Begriff und Grundlagen des Beherbergungsvertrags
Der Beherbergungsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertragstypus, der die entgeltliche Überlassung von Räumen zur Beherbergung regelt. Er ist ein im Gastgewerbe übliches Vertragsverhältnis, das insbesondere zwischen Beherbergungsbetrieben (wie Hotels, Pensionen, Gasthöfen, Ferienwohnungen oder Hostels) und Gästen abgeschlossen wird. Im deutschen Recht ist der Beherbergungsvertrag kein eigener, ausdrücklich geregelter Vertragstyp, sondern stellt rechtlich betrachtet einen sogenannten Mietvertrag sui generis mit dienstleistungsrechtlichen Elementen dar. Er ist somit eine Mischung insbesondere aus Miet-, Dienst- und Verwahrungsvertrag.
Rechtsnatur und Einordnung
Vertragsstruktur
Der Beherbergungsvertrag verpflichtet das Beherbergungsunternehmen, dem Gast für einen bestimmten Zeitraum die Nutzung einer Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Daneben werden häufig weitere Leistungen, wie Frühstück, Reinigung, Nutzung von Einrichtungen (z. B. Fitnessraum, Schwimmbad) und gegebenenfalls auch vertragliche Nebenleistungen (z. B. Parkplatz, Gepäckaufbewahrung) vereinbart.
Gesetzliche Grundlagen
Der Beherbergungsvertrag ist nicht ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, unterliegt aber den allgemeinen Vorschriften der §§ 535 ff. BGB (Mietrecht) sowie ergänzend den §§ 611 ff. BGB (Dienstvertragsrecht) und ggf. §§ 688 ff. BGB (Verwahrvertrag), je nach vereinbarten Nebenleistungen.
Zustandekommen des Beherbergungsvertrags
Vertragsschluss
Der Beherbergungsvertrag kommt entsprechend allgemeiner rechtlicher Grundsätze durch Angebot und Annahme zustande. Die Buchung erfolgt mündlich, schriftlich, fernmündlich oder elektronisch (z. B. über Buchungsportale oder E-Mails). Ein wirksamer Vertrag erfordert die Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere über die Art der Unterkunft, den Buchungszeitraum, die Vergütung sowie die Parteien.
Formvorschriften
Für den Abschluss eines Beherbergungsvertrages ist grundsätzlich keine besondere Form vorgeschrieben. Das bedeutet, dass auch ein mündlich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) geschlossener Beherbergungsvertrag wirksam ist. Aus Beweisgründen wird jedoch meist eine schriftliche Buchungsbestätigung versandt.
Haupt- und Nebenpflichten
Pflichten des Beherbergungsunternehmens
Das Beherbergungsunternehmen verpflichtet sich, dem Gast die Nutzung des gebuchten Zimmers bzw. der Unterkunft zu ermöglichen. Die Unterkunft muss sich in dem vereinbarten Zustand befinden, üblichen Standards entsprechen und frei von Mängeln sein, die den Gebrauch beeinträchtigen. Weitere Pflichten können inkludierte Leistungen wie Reinigung, Bereitstellung von Handtüchern, Bereitstellung von Schlüssel/Karten und Frühstück umfassen.
Verkehrssicherungspflichten
Das Beherbergungsunternehmen hat für die Sicherheit von Gästen und deren Eigentum zu sorgen, insbesondere durch angemessene Vorkehrungen zur Vermeidung von Gefahren.
Pflichten des Gastes
Der Gast ist verpflichtet, das vereinbarte Entgelt zu zahlen und die Unterkunft sowie sämtliche Einrichtungen sorgsam zu behandeln. Weiter hat der Gast die Hausordnung des Beherbergungsbetriebs zu beachten und entstandene Schäden zu melden.
Rechte und Pflichten im Detail
Zahlungsmodalitäten
Der Gast schuldet das vereinbarte Entgelt, wobei die Modalitäten (Vorkasse, Anzahlung, Zahlung bei Abreise) individuell vereinbart werden können. Kommt der Gast seiner Zahlungspflicht nicht nach, kann nach Maßgabe der Vertragsbedingungen ein Rücktrittsrecht oder ggfs. ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
Rücktritt und Stornierung
Ein Rücktritt (Stornierung) vom Beherbergungsvertrag ist grundsätzlich nur unter den vertraglich vereinbarten Bedingungen möglich. Soweit keine oder keine wirksame Rücktrittsregelung vorliegt, finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Bei einer Stornierung durch den Gast können Stornierungsgebühren (Schadensersatz) anfallen, die sich am entgangenen Umsatz abzüglich ersparter Aufwendungen des Beherbergungsbetriebs orientieren.
Haftung
Der Beherbergungsbetrieb haftet für Schäden am eingebrachten Eigentum des Gastes nach den besonderen Vorschriften der §§ 701 ff. BGB. Die Haftung ist jedoch der Höhe nach begrenzt und entfällt bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Für Personenschäden gilt die allgemeine zivilrechtliche Haftung.
Überbuchung und Nichtbereitstellung
Kann das gebuchte Zimmer am Anreisetag nicht bereitgestellt werden (z. B. durch Überbuchung), haftet das Beherbergungsunternehmen für alle daraus resultierenden Schäden. Der Gast kann Ersatz der Mehraufwendungen oder ggfs. einen Rücktritt mit Schadensersatz verlangen.
Beendigung des Beherbergungsvertrags
Ordentliche und außerordentliche Kündigung
Der Mietzeitraum ist in der Regel fest vereinbart; vorzeitige ordentliche Kündigung durch den Gast ist daher ausgeschlossen. Eine außerordentliche, fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich, etwa bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen oder unzumutbaren Umständen.
Vertragsauflösung durch höhere Gewalt
In Fällen von höherer Gewalt (z. B. Naturkatastrophen, behördliche Anordnungen) kann der Beherbergungsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden, ohne dass eine Partei Schadensersatz leisten muss. In solchen Fällen entfällt zumeist die Pflicht zur Zahlung des Entgelts für nicht in Anspruch genommene Leistungen.
Datenschutz und Meldepflichten
Datenschutzrechtliche Aspekte
Im Zusammenhang mit der Buchung und Erbringung von Beherbergungsleistungen werden personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet. Die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind zu beachten. Die Erhebung von Meldeinformationen richtet sich nach dem Bundesmeldegesetz (BMG).
Meldepflichten nach dem Bundesmeldegesetz
Beherbergungsbetriebe sind verpflichtet, Meldescheine auszufüllen und aufzubewahren. Gäste müssen unter anderem Name, Geburtsdatum, Nationalität, Adresse und Anreisedaten angeben.
Internationaler Vergleich
Im internationalen Kontext bestehen teils abweichende Regelungen hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung und des Verbraucherschutzes bei Beherbergungsverträgen. Innerhalb der EU gelten ergänzende Verbraucherschutzbestimmungen, etwa für Online-Buchungen, die zu berücksichtigen sind.
Literatur und weiterführende Informationen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Bundesmeldegesetz (BMG)
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Der Beherbergungsvertrag bildet die rechtliche Grundlage des modernen Gastgewerbes und ist Gegenstand ständiger Fortentwicklung durch Rechtsprechung und neue Gesetzeslagen. Die Kenntnis seiner rechtlichen Rahmenbedingungen ist für Anbieter und Gäste gleichermaßen relevant, um Rechte und Pflichten im Beherbergungsverhältnis sicher einschätzen zu können.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Beherbergungsvertrags?
Ein Beherbergungsvertrag kommt rechtlich zustande, sobald Angebot und Annahme zwischen dem Beherbergungsbetrieb (z. B. Hotel oder Pension) und dem Gast erfolgt sind. Es handelt sich dabei um einen sogenannten typengemischten Vertrag mit Elementen des Miet-, Dienst- und Werkvertragsrechts nach BGB. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben, das heißt, der Vertrag kann sowohl schriftlich, mündlich als auch konkludent (etwa durch die Buchung per Internet oder das Betreten des Hotels und Entgegennahme des Zimmerschlüssels) geschlossen werden. Zu beachten ist, dass der Vertrag nur dann wirksam ist, wenn beide Parteien geschäftsfähig sind und sich über die wesentlichen Vertragsinhalte (Leistung, Gegenleistung, Zeitraum, gegebenenfalls Sonderleistungen) einig sind. Auch Buchungsbestätigungen per E-Mail oder Fax begründen einen verbindlichen Vertrag.
In welchen Fällen kann ein Beherbergungsvertrag rechtlich wirksam vom Gast storniert werden?
Eine Stornierung durch den Gast ist grundsätzlich immer möglich, jedoch entstehen je nach Zeitpunkt der Stornierung Ansprüche des Beherbergungsbetriebs auf die vereinbarte Vergütung (abzüglich ersparter Aufwendungen und etwaiger anderweitiger Vermietung). Ein gesetzliches Widerrufsrecht wie bei Fernabsatzverträgen besteht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB ausdrücklich nicht für Beherbergungsverträge, die einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsehen. Stornierungsregelungen und anfallende Kosten ergeben sich häufig aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Beherbergungsbetriebs. Fehlen solche, so urteilen die Gerichte, dass eine pauschale Entschädigung in Höhe von 80 bis 90 Prozent des Übernachtungspreises zulässig ist, sofern keine Ersatzvermietung möglich war. Der Gast trägt zudem die Beweislast, falls er meint, dass der Schaden geringer ist.
Welche rechtlichen Pflichten hat der Beherbergungsbetrieb gegenüber dem Gast?
Der Beherbergungsbetrieb ist gesetzlich verpflichtet, dem Gast das gebuchte Zimmer in vertragsgemäßem Zustand zur Verfügung zu stellen. Hierunter fallen insbesondere Sauberkeit, Sicherheit und die Nutzbarkeit aller zugesicherten Einrichtungen (z. B. Bad, Heizung, Internetzugang). Ferner ist eine Störung der Unterkunft (wie Lärm, Ausfall wesentlicher Einrichtungen) unverzüglich abzustellen, nachdem der Gast diese angezeigt hat. Kommt der Betrieb diesen Pflichten nicht nach, stehen dem Gast Minderungs-, Schadensersatz- oder Kündigungsrechte zu. In der Regel ist der Betrieb zudem verpflichtet, gebuchte Nebenleistungen (z. B. Frühstück, Parkplatz, Wellnessangebote) wie zugesagt zu erbringen.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann der Beherbergungsbetrieb den Vertrag kündigen?
Die ordentliche Kündigung durch den Betrieb ist während des vereinbarten Aufenthaltszeitraums grundsätzlich ausgeschlossen, weil Unterkunftsverträge auf einen bestimmten Zeitraum geschlossen werden. Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung ist allerdings möglich, wenn der Gast schwerwiegende Vertragsverletzungen begeht, etwa durch nachhaltige Störung des Betriebsfriedens, gröblichst ungebührliches Verhalten oder Nichtzahlung der vereinbarten Vergütung. Der Betrieb trägt in solchen Fällen die Beweislast für das vorliegende Kündigungsrecht. Der Gast muss zuvor grundsätzlich abgemahnt werden, sofern dies nicht offensichtlich zwecklos oder unzumutbar ist.
Wann haftet der Beherbergungsbetrieb für beschädigtes oder abhandengekommenes Gästeeigentum?
Die Haftung des Beherbergungsbetriebs für vom Gast eingebrachte Sachen ist gesetzlich in § 701 ff. BGB geregelt. Danach haftet der Betrieb im Grundsatz für Verlust, Zerstörung oder Beschädigung von eingebrachten Sachen bis zu einem Betrag von 100-fach des Übernachtungspreises, höchstens jedoch 3.500 Euro (für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten bis zu 800 Euro). Die Haftung entfällt, wenn der Schaden durch den Gast selbst (z. B. grobe Fahrlässigkeit) oder durch höhere Gewalt verursacht wurde. Für besonders wertvolle Gegenstände empfiehlt es sich, diese dem Beherbergungsbetrieb ausdrücklich zur Verwahrung zu übergeben, wodurch eine weitergehende Haftung besteht.
Inwieweit gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Beherbergungsbetriebs rechtlich verbindlich?
Die AGB sind Teil des Beherbergungsvertrags, sofern sie wirksam einbezogen wurden. Die Einbeziehung setzt voraus, dass der Gast bei Vertragsschluss von den AGB Kenntnis nehmen konnte und ihnen zugestimmt hat. Unklare, überraschende oder den Gast entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligende Klauseln sind unwirksam (§§ 305 ff. BGB). Spezifische Klauseln, etwa zur Stornierung oder Haftungsbeschränkung, stehen regelmäßig auf dem Prüfstand der Rechtsprechung und sind häufig nur dann wirksam, wenn sie transparent und ausgewogen formuliert wurden. Ungültige AGB-Teile werden durch die gesetzlichen Bestimmungen ersetzt, ohne dass der Vertrag insgesamt unwirksam wird.
Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn das gebuchte Zimmer bei Anreise nicht zur Verfügung steht?
Kann der Betrieb dem Gast die bestätigte Unterkunft bei Anreise nicht gewähren, verletzt er seine Hauptleistungspflicht aus dem Beherbergungsvertrag. Der Gast kann dann entweder auf Erfüllung (Bereitstellung eines gleichwertigen Zimmers) oder Schadensersatz bestehen. Alternativ steht ihm das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten und ggf. Ersatz für Mehrkosten durch ein anderes Hotel, Fahrtkosten, entgangene Urlaubsfreuden oder sonstige Schäden zu verlangen. Die Rechtsprechung erkennt in der fehlenden Zurverfügungstellung einen Vertragsbruch, der regelmäßig auch Erstattungsansprüche hinsichtlich bereits getätigter Zahlungen begründet.
Welche gesetzlichen Bestimmungen gelten für die Verjährung von Ansprüchen aus dem Beherbergungsvertrag?
Für Ansprüche aus dem Beherbergungsvertrag gelten grundsätzlich die regelmäßigen Verjährungsfristen des BGB. Ansprüche des Gastes auf Ersatz von Schäden an eingebrachten Sachen verjähren gemäß § 703 BGB bereits nach sechs Monaten ab dem Tag der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Alle übrigen vertraglichen Ansprüche, also etwa auf Zahlung, Schadensersatz oder Minderung, unterliegen der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger davon Kenntnis erlangt hat. Für kulanzweise gewährte Rechte (Gutscheine etc.) können abweichende Regelungen bestehen.