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BAT-O


BAT-O – Begriffsbestimmung und rechtliche Grundlagen

Der Begriff BAT-O steht für den „Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost“. Er bezeichnet einen Tarifvertrag, der nach der deutschen Wiedervereinigung speziell für die im Osten Deutschlands angestellten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes geschaffen wurde. Der BAT-O regelte umfassend die Arbeitsbedingungen, Vergütung und weitere Rechtsverhältnisse dieser Personengruppe, orientierte sich in vielerlei Hinsicht am Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), enthielt jedoch eigenständige und abweichende rechtliche Regelungen.


Historischer Kontext und rechtliche Entstehung

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 bestand die Notwendigkeit einer tariflichen Regelung, die den spezifischen Arbeitsmarktbedingungen und der wirtschaftlichen Lage in den neuen Bundesländern gerecht wurde. Aus diesem Grund wurde am 10. Dezember 1990 der BAT-O zwischen den öffentlichen Arbeitgebern und den Gewerkschaften verhandelt und abgeschlossen. Rechtsgrundlage war das Tarifvertragsgesetz (TVG), welches den Abschluss solcher Vereinbarungen regelt.

Zielsetzung des BAT-O

Die zentrale Zielsetzung bestand darin, ein eigenständiges Tarifwerk für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der neuen Bundesländer zur Verfügung zu stellen, da beispielsweise die Lohnstruktur, die Wochenarbeitszeit sowie Urlaubsregelungen an die damaligen Gegebenheiten angepasst werden mussten. Dies resultierte in einer teils abweichenden, teils modifizierten Übernahme der Regelungsinhalte des „westdeutschen“ BAT.


Geltungsbereich und persönlicher Anwendungsbereich

Räumlicher und sachlicher Geltungsbereich

Der BAT-O fand Anwendung auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder und Kommunen in den neuen Bundesländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Ost-Berlin).

Persönlicher Anwendungsbereich

Erfasst wurden grundsätzlich alle Angestellten aus dem öffentlichen Dienst, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages der westlichen Bundesländer fielen, jedoch im Beitrittsgebiet tätig waren.

Abweichende Regelungen zum BAT

Der BAT-O wich insbesondere in folgenden Aspekten vom BAT ab:

  • Vergütungsgruppen: Die Vergütung orientierte sich an den BAT-Regelungen, lag jedoch anfänglich unter dem Niveau der westdeutschen Gehälter.
  • Arbeitszeit: Die regelmäßige Wochenarbeitszeit war mit 40 Stunden höher als im BAT.
  • Urlaubsanspruch: Der Urlaubsanspruch sowie die Regelungen zu Sonderurlauben und Zusatzleistungen wichen zum Teil ab.
  • Überleitungsregelungen: Es wurden spezielle Vorschriften für den Übergang von Beschäftigten aus der DDR-Rechtsordnung in das neue öffentliche Tarifrecht geschaffen.

Rechtsnatur und rechtliche Bedeutung des BAT-O

Der BAT-O ist ein Tarifvertrag im Sinne des § 1 TVG und besitzt damit bindende Wirkung für die Mitglieder der tarifschließenden Parteien. Neben individualarbeitsrechtlichen Ansprüchen richtete sich der BAT-O durch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sowie Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen auch an Nichtmitglieder.

Kollektivrechtliche Bindungswirkung

Die kollektivrechtliche Wirkung bedeutet, dass Rechte und Pflichten aus dem BAT-O unmittelbar und zwingend für die tarifgebundenen Personen galten. Dies umfasst Ansprüche auf Vergütung, Auszahlung von Zulagen und die Einhaltung tariflich geregelter Arbeitsbedingungen.


BAT-O im Verhältnis zu anderen Tarifverträgen

Übergang zum TVöD/TV-L

Mit der Einführung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) am 1. Oktober 2005 und des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) wurde der BAT-O schrittweise abgelöst. Für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse weiterhin unter den BAT-O fielen, traten Überleitungsvorschriften in Kraft.

Fortgeltung und Nachwirkungen

Trotz Ablösung durch neuere Tarifverträge bestehen auch heute noch nachwirkende Rechtsfragen, beispielsweise bei Altfällen, die vor Einführung des TVöD/TV-L begründet wurden. Die Nachwirkung ergibt sich aus § 4 Abs. 5 TVG, wonach Tarifverträge auch nach ihrem Ablauf bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen weitergelten.


Einzelregelungen und Sonderthemen des BAT-O

Vergütung und Eingruppierung

Die Vergütung wurde in Vergütungsgruppen eingeteilt, vergleichbar mit den Regelungen des BAT, jedoch auf dem Niveau der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der neuen Bundesländer angepasst.

Sonderzahlungen und Sozialleistungen

Der BAT-O enthielt eigenständige Vorschriften zu Jahressonderzahlungen, Weihnachtsgeld sowie zur betrieblichen Altersversorgung.

Arbeitszeit, Urlaub, Kündigungsschutz

Die Arbeitszeit lag bei 40 Stunden pro Woche. Die Urlaubsansprüche waren in eigenständigen Paragrafen geregelt. Kündigungsschutz, Probezeiten und befristete Arbeitsverhältnisse folgten grundsätzlich den Regelungen des BAT, mit Ost-spezifischen Modifikationen.


Rechtsprechung und BAT-O

Im Zusammenhang mit dem BAT-O wurden zahlreiche arbeitsgerichtliche Entscheidungen getroffen, insbesondere zu Fragen der Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ost- und Westdeutschland, zur Gleichbehandlung und zur Fortgeltung von Tarifansprüchen nach Ablösung durch neue Tarifverträge. Die Rechtsprechung betonte wiederholt die Bedeutung der tariflichen Überleitung und der Transparenz der Übergangsregelungen.


Reformen und Ablösung

Ab 2005 wurden mit dem Inkrafttreten des TVöD und später des TV-L die Regelungen des BAT-O schrittweise außer Kraft gesetzt. Alle neu eintretenden Arbeitsverhältnisse wurden auf Grundlage der neuen Tarifverträge geregelt. BAT-O-Anwendungsfälle haben deshalb heute vorrangig im Rahmen der Nachwirkung oder bei Altansprüchen weiterhin Bedeutung.


Zusammenfassung

Der BAT-O war ein bedeutender Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer nach der deutschen Wiedervereinigung. Er regelte zahlreiche arbeitsrechtliche Aspekte eigenständig für den Osten Deutschlands und wurde ab 2005 vollständig durch den TVöD/TV-L abgelöst. Bis heute finden sich Auswirkungen des BAT-O insbesondere in nachwirkenden Rechtsverhältnissen sowie in der arbeitsgerichtlichen Praxis bei Altverträgen.


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Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorgaben sind bei der Anwendung des BAT-O einzuhalten?

Die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags-Ost (BAT-O) ist an strikte rechtliche Vorgaben geknüpft, die sich insbesondere aus dem Tarifvertragsgesetz (TVG), dem Tarifvertragsgesetz Ost-Anpassungsgesetz (TVA-OstG) sowie den jeweiligen Ausführungsvorschriften der öffentlichen Arbeitgeber ergeben. Zentrale Voraussetzung ist das Vorliegen eines wirksamen Tarifvertrages zwischen den jeweils tarifgebundenen Parteien, also insbesondere zwischen dem öffentlichen Arbeitgeber und den im Bereich des BAT-O organisierten Gewerkschaften. Eine wesentliche rechtliche Vorgabe ist die Anwendung des BAT-O ausschließlich im Geltungsbereich der neuen Bundesländer sowie in den Fällen, in denen eine dynamische Bezugnahme in bestehenden Arbeitsverhältnissen oder arbeitsvertraglichen Regelungen vereinbart wurde. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Bestimmungen zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BAT, § 611a BGB) sowie zum Kündigungsschutz und Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen einzuhalten. Bei Fragen der Überleitung von BAT-O in andere Tarifwerke, wie beispielsweise den TVöD, ist auf die einschlägigen Überleitungstarifverträge und Besitzstandregelungen zu achten.

Wie wirkt sich die Rechtsprechung auf den BAT-O aus?

Die Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und der Landesarbeitsgerichte (LAG), nimmt maßgeblichen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung einzelner Bestimmungen des BAT-O. Beispielsweise hat die Rechtsprechung zur Wirksamkeit von dynamischen Bezugnahmeklauseln und zur Abgrenzung der tariflichen von einzelvertraglichen Regelungen die praktische Durchsetzung des BAT-O erheblich geprägt. Ebenso haben höchstrichterliche Urteile zur Gleichbehandlung von Ost- und West-Beschäftigten, zur Wirksamkeit befristeter Verträge und zur Tarifeinheit Bedeutung für die rechtliche Handhabung des BAT-O. Die Rechtsprechung konkretisiert unbestimmte Rechtsbegriffe des Tarifvertrags, legt Auslegungskriterien für Streitfragen fest und sorgt so für Rechtssicherheit, auch nach Überleitung in neue Tarifwerke.

Besteht eine Nachwirkung des BAT-O bei Ausscheiden aus dem Tarifverband?

Die sogenannte Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG greift auch bei Anwendung des BAT-O, wenn der Tarifvertrag entweder durch Kündigung erloschen ist oder ein Tarifwechsel stattgefunden hat. Nach dem Ausscheiden einer Partei aus dem tarifschließenden Verband wirkt der BAT-O in seinen normativen Bestimmungen weiterhin nach, bis er durch eine andere Regelung – sei es durch einen neuen Tarifvertrag oder durch anderweitige arbeitsvertragliche oder gesetzliche Regelungen – abgelöst wird. Allerdings gilt die Nachwirkung nur für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse und betrifft insbesondere die Weitergeltung der vereinbarten Arbeitsbedingungen. Neu eingestellte Beschäftigte können nach Ablauf des Tarifvertrags oder bei Fehlen einer tariflichen Bindung nicht mehr automatisch in den Geltungsbereich des BAT-O fallen.

Welche Mitbestimmungsrechte bestehen im Zusammenhang mit dem BAT-O?

Die Mitbestimmung der Personal- und Betriebsvertretungen spielt im Zusammenhang mit dem BAT-O eine tragende Rolle. Nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und den jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetzen (LPersVG) bestehen umfangreiche Beteiligungsrechte bei der Umsetzung tariflicher Bestimmungen im Betrieb, beispielsweise bezüglich Eingruppierung, Arbeitszeitregelungen und Versetzungen. Ebenso ist der Abschluss von Dienstvereinbarungen, die ergänzend zu den tariflichen Regelungen des BAT-O getroffen werden, oft mitbestimmungspflichtig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Personalvertretung frühzeitig und umfassend zu beteiligen, insbesondere bei Fragen der Auslegung und Anwendung des BAT-O, was auch die Rechte der Beschäftigten sichert und Missbrauch ausschließt.

Können einzelvertragliche Abweichungen vom BAT-O rechtlich wirksam sein?

Grundsätzlich gilt das Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG), wonach vom BAT-O abweichende einzelvertragliche Regelungen nur dann wirksam sind, wenn sie für die Arbeitnehmenden günstiger sind als die tariflichen Vorschriften. Nachteilige Abweichungen zugunsten des Arbeitgebers sind hingegen unwirksam, sofern keine Öffnungsklauseln im Tarifvertrag vorhanden sind. Bei einer ausdrücklichen Verweisung im Arbeitsvertrag auf BAT-O-Bestimmungen („dynamische Bezugnahme“) bleibt der tarifliche Standard maßgeblich. Ferner ist auch auf den Anerkennungstarifvertrag und Sonderregelungen für spezifische Beschäftigtengruppen zu achten, da hiervon ebenfalls abweichende Regelungen getroffen werden können, solange sie im Rahmen der gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben bleiben.

Wie verhält sich der BAT-O zum TVöD bzw. zur Überleitung in neue Tarifwerke?

Mit Einführung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) wurde der BAT-O für den Geltungsbereich des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern weitgehend abgelöst. Dies erfolgte durch umfangreiche Überleitungstarifverträge, etwa den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten in den TVöD (TVÜ-VKA/TVÜ-Bund), die Besitzstandregelungen und Überleitungsregelungen für betroffene Beschäftigte enthalten. Dabei wird rechtlich unterschieden zwischen Bestandsbeschäftigten, die Rechte aus dem BAT-O als Besitzstand wahren, und Neueinstellungen, die direkt unter den TVöD fallen. Für bestehende Arbeitsverhältnisse bleiben bestimmte BAT-O-Regelungen, soweit nicht durch neue Vorschriften abgelöst, nachwirkend oder als individuell vereinbarte Arbeitsbedingungen erhalten. Rechtlich ist hierbei maßgeblich, wie die jeweiligen Arbeitsverträge und deren Verweisungsklauseln ausgestaltet sind.

Für welche Beschäftigtengruppen findet der BAT-O heute noch Anwendung?

Obwohl der BAT-O offiziell im Bereich des öffentlichen Dienstes weitgehend durch den TVöD abgelöst wurde, findet er in bestimmten Konstellationen weiterhin Anwendung. Der rechtliche Anwendungsbereich betrifft vor allem Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse noch über individualrechtliche Bezugnahmeklauseln auf den BAT-O verweisen. Darüber hinaus existieren tarifgebundene Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes, insbesondere kirchliche Träger oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die weiterhin arbeitsvertraglich auf den BAT-O Bezug nehmen. In all diesen Fällen ist die rechtliche Geltung stets daran gebunden, dass keine wirksame Ablösung durch einen anderen Tarifvertrag oder arbeitsvertragliche Änderungsvereinbarungen erfolgt ist. Eine genaue Prüfung des Einzelfalls ist hierbei aus juristischer Sicht unabdingbar.