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Bebauungsplan


Definition und Rechtsnatur des Bebauungsplans

Ein Bebauungsplan ist das zentrale Instrument der verbindlichen Bauleitplanung im deutschen Städtebaurecht. Im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt, trifft er Aussagen über die städtebauliche Ordnung eines bestimmten Plangebietes und bestimmt, wie Grundstücke bebaut oder genutzt werden dürfen. Ein Bebauungsplan ist eine Satzung und damit eine untergesetzliche Rechtsnorm, die von der Gemeinde erlassen wird.

Gesetzliche Grundlagen und Verfahrensvorschriften

Baugesetzbuch (BauGB)

Der Bebauungsplan ist in § 8 ff. BauGB geregelt. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

Arten von Bebauungsplänen

Man unterscheidet nach § 30 BauGB folgende Bebauungspläne:

  • Qualifizierter Bebauungsplan: Enthält mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen.
  • Einfacher Bebauungsplan: Trifft nicht alle vorgenannten Festsetzungen und ergänzt diese gegebenenfalls durch auf andere Vorschriften gestützte Regelungen.
  • Vorhabenbezogener Bebauungsplan (§ 12 BauGB): Auf Vorhaben und Erschließungspläne zugeschnittener Plan, der auf konkrete Projekte angelegt ist.

Rechtsverordnung und Satzungscharakter

Der Erlass eines Bebauungsplans erfolgt per Satzung, die Bindungswirkung für jedermann entfaltet. Der Bebauungsplan ist ortsrecht, die Einhaltung ist für private Bauherren, Investoren und Behörden bindend.

Inhaltliche Festsetzungen des Bebauungsplans

Der Bebauungsplan kann gemäß § 9 BauGB eine Vielzahl von Festsetzungen enthalten, unter anderem:

  • Art und Maß der baulichen Nutzung (z.B. Wohngebiet, Gewerbegebiet, Mischgebiet)
  • Die überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksflächen
  • Höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse, Bauhöhe, Grundflächenzahl (GRZ), Geschossflächenzahl (GFZ)
  • Anordnung von baulichen Anlagen, Bauweise (offen/geschlossen)
  • Verkehrsflächen, Grünflächen, Wasserflächen
  • Flächen für den Gemeinbedarf (z.B. Schulen, Kindergärten)
  • Maßnahmen des Umweltschutzes und des Klimaschutzes
  • Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder Hochwasser

Ein Bebauungsplan kann auf einen Teilbereich, auch als Teilflächenplan oder „B-Plan“ bezeichnet, beschränkt sein.

Festsetzungsmethoden

Festsetzungen erfolgen in der Regel zeichnerisch und/oder textlich. Die zeichnerische Umsetzung, der sogenannte „Plan“, wird durch textliche Festsetzungen ergänzt und präzisiert. Die Planunterlagen sind integraler Bestandteil des Bebauungsplans.

Aufstellung und Verfahren des Bebauungsplans

Aufstellungsverfahren

Die Aufstellung eines Bebauungsplans ist in den §§ 2 bis 4c BauGB geregelt und gliedert sich in folgende Verfahrensschritte:

  1. Einleitungsbeschluss: Die Gemeinde beschließt die Aufstellung.
  2. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1 BauGB): Bürger:innen können sich bereits im Frühstadium einbringen.
  3. Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (§ 4 BauGB): Fachbehörden und sonstige Stellen werden beteiligt.
  4. Öffentliche Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB): Der Entwurf des Plans liegt für einen bestimmten Zeitraum öffentlich aus; es können Stellungnahmen abgegeben werden.
  5. Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB): Die Gemeinde wägt öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander ab.
  6. Satzungsbeschluss: Der Plan wird als Satzung beschlossen.
  7. Anzeigeverfahren und Inkrafttreten (§ 10 BauGB): Der Plan ist gemäß § 10 BauGB dem Landratsamt oder der Bezirksregierung anzuzeigen und wird ortsüblich bekannt gemacht.

Umweltprüfung

Wesentliches Element des Verfahrens ist die Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB, die mögliche Umweltfolgen des Plans ermittelt, beschreibt und bewertet.

Rechtswirkung und Bindungswirkung

Bebauungspläne binden sowohl Grundstückseigentümer als auch Bauherren und die Baugenehmigungsbehörden. Abweichungen sind grundsätzlich nicht möglich, nur Befreiungen nach § 31 BauGB in eng begrenztem Rahmen. Auch Planungsabsichten der Eigentümer und Investoren müssen sich der Planungshoheit der Gemeinde unterordnen.

Planerische Bindung und Ausnahmen

Genehmigungsbehörden dürfen nur Vorhaben zulassen, die dem Bebauungsplan entsprechen, es sei denn, es greift eine Ausnahmeregelung, wie z.B. eine Befreiung nach § 31 BauGB.

Nachbarschutz

Nachbarn können aus einem Bebauungsplan unter Umständen subjektive Rechte herleiten, insbesondere wenn nachbarschützende Festsetzungen betroffen sind (z.B. Überschreitung von Baugrenzen oder Überschreitung der zulässigen Höhe).

Änderungen, Aufhebungen und Unwirksamkeit

Ein Bebauungsplan kann jederzeit aus städtebaulichen Gründen geändert, ergänzt oder aufgehoben werden (§ 1 Abs. 8 BauGB). Hierfür ist ein eigenständiges Verfahren mit entsprechender Beteiligung und Abwägung erforderlich.

Unwirksamkeit

Ein Bebauungsplan kann ganz oder teilweise unwirksam sein, wenn formelle oder materielle Fehler im Aufstellungsverfahren oder bei den Festsetzungen vorliegen. Die §§ 214 ff. BauGB regeln die Voraussetzungen der Unwirksamkeit und die Heilung von Fehlern.

Verhältnis zu anderen Planungsinstrumenten

Flächennutzungsplan

Der Bebauungsplan entwickelt seine städtebauliche Zulässigkeit aus dem (vorbereitenden) Flächennutzungsplan. Nach § 8 Abs. 2 BauGB ist der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, der einen größeren räumlichen Bezugsrahmen umfasst.

Regionale und überörtliche Planungen

Der Bebauungsplan muss regionalen und überörtlichen Planungen (Landesentwicklungsplan, Regionalplan) sowie den Vorschriften des Bundes und der Länder Rechnung tragen.

Rechtsschutz und Kontrolle

Gegen einen Bebauungsplan kann die Normenkontrolle nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Oberverwaltungsgericht beziehungsweise Verwaltungsgerichtshof eingeleitet werden. Hier können planungsrechtliche Normen wie ein Bebauungsplan auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.

Fazit

Der Bebauungsplan nimmt eine zentrale Stellung im deutschen Städtebaurecht ein und steuert detailliert die Bodennutzung auf Gemeindeebene. Seine grundsätzlichen Regelungsinhalte, das geregelte Verfahren seiner Aufstellung inklusive Beteiligung der Öffentlichkeit, die Bindungswirkung und die rechtlichen Möglichkeiten der Kontrolle machen ihn zu einem essentiellen Instrument zur rechtssicheren Steuerung der baulichen Entwicklung von Städten und Gemeinden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen einen Bebauungsplan vorzugehen?

Personen, die in ihren Rechten durch einen Bebauungsplan verletzt werden, können grundsätzlich nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einen Normenkontrollantrag beim zuständigen Oberverwaltungsgericht beziehungsweise Verwaltungsgerichtshof stellen. Antragsbefugt sind insbesondere Grundstückseigentümer, deren Grundstücke vom Bebauungsplan betroffen sind und die geltend machen können, in ihren eigenen Rechten verletzt zu sein. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung des Plans gestellt werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), wobei in bestimmten Fällen auch eine spätere Antragsfrist in Betracht kommt. Die gerichtliche Überprüfung umfasst die Einhaltung von Verfahrensvorschriften, die inhaltliche Rechtmäßigkeit (Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, etwa Baugesetzbuch, Raumordnungspläne, Umweltvorschriften) sowie Fragen der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange. Wird der Bebauungsplan für unwirksam erklärt, entfällt die verbindliche Bauleitplanung für das betroffene Gebiet oder die betroffene Regelung, was weitreichende bauordnungsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Welche Beteiligungsrechte stehen Bürgern im Aufstellungsverfahren eines Bebauungsplans zu?

Im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans sind nach Baugesetzbuch (BauGB) insbesondere in den §§ 3 und 4 gesetzlich normierte Beteiligungsrechte für Bürger und Behörden vorgesehen. Bürger werden im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, etwaige Planalternativen und die voraussichtlichen Auswirkungen informiert. Im Zuge der förmlichen Offenlage (§ 3 Abs. 2 BauGB) wird der Planentwurf mit Begründung und Umweltbericht für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt und im Internet zur Verfügung gestellt. Während dieser Zeit können Bürger Stellungnahmen abgeben, die von der Gemeinde zu prüfen und im Abwägungsprozess zu berücksichtigen sind. Eine Missachtung dieser Rechte kann zur formellen Rechtswidrigkeit des Plans führen, sofern die Vorschriften nicht gemäß § 215 BauGB geheilt werden.

Welche Bindungswirkung entfaltet ein Bebauungsplan für Bauanträge und Baugenehmigungen?

Ein Bebauungsplan ist als Satzung (kommunale Rechtsnorm) für die Gemeinde, Behörden, Eigentümer und Bauherrn verbindlich (§ 30 BauGB). Ein Bauantrag ist zu genehmigen, wenn das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans und sonstigen baurechtlichen Vorschriften entspricht. Die Genehmigungsbehörde darf im sogenannten „qualifizierten Bebauungsplan“ (mindestens Festsetzung über Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche, örtliche Verkehrsflächen) keinerlei Abweichungen zulassen, es sei denn, es sind Ausnahmen oder Befreiungen nach § 31 BauGB möglich bzw. erteilt worden. Im Übrigen kann eine Abweichung Auswirkungen auf die Genehmigungsfähigkeit und spätere Nutzung des Bauvorhabens haben.

Inwieweit kann ein Bebauungsplan aufgehoben oder geändert werden?

Die Gemeinde kann einen bestehenden Bebauungsplan gemäß § 1 Abs. 8 BauGB aufheben oder ändern. Hierbei ist ein formales Verfahren unter Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften (Beteiligung der Öffentlichkeit, Behörden, Umweltverträglichkeitsprüfung etc.) erforderlich – ein vereinfachtes Verfahren ist nur unter bestimmten, im Gesetz genannten Voraussetzungen möglich (§ 13 BauGB). Eine Änderung oder Aufhebung hat Rechtswirkung nur ex nunc, d.h. für die Zukunft. Bestandsschutz für bereits rechtmäßig errichtete oder genehmigte Bauvorhaben bleibt grundsätzlich unberührt, wobei sich dies insbesondere auf Baugenehmigungen auswirkt, die vor Inkrafttreten der Änderung oder Aufhebung erteilt wurden.

Welche Rolle spielen Umweltbelange und Gutachten im Bebauungsplanverfahren?

Gemäß §§ 1 Abs. 6 Nr. 7 und 2 Abs. 4 BauGB sind Umweltbelange zwingend in die planerische Abwägung einzustellen. Bestandteil des Bauleitplanverfahrens ist regelmäßig eine Umweltprüfung, deren Ergebnisse im sogenannten Umweltbericht dokumentiert werden. Die Anforderungen reichen von der Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen auf Mensch, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima und Landschaft bis hin zu Fragen der Wechselwirkungen und Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung oder Ausgleich möglicher Beeinträchtigungen. Fachgutachten, etwa zur Lärmemission, Schadstoffbelastung oder Artenschutzrecht, sind je nach Einzelfall integraler Bestandteil des Verfahrens und können für die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans entscheidend sein.

Wie wird ein Bebauungsplan bekannt gemacht, und ab wann entfaltet er Rechtswirkung?

Nach § 10 Abs. 3 BauGB wird der Bebauungsplan von der Gemeinde als Satzung beschlossen und anschließend ortsüblich bekannt gemacht. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt in der Regel durch Veröffentlichung im Amtsblatt oder auf der Internetseite der Gemeinde. Erst mit der Bekanntmachung tritt der Plan in Kraft und entfaltet seine rechtliche Bindungswirkung für das Gebiet (§ 10 Abs. 1 BauGB). Rechtsmittel und Anfechtungen können ab diesem Zeitpunkt erhoben werden.

Welche Bedeutung haben Festsetzungen im Bebauungsplan für Nachbarrechte?

Festsetzungen des Bebauungsplans, insbesondere zu Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, Höhe oder Grenzabständen, geben dem Nachbarn Schutzansprüche auf die Einhaltung derselben durch benachbarte Bauvorhaben. Wird von diesen Festsetzungen abgewichen, kann sich der Nachbar auf eine mögliche Verletzung seines subjektiven öffentlichen Rechts berufen und gegen Baugenehmigungen im Wege des Nachbarwiderspruchs oder der Nachbarklage vorgehen. Jedoch besteht unmittelbarer subjektiver Rechtsschutz nur, soweit die Festsetzungen drittschützend sind und der Nachbar durch die Abweichung in eigenen Rechten betroffen ist – was anhand der konkreten Schutzrichtung der Normen zu prüfen ist.