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Beendigung (einer Straftat)


Beendigung (einer Straftat)

Begriffserklärung und Abgrenzung

Die Beendigung einer Straftat ist ein zentraler strafrechtlicher Begriff, der den Zeitpunkt bezeichnet, zu dem das strafbare Verhalten und seine unmittelbaren Auswirkungen abgeschlossen sind. Sie ist von den Begriffen Versuch, Vollendung und Beendigungszeitpunkt abzugrenzen und spielt eine wesentliche Rolle für verschiedene strafrechtliche Institute, wie etwa die tätige Reue, den Rücktritt und die Verjährung.

Abgrenzung: Versuch, Vollendung und Beendigung

Versuch

Der Versuch einer Straftat setzt mit der unmittelbaren Ansetzung zur Tatbestandsverwirklichung ein (§ 22 StGB). Solange der Täter noch keinen Straftatbestand vollständig verwirklicht hat, befindet er sich im Stadium des Versuchs.

Vollendung

Von Vollendung spricht man, sobald sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind. Bei einem Diebstahl (§ 242 StGB) ist dies beispielsweise der Fall, wenn der Täter die Sache an sich genommen hat und der Gewahrsam des bisherigen Besitzers gebrochen ist.

Beendigung

Die strafrechtliche Beendigung einer Straftat liegt vor, wenn das tatbestandliche Unrecht seine Auswirkungen abgeschlossen hat und die Tat nicht mehr fortwirkt. Die Beendigung ist somit von der Vollendung zu unterscheiden: Während die Vollendung an den objektiven Tatbestand anknüpft, stellt die Beendigung auf die tatsächliche Beendigung des Delikts im Sinne des Unrechts und seiner Auswirkungen ab.

Bedeutung der Beendigung für das Strafrecht

Die genaue Bestimmung der Beendigung ist aus verschiedenen Gründen von erheblicher Bedeutung:

  • Tätige Reue: Einige Tatbestände, wie etwa die Brandstiftung (§ 306b Abs. 2 StGB), eröffnen dem Täter nach der Vollendung, aber bis zur Beendigung der Tat, Erleichterungen durch tätige Reue.
  • Rücktritt vom Versuch: Ein Rücktritt ist nur bis zur Vollendung, nicht jedoch nach der Beendigung möglich.
  • Verjährung: Die strafrechtliche Verjährung beginnt grundsätzlich mit Beendigung der Straftat (§ 78a StGB).
  • Strafvereitelung: Bestimmte Straftatbestände, insbesondere die Strafvereitelung (§ 258 StGB), können erst nach Beendigung der Vortat verwirklicht werden.

Maßgebliche Kriterien zur Bestimmung des Beendigungszeitpunkts

Die Feststellung, wann eine Straftat beendet ist, richtet sich nach dem Deliktstyp:

Bei Erfolgsdelikten

Bei Erfolgsdelikten (z. B. Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung) ist die Beendigung grundsätzlich dann eingetreten, wenn der tatbestandliche Erfolg eingetreten und das unmittelbare Unrecht abgeschlossen ist. Beim Diebstahl bedeutet dies beispielsweise, dass nicht nur der Gewahrsamswechsel vollzogen, sondern die Wegnahme auch gesichert ist und der frühere Gewahrsamsinhaber keine Chance mehr hat, den Besitz zurückzuerlangen.

Bei Dauerdelikten

Bei Dauerdelikten (z. B. Freiheitsberaubung, Hausfriedensbruch) dauert die Tathandlung an, solange der durch das Delikt geschaffene rechtswidrige Zustand fortbesteht. Die Beendigung tritt erst mit dem Wegfall dieses Zustands ein. Bei der Freiheitsberaubung ist die Tat mit der Entlassung der Person in die Freiheit beendet.

Bei Unterlassungsdelikten

Bei echten Unterlassungsdelikten wird die Beendigung regelmäßig mit dem endgültigen Verstreichenlassen der Erfolgsabwendung festgemacht, d. h., wenn die dem Täter obliegende Handlungspflicht endgültig nicht mehr erfüllt werden kann.

Sonderfälle der Beendigung

Mehraktige oder fortgesetzte Delikte

Bei Delikten, die sich über längere Zeit erstrecken oder mehrere Einzeltaten umfassen, richtet sich die Beendigung nach dem Abschluss aller tatbestandlichen Handlungen und der daran anschließenden Unrechtsauswirkung.

Beteiligung mehrerer Personen

Bei der Tatbeteiligung mehrerer Personen richtet sich die Beendigung grundsätzlich nach der letzten, tatbestandsmäßigen Handlung oder Handlungsauswirkung, soweit dadurch das Unrecht abgeschlossen wird.

Bedeutung der Beendigung für die Strafzumessung und weitere Rechtsfolgen

Strafzumessungsrelevanz

Die Beendigung kann im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden, wenn ein Täter nach der Vollendung, aber vor der Beendigung aktiv zur Schadensbegrenzung beigetragen hat.

Strafaufhebungs- und Strafmilderungsgründe

Insbesondere im Zusammenhang mit tätiger Reue (§§ 306e, 320, 330a, 371 StGB) und Rücktrittsvorschriften ist die genaue Bestimmung des Beendigungszeitpunktes relevant. Eine Strafaufhebung oder -milderung ist häufig vom rechtzeitigen Handeln, also vor Beendigung der Tat, abhängig.

Auswirkungen auf den Eintritt der Strafverfolgungsverjährung

Gemäß § 78a StGB beginnt die Verjährungsfrist mit der Beendigung der Straftat, was insbesondere bei Dauerdelikten erhebliche Bedeutung für die Strafbarkeit haben kann.

Rechtsprechung und Literatur zur Beendigung

Die Bestimmung des Beendigungszeitpunkts ist immer am jeweiligen Tatbestand und den Tatbestandsmerkmalen auszurichten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowie die einschlägige Literatur betonen, dass eine einzelfallabhängige, tatorientierte Betrachtung notwendig ist. Insbesondere bei neuen Deliktsformen oder komplexen tatsächlichen Geschehensabläufen kann die Abgrenzung schwierig sein.

Fazit

Der Begriff der Beendigung einer Straftat ist von zentraler Bedeutung im Strafrecht, da zahlreiche strafrechtliche Institute und Rechtsfolgen an den Zeitpunkt der Beendigung anknüpfen. Die Bestimmung des Beendigungszeitpunkts erfordert stets eine genaue Analyse des jeweiligen Deliktstyps und der tatsächlichen Umstände. Ihre rechtliche Einordnung beeinflusst Aspekte wie Rücktrittsmöglichkeiten, tätige Reue, Beginn der Verjährung und Strafzumessung in erheblichem Umfang.


Siehe auch:

Literatur:

  • Fischer, Strafgesetzbuch, neueste Auflage
  • Joecks, Studienkommentar StGB
  • Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar

Rechtsgrundlagen:

  • § 78a StGB – Beginn der Verjährung
  • § 22 StGB – Versuch
  • §§ 306e, 320, 330a, 371 StGB – tätige Reue
  • § 242 StGB – Diebstahl

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt eine freiwillige Beendigung der Straftat vor?

Eine freiwillige Beendigung einer Straftat liegt vor, wenn der Täter sich aus eigenem Antrieb und ohne maßgeblichen äußeren Zwang dazu entscheidet, die rechtswidrige Tat nicht weiterzuführen oder abschließend zu verwirklichen. Im deutschen Strafrecht zielt die Figur der freiwilligen Beendigung insbesondere darauf ab, Tätern eine Rücktrittsmöglichkeit zu bieten, wodurch sie einer vollständigen Strafbarkeit entgehen oder eine Strafmilderung in Aussicht gestellt bekommen (§ 24 StGB). Von Freiwilligkeit spricht man, wenn etwaige äußere Umstände – wie Entdeckung durch Dritte oder unmittelbarer polizeilicher Zugriff – nicht ausschlaggebend für die Aufgabe der Tatabsicht sind. Vielmehr muss die Entscheidung aus einer selbstbestimmten Motivation, etwa moralische Bedenken oder Reue, gefallen sein. Nicht unter die Freiwilligkeit fällt es hingegen, wenn der Täter aus Angst vor Entdeckung oder anderen Umständen, die er nicht beeinflussen kann, von der Tat absieht. Dies wird im Einzelfall anhand objektiver und subjektiver Kriterien geprüft und beurteilt.

Gibt es Unterschiede zwischen der Beendigung einer Versuchs- und einer Vollendungstat?

Ja, zwischen der Beendigung einer Versuchsstraftat und der Rücktrittsmöglichkeit nach Vollendung bestehen erhebliche rechtliche Unterschiede. Im Versuchsstadium, also bevor der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist, eröffnet § 24 StGB die Möglichkeit, durch bloßes Aufgeben der weiteren Tatausführung oder Verhinderung des Erfolgseintritts straffrei auszugehen. Dabei wird zwischen dem „Rücktritt vom Versuch“ und einer „tätigen Reue“ unterschieden. Ist die Tatvollendung bereits eingetreten, greifen andere gesetzliche Rücktritts- oder Strafabwendungsregelungen, beispielsweise beim Diebstahl (§ 248a StGB) oder bei bestimmten Staatsschutzdelikten, voraus. Zentral ist, dass der erfolglose Täter einfacher zurücktreten kann als der Täter einer vollendeten Tat, bei der regelmäßig aktive Schadenskompensation oder Offenbarung erforderlich ist.

Welche Bedeutung hat die sogenannte Rücktrittserklärung bei der Beendigung einer Straftat?

Die bloße Erklärung des Täters, von der Tat abgesehen zu haben, reicht nicht aus, um rechtlich wirksam zurückzutreten oder eine Beendigung geltend zu machen. Maßgeblich sind die tatsächlichen Handlungen und Umstände, die die Aufgabe der weiteren Tatausführung oder eine Verhinderung des Taterfolgs belegen. Die Rücktrittshandlung muss eindeutig nachweisbar und objektiv geeignet sein, die Tat zu verhindern. Ein Täter muss zudem – sofern ein Mehr-Personen-Verhältnis (Mittäter-/Teilnahmeverhältnisse) vorliegt – insbesondere darauf achten, dass sein Rücktritt oder seine Beendigungshandlung auch die Taten der anderen involvierten Personen erfasst oder verhindert.

Wie wird die Beendigung einer Straftat in Mehrpersonenverhältnissen beurteilt?

In Fällen mit mehreren Beteiligten – etwa bei Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) oder Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) – gelten besondere Vorschriften für die Beendigung bzw. den Rücktritt. Hier genügt es nicht, dass ein Täter allein von seiner Tat zurücktritt; vielmehr muss er sicherstellen, dass der tatbestandliche Erfolg insgesamt verhindert wird oder zumindest alles Erforderliche zur Verhinderung unternimmt. Ein Rücktritt ist in diesen Konstellationen auch dann möglich, wenn der einzelne seine Beteiligung vollständig aufgibt und – soweit realisierbar – aktiv dazu beiträgt, dass auch die anderen von der Tat Abstand nehmen oder der Erfolg nicht eintritt. Gelingt dies nicht, bleibt die Strafbarkeit grundsätzlich erhalten.

Welche Rechtsfolgen hat die erfolgreiche Beendigung einer Straftat?

Eine erfolgreiche Beendigung bzw. ein wirksamer Rücktritt kann gemäß § 24 StGB zur vollständigen Straffreiheit führen. Hat der Täter hingegen nicht alle für den Erfolgseintritt erforderlichen Handlungen unterlassen oder den Erfolg nicht verhindert, kommt es unter Umständen zu einer Strafmilderung, sofern der Täter nachweisbar dazu beigetragen hat, den Erfolg zu verhindern oder die Folgen abzuwenden. Wird ein Rücktritt oder eine Beendigung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht anerkannt, bleibt es bei voller Strafbarkeit für Versuch oder Vollendung.

Welche Rolle spielt die „tätige Reue“ bei der Beendigung von Straftaten?

Die tätige Reue ist ein eigenständiges strafmilderndes oder sogar strafbefreiendes Institut, das insbesondere für bestimmte Delikte wie Brandstiftung (§§ 306e StGB), falsche Verdächtigung (§ 158 StGB) oder Erpressung (§ 157 StGB) gesetzlich vorgesehen ist. Sie erfordert, dass der Täter nach Vollendung der Straftat aktiv zur Abwendung oder Beseitigung des Schadens bzw. Taterfolgs beiträgt. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind jeweils in den Spezialnormen geregelt und beschränken sich auf bestimmte Delikte, für die der Gesetzgeber im Rahmen der Prävention eine nachträgliche Schadenswiedergutmachung besonders privilegiert.

Kann die Beendigung einer Straftat nachträglich durch äußere Umstände verhindert werden?

Ob eine Beendigung oder ein Rücktritt wirksam bleibt, prüft sich stets aus einer Ex-ante-Perspektive, also aus Sicht des Täters zum Zeitpunkt der Aufgabe der weiteren Tatausführung bzw. Verhinderung des Erfolgs. Nachträglich eintretende externe Umstände – etwa Entdeckung durch Dritte oder Zufallstatbestand – können die Freiwilligkeit oder Wirksamkeit des Rücktritts im Nachhinein nicht entfallen lassen, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt ein freiwilliger und ernsthafter Rücktritt anzunehmen war. Demgegenüber liegt keine Beendigung vor, wenn der Täter nur deshalb von der weiteren Tatausführung absieht, weil er durch äußeren Zwang oder unvorhersehbare Hindernisse an der Vollendung gehindert wird.