Legal Lexikon

Bauwerk


Begriff und Definition des Bauwerks im rechtlichen Kontext

Allgemeine Definition

Der Begriff Bauwerk bezeichnet im rechtlichen Zusammenhang jede mit dem Erdboden verbundene, aus Baustoffen hergestellte, künstliche Anlage, die durch eine menschliche Leistung entsteht. Ein Bauwerk dient üblicherweise Wohn-, Arbeits-, Schutz- oder Verkehrszwecken und ist auf Dauer angelegt. Zu den Bauwerken zählen unter anderem Gebäude, Brücken, Tunnel, Dämme sowie weitere technische oder bauliche Anlagen.

Gesetzliche Grundlage und Abgrenzung

In Deutschland ist der Bauwerksbegriff nicht einheitlich im Gesetz definiert, sondern wird in verschiedenen Rechtsgebieten und Normen unterschiedlich ausgelegt:

  • Bauordnungsrecht: Die Landesbauordnungen der Bundesländer definieren Bauwerke als bauliche Anlagen (§ 2 Musterbauordnung – MBO).
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Im Rahmen des Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB) wird ein Bauwerk als ein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks (§ 94 BGB) behandelt.
  • Baurecht und Bauvertragsrecht: Das Bauwerk ist Vertragsgegenstand bei Bauträger-, Bau- oder Architektenverträgen.
  • Nachbarrechtsgesetzgebung: Auch nachbarrechtliche Vorschriften definieren Bauwerke detailliert mit Blick auf Grenzabstände und Immissionsschutz.

Abgrenzung zu anderen Anlagen

Nicht zu den Bauwerken zählen rein bewegliche Einrichtungen, temporäre Aufbauten oder Anlagen, die keine dauerhafte Verbindung mit dem Erdboden aufweisen. Die Abgrenzung erfolgt regelmäßig anhand der Kriterien der Standfestigkeit, Dauerhaftigkeit, Nutzung und Zweckbestimmung.


Rechtliche Bedeutung von Bauwerken in verschiedenen Rechtsgebieten

Bauordnungsrecht

Im Bauordnungsrecht spielen Bauwerke eine zentrale Rolle. Die Vorschriften der jeweiligen Landesbauordnungen regeln

  • die Genehmigungspflicht,
  • die Anforderungen an Bauausführung und Standsicherheit,
  • die Zulässigkeit und Nutzung,
  • den Schutz von Umwelt, Nachbarn und Öffentlichkeit.

Bei genehmigungspflichtigen Bauwerken ist häufig eine Baugenehmigung erforderlich, die nach Prüfung der Einhaltung aller bauordnungsrechtlichen Vorschriften erteilt wird.

Öffentliches Baurecht

Das öffentliche Baurecht unterscheidet zwischen dem Bauplanungsrecht (Baugesetzbuch – BauGB, Baunutzungsverordnung – BauNVO) und dem Bauordnungsrecht. Das Bauwerkbezieht sich hier auf die materielle Baurechtmäßigkeit. Entscheidend ist, ob das geplante Bauwerk im Sinne der §§ 29 ff. BauGB zulässig ist, insbesondere hinsichtlich

  • seiner Einfügung in die nähere Umgebung,
  • der Erschließung,
  • städtebaulicher Belange und
  • des Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen.

Bauvertragsrecht und Werkvertragsrecht

Nach § 650a BGB wird der Begriff „Bauwerk“ im Zusammenhang mit Bauverträgen verwendet. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen dem Allgemeinen Werkvertrag und dem sog. Bauvertrag. Ein Bauwerk im Sinne des Bauvertrags ist jede Herstellung, Instandsetzung, Beseitigung oder Änderung einer mit dem Boden verbundenen baulichen Anlage.

Relevante Aspekte:

  • Gewährleistungen beim Bauwerk sowie Verjährungsfristen (5 Jahre gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB)
  • Abnahme des Bauwerks als zentrale rechtliche Handlung
  • Mängelrechte und -beseitigung

Nachbarrechtliche Vorschriften

Bauwerke werden hinsichtlich Abstandsflächen, Grenzbebauung und Einwirkungen auf Nachbargrundstücke durch nachbarrechtliche Regeln (z.B. NachbG, BGB §§ 903 ff.) geschützt bzw. beschränkt.

Umwelt- und Denkmalschutzrecht

Bestimmte Bauwerke stehen unter Denkmalschutz (nach den Denkmalschutzgesetzen der Länder) oder bedürfen aufgrund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) besonderer Genehmigungen, etwa für Lärmschutz oder Umweltverträglichkeit.


Pflichten und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit Bauwerken

Eigentümerpflichten

Eigentümer oder Betreiber eines Bauwerks unterliegen umfassenden Verkehrssicherungspflichten. Sie müssen Schäden durch mangelhaften Bau oder unzureichende Wartung vorbeugen und haften für daraus entstehende Schäden nach § 823 BGB.

Sicherheitsanforderungen

Sicherheitsanforderungen an Bauwerke ergeben sich aus den technischen Baubestimmungen, Normen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Insbesondere müssen Brandschutz, Statik, Witterungsbeständigkeit und Barrierefreiheit sichergestellt werden.

Haftung bei Baumängeln

Für Schäden oder Folgeschäden durch mangelhafte Bauausführung gelten die Grundsätze der verschuldensunabhängigen Gewährleistungspflicht des Herstellers oder Unternehmers. Mängelrechte umfassen Nacherfüllung, Minderung oder Rücktritt vom Vertrag sowie ggf. Schadensersatz.


Sonderfragen im Recht rund um das Bauwerk

Abbruch und Rückbau von Bauwerken

Der Rückbau ist regelmäßig an besondere Genehmigungen und Anforderungen gebunden, insbesondere wenn es sich um schützenswerte oder kontaminierte Bauwerke handelt. Auch hier gelten baurechtliche und umweltrechtliche Vorgaben.

Bauwerksbegriff in der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat den Bauwerksbegriff sukzessive erweitert und konkretisiert. Somit werden u.a. Zäune, Mauern, Werbeanlagen und technische Gebäudeausstattungen in gewissem Umfang auch als Bauwerke eingestuft, sofern sie dauerhaft mit dem Erdboden verbunden sind und einem eigenständigen Zweck dienen.

Versicherung und Verkehrssicherung

Auch versicherungsrechtlich ist der Bauwerksbegriff relevant, etwa für Gebäude- oder Haftpflichtversicherungen. Die Versicherbarkeit hängt vom Bauwerksbegriff und dessen Nutzung ab.


Weitere gesetzliche Begrifflichkeiten und Unterscheidungen

Abgrenzung zu baulichen Anlagen

Nicht jedes Bauwerk ist gleichzeitig eine bauliche Anlage, doch gilt umgekehrt jede bauliche Anlage im Sinne der Bauordnung in der Regel als Bauwerk. Details regeln die Landesgesetze und die Musterbauordnung.

Temporäre Bauwerke

Temporäre Bauwerke wie Festzelte, provisorische Unterstände oder Moveable Tiny Houses unterliegen gesonderten zulassungs- und genehmigungsrechtlichen Anforderungen.


Zusammenfassung

Der Begriff Bauwerk ist im deutschen Recht komplex und vielseitig ausgeformt. Er umfasst die dauerhafte, fest mit dem Erdboden verbundene bauliche Anlage in all ihren Facetten. Seine rechtliche Bedeutung erstreckt sich auf zahlreiche Bereiche wie Bauordnung, Privat- und Vertragsrecht, Nachbarschaftsrecht, Umweltrecht sowie Versicherungs- und Haftungsrecht. Entscheidend für die rechtliche Bewertung ist stets der Einzelfall, wobei die jeweiligen Gesetze und Verordnungen maßgeblich sind.

Durch die umfangreichen gesetzlichen Regelungen und Anforderungen schützt der Gesetzgeber sowohl das Gemeinwohl als auch individuelle Rechte im Zusammenhang mit Bauwerken.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet für Mängel am Bauwerk während und nach der Bauphase?

Für Mängel am Bauwerk haften grundsätzlich die am Bau beteiligten Unternehmer beziehungsweise die Bauunternehmen sowie gegebenenfalls die Architekten oder Bauingenieure im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Bauherrn. Während der Bauphase hat der Bauunternehmer die Pflicht, das Werk mangelfrei herzustellen (§ 633 BGB). Entdeckt der Bauherr während dieser Zeit Mängel, kann er Nacherfüllung, d.h. Beseitigung des Mangels oder Herstellung eines mangelfreien Zustands verlangen. Nach der Abnahme des Bauwerks beginnt die sogenannte Verjährungsfrist für Mängelansprüche. Diese beträgt gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Regel fünf Jahre für Bauwerke. Tritt innerhalb dieser Frist ein Mangel auf, trägt der Unternehmer ebenfalls die Haftung. Eine Haftung für Mängel kann bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz auch über diese Frist hinaus bestehen. Darüber hinaus kann die Haftung durch individuelle vertragliche Vereinbarungen erweitert oder beschränkt werden, wobei zwingende gesetzliche Vorschriften nicht unterlaufen werden dürfen. Für öffentliche Bauaufträge gelten zudem die speziellen Regelungen der VOB/B, die in einigen Punkten abweichende Fristen und Rechte vorsehen.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Errichtung eines Bauwerks?

Die Errichtung eines Bauwerks unterliegt einer Vielzahl von gesetzlichen und normativen Vorgaben. Zentrale Rechtsgrundlage sind die Landesbauordnungen der jeweiligen Bundesländer, welche Mindestanforderungen beispielsweise an Statik, Brandschutz, Schallschutz, Wärmeschutz und Barrierefreiheit vorgeben. Daneben sind öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten, wie das Baugesetzbuch (BauGB), das die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen wie Bebauungspläne und Flächennutzungsplanung regelt. Ferner müssen europäische und nationale Normen wie die DIN sowie technische Baubestimmungen berücksichtigt werden. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird in der Regel durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde überwacht. Genehmigungspflichtige Bauvorhaben dürfen erst nach Erteilung einer Baugenehmigung ausgeführt werden; bei nicht genehmigungspflichtigen Vorhaben sind die bauordnungsrechtlichen Mindeststandards dennoch zwingend einzuhalten. Bei Verstößen gegen die rechtlichen Anforderungen drohen bauaufsichtliche Maßnahmen bis hin zum Rückbau, Bußgelder oder im Extremfall sogar strafrechtliche Sanktionen.

Was sind die rechtlichen Folgen einer Schwarzarbeit am Bauwerk?

Wer Bauaufträge ohne ordnungsgemäße Anmeldung und unter Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Pflichten ausführen lässt oder selbst ausführt, begeht Schwarzarbeit. Rechtlich hat dies gravierende Konsequenzen: Verträge, die auf Schwarzarbeit beruhen, sind nach § 134 BGB in Verbindung mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig. Das bedeutet, dass weder der Auftraggeber noch der Unternehmer aus einem solchen Vertrag Ansprüche auf Vergütung, Mängelbeseitigung oder Schadensersatz herleiten können. Darüber hinaus drohen empfindliche Geldbußen für beide Parteien. Unternehmer riskieren zudem strafrechtliche Verfolgung wegen Steuerhinterziehung und Verstößen gegen sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten. Bauherren, die Schwarzarbeit beauftragen, laufen Gefahr, im Schadensfall keinen Versicherungsschutz zu haben und können bei gravierenden Verstößen selbst strafrechtlich belangt werden. Die Bauaufsichtsbehörden sind berechtigt, die Baustelle zu kontrollieren und Bauarbeiten im Falle des Verdachts auf Schwarzarbeit einzustellen.

Können Nachbarn gegen ein Bauwerk rechtlich vorgehen?

Nachbarn haben im Rahmen des sogenannten nachbarlichen Abwehrrechts die Möglichkeit, gegen die Errichtung oder Veränderungen eines Bauwerks vorzugehen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet das öffentliche Baurecht, insbesondere die jeweiligen Landesbauordnungen sowie das Baugesetzbuch. Nachbarn können Einwendungen während des Baugenehmigungsverfahrens geltend machen, insbesondere wenn sie geltend machen können, dass ihnen durch das Vorhaben unzumutbare Beeinträchtigungen (z.B. hinsichtlich Belichtung, Belüftung, Verschattung, Lärm oder Datenschutz) entstehen. Im Fall einer erteilten Baugenehmigung können sie innerhalb festgelegter Fristen Widerspruch einlegen und notfalls auch Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Zudem gibt es zivilrechtliche Ansprüche, etwa nach § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch) oder nach dem Nachbarrechtsgesetz des jeweiligen Bundeslandes. Voraussetzung für ein rechtliches Vorgehen ist in der Regel, dass subjektiv-öffentliche Rechte des Nachbarn beeinträchtigt werden. Die Erfolgsaussichten solcher Verfahren hängen maßgeblich davon ab, ob ein Verstoß gegen das Baurecht oder Nachbarrecht besteht.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein bestehendes Bauwerk legal abgerissen werden?

Der Abriss eines Bauwerks bedarf je nach Bauvorhaben einer ausdrücklichen Genehmigung oder ist unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfrei. Maßgeblich sind hier die Regelungen der jeweiligen Landesbauordnungen, welche das Verfahren, die Anzeige- oder Genehmigungspflicht sowie Anforderungen an die sichere Durchführung des Rückbaus regeln. Besonders bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen oder in einem Erhaltungsgebiet nach § 172 BauGB liegen, ist in der Regel eine besondere Genehmigung erforderlich. Der Abriss darf zudem keine öffentlich-rechtlichen Normen verletzen, z.B. hinsichtlich Lärm-, Emissions- oder Umweltschutz. Bei genehmigungsfreien Abrissen ist meist dennoch eine Anzeige bei der zuständigen Behörde erforderlich. Unzulässiger Abriss kann zu ordnungsrechtlichen Sanktionen, hohen Bußgeldern und unter Umständen auch zu Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten führen, insbesondere wenn dadurch Nachbarrechte oder Umweltschutzbestimmungen verletzt werden.

Welche Rechte hat der Bauherr bei Terminverzug am Bauwerk?

Kommt es am Bauwerk zu Verzögerungen, kann der Bauherr rechtliche Ansprüche gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen. Der Bauvertrag, typischerweise als Werkvertrag nach § 631 BGB ausgestaltet, sieht die Pflicht zur rechtzeitigen Fertigstellung des Bauwerks vor. Wird eine vereinbarte Frist überschritten, muss der Bauherr zunächst den Auftragnehmer nach Ablauf der Frist schriftlich zur Leistung auffordern und eine angemessene Nachfrist setzen. Bleibt die Leistung danach weiterhin aus, kann der Bauherr vom Vertrag zurücktreten und/oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§§ 280, 281 BGB). Im Rahmen der VOB/B besteht darüber hinaus die Möglichkeit, vereinbarte Vertragsstrafen (Pönalen) geltend zu machen, sofern dies im Vertrag geregelt wurde. Voraussetzung für solche Ansprüche ist, dass die Verzögerung vom Unternehmer zu vertreten ist, also beispielsweise nicht auf höhere Gewalt oder Umstände außerhalb seiner Einflusssphäre zurückzuführen ist.

Wie ist die Nutzung eines Bauwerks nach Fertigstellung rechtlich geregelt?

Nach Fertigstellung und Abnahme eines Bauwerks ist dessen Nutzung durch verschiedene Vorschriften geregelt. Zum einen müssen die Voraussetzungen aus der erteilten Baugenehmigung sowie gegebenenfalls Nutzungsänderungsgenehmigungen beachtet werden. Die Nutzung ist nur im genehmigten Umfang zulässig; Abweichungen (z.B. wohnwirtschaftliche Nutzung statt ursprünglich gewerblicher) sind genehmigungspflichtig. Verstöße können zu bauaufsichtlichen Maßnahmen bis hin zu Nutzungsuntersagungen führen. Darüber hinaus sind öffentlich-rechtliche Vorgaben wie das Immissionsschutzrecht, Brandschutzauflagen und gegebenenfalls Vorschriften zum Denkmalschutz einzuhalten. Zivilrechtlich regelt der Eigentümer die Nutzung meist im Rahmen von Miet-, Pacht- oder sonstigen Gebrauchsüberlassungsverträgen. Die Voraussetzungen für eine wohnwirtschaftliche Nutzung, gewerbliche Nutzung oder Mischnutzung ergeben sich auch aus kommunalen Satzungen, etwa Bebauungsplänen. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann etwa zur Rückforderung öffentlicher Fördergelder oder zu Sanktionen durch die Bauaufsichtsbehörde führen.