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Beherbergungsverbot


Begriff und rechtliche Einordnung des Beherbergungsverbots

Das Beherbergungsverbot ist eine öffentlich-rechtliche Anordnung, die das Anbieten oder Erbringen von Beherbergungsleistungen für bestimmte Personengruppen untersagt oder einschränkt. Die Regelung betrifft insbesondere das Hotel- und Gastgewerbe sowie Beherbergungsbetriebe wie Pensionen, Ferienwohnungen, Jugendherbergen und ähnliche Einrichtungen. Das Beherbergungsverbot tritt regelmäßig im Rahmen des Infektionsschutzes oder zum Schutz der öffentlichen Sicherheit in Kraft, wobei es vor allem zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, wie z. B. im Zuge der COVID-19-Pandemie, angewandt wurde.

Entwicklung und gesetzliche Grundlagen

Beherbergungsverbot im Infektionsschutzrecht

Die Einführung und Anwendung von Beherbergungsverboten erfolgt in Deutschland überwiegend auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). §§ 28, 32 IfSG ermöglichen es den zuständigen Behörden, zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten notwendige Schutzmaßnahmen anzuordnen. Dazu zählen insbesondere Verbote oder Beschränkungen von Veranstaltungen, Versammlungen sowie der Übernachtung in Beherbergungsstätten.

Beispielhaft ordnet § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG ausdrücklich an, dass Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken untersagt oder beschränkt werden können. Die konkrete Ausgestaltung und Reichweite eines Beherbergungsverbots obliegen den einzelnen Bundesländern im Rahmen der Länderkompetenzen gemäß Artikel 70 und Artikel 83 des Grundgesetzes (GG).

Landesrechtliche Regelungen

Beherbergungsverbote werden in der Regel durch landesrechtliche Corona-Verordnungen, Allgemeinverfügungen oder Verwaltungsakte konkretisiert. Die Verordnungen der Länder legen oftmals fest:

  • für welche Gebiete (z. B. als Risikogebiet definierte Regionen) das Beherbergungsverbot gilt,
  • welche Personengruppen betroffen sind (z. B. Reisende aus Risikogebieten ohne aktuellen negativen Testnachweis),
  • definierte Ausnahmen (z. B. für zwingend notwendige Dienstreisen oder aus sozialen Gründen).

Typische Anwendungsfälle und Zielsetzung

Das Beherbergungsverbot dient in erster Linie dazu, die Verbreitung infektiöser Krankheiten durch Mobilität und Kontakte im Zusammenhang mit Übernachtungen einzudämmen. Typische Anwendungsfälle sind:

  • Infektionsschutz während Epidemien oder Pandemien (z. B. COVID-19)
  • Reaktionen auf besondere Ausbruchsgeschehen in bestimmten Regionen (Clusterbildung, Hotspots)
  • Schutz besonders vulnerabler Bereiche (z. B. in Kurorten, Pflegeheimnähe)

Ausgenommen von Beherbergungsverboten sind in der Regel Übernachtungen aus beruflichen, medizinischen, familiären oder sonstigen nachweisbaren und notwendigen Gründen.

Rechtliche Auswirkungen und Abgrenzungen

Verhältnismäßigkeit und Grundrechtseingriffe

Das Beherbergungsverbot stellt einen schweren Eingriff in die im Grundgesetz garantierten Grundrechte dar. Betroffen sind insbesondere:

  • die Berufsfreiheit (Art. 12 GG),
  • das Eigentumsrecht (Art. 14 GG),
  • die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

Behördliche Maßnahmen wie Beherbergungsverbote müssen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit gemessen werden. Sie erfordern:

  1. Legitimen Zweck: Infektionsschutz, Gefahrenabwehr
  2. Geeignetheit: Beitrag zur Unterbindung von Infektionsketten
  3. Erforderlichkeit: Keine milderen, gleich effektiven Mittel
  4. Angemessenheit: Zumutbarkeit für die Betroffenen; Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Grundrechtseinschränkung

Gerichte prüfen die Einhaltung dieser Vorgaben im Rahmen von Eilanträgen und Hauptsacheverfahren, da Beherbergungsverbote häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten sind.

Abgrenzung zu Betriebsschließungen

Von einem Beherbergungsverbot zu unterscheiden ist die vollständige Betriebsschließung, bei der der Unterkunftsbetrieb für jegliche Nutzung untersagt wird. Das Beherbergungsverbot schließt typischerweise touristische oder gewisse private Aufenthalte aus, erlaubt jedoch in engen Grenzen zum Beispiel geschäftliche Übernachtungen.

Rechtsschutz und Kontrolle

Rechtliche Überprüfung durch Gerichte

Betroffene können gegen Beherbergungsverbote Rechtsbehelfe wie Widerspruch, Anfechtungsklagen oder einstweilige Rechtsschutzanträge bei den zuständigen Verwaltungsgerichten einlegen. In der Praxis erfolgt die Überprüfung meist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß §§ 80, 80a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen Verordnungen oder Allgemeinverfügungen.

Auch das Bundesverfassungsgericht kann angerufen werden, wenn eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten geltend gemacht wird.

Beispielhafte Rechtsprechung

Die Verwaltungsgerichte beschäftigen sich regelmäßig mit Beherbergungsverboten und deren Rechtmäßigkeit. Zentrale rechtliche Aspekte sind insbesondere:

  • die Bestimmtheit der Vorschriften,
  • die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme,
  • ausreichende wissenschaftliche Begründung,
  • das Vorliegen und die Definition von Ausnahmen.

Beispiele:

  • Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.2020 (1 S 3153/20),
  • Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 15.10.2020 (13 MN 363/20).

In mehreren Entscheidungen wurden Beherbergungsverbote mangels ausreichender rechtlicher und tatsächlicher Begründung für unverhältnismäßig erklärt.

Haftung, Durchsetzung und Sanktionen

Pflichten betroffener Unternehmen

Beherbergungsbetriebe sind während eines Beherbergungsverbots verpflichtet, ihre Angebote entsprechend einzuschränken. Die Überprüfung der Berechtigung von Gästen, der Erfragung von Nachweisen (z. B. negativer Test, Nachweis einer dienstlichen Notwendigkeit) sowie die Dokumentation ihrer Einhaltung obliegen den Betrieben.

Folgen von Verstößen

Zuwiderhandlungen gegen Beherbergungsverbote gelten als Ordnungswidrigkeiten und können nach § 73 IfSG mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. In besonders schweren Fällen kommen strafrechtliche Maßnahmen nach § 75 IfSG in Betracht.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen

Die Einführung von Beherbergungsverboten hat erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für die vom Tourismus abhängige Hotellerie und Gastronomie. Staatliche Hilfsprogramme und Kompensationsleistungen spielen insbesondere in wirtschaftlichen Krisen eine Rolle, um die Auswirkungen weitreichender Verbote abzufedern.

Gesellschaftlich umstritten ist das Beherbergungsverbot aufgrund der Abwägung von Infektionsschutz gegen wirtschaftliche und persönliche Interessen der Bevölkerung, auch mit Blick auf die Mobilitätsfreiheit und die Auswirkungen auf Reiseplanungen.

Zusammenfassung

Das Beherbergungsverbot stellt ein weitreichendes, auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erlassenes Verbot dar, das zur Eindämmung infektiöser Krankheiten temporär Übernachtungsangebote für bestimmte Personengruppen untersagt. Es beruht in Deutschland überwiegend auf Regelungen des Infektionsschutzgesetzes sowie landesrechtlichen Verordnungen und greift erheblich in Grundrechte ein. Die rechtliche Kontrolle erfolgt durch die Verwaltungsgerichte unter striktem Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen sind erheblich und waren vor allem während der COVID-19-Pandemie Gegenstand intensiver öffentlicher und gerichtlicher Debatten.

Häufig gestellte Fragen

Wann und unter welchen Voraussetzungen kann ein Beherbergungsverbot rechtlich angeordnet werden?

Ein Beherbergungsverbot kann im deutschen Recht insbesondere im Kontext des Infektionsschutzes und zur Eindämmung von übertragbaren Krankheiten, wie etwa während der COVID-19-Pandemie, von den zuständigen Behörden der Länder oder des Bundes erlassen werden. Rechtsgrundlage ist dabei regelmäßig das Infektionsschutzgesetz (IfSG), das den Landesregierungen und Gesundheitsämtern die Möglichkeit gibt, notwendige Schutzmaßnahmen anzuordnen, wenn dies zur Verhinderung der Verbreitung bestimmter Krankheiten erforderlich erscheint (§ 28 ff. IfSG). Voraussetzung ist in der Regel eine konkrete Gefahr für die öffentliche Gesundheit aufgrund der epidemiologischen Lage. Das Beherbergungsverbot bezieht sich dann meist auf Gäste aus definierten Risikogebieten, wobei diese Gebiete von den zuständigen Behörden anhand von Inzidenzwerten oder vergleichbaren Parametern festgelegt werden. Maßgeblich ist dabei, dass das Verbot verhältnismäßig sein muss – das heißt, es darf nicht über das zur Gefahrenabwehr notwendige Maß hinausgehen und muss auf einer sachlichen, nachvollziehbaren Risikoabschätzung beruhen. Ausnahmen vom Verbot, etwa für beruflich oder medizinisch begründete Übernachtungen, können durch Rechtsverordnung geregelt werden.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für Betroffene, gegen ein Beherbergungsverbot vorzugehen?

Betroffene, wie beispielsweise Beherbergungsbetriebe oder Gäste, können gegen ein behördlich angeordnetes Beherbergungsverbot grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten. In der Praxis wird regelmäßig der Verwaltungsrechtsweg bemüht. Möglichkeiten sind insbesondere der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Eilverfahren) gemäß § 123 VwGO beim zuständigen Verwaltungsgericht, um die aufschiebende Wirkung gegen das Verbot zu erreichen, sowie eine Klage im Hauptsacheverfahren, die auf die Aufhebung der entsprechenden Regelung gerichtet ist. Betroffene müssen dazu darlegen, inwiefern sie durch das Verbot in ihren Grundrechten, etwa der Berufsfreiheit (Art. 12 GG), Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) oder allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), verletzt werden. Die Gerichte prüfen sodann insbesondere die Rechtmäßigkeit, Verhältnismäßigkeit und die sachliche Begründung der Maßnahme. Gegen Entscheidungen der ersten Instanz ist regelmäßig die Anrufung der Oberverwaltungsgerichte (bzw. Verwaltungsgerichtshöfe) und ggf. des Bundesverwaltungsgerichts möglich.

Welche rechtlichen Pflichten ergeben sich für Beherbergungsbetriebe aufgrund eines Beherbergungsverbots?

Mit Wirksamwerden eines Beherbergungsverbots sind Beherbergungsbetriebe juristisch verpflichtet, Übernachtungen für die vom Verbot betroffenen Personen zu unterlassen. Dies gilt unabhängig von bestehenden Reservierungen oder vertraglichen Zusagen und stellt eine unmittelbare, öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar. Verstöße gegen das Verbot können bußgeldbewehrt sein, da Verstöße gegen infektionsschutzrechtliche Anordnungen meist als Ordnungswidrigkeiten kategorisiert werden (§ 73 IfSG). Die Betriebe sind zudem verpflichtet, geeignete Kontrollmechanismen zur Ermittlung der Herkunft ihrer Gäste einzusetzen (z. B. Vorlage einer Selbstauskunft oder eines negativen Testergebnisses), um eine rechtskonforme Umsetzung der Regelungen sicherzustellen. Gleichzeitig entstehen gegebenenfalls zivilrechtliche Folgefragen, etwa hinsichtlich etwaiger Rückerstattungs- oder Schadensersatzansprüche der Gäste.

Welche Bedeutung hat die Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit dem Beherbergungsverbot?

Die Verhältnismäßigkeit ist bei Beherbergungsverboten ein zentrales verfassungsrechtliches Kriterium. Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, müssen geeignet, erforderlich und angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne) sein. Dies bedeutet, dass das Beherbergungsverbot einen legitimen Zweck – etwa den Gesundheitsschutz der Allgemeinheit – verfolgen und dazu geeignet sein muss, diesen Zweck zu fördern. Zugleich darf es kein milderes, ebenso wirksames Mittel zur Zielerreichung geben. Schließlich muss der Eingriff in die Rechte der Betroffenen – insbesondere von Hotel- und Gaststättenbetrieben sowie Reisenden – in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Schutzgut stehen. Die Verhältnismäßigkeit wurde von zahlreichen Gerichten herangezogen, um die Zulässigkeit von Beherbergungsverboten während der COVID-19-Pandemie zu überprüfen, wobei insbesondere das Fehlen von milderen Maßnahmen (bspw. verpflichtende Tests) zur gerichtlichen Aufhebung von Verboten geführt hat.

Welche Ausnahmen kann es von einem Beherbergungsverbot rechtlich geben?

Rechtsverordnungen oder Allgemeinverfügungen, die ein Beherbergungsverbot anordnen, sehen regelmäßig Ausnahmen vor, um unbillige Härten oder unangemessene Eingriffe zu vermeiden. Zu den typischen Ausnahmen zählen Übernachtungen aus zwingenden beruflichen Gründen, zu notwendigen medizinischen Zwecken oder aufgrund unvermeidbarer persönlicher Notlagen (z. B. Pflege von Angehörigen, Trauerfeier). Darüber hinaus können Ausnahmen durch Vorlage eines negativen Tests auf eine Infektion mit dem Erreger der Krankheit vorgesehen sein. Die konkreten Ausnahmeregelungen variieren jedoch je nach Bundesland und aktueller Pandemielage, da den Ländern dabei ein erheblicher Regelungsspielraum zukommt. Die Geltendmachung einer Ausnahme muss ggf. glaubhaft gemacht bzw. durch entsprechende Nachweise belegt werden.

Wie wirkt sich ein Beherbergungsverbot auf bestehende Beherbergungsverträge aus zivilrechtlicher Sicht aus?

Wird ein Beherbergungsverbot erlassen, können bestehende Übernachtungsverträge in der Regel nicht durchgeführt werden, da eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB vorliegt. In diesem Fall entfällt die Leistungspflicht der Beherbergungsbetriebe, was spiegelbildlich dazu führt, dass die Gäste keinen Anspruch auf die Vertragsleistung mehr haben. Im Ergebnis können vorausgezahlte Entgelte zurückgefordert werden, und der Beherbergungsbetrieb ist von seiner Leistungsverpflichtung befreit (§ 326 Abs. 1 BGB). Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung sind grundsätzlich ausgeschlossen, da die Nichtleistung auf ein gesetzliches Verbot zurückzuführen ist (§ 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB). Möglich bleiben jedoch Individualvereinbarungen, etwa die Umbuchung auf einen späteren Termin, sofern beide Parteien einverstanden sind.

Welche Dokumentations- und Kontrollpflichten treffen Beherbergungsbetriebe im Zusammenhang mit einem Beherbergungsverbot?

Beherbergungsbetriebe trifft im Rahmen der Umsetzung von Beherbergungsverboten die Pflicht, ihre Gäste nach Herkunft und Aufenthaltsort abzufragen und die Einhaltung der jeweils geltenden Regelungen zu kontrollieren. Dies kann bedeuten, dass Gäste einen Nachweis ihres Wohnorts erbringen oder eine Selbstauskunft ausfüllen müssen. Teilweise wird auch die Vorlage eines aktuellen, negativen Corona-Testergebnisses verlangt. Die Betriebe sollten die erhobenen Nachweise datenschutzkonform behandeln und, soweit rechtlich vorgeschrieben, bereit halten, um sie auf Verlangen der zuständigen Behörden vorlegen zu können. Eine Verletzung dieser Kontroll- und Dokumentationspflichten kann mit Bußgeldern geahndet werden und gegebenenfalls weitergehende haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.