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Bausperre


Bausperre

Die Bausperre ist ein zentraler Begriff im öffentlichen Baurecht und beschreibt die rechtliche Einschränkung oder das vorübergehende Verbot der Ausführung von Bauvorhaben auf einem bestimmten Grundstück. Bausperren können sowohl auf gesetzlichen Regelungen beruhen als auch im Rahmen behördlicher Anordnungen temporär verhängt werden. Sie dienen dem Schutz öffentlicher Belange, der Entwicklung von Bebauungsplänen sowie der Sicherung städtebaulicher Ordnung und werden regelmäßig im Zusammenhang mit § 14 des Baugesetzbuchs (BauGB) genannt.

Rechtsgrundlagen der Bausperre

Rechtsquellen

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen für die Bausperre finden sich im Baugesetzbuch (BauGB), insbesondere in den Paragrafen zu Veränderungssperren (§§ 14-18 BauGB) und zu bauordnungsrechtlichen Regelungen der Länder. Daneben können Bausperren auch aus anderen bundes-, landes- oder gemeinde-rechtlichen Vorschriften folgen.

Veränderungssperre (§ 14 BauGB)

Eine der bedeutendsten Ausprägungen der Bausperre im deutschen Baurecht stellt die sogenannte Veränderungssperre nach § 14 BauGB dar. Mit einer Veränderungssperre soll sichergestellt werden, dass während der Aufstellung eines Bebauungsplans keine baulichen Veränderungen erfolgen, die den Planungszielen der Gemeinde entgegenstehen. Bauvorhaben, Vorbereitungen hierzu sowie erhebliche oder wertsteigernde Veränderungen baulicher Anlagen können untersagt werden.

Bausperre im Zusammenhang mit Satzungen

Neben dem BauGB sehen landesrechtliche Vorschriften Regelungen vor, wonach Gemeinden zur Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit Satzungen erlassen können, die als Bausperre wirken oder eine solche begründen. Beispiele sind Abrundungssatzungen, Entwicklungssatzungen oder Satzungen für Sanierungsgebiete.

Voraussetzungen und Umfang einer Bausperre

Voraussetzungen

Für das Inkrafttreten einer Bausperre müssen bestimmte verwaltungs- und verfahrensrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Eine Veränderungssperre kann nur wirksam werden, wenn

  • ein entsprechender Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan im Verfahren bekannt gemacht wurde (§ 14 Abs. 1 BauGB),
  • ein öffentliches Interesse an der Sicherung der Planung besteht,
  • der Beschluss ordnungsgemäß und rechtzeitig gefasst wurde
  • sowie die örtliche Bekanntmachung vorliegt.

Inhalt und zeitlicher Geltungsbereich

Eine Bausperre kann sich sowohl auf sämtliche Bauvorhaben als auch nur auf bestimmte Vorhaben oder Grundstücksbereiche beziehen, je nach Regelungsgehalt der zugrunde liegenden Vorschrift oder behördlichen Anordnung. Die Dauer der Bausperre ist gesetzlich beschränkt: Die Veränderungssperre endet grundsätzlich spätestens zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten, kann jedoch unter engen Voraussetzungen einmalig um höchstens ein Jahr verlängert werden (§ 17 BauGB).

Wirkungen einer Bausperre

Auswirkungen auf Bauanträge und Bauvoranfragen

Während einer bestehenden Bausperre dürfen grundsätzlich keine den Zielen der Planung entgegenstehenden Bauvorhaben genehmigt oder geändert werden. Bauämter sind verpflichtet, entsprechende Bauanträge zunächst zurückzustellen oder abzulehnen. Gleiches gilt für die rechtsverbindlichen Vorbescheide im Rahmen von Bauvoranfragen, sofern nicht zwingende Ausnahmefälle gegeben sind.

Ausnahmen und Befreiungen

Der Gesetzgeber sieht in bestimmten Fällen Ausnahmeregelungen vor. So muss nach § 14 Abs. 2 BauGB eine Genehmigung erteilt werden, wenn die Maßnahme öffentlich-rechtlich bauplanungsrechtlich zulässig ist und keine überwiegenden öffentlichen Belange entgegenstehen. Darüber hinaus können Behörden im Einzelfall Befreiungen von der Bausperre zulassen, insbesondere wenn besondere Härtefälle oder dringende öffentliche Interessen vorliegen.

Rechtsmittel und Rechtsschutz bei Bausperre

Anfechtung und Kontrolle

Betroffene können gegen die Anordnung oder Verlängerung einer Bausperre Rechtsmittel einlegen, in der Regel in Form der Anfechtungsklage oder der Verpflichtungsklage vor den Verwaltungsgerichten. Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich auf die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Bausperre, insbesondere auf die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen und die Verhältnismäßigkeit.

Entschädigungsansprüche

Kommt es aufgrund einer Bausperre zu einem vermögensrelevanten Eingriff, insbesondere zur Entwertung von Grundstücken oder zur Verhinderung genehmigter Bauvorhaben, bestehen unter bestimmten Umständen Entschädigungsansprüche nach den §§ 39 ff. BauGB. Voraussetzung ist, dass dem Eigentümer ein sogenannter enteignungsgleicher Eingriff vorliegt, den dieser nicht abwenden kann und für den kein Ausgleich durch anderweitige Nutzungsmöglichkeiten gegeben ist.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfälle

Sicherung der städtebaulichen Entwicklung

Die Bausperre spielt eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung geordneter städtebaulicher Entwicklung und richtet sich insbesondere an kurzfristig notwendige Handlungsbedarfe der Gemeinden. Dies betrifft etwa Gebiete, in denen die Gemeinde eine städtebauliche Neuordnung anstrebt und verhindern möchte, dass durch vorzeitige Bauvorhaben vollendete Tatsachen geschaffen werden.

Bausperre im Rahmen öffentlicher Projekte

Auch im Zuge von großflächigen Infrastruktur- oder Stadtentwicklungsprojekten werden häufig Bausperren verhängt, um die planmäßige Entwicklung eines Gebietes zu gewährleisten und ungeplante Einzelmaßnahmen zu verhindern, die das Gesamtprojekt gefährden könnten.

Verhältnis zur Bauordnung und anderen bauplanungsrechtlichen Hemmnissen

Abgrenzung zur Zurückstellung nach § 15 BauGB

Neben der Bausperre existiert als weiteres Instrument die sogenannte Zurückstellung von Baugesuchen gemäß § 15 BauGB. Die Zurückstellung eines Bauantrags unterscheidet sich dadurch, dass sie einzelfallbezogen und zeitlich begrenzt erfolgt, während die Bausperre einen generellen Status für das betroffene Gebiet schafft.

Abgrenzung zu sonstigen Bauverboten

Neben der Bausperre existieren weitere rechtliche Hemmnisse, die sich aus bauordnungsrechtlichen oder speziellen öffentlich-rechtlichen Normen ergeben können, darunter gesetzliche Bauverbote z. B. in Überschwemmungsgebieten, Natur- und Landschaftsschutzgebieten oder aufgrund von Immissionsschutzregelungen.

Literatur

  • Battis/Krautzberger/Löhr: Baugesetzbuch, Kommentar
  • Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger: BauGB, Kommentar
  • Schrödter: Baugesetzbuch, Kommentar

Die Bausperre ist somit ein zentrales Instrument zum Schutz und zur Weiterentwicklung städtebaulicher Strukturen und stellt eine rechtlich detailliert geregelte, jedoch temporär angelegte Einschränkung der Baufreiheit dar. Ihre Anwendung ist strikt an die gesetzlichen Vorgaben und Verhältnismäßigkeit gebunden und kann nur im öffentlichen Interesse eingesetzt werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Anordnung einer Bausperre vorliegen?

Im deutschen Baurecht ist die Anordnung einer Bausperre ein erheblicher Eingriff in Eigentumsrechte, weshalb sie nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen zulässig ist. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich vor allem aus § 14 Baugesetzbuch (BauGB). Zunächst muss ein Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans eingeleitet sein. Voraussetzung ist außerdem, dass zu erwarten ist, dass die alsbaldige Realisierung des Planungskonzepts durch zwischenzeitliche Bauvorhaben erheblich erschwert oder unmöglich gemacht würde (sog. Vereitelungsgefahr). Die Gemeinde muss eine förmliche Satzung über die Bausperre beschließen, die im Amtsblatt bekannt zu machen ist. Darüber hinaus darf eine Bausperre grundsätzlich nur für maximal zwei Jahre bestehen, mit der Möglichkeit der einmaligen Verlängerung um ein Jahr. Für das betroffene Gebiet darf kein rechtsverbindlicher Bebauungsplan existieren, der bereits abschließend die zulässige Nutzung regelt. Auch müssen die von einer Bausperre erfassten Interessen der Betroffenen durch eine Einzelfallabwägung gegenüber den öffentlichen Belangen geprüft und gegeneinander abgewogen werden. Eine Anordnung, die diesen Voraussetzungen nicht entspricht, kann rechtswidrig und anfechtbar sein.

Welche Rechte und Schutzmöglichkeiten haben Eigentümer bei Erlass einer Bausperre?

Eigentümer, deren Grundstücke von einer Bausperre betroffen sind, sind rechtlich nicht schutzlos gestellt. Gemäß Art. 14 Grundgesetz (GG) steht ihnen ein umfassender Rechtsschutz gegen unverhältnismäßige Eingriffe zu. Sie haben einen Anspruch auf rechtliches Gehör im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zur Bausperre (vgl. § 3 BauGB – Beteiligung der Öffentlichkeit). Wird eine Bausperre erlassen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sowohl Widerspruch als auch Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Maßnahme einzulegen. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf sogenannten Ausgleich oder Entschädigung, wenn sich durch die Bausperre enteignungsgleiche oder enteignende Wirkung ergibt (§ 18 BauGB). In Einzelfällen kann auch ein Befreiungsantrag nach § 14 Abs. 2 BauGB gestellt werden, wenn eine unbillige Härte vorliegt. Überdies haben Eigentümer das Recht, im Rahmen der Auslegung der Planungsunterlagen Stellungnahmen abzugeben.

Welche Auswirkungen hat eine Bausperre auf bereits gestellte Bauanträge und vorhandene Baugenehmigungen?

Die Wirkungen einer Bausperre ergeben sich direkt aus § 14 BauGB. Grundsätzlich werden während der Dauer der Bausperre Bauanträge, die von den planungsrechtlichen Zielsetzungen der Gemeinde berührt sind, nicht genehmigt. Bereits vor Anordnung der Bausperre genehmigte Bauvorhaben bleiben jedoch von deren Wirkung unberührt, sofern die Baugenehmigung bestandskräftig ist und die Bauausführung nicht bereits durch eine anderweitige Verfügung verhindert wurde. Für bereits eingereichte, aber noch nicht entschiedene Bauanträge besteht hingegen grundsätzlich ein Genehmigungsstopp, sofern das beantragte Vorhaben den geplanten städtebaulichen Zielen entgegensteht. Liegt allerdings ein Anspruch auf Genehmigung nach § 33 BauGB (Planreife) oder § 34/§ 35 BauGB (Bestands- oder Außenbereichsschutz) vor, gibt es Ausnahmen, sodass bestimmte Bauvorhaben trotz Bausperre genehmigt werden können. Im Übrigen sind genehmigungsfreie Vorhaben, die keiner planungsrechtlichen Kontrolle bedürfen, regelmäßig nicht von der Bausperre betroffen.

Gibt es Härtefallregelungen oder Ausnahmen bei der Anwendung einer Bausperre?

Ja, das Baugesetzbuch sieht Härtefallregelungen vor, um unverhältnismäßige Belastungen für Betroffene zu vermeiden. Nach § 14 Abs. 2 BauGB kann von den Verboten der Bausperre auf Antrag des Betroffenen eine Befreiung erteilt werden, wenn die Versagung einer Zulassung des Vorhabens im Einzelfall zur unzumutbaren Härte führen würde. Dies ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn der betroffene Eigentümer nachweist, dass er ohne Genehmigung des Bauvorhabens erhebliche wirtschaftliche Einbußen oder existenzielle Nachteile erleidet. Die zuständige Behörde ist verpflichtet, solche Anträge auf etwaige Ausnahmen oder Befreiungen sorgfältig zu prüfen und unter Berücksichtigung aller betroffenen öffentlichen und privaten Interessen eine Entscheidung zu treffen. Die Ablehnung des Antrags muss nachvollziehbar und rechtlich überprüfbar begründet werden.

Wie wird die Dauer einer Bausperre rechtlich festgelegt und begrenzt?

Die zeitliche Begrenzung der Bausperre ist aus rechtsstaatlichen Gründen im BauGB klar geregelt. Nach § 17 BauGB gilt eine Bausperre zunächst für zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der ortsüblichen Bekanntmachung. Sie kann durch besonderen Gemeindebeschluss um höchstens ein weiteres Jahr verlängert werden (maximal drei Jahre insgesamt). Nach Ablauf dieser Fristen tritt die Bausperre automatisch außer Kraft. Eine weitere Verlängerung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die strikte Fristsetzung soll sowohl den Betroffenen Rechtssicherheit gewähren als auch die Gemeinde dazu anhalten, das jeweilige Planverfahren zügig abzuschließen und keine ungerechtfertigte Verzögerung im Interesse der Planungshoheit vorzunehmen.

Welche Rechtsmittel stehen zur Verfügung, um gegen eine Bausperre vorzugehen?

Gegen die Anordnung einer Bausperre kann der Betroffene verschiedene Rechtsmittel einlegen. Zunächst ist gegen die Satzung der Bausperre der Widerspruch beim zuständigen Verwaltungsorgan möglich, soweit das jeweilige Landesrecht dies zulässt. In der Regel folgt sodann die Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In eilbedürftigen Fällen kann zusätzlich ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO oder einstweiliger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO) gestellt werden, um vorläufige Maßnahmen zur Sicherung eigener Rechte zu erreichen. Die Rechtmäßigkeit der Bausperre, deren formelle und materielle Voraussetzungen in der gerichtlichen Überprüfung regelmäßig im Mittelpunkt stehen, kann so konkret überprüft werden. Häufig betroffene Aspekte sind der Planungsstand, das Vorliegen eines berechtigten Sicherungsinteresses der Gemeinde sowie die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Welche Rolle spielen nachträgliche Änderungen des Bebauungsplans für bestehende Bausperren?

Nachträgliche Änderungen oder die endgültige Festsetzung eines Bebauungsplans bewirken das automatische Außerkrafttreten der Bausperre für den betroffenen Bereich. Sobald der neue Bebauungsplan rechtsverbindlich ist, entfällt die Grundlage für die Bausperre, da das Planungsziel festgelegt und die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Bauvorhaben geregelt wurden (§ 17 Abs. 1 BauGB). In rechtlicher Hinsicht entfällt für betroffene Eigentümer damit jede auf die Bausperre gestützte Einschränkung der Baufreiheit, sie werden dann wieder an die Normen des neuen Bebauungsplans gebunden. Es ergibt sich häufig ein nahtloser Übergang der planungsrechtlichen Voraussetzungen ohne „Lücke“ im Rechtsschutz, da Rechtsbehelfe gegen den Bebauungsplan selbst möglich sind.