie keine Geheimhaltungsgründe, schutzwürdige Interessen Dritter, Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten oder dienstliche Geheimhaltungspflichten entgegenstehen. Ergänzende Regelungen bestehen etwa im Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen einräumt, jedoch ebenfalls zahlreiche Ausnahmen z.B. im Bereich Sicherheit, Datenschutz oder Betriebsgeheimnisse kennt. Im Einzelfall ist die Behörde verpflichtet, Gründe für die Ablehnung einer Auskunft substantiiert darzulegen.

Welche Pflichten haben Behörden im Umgang mit Anträgen?

Jede Behörde ist verpflichtet, über einen Antrag sachlich zu entscheiden (Bearbeitungspflicht). Anträge dürfen nicht unbegründet verzögert werden (Verbot der rechtswidrigen Verzögerung, § 9 VwVfG). Die Entscheidung muss innerhalb angemessener Frist erfolgen, üblicherweise sind drei Monate als Prüfungsmaßstab anerkannt (§ 75 VwGO zur Untätigkeitsklage). Die Behörde muss den Antragsteller über den Fortgang des Verfahrens informieren und eventuelle Nachforderungen von Unterlagen klar benennen. Bei Ablehnung eines Antrags ist die Entscheidung umfassend und nachvollziehbar zu begründen (§ 39 VwVfG), inklusive Angabe von Rechtsbehelfen. Das Versäumnis dieser Pflichten kann zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns führen.

Wann kann eine Behörde von Amts wegen tätig werden?

Behörden werden entweder auf Antrag oder von Amts wegen tätig. Das Handeln von Amts wegen geschieht insbesondere dann, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (sog. gebundene Verwaltung) oder ein öffentliches Interesse besteht und kein Antrag eines Betroffenen erforderlich ist. Typische Beispiele sind die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, Gefahrenabwehr oder Maßnahmen im Bereich der Gefahrenprävention. Beim Handeln von Amts wegen sind die rechtlichen Vorgaben über Ermessensausübung (§ 40 VwVfG), das Verfahren und die Rechte der Beteiligten strikt einzuhalten. Einzelfallabhängig ist zu prüfen, ob und wie weit ein Einschreiten geboten ist.

Welche Mitwirkungspflichten treffen mich als Bürger im Behördenverfahren?

Im Verwaltungsverfahren trifft den Bürger eine Mitwirkungspflicht, insbesondere in Verfahren, die einen Antrag oder die Offenlegung von Tatsachen erfordern (z.B. Sozialleistungsverfahren, Baugenehmigungsverfahren). Die Mitwirkungspflichten ergeben sich aus § 26 VwVfG sowie aus bereichsspezifischen Gesetzen. Dazu gehört das Bereitstellen notwendiger Unterlagen, Mitteilungen über relevante Sachverhalte und gegebenenfalls das Erscheinen zu Terminen. Die Verletzung von Mitwirkungspflichten kann zur Ablehnung eines Antrags oder, in speziellen Fällen, zu Nachteilen im Verfahren führen.

Welche Bedeutung haben Verwaltungsvorschriften für das Handeln einer Behörde?

Verwaltungsvorschriften sind interne Anweisungen oder Richtlinien innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Sie sind grundsätzlich nicht rechtsverbindlich für den Bürger, binden aber die Behörden hinsichtlich der einheitlichen Anwendung des materiellen und formellen Rechts. Verwaltungsvorschriften dürfen das Gesetz nicht überschreiten und sind dem gerichtlichen Überprüfungsmaßstab zugänglich, wenn sie in das Verfahren eingreifen oder als Ermessenslenkung dienen. Abweichungen müssen sachlich begründet werden (§ 114 VwGO). Bürger können sich unmittelbar nur dann auf Verwaltungsvorschriften berufen, wenn und soweit diese eine außenwirksame Wirkung entfalten (sog. normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften).