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Basisinformationsblatt

Begriff und Zweck des Basisinformationsblatts

Das Basisinformationsblatt ist ein kurz gehaltenes, standardisiertes Informationsdokument für Kleinanleger. Es fasst die wichtigsten Merkmale, Risiken, Kosten und möglichen Ergebnisse eines Anlageprodukts in verständlicher Form zusammen. Der Zweck besteht darin, unterschiedliche Produkte vergleichbar zu machen und eine informierte Entscheidung vor Abschluss zu ermöglichen.

Es betrifft insbesondere verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger sowie Versicherungsanlageprodukte. Dazu gehören etwa strukturierte Wertpapiere, Zertifikate, fondsgebundene Lebensversicherungen, bestimmte Derivate und seit 2023 auch Publikumsfonds, sofern sie an Kleinanleger vertrieben werden.

Anwendungsbereich

Betroffene Produkte

Erfasst sind Produkte, bei denen das eingezahlte Geld in ein oder mehrere Basiswerte (zum Beispiel Fonds, Indizes oder Derivate) investiert und in einer Hülle gebündelt wird. Hierzu zählen unter anderem:

  • Zertifikate und strukturierte Anleihen
  • Hebel- und Optionsprodukte für den Kleinanlegervertrieb
  • Fondsanteile, soweit sie an Kleinanleger gerichtet sind
  • Versicherungsanlageprodukte mit Anlagebezug (etwa fondsgebundene Lebensversicherungen)

Nicht erfasste Produkte und Ausnahmen

Nicht umfasst sind typischerweise einfache Bankeinlagen ohne Anlagehülle, rein risikoorientierte Versicherungen ohne Anlagebezug und Produkte, die ausschließlich an professionelle Anleger gerichtet sind. Spezifische Übergangs- oder Sonderregelungen können für einzelne Produktkategorien bestehen, etwa im Zusammenhang mit der Umstellung von Fondsunterlagen.

Adressatenkreis

Adressaten sind Kleinanleger. Für professionelle und semiprofessionelle Investoren können abweichende Informationsanforderungen gelten.

Inhaltliche Mindestangaben

Kernelemente

Das Basisinformationsblatt enthält in standardisierter Reihenfolge Informationen zu:

  • Produktbezeichnung und Anbieter
  • Ziel und Funktionsweise des Produkts
  • Geeigneter Zielmarkt aus Anlegersicht
  • Risiken und potenzielle Erträge
  • Kosten über die Haltedauer
  • Empfohlene Haltedauer und Ausstiegsbedingungen
  • Beschwerdemöglichkeiten

Risiko- und Ertragsdarstellung

Die Darstellung enthält einen zusammenfassenden Risikoindikator auf einer Skala (typischerweise von niedrig bis hoch), ergänzt um erläuternde Hinweise zu Marktrisiken, Kreditrisiken und Liquiditätsrisiken. Zusätzlich werden Szenarien beschrieben, die mögliche Entwicklungen des Anlageergebnisses unter günstigen, moderaten, ungünstigen und Stress-Bedingungen veranschaulichen.

Kostenangaben

Die Gesamtkosten werden nach einer einheitlichen Methodik ausgewiesen, einschließlich einmaliger, laufender und transaktionsbezogener Kosten. Der Einfluss der Kosten auf die Rendite wird als Minderung der jährlichen Rendite dargestellt, um die Vergleichbarkeit zu erleichtern.

Szenariodarstellung und Haltedauer

Das Dokument nennt eine empfohlene Haltedauer, die sich an Struktur und Risiko des Produkts orientiert. Für diese und weitere Zeitpunkte werden Szenarien zur Wertentwicklung sowie die Kostenwirkungen ausgewiesen. Es wird erläutert, ob und wie ein vorzeitiger Ausstieg möglich ist und welche finanziellen Auswirkungen dies haben kann.

Beschwerden und Kontakt

Das Blatt beschreibt, wie Beschwerden gegenüber dem Produktanbieter oder dem vertreibenden Institut eingereicht werden können, und nennt hierzu die erforderlichen Kontaktinformationen.

Formale Anforderungen

Umfang, Sprache, Verständlichkeit

Das Basisinformationsblatt ist kurz und prägnant gehalten. Es ist in klarer, nicht irreführender Sprache zu verfassen und umfasst in der Regel höchstens drei Seiten im Format A4. Grafische Elemente, Piktogramme oder Tabellen können eingesetzt werden, sofern sie der Verständlichkeit dienen.

Darstellung und Vergleichbarkeit

Aufbau, Reihenfolge der Abschnitte und Berechnungsmethoden sind harmonisiert, damit unterschiedliche Produkte miteinander verglichen werden können. Marketingaussagen dürfen dem Inhalt des Basisinformationsblatts nicht widersprechen.

Digitale Bereitstellung und Zugänglichkeit

Die Bereitstellung erfolgt in dauerhafter Form. Eine elektronische Zurverfügungstellung ist zulässig, sofern die Anforderungen an Unveränderbarkeit und Abrufbarkeit erfüllt sind. Sprachfassungen richten sich nach dem Vertriebsland.

Zeitpunkt der Bereitstellung und Pflichten der Beteiligten

Hersteller und Vertreiber

Der Produktanbieter erstellt das Basisinformationsblatt und hält es aktuell. Vertriebsstellen haben es Kleinanlegern vor Vertragsabschluss bereitzustellen. Bei beratungsfreiem und digitalem Vertrieb gelten dieselben Grundsätze.

Aktualisierungspflichten

Das Dokument ist regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren, insbesondere wenn sich wesentliche Produktmerkmale, Kosten, Risiken oder Szenarien ändern. Eine turnusmäßige Überprüfung erfolgt mindestens einmal jährlich oder anlassbezogen.

Verhältnis zu anderen Informationsdokumenten

Prospekt und sonstige Unterlagen

Das Basisinformationsblatt ergänzt umfangreichere Unterlagen wie Verkaufsprospekte, Emissionsbedingungen oder Vorverkaufsinformationen. Es ersetzt diese nicht, sondern verdichtet die für Kleinanleger wichtigsten Punkte in standardisierter Form.

Fondsunterlagen

Für Publikumsfonds wird das Basisinformationsblatt verwendet, wenn Anteile an Kleinanleger vertrieben werden. Frühere fondsbezogene Kurzunterlagen wurden für diesen Anlegerkreis weitgehend durch das Basisinformationsblatt abgelöst.

Aufsicht und Rechtsfolgen bei Verstößen

Aufsichtliche Maßnahmen

Die Einhaltung der Anforderungen wird durch nationale und europäische Aufsichtsstellen überwacht. Bei Verstößen kommen Maßnahmen wie Vertriebsbeschränkungen, Untersagungen, Anordnungen zur Korrektur oder Bußgelder in Betracht.

Zivilrechtliche Konsequenzen

Fehlende, fehlerhafte oder widersprüchliche Angaben können haftungsrechtliche Folgen aus Informations- oder Aufklärungspflichten nach sich ziehen. In Betracht kommen Ansprüche auf Schadensersatz oder Rückabwicklung, abhängig von Einzelfall, Kausalität und Verantwortungsbereich.

Internationale Dimension

Grenzüberschreitender Vertrieb

Beim Vertrieb über Grenzen hinweg ist das Basisinformationsblatt in einer geeigneten Sprachfassung bereitzustellen. Die Inhalte folgen unionsweit harmonisierten Vorgaben, was die Vergleichbarkeit im europäischen Binnenmarkt stärkt.

Abgrenzung zu ähnlichen Dokumenten

Vom Basisinformationsblatt zu unterscheiden sind andere kurze Produktinformationen in Bank- oder Versicherungsbereichen, die jeweils eigenen Zwecken dienen. Das Basisinformationsblatt ist speziell auf verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte für Kleinanleger ausgerichtet und folgt europaweit einheitlichen Vorgaben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wozu dient das Basisinformationsblatt in erster Linie?

Es dient der kompakten und vergleichbaren Darstellung der wichtigsten Merkmale, Risiken, Kosten und möglichen Ergebnisse eines Anlageprodukts, damit Kleinanleger die wesentlichen Informationen vor Vertragsabschluss in einheitlicher Form erhalten.

Wer ist verpflichtet, ein Basisinformationsblatt zu erstellen?

Die Pflicht zur Erstellung trifft den Produktanbieter. Vertriebsstellen stellen sicher, dass Kleinanleger das Dokument rechtzeitig vor Abschluss erhalten.

Für welche Produkte ist ein Basisinformationsblatt erforderlich?

Erforderlich ist es für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte, darunter Zertifikate, bestimmte Derivate, fondsgebundene Lebensversicherungen und Publikumsfonds, soweit sie an Kleinanleger vertrieben werden.

Wann und in welcher Form muss das Dokument bereitgestellt werden?

Es ist vor Vertragsabschluss in dauerhafter Form bereitzustellen. Dies kann physisch oder elektronisch erfolgen, sofern Anforderungen an Verständlichkeit, Unveränderbarkeit und Abrufbarkeit eingehalten werden.

Wie ist die Länge und Struktur des Basisinformationsblatts vorgegeben?

Das Dokument ist kurz, klar und in standardisierter Reihenfolge aufgebaut und umfasst in der Regel höchstens drei A4-Seiten. Der harmonisierte Aufbau erleichtert die Vergleichbarkeit zwischen Produkten.

Welche Konsequenzen hat ein fehlendes oder fehlerhaftes Basisinformationsblatt?

Neben aufsichtlichen Maßnahmen wie Vertriebsbeschränkungen oder Bußgeldern können haftungsrechtliche Folgen entstehen, wenn unzutreffende oder unvollständige Informationen ursächlich für Vermögensnachteile sind.

Gelten die Regeln auch für Fonds und Versicherungen?

Ja. Publikumsfonds im Kleinanlegervertrieb sowie Versicherungsanlageprodukte unterliegen den Vorgaben. Reine Risikoversicherungen ohne Anlagebezug und einfache Einlagenprodukte sind nicht umfasst.

Wie oft wird das Basisinformationsblatt aktualisiert?

Es wird regelmäßig überprüft und bei wesentlichen Änderungen aktualisiert. Eine Überprüfung erfolgt mindestens jährlich oder anlassbezogen, beispielsweise bei relevanten Kosten- oder Risikoänderungen.