Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Baurecht»Bauplanungsrecht

Bauplanungsrecht


Definition und Bedeutung des Bauplanungsrechts

Das Bauplanungsrecht ist ein zentrales Teilgebiet des öffentlichen Baurechts und regelt die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen eine städtebauliche Entwicklung und Nutzung von Grund und Boden in Deutschland zulässig ist. Es dient der geordneten Entwicklung der Städte und Gemeinden, der Sicherstellung einer nachhaltigen Flächennutzung sowie dem Ausgleich verschiedener öffentlicher und privater Interessen. Maßgebliche Rechtsquelle ist insbesondere das Baugesetzbuch (BauGB) nebst ergänzenden Vorschriften.


Rechtsquellen und Systematik des Bauplanungsrechts

Baugesetzbuch (BauGB)

Das Baugesetzbuch bildet die zentrale Grundlage des Bauplanungsrechts. Es beinhaltet Regelungen zur Bauleitplanung, zur Sicherung der Bauleitplanung, zur Bodenordnung sowie zum Umlegungsgesetz und zur Sanierung. Das BauGB stellt sicher, dass die Bodennutzung einer geordneten Entwicklung folgt, die vor allem durch die städtebauliche Planung geregelt wird.

Baunutzungsverordnung (BauNVO)

Die Baunutzungsverordnung konkretisiert die im BauGB formulierten allgemeinen Vorschriften zur zulässigen Bebauung von Grundstücken. Sie definiert insbesondere die Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen.

Weitere Vorschriften

Ergänzend werden im Bereich des Bauplanungsrechts Verordnungen wie die Planzeichenverordnung (PlanzV) sowie Landesbauordnungen herangezogen. Darüber hinaus existieren spezialgesetzliche Regelungen für bestimmte Bauvorhaben, beispielsweise solche mit besonderer Bedeutung (z.B. Bundesfernstraßengesetz).


Bauleitplanung – Das zentrale Instrument des Bauplanungsrechts

Der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan)

Der Flächennutzungsplan legt für das gesamte Gemeindegebiet als vorbereitender Bauleitplan die Art der zukünftigen Bodennutzung in Grundzügen fest. Er stellt unter anderem Bauflächen, Flächen für Landwirtschaft, Grünflächen und Verkehrsflächen dar. Er entfaltet jedoch keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber dem einzelnen Grundstückseigentümer, sondern bindet lediglich die Gemeinde bei weiteren Planungen.

Der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan)

Der Bebauungsplan konkretisiert als verbindlicher Bauleitplan die im Flächennutzungsplan festgelegte Nutzung für bestimmte Teilbereiche einer Gemeinde und ist als Satzung rechtsverbindlich. Im Bebauungsplan werden insbesondere Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare und nicht überbaubare Grundstücksflächen, Verkehrsflächen, Grünanlagen und weitere städtebauliche Festsetzungen getroffen.

Aufstellung und Verfahren

Die Aufstellung eines Bebauungsplans erfolgt in einem gesetzlich geregelten Verfahren, das insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange vorsieht. Die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensschritte sind in den §§ 1 ff. BauGB geregelt.

Rechtswirkungen

Ein rechtskräftiger Bebauungsplan ist Bindungsgrundlage für Bauanträge, da die Zulässigkeit von Bauvorhaben innerhalb des Geltungsbereichs regelmäßig vom Vorliegen der planungsrechtlichen Voraussetzungen abhängt.


Zulässigkeit von Bauvorhaben nach Bauplanungsrecht

Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)

Liegt kein Bebauungsplan vor, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im Innenbereich nach § 34 BauGB. Maßstab ist die „Eigenart der näheren Umgebung.“ Ein Vorhaben ist zulässig, wenn es sich sowohl hinsichtlich seiner Art als auch seines Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

Bauvorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB)

Der Außenbereich unterliegt einem strengen Bauverbot mit Ausnahme ausdrücklich privilegierter Vorhaben. Privilegiert sind insbesondere landwirtschaftliche Betriebe, Energieanlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie bestimmte Infrastrukturprojekte. Sonstige (nicht privilegierte) Bauvorhaben sind im Außenbereich grundsätzlich unzulässig.


Sicherung der Bauleitplanung und Veränderungssperre

Veränderungssperre (§ 14 BauGB)

Zur Sicherung der künftigen städtebaulichen Entwicklung kann die Gemeinde eine Veränderungssperre erlassen, sobald die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen wurde. Während der Dauer der Veränderungssperre dürfen grundsätzlich keine Vorhaben durchgeführt werden, die der beabsichtigten Planung entgegenstehen.

Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 BauGB)

Zur Sicherung der Planungsziele kann die Gemeinde die Entscheidung über einen Bauantrag zeitweilig zurückstellen. Damit wird verhindert, dass Vorhaben realisiert werden, bevor die städtebauliche Ordnung abschließend geregelt ist.


Bedeutung für die Raumordnung und Landesplanung

Das Bauplanungsrecht steht in engem Zusammenhang mit der übergeordneten Raumordnung und Landesplanung, deren Ziel die großräumige Entwicklung und Ordnung von Teilräumen ist. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Raumordnungsgesetz (ROG). Die Bauleitplanung auf Gemeindeebene muss sich an die Ziele und Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung halten.


Abwägungsgebot und Beteiligung der Öffentlichkeit

Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB)

Die Gemeinde hat bei der Bauleitplanung sämtliche Belange zu berücksichtigen und gegeneinander sowie untereinander gerecht abzuwägen. Zu den Belangen zählen neben den städtebaulichen Anliegen insbesondere soziale, wirtschaftliche und umweltbezogene Aspekte.

Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 BauGB)

Im Rahmen der Aufstellung von Bauleitplänen ist die frühzeitige Beteiligung der Bürger und der betroffenen Öffentlichkeit gesetzlich vorgesehen. Ziel ist es, Interessen, Bedenken und Anregungen in die Planung einzubeziehen. Die Träger öffentlicher Belange werden in einem gesonderten Verfahren beteiligt.


Umwelt- und Naturschutz im Bauplanungsrecht

Die Belange des Umweltschutzes und insbesondere des Naturschutzes sind wesentlicher Bestandteil der Bauleitplanung. Die Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB) ist verpflichtend und umfasst die Ermittlung und Bewertung der voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen eines Bauleitplans. Dies beinhaltet insbesondere Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Mensch und Kulturgüter.


Rechtliche Kontrolle und Rechtsschutz

Kontrolle durch die Fachaufsicht

Die zuständigen Behörden überwachen die Durchführung der Bauleitplanung und greifen erforderlichenfalls in den Planungsprozess ein, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Raumordnung und Landesplanung.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Gegen Bauleitpläne bestehen Rechtsschutzmöglichkeiten. So können z. B. Normenkontrollanträge gegen Bebauungspläne bei den zuständigen Oberverwaltungsgerichten gestellt werden. Auch die Versagung einer Baugenehmigung kann auf dem Verwaltungsrechtsweg überprüft werden.


Fazit

Das Bauplanungsrecht bildet die zentrale Grundlage für die städtebauliche Entwicklung in Deutschland. Es regelt die Nutzung des Bodens, die Zulässigkeit von Bauvorhaben und gewährleistet eine interessenausgleichende und nachhaltige Stadtentwicklung. Der mehrstufige Aufbau, die vielfältigen Verfahrensregelungen und die intensive Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher und privater Belange machen das Bauplanungsrecht zu einem besonders komplexen und vielschichtigen Regelungsbereich innerhalb des öffentlichen Rechts.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte haben Nachbarn im Bauplanungsrecht bei der Erteilung einer Baugenehmigung?

Nachbarn besitzen im Bauplanungsrecht sog. Nachbarschutzrechte, also Mitwirkungs- und Abwehrrechte, die sich aus dem öffentlichen Baurecht ableiten. Ein Nachbar kann insbesondere dann gegen eine erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn das geplante Bauvorhaben gegen nachbarschützende Normen verstößt. Zu diesen zählen beispielsweise die Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise, der überbaubaren Grundstücksfläche sowie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen. Der Nachbar hat das Recht, gegen die Baugenehmigung Widerspruch einzulegen oder Klage (Anfechtungsklage) zu erheben, wobei hierfür in der Regel eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe der Genehmigung einzuhalten ist. Voraussetzung für ein erfolgreiches Vorgehen ist, dass tatsächlich eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften vorliegt, andernfalls bleibt der Nachbar erfolglos. Das Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde erstreckt sich im Genehmigungsverfahren aber grundsätzlich nicht auf rein zivilrechtliche Streitigkeiten, sondern nur auf öffentlich-rechtliche Aspekte mit Schutzzweck zugunsten Dritter.

Wie ist der Ablauf eines Bebauungsplanverfahrens nach den Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB)?

Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans ist im Baugesetzbuch (BauGB) detailliert geregelt. Es beginnt mit dem Aufstellungsbeschluss der Gemeinde, der öffentlich bekannt gemacht wird. Danach erfolgt die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB), um frühzeitig Anregungen und Bedenken einholen zu können. Im nächsten Schritt wird der Planentwurf erarbeitet, in der Regel einschließlich einer Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB). Anschließend folgt die öffentliche Auslegung des Planentwurfs für die Dauer eines Monats (§ 3 Abs. 2 BauGB), wobei erneut Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. Gleichzeitig werden die berührten Behörden beteiligt. Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen erfolgt die Abwägung sämtlicher öffentlicher und privater Belange gegeneinander und untereinander, wobei jede Stellungnahme entsprechend zu berücksichtigen ist (§ 1 Abs. 7 BauGB). Abschließend wird der Bebauungsplan als Satzung beschlossen (§ 10 BauGB) und ortsüblich bekannt gemacht. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Einwendungen gegen das Verfahren können durch ein Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht geltend gemacht werden (§ 47 VwGO).

Unter welchen Voraussetzungen kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans abgewichen werden?

Abweichungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans sind im Bauplanungsrecht grundsätzlich restriktiv geregelt, denn sie dürfen den rechtlichen Bindungsrahmen des Plans nicht aushebeln. Zulässig sind Abweichungen, sogenannte Befreiungen (§ 31 BauGB), wenn sie im Einzelfall unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Eine Befreiung kann erteilt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Abweichung erfordern, die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zudem darf die Abweichung keine unzumutbaren Nachteile für die Nachbarschaft mit sich bringen. Über die Befreiung entscheidet die Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, wobei stets eine Einzelfallprüfung notwendig ist. Weitere Möglichkeit zur Planabweichung besteht in der Durchführung eines ergänzenden Planänderungsverfahrens, wenn die gewünschte Nutzung eine grundsätzliche Änderung des Bebauungsplans erfordert.

Welche Bedeutung haben Innenbereich (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB) im Bauplanungsrecht?

Im Bauplanungsrecht wird zwischen Innenbereich (im Zusammenhang bebauter Ortsteile) und Außenbereich (außerhalb zusammenhängend bebauter Ortsteile) unterschieden. Der Innenbereich (§ 34 BauGB) umfasst Grundflächen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, für den kein qualifizierter Bebauungsplan existiert. Dort ist ein Bauvorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Der Außenbereich (§ 35 BauGB) erstreckt sich auf Flächen außerhalb des Innenbereichs und des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans. Hier sind privilegierte Vorhaben wie land- oder forstwirtschaftliche Nutzungen, bestimmte Versorgungsanlagen oder Windenergieanlagen möglich. Sonstige Vorhaben sind nur zulässig, wenn sie öffentliche Belange nicht beeinträchtigen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Der Gesetzgeber verfolgt mit diesen Regelungen das Ziel, Zersiedelung zu vermeiden und einen geordneten Siedlungsverlauf sicherzustellen.

Welche formalen Anforderungen gelten für die Erteilung einer Baugenehmigung?

Die Erteilung einer Baugenehmigung setzt einen ordnungsgemäßen Bauantrag voraus, der in der Regel schriftlich bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde einzureichen ist. Der Antrag muss sämtliche für die rechtliche und technische Prüfung notwendigen Unterlagen, wie Lageplan, Bauzeichnungen, Baubeschreibung, statische Berechnungen und ggf. Nachweise über die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften (z.B. Brandschutz, Denkmalschutz, Umweltrecht), enthalten. Die Einhaltung der baurechtlichen Anforderungen – sowohl bauordnungsrechtlich wie bauplanungsrechtlich – wird im Genehmigungsverfahren umfassend überprüft. Zuständig ist in der Regel die untere Bauaufsichtsbehörde. Ohne vollständige Unterlagen ist der Antrag unvollständig und kann zurückgewiesen werden. Zudem ist in bestimmten Fällen die Beteiligung weiterer Fachbehörden oder die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die Einhaltung etwaiger Fristen und Verfahrensvorschriften erforderlich.

Inwieweit sind Umweltbelange im Bauplanungsrecht zu berücksichtigen?

Umweltbelange genießen im Bauplanungsrecht einen hohen Stellenwert und sind bei der Aufstellung und Änderung von Bauleitplänen und bei der Zulassung von Bauvorhaben zwingend zu berücksichtigen. Bereits im Verfahren zur Aufstellung eines Bauleitplans ist eine Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB) durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Luft und das Landschaftsbild ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Die Ergebnisse werden in einem Umweltbericht dargestellt und sind im Rahmen der Abwägungspflicht (§ 1 Abs. 7 BauGB) zu berücksichtigen. Darüber hinaus greifen spezifische Regelungen des Umweltrechts, wie das Naturschutzrecht, das Immissionsschutzrecht sowie das Wasserhaushaltsgesetz, die ggf. weitergehende Anforderungen an die Zulässigkeit von Vorhaben stellen. Insbesondere Vorhaben mit erheblicher Eingriffsintensität unterliegen zusätzlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Verstöße gegen die Berücksichtigung umweltrechtlicher Vorgaben können zur Rechtswidrigkeit des Bauleitplans oder der Baugenehmigung führen.