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Bauvorhaben


Begriff und allgemeine Definition des Bauvorhabens

Ein Bauvorhaben bezeichnet im rechtlichen Sinne die Absicht oder das konkrete Vorhaben, bauliche Anlagen zu errichten, zu verändern, zu beseitigen oder deren Nutzung zu ändern. Dieser Begriff wird insbesondere im deutschen Bauordnungsrecht sowie im Bauplanungsrecht verwendet. Bauvorhaben sind nach den einschlägigen Regelungen grundsätzlich genehmigungspflichtig und unterliegen vielschichtigen rechtlichen und verwaltungsrechtlichen Anforderungen.

Rechtliche Grundlagen des Bauvorhabens

Öffentliches Baurecht

Das öffentliche Baurecht gliedert sich in das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht. Zentrale Rechtsquellen sind insbesondere das Baugesetzbuch (BauGB) sowie die Landesbauordnungen (LBO) der einzelnen Bundesländer.

Bauplanungsrecht

Das Bauplanungsrecht regelt, wo und in welchem Umfang gebaut werden darf. Es regelt die Zulässigkeit von Bauvorhaben durch

  • den Flächennutzungsplan,
  • Bebauungspläne gemäß §§ 30 bis 34 BauGB,
  • Außenbereichsregelungen (§ 35 BauGB).

Ein Bauvorhaben ist planungsrechtlich zulässig, wenn es die Vorgaben des Bebauungsplans erfüllt oder im unbeplanten Innenbereich die Umgebungsbebauung berücksichtigt. Im Außenbereich sind Bauvorhaben grundsätzlich unzulässig, können aber ausnahmsweise privilegiert werden (z. B. landwirtschaftliche Betriebe).

Bauordnungsrecht

Im Bauordnungsrecht steht die Gefahrenabwehr und die Einhaltung öffentlicher Sicherheitsinteressen im Fokus. Die Bauordnungen der Länder regeln Anforderungen an

  • Standsicherheit,
  • Brandschutz,
  • Wärmeschutz,
  • Schallschutz,
  • Barrierefreiheit,
  • Abstandflächen und Grenzabstände.

Jedes Bauvorhaben ist so zu planen und auszuführen, dass diese Vorgaben eingehalten werden.

Privates Baurecht

Das private Baurecht betrifft zivilrechtliche Beziehungen, insbesondere jene zwischen Bauherrn, Nachbarn, und weiteren Beteiligten. Wesentliche Gesichtspunkte sind hierbei:

  • Nachbarrechtliche Vorschriften (Abstände, Einsprüche gemäß Nachbarrechtsgesetz),
  • Dienstbarkeiten und Grunddienstbarkeiten,
  • Erschließungsverträge.

Nachbarinnen und Nachbarn können gegen ein Bauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen Widerspruch einlegen oder Klage erheben.

Genehmigungsbedürftigkeit und Anzeigeverfahren

Baugenehmigungspflicht

Ein Bauvorhaben ist in Deutschland grundsätzlich genehmigungspflichtig (§ 59 BauO NRW, vergleichbar in anderen Ländern). Der Umfang der Genehmigungspflicht kann im Einzelfall von Art und Größe des Vorhabens sowie von länderspezifischen Vorschriften abhängen. Die Baubehörde prüft insbesondere

  • die planungsrechtliche Zulässigkeit,
  • die Einhaltung der Bauordnung,
  • nachbarschützende Vorschriften.

Genehmigungsfreie und genehmigungsfreigestellte Bauvorhaben

Bestimmte Bauvorhaben sind genehmigungsfrei oder genehmigungsfreigestellt. Dies betrifft meist kleinere Vorhaben (z. B. bestimmte Gartenhäuser, Carports oder untergeordnete bauliche Anlagen), deren Voraussetzungen in den Landesbauordnungen geregelt sind (§ 62 BauO NRW). Trotz Genehmigungsfreiheit sind die bauordnungsrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorgaben einzuhalten.

Sonderfälle: Anzeige- und Zustimmungsverfahren

In Einzelfällen sieht das Baurecht Anzeigeverfahren oder Zustimmungsverfahren vor, etwa bei bestimmten Veränderungen an bestehenden Gebäuden. Auch diese unterliegen engen rechtlichen Grenzen.

Beteiligte und ihre Rechte am Bauvorhaben

Bauherrin oder Bauherr

Die Person, die das Bauvorhaben veranlasst und für die Ausführung verantwortlich ist. Rechte und Pflichten umfassen insbesondere

  • Einholung der erforderlichen Genehmigungen,
  • Sicherstellung der Einhaltung rechtlicher Vorgaben,
  • Auswahl und Koordination von Projektbeteiligten (Planende, Bauunternehmen).

Architektinnen, Architekten und Planende

Diese sind in der Regel mit der Bauplanung und Bauüberwachung betraut. Sie haften für die ordnungsgemäße Planung und Realisierung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.

Nachbarrechte

Nachbarn können durch Bauvorhaben in ihren Rechten betroffen sein, beispielsweise durch Überschreitungen von Abstandsflächen. Das Verfahren bietet diesen Personen Beteiligungsrechte, etwa Anhörungen oder Widerspruchsmöglichkeiten im Genehmigungsverfahren. Im Falle einer Verletzung von Nachbarrechten ist eine Verletzung des Baunachbarschaftsrechts denkbar.

Rechtliche Folgen und Konsequenzen der Bauausführung

Legalisierung, Nutzungsänderung und Bestandskraft

Mit Eintritt der Bestandskraft einer Baugenehmigung darf das Bauvorhaben wie genehmigt ausgeführt werden. Die Nutzung der baulichen Anlage darf ausschließlich entsprechend der erteilten Genehmigung erfolgen. Änderungen der Nutzung unterliegen wiederum einer gesonderten Genehmigungspflicht.

Baurechtswidrige Bauvorhaben und Rechtsfolgen

Bauvorhaben, die ohne erforderliche Genehmigung oder unter Verstoß gegen rechtliche Vorschriften errichtet werden, sind baurechtswidrig. Die Baubehörde kann in diesen Fällen

  • Beseitigungsverfügungen anordnen,
  • Nutzungsuntersagungen aussprechen,
  • Bußgelder verhängen.

Bestandsschutz und Abrissverfügungen

Unter bestimmten Umständen genießt ein Bauvorhaben, das früher rechtmäßig errichtet wurde, Bestandsschutz, wenn sich das Recht nachträglich ändert. Gibt es jedoch keine Bestandsschutzregelung, kann auch der Abriss angeordnet werden.

Umweltrechtliche und sonstige Vorschriften beim Bauvorhaben

Umweltrechtliche Anforderungen

Viele Bauvorhaben unterliegen ergänzenden umweltrechtlichen Vorgaben. Immissionsschutz, Artenschutz, Bodenschutz und Vorgaben des Wasserrechts sind zu berücksichtigen (Bundes-Immissionsschutzgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Naturschutzrecht).

Denkmalschutz und sonstige Fachgesetze

Steht ein Bauwerk unter Denkmalschutz, sind besondere Genehmigungen erforderlich. Daneben können weitere Fachgesetze (Abfallrecht, Straßenrecht) Anwendung finden.

Fazit

Der Begriff Bauvorhaben ist im deutschen Recht umfassend geregelt und erfasst sämtliche Maßnahmen zur Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen. Die Durchführung eines Bauvorhabens ist komplex und erfordert die einzelfallbezogene Prüfung verschiedenster rechtlicher Rahmenbedingungen auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene. Die Einhaltung dieser Regelungen ist für eine rechtssichere und planmäßige Umsetzung von Bauprojekten unabdingbar.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für ein Bauvorhaben erforderlich?

Für Bauvorhaben in Deutschland ist in der Regel eine Baugenehmigung erforderlich. Diese wird von der jeweils zuständigen Bauaufsichtsbehörde erteilt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung ergeben sich aus den Vorschriften der jeweiligen Landesbauordnung, dem Baugesetzbuch (BauGB), sowie den einschlägigen Bebauungsplänen und sonstigen örtlichen Satzungen, beispielsweise bezüglich Gestaltung oder Erschließung. Zu prüfen ist insbesondere die planungsrechtliche Zulässigkeit nach §§ 29 ff. BauGB (z.B. Lage im Innen- oder Außenbereich, Vorliegen eines Bebauungsplans). Hinzu kommen bauordnungsrechtliche Anforderungen wie Abstandflächen, Brandschutz oder barrierefreier Zugang. Neben der eigentlichen Baugenehmigung können je nach Bauvorhaben weitere behördliche Erlaubnisse notwendig sein, etwa eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung, eine wasserrechtliche Erlaubnis oder eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Gewerbliche Bauvorhaben und Sonderbauten erfordern oftmals zusätzliche Prüfungen. Die erforderlichen Unterlagen zur Antragstellung, z. B. Lagepläne, Bauzeichnungen und Baubeschreibungen, müssen vollständig und nach den Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung eingereicht werden, damit das Genehmigungsverfahren eingeleitet werden kann.

Wie lang ist die Gültigkeit einer Baugenehmigung?

Die Gültigkeit einer erteilten Baugenehmigung ist zeitlich befristet und richtet sich nach der jeweiligen Landesbauordnung. In den meisten Bundesländern beträgt die Frist in der Regel drei Jahre ab Zustellung der Baugenehmigung. Innerhalb dieser Zeit muss mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen werden. Beginnt der Bauherr nicht fristgerecht oder wird das Vorhaben nach Beginn für längere Zeit (meist mehr als ein Jahr) unterbrochen, erlischt die Baugenehmigung automatisch. Es besteht jedoch die Möglichkeit, vor Ablauf der Frist einen Antrag auf Verlängerung zu stellen. Die Verlängerung kann, je nach Landesrecht, um bis zu zwei Jahre bewilligt werden. Die rechtzeitige Aufnahme und fortlaufende Ausführung des Baus sind daher unerlässlich, um die Rechtsgültigkeit der Genehmigung zu wahren.

Welche Rechte und Pflichten habe ich als Bauherr?

Als Bauherr obliegt Ihnen die umfassende Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des gesamten Bauvorhabens. Zu Ihren Pflichten zählen insbesondere die Beachtung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften wie z.B. der Bauordnung, der Anforderungen an Arbeitsschutz und Umweltschutz sowie aller bautechnischen Normen. Sie müssen einen nach § 56 Musterbauordnung (MBO) qualifizierten Entwurfsverfasser und für die Bauausführung eine fachkundige Bauleitung beauftragen. Ferner sind Sie verpflichtet, Baumängel und Gefahrenquellen zu vermeiden und für die Verkehrssicherung zu sorgen. Zu Ihren Rechten zählt das Recht zur Nutzung und Bebauung des Grundstücks im Rahmen der erteilten Genehmigung sowie die Möglichkeit, nach Abschluss des Bauvorhabens die Abnahme und den Eintrag im Grundbuch zu veranlassen. Im Streitfall sind Sie als Bauherr beweisbelastet für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, daher ist eine lückenlose Dokumentation aller Bauphasen empfehlenswert.

Welche rechtlichen Folgen hat das Bauen ohne Baugenehmigung?

Das sogenannte „Schwarzbauen“ – also das Errichten, Ändern oder Nutzungsänderungen eines Gebäudes ohne die erforderliche Baugenehmigung – stellt einen Verstoß gegen Baurecht dar und zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich. Die Bauaufsichtsbehörde kann einen sofortigen Baustopp verhängen und die Rückführung in den vorherigen Zustand, also den Abriss oder Rückbau des illegal erstellten Bauwerks, anordnen. Darüber hinaus drohen Bußgelder, teils in erheblicher Höhe, sowie zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit Nachbarn, wenn deren Rechte verletzt wurden. Ein nachträgliches „Legalisiertes Bauen“ ist nur durch eine nachträgliche Baugenehmigung möglich, die allerdings nicht immer erteilt wird. Bleibt das genehmigungslose Bauwerk bestehen, gefährdet dies ggf. auch den Bestandsschutz und spätere Veräußerungsmöglichkeiten des Grundstücks.

Welche Bedeutung hat der Bebauungsplan für mein Bauvorhaben?

Der Bebauungsplan ist das zentrale planungsrechtliche Instrument einer Kommune, das rechtsverbindlich festlegt, wie ein Grundstück genutzt und bebaut werden darf. Maßgeblich sind beispielsweise Art und Maß der baulichen Nutzung, überbaubare Grundstücksflächen, Geschosszahlen, Bauweise, Stellung der Gebäude sowie die Flächen für Nebenanlagen und Zufahrten. Für den Bauherrn bedeutet dies, dass sämtliche Planung und Bauausführung den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans entsprechen müssen. Verstöße gegen dessen Vorgaben führen in aller Regel zur Versagung der Baugenehmigung. In Ausnahmen kann eine Befreiung erteilt werden, deren Voraussetzungen jedoch eng gefasst und nach § 31 BauGB im Einzelfall zu prüfen sind. Die Kenntnis und Beachtung der Vorgaben des Bebauungsplans ist somit rechtlich unabdingbar.

Welche Rolle spielen Nachbarrechte im Genehmigungsverfahren?

Im Baugenehmigungsverfahren sind die Rechte der Nachbarn besonders zu berücksichtigen, da das Bauvorhaben sich auf deren Eigentumsposition auswirken kann. Nachbarn haben das Recht, rechtzeitig über ein Vorhaben informiert und zur Stellungnahme eingeladen zu werden, insbesondere wenn sie in ihren sogenannten drittschützenden Rechten – wie Einhaltung von Abstandsflächen, Belichtung, Immissionsschutz – beeinträchtigt werden könnten. Die Stellungnahmen der Nachbarn werden von der Behörde im Rahmen ihres Ermessens zu berücksichtigen. Unter bestimmten Umständen können Nachbarn gegen die Erteilung einer Baugenehmigung Widerspruch einlegen oder nach Erteilung Anfechtungsklage erheben. Der Bauherr muss zudem sicherstellen, dass während der Bauausführung die Nachbargrundstücke nicht beeinträchtigt werden.

Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es zum Thema Umweltschutz beim Bauvorhaben?

Bereits bei der Planung und Genehmigung eines Bauvorhabens sind zahlreiche umweltrechtliche Bestimmungen zu beachten. Neben dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) greifen Vorschriften des Naturschutzrechts, des Wasserrechts, des Bodenschutzrechts und der Energieeinsparverordnung (EnEV). Zu prüfen ist insbesondere, ob das Bauvorhaben Umweltverträglichkeitsprüfungen erfordert (z. B. bei größeren gewerblichen Bauprojekten), ob Schutzgebiete berührt sein könnten und wie die Entsorgung von Abfällen und Bodenaushub erfolgt. Das Gewässer- und Grundwasserschutzrecht regelt etwa, wie mit Oberflächenwasser und Abwasser umzugehen ist, während das Baumschutzrecht zu beachten ist, wenn schützenswerter Baumbestand gefällt werden muss. Umweltschutzauflagen werden in der Regel als Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung aufgenommen; Verstöße führen zu Ordnungswidrigkeiten und ggf. zum Widerruf der Genehmigung.