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Bauordnungsbehörden


Bauordnungsbehörden

Definition und rechtliche Stellung der Bauordnungsbehörden

Bauordnungsbehörden sind staatliche Stellen oder kommunale Behörden, die in Deutschland für die Durchsetzung und Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bauordnungsrechts zuständig sind. Sie üben ihre Aufgaben im Rahmen der Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer aus und sind ein zentraler Bestandteil der Bauverwaltung. Ihre Hauptfunktion ist die Überwachung und Durchsetzung bauordnungsrechtlicher Normen bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung sowie dem Abbruch baulicher Anlagen.

Aufgaben und Zuständigkeiten

Bauantragsverfahren

Eine der klassischen Kernaufgaben der Bauordnungsbehörden ist die Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens. Hierbei prüfen sie Bauanträge hinsichtlich der Einhaltung der bauordnungsrechtlichen sowie bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Dies umfasst unter anderem:

  • Sicherstellung der Einhaltung der Landesbauordnung,
  • Prüfung auf Einhaltung städtebaulicher Satzungen (z. B. Bebauungsplan),
  • Überprüfung statischer und brandschutztechnischer Vorgaben,
  • Beachtung nachbarschützender Vorschriften.

Überwachung der Bauausführung

Die Bauordnungsbehörden sind auch für die Überwachung der Bauausführung zuständig. Dies geschieht durch Baukontrollen während der Errichtung eines Bauwerks, wobei insbesondere darauf geachtet wird, dass die genehmigten Pläne eingehalten werden und keine Gefahren für Leben, Gesundheit oder öffentliche Sicherheit entstehen.

Maßnahmen zur Gefahrenabwehr

Im Rahmen ihrer repressiven Kompetenzen können Bauordnungsbehörden bei festgestellten rechtswidrigen oder gefährdenden Bauzuständen ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreifen. Hierzu zählen etwa:

  • Anordnungen zur Beseitigung baurechtswidriger Zustände,
  • Untersagung der Nutzung (Nutzungsuntersagung),
  • Anordnung der Herstellung rechtmäßiger Zustände (z. B. Rückbau, Nachbesserung),
  • Erlass von Baustopps.

Beratung und Auskünfte

Neben ihrer Aufsichtsfunktion übernehmen Bauordnungsbehörden auch beratende Tätigkeiten für Bauherren, Planer und Investoren, indem sie über bauordnungsrechtliche Anforderungen informieren und bei der Planung unterstützen.

Hierarchie und Struktur der Bauordnungsbehörden

Untere, Obere und Oberste Bauordnungsbehörden

Die Bauordnungsbehörden sind in der Regel als abgestuftes Verwaltungssystem organisiert:

  • Untere Bauordnungsbehörden sind entweder die Behörden auf Kreis- oder Gemeindeebene (Landkreise, kreisfreie Städte, große selbstständige Städte), die für Baugenehmigungsverfahren und andere ortsbezogene Aufgaben zuständig sind.
  • Obere Bauordnungsbehörden befinden sich auf Ebene der Landesregierung (z. B. Bezirksregierungen oder Regierungspräsidien) und sind meistens als Rechtsaufsicht tätig, außerdem zuständig für Einzelfälle von überregionaler Bedeutung.
  • Oberste Bauordnungsbehörde ist das jeweilige Ministerium eines Bundeslandes (beispielsweise das Ministerium für Bauen und Wohnen), das die politische und rechtliche Steuerung übernimmt und die landesweite Bauordnungsrechtsprechung koordiniert.

Rechtsgrundlagen

Landesbauordnungen

Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Arbeit der Bauordnungsbehörden sind die Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer. Da das Bauordnungsrecht Landesrecht ist, existieren unterschiedliche Regelungen im Detail, die jedoch im Kern eine Vielzahl gemeinsamer Prinzipien aufweisen.

Weitere einschlägige Vorschriften

Bauordnungsbehörden wenden neben den Landesbauordnungen auch andere Rechtsvorschriften an, darunter:

  • Baugesetzbuch (BauGB) im Rahmen der Bauleitplanung und planungsrechtlichen Zulässigkeit,
  • Sonderbauvorschriften (z. B. Versammlungsstättenverordnung, Garagenverordnung),
  • Denkmalschutzgesetze der Länder,
  • Verordnungen und Satzungen der Kommunen (z. B. Gestaltungssatzungen).

Verfahren und Verwaltungshandeln

Verwaltungsverfahren und Rechtsmittel

Die Bauordnungsbehörden arbeiten im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverfahren. Gegen behördliche Entscheidungen wie die Ablehnung eines Bauantrags, eine Nutzungsuntersagung oder Anordnung zum Rückbau stehen den Betroffenen Rechtsmittel zur Verfügung, insbesondere der Widerspruch sowie die verwaltungsgerichtliche Klage gemäß Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Beteiligung weiterer Stellen

Im Bauantragsverfahren werden je nach Vorhaben weitere Fachbehörden beteiligt. Das betrifft insbesondere:

  • Denkmalschutzbehörden,
  • Naturschutzbehörden,
  • Wasserbehörden,
  • Brandschutzdienststellen.

Bauaufsicht und Kontrolle

Bauüberwachung

Bauordnungsbehörden kontrollieren stichprobenartig und risikoorientiert Bauausführungen und Bauzustände. Sie können Baustellen begehen, Bauunterlagen einsehen und Anordnungen treffen. Bei gefahrgeneigten Bauten, Sonderbauten oder bei Anzeigen von Dritten ist eine verstärkte Überwachung vorgesehen.

Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

Bei Verstößen gegen das Bauordnungsrecht sind die Behörden zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten befugt. Geldbußen können beispielsweise bei Schwarzbauten, der unzulässigen Nutzung oder bei Verletzungen bauordnungsrechtlicher Pflichten verhängt werden.

Bedeutung im Städtebau und für die öffentliche Sicherheit

Bauordnungsbehörden sichern die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Mindeststandards, dienen dem Schutz von Leben, Gesundheit und der natürlichen Lebensgrundlagen und verwirklichen städtebauliche Zielsetzungen. Sie sind Bindeglied zwischen hoheitlicher Gefahrenabwehr, öffentlicher Ordnung und baulicher Entwicklung einer Kommune.

Fazit

Bauordnungsbehörden haben eine zentrale Rolle im Bauwesen Deutschlands, indem sie für die Überwachung, Genehmigung und Kontrolle baulicher Anlagen zuständig sind. Sie agieren auf einer klar strukturierten Verwaltungsebene und verfügen über weitreichende Befugnisse zur Durchsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften. Ziel ist die Sicherstellung von Ordnung, Sicherheit, baulicher Qualität und Rechtskonformität im Städtebau und Bauwesen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist die zuständige Bauordnungsbehörde in Deutschland?

Die Zuständigkeit der Bauordnungsbehörden richtet sich in Deutschland nach dem föderalen System, d.h. die konkrete Verwaltungsstruktur sowie die Aufgaben- und Kompetenzverteilung werden durch die Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer geregelt. In der Regel sind auf unterer Ebene die Bauaufsichtsbehörden zuständig, oft als „untere Bauaufsichtsbehörde“ bezeichnet, die bei den Landkreisen sowie kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten angesiedelt sind. Ergänzend kann es mittlere und obere Bauaufsichtsbehörden geben, die Bezirksregierungen oder Innenministerien zugeordnet sind und insbesondere für Fachaufsicht, Grundsatzfragen oder besondere Verfahren (z.B. bei großflächigen Sonderbauten) zuständig sind. Wer im jeweiligen Einzelfall sachlich und örtlich zuständig ist, hängt von Art, Umfang und Standort des Bauvorhabens ab; genaue Regelungen finden sich in der jeweiligen Landesbauordnung und ergänzenden Rechtsvorschriften.

Welche rechtlichen Pflichten haben Bauordnungsbehörden?

Bauordnungsbehörden haben vielfältige gesetzlich normierte Pflichten, die sich vor allem aus der jeweiligen Landesbauordnung ergeben. Dazu zählt insbesondere die Überprüfung von Bauanträgen auf ihre Übereinstimmung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, allen voran den bauordnungsrechtlichen (z. B. Abstandsflächen, Brandschutz, Nutzungsvorgaben) und bauplanungsrechtlichen Bestimmungen. Weiterhin sind sie verpflichtet, bei festgestellten Verstößen ordnungsrechtliche Maßnahmen wie Bauverfügungen, Stilllegungen oder auch die Anordnung von Rückbau zu erlassen. In ihrer Funktion als Eingriffs- und Überwachungsbehörde prüfen sie zudem die Einhaltung erteilter Baugenehmigungen sowie nachträglich wesentliche Änderungen. Schließlich wirken sie im Rahmen von Anhörungen und Beteiligungsverfahren mit, etwa bei Nachbarbeteiligungen oder der Abstimmung mit anderen Fachbehörden.

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Bauordnungsbehörden zur Durchsetzung des Bauordnungsrechts?

Zur Sicherstellung der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften steht den Bauordnungsbehörden ein umfangreiches Arsenal von Handlungsinstrumenten zur Verfügung. Neben der Erteilung oder Versagung von Baugenehmigungen können sie im Wege des Verwaltungszwangs – in Form von Zwangsgeld, Ersatzvornahme oder unmittelbarem Zwang – Maßnahmen durchsetzen. Dies umfasst insbesondere Stilllegungs- und Nutzungsuntersagungen, die Anordnung von Beseitigungsmaßnahmen bei illegal errichteten Bauwerken, Einleitung von Ordnungsgeldverfahren sowie im Extremfall Rückbauverfügungen. Sie können dabei unter den Voraussetzungen der jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsgesetze tätig werden; dabei gilt stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Gegen behördliche Maßnahmen steht das Rechtsmittel des Widerspruchs und schließlich der Klage vor den Verwaltungsgerichten offen.

Wie erfolgt die rechtliche Kontrolle der Bauordnungsbehörden?

Die Entscheidungen und Handlungen der Bauordnungsbehörden unterliegen einer vielschichtigen Kontrolle. Einerseits besteht die Möglichkeit der verwaltungsinternen Kontrolle durch vorgesetzte Dienststellen (Fachaufsicht, Dienstaufsicht). Anderseits haben betroffene Bürger und Dritte die Möglichkeit, gegen belastende Verwaltungsakte mittels Rechtsbehelf (Widerspruch) und nachfolgend durch Klage zum Verwaltungsgericht vorzugehen. Das gerichtliche Verfahren prüft, ob die Bauordnungsbehörde im Einklang mit den einschlägigen Gesetzen (Landesbauordnungen, Verwaltungsverfahrensgesetz, ggf. Baugesetzbuch) gehandelt hat. Hinzu kommt die Überwachung durch Landesrechnungshöfe und ggf. parlamentarische Gremien, insbesondere bei größeren Projekten oder Verdacht auf Rechtsverstöße.

Welche Handlungsspielräume haben Bauordnungsbehörden bei Ermessensentscheidungen?

Im Rahmen des sogenannten Verwaltungsermessens verfügen Bauordnungsbehörden insbesondere bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen (z. B. Beseitigungsverfügungen, Nutzungsuntersagungen) über einen gewissen Entscheidungs- und Bewertungsspielraum. Dieser Ermessensspielraum wird jedoch durch das Gesetz, insbesondere das Verwaltungsverfahrensrecht und das Verhältnismäßigkeitsprinzip, begrenzt. Die Behörde muss alle Umstände des Einzelfalls beachten und sachgerechte, ermessensfehlerfreie Erwägungen anstellen. Dies betrifft z.B. die Wahl der rechtlichen Mittel, Ausnahmen oder Befreiungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen sowie Fristsetzungen. Ermessensentscheidungen sind zu dokumentieren und im Zweifel gerichtlich überprüfbar.

Welche Einwirkungsmöglichkeiten Dritter bestehen gegenüber Bauordnungsbehörden?

Dritte – insbesondere Nachbarn – können im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren im gesetzlich vorgesehenen Umfang rechtliches Gehör finden (z.B. durch Anhörung oder Einwendungen). Die Landesbauordnungen sehen hierzu regelmäßig Beteiligungsregelungen vor, deren Umfang nach Art des Bauvorhabens, der Betroffenheit und der jeweiligen Rechtsposition variiert. Die Bauordnungsbehörden müssen die Belange Dritter bei ihrer Entscheidung berücksichtigen und abwägen. Bei Verletzung nachbarschützender Vorschriften haben Dritte zudem Anspruch auf Verwaltungsrechtsschutz, insbesondere durch Einlegung von Widerspruch und Klage (Anfechtungsklage, Verpflichtungsklage oder auch einstweiliger Rechtsschutz).

Wann und in welchem Umfang sind Bauordnungsbehörden zur Auskunft verpflichtet?

Bauordnungsbehörden sind gesetzlich zur Erteilung von Auskünften verpflichtet, sofern keine schutzwürdigen Interessen Dritter oder besondere Geheimhaltungsvorschriften entgegenstehen. Nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht und den Landespressegesetzen besteht ein Anspruch auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung über etwaige genehmigte Bauvorhaben, behördliche Bescheide und laufende Verfahren. Der Umfang dieser Auskunftspflicht variiert je nach Status (Bauherr, Nachbar, Dritter), geltend gemachtem rechtlichem Interesse und gesetzlichen Beschränkungen (z. B. Datenschutz, Geschäftsgeheimnisse). Auch Gerichte können im Wege der Amtshilfe Auskünfte verlangen.

Inwieweit haftet die Bauordnungsbehörde für fehlerhafte Entscheidungen?

Grundsätzlich haften Bauordnungsbehörden für rechtswidrige hoheitliche Maßnahmen nach den Vorschriften der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Dies setzt voraus, dass ein Beamter bzw. die Behörde schuldhaft – vorsätzlich oder fahrlässig – ihre öffentlichen Pflichten verletzt hat und dadurch einem Dritten ein Schaden entstanden ist. Typische Fälle sind fehlerhafte Baugenehmigungen oder das Unterlassen notwendiger Gefahrenabwehr. Die Haftung trifft dabei regelmäßig den Rechtsträger (z.B. die Kommune als Bauaufsichtsbehörde), nicht die handelnde Person selbst. Voraussetzung und Umfang eines Schadensersatzanspruchs unterliegen jedoch hohen rechtlichen Anforderungen und bedürfen einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall durch die Gerichte.