Legal Lexikon

Bankenabgabe


Begriff und rechtliche Einordnung der Bankenabgabe

Die Bankenabgabe ist ein Begriff aus dem Finanzwesen, der eine von Kreditinstituten auf gesetzlicher Grundlage zu entrichtende Abgabe beschreibt. Diese Abgabe wird in verschiedenen Staaten erhoben und dient insbesondere der Finanzierung von Einlagensicherungssystemen und Restrukturierungsfonds. Ziel ist es, die Kosten eventueller Bankenrettungen oder Bankenabwicklungen nicht ausschließlich auf die Steuerzahler zu übertragen, sondern die Finanzindustrie daran zu beteiligen. Die rechtliche Ausgestaltung der Bankenabgabe variiert erheblich zwischen den einzelnen Rechtsordnungen und ist maßgeblich durch europäische und nationale Rechtsvorschriften geprägt.


Rechtsgrundlagen und Regelungsrahmen der Bankenabgabe

Europarechtliche Grundlagen

Einleitung der Bankenabgabe auf EU-Ebene

Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 wurde auf europäischer Ebene die Notwendigkeit erkannt, präventive und restrukturierende Maßnahmenbanken finanzieren zu müssen. Die zentrale Rechtsgrundlage hierzu bildet die Richtlinie 2014/59/EU über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD – Bank Recovery and Resolution Directive). Sie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten Abwicklungsfonds (Resolution Funds) einrichten, die durch von den Kreditinstituten erhobene Beiträge, d. h. Bankenabgaben, gespeist werden.

Verordnung (EU) Nr. 806/2014 und der Einheitliche Abwicklungsfonds (SRF)

Mit der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 wurde der sogenannte Einheitliche Abwicklungsmechanismus (SRM) geschaffen, dessen Kernstück der Einheitliche Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF) ist. Dieser Fonds wird durch Beiträge der in den teilnehmenden Mitgliedstaaten tätigen Banken finanziert. Die Höhe der Beiträge, also der Bankenabgabe, berechnet sich zu einem erheblichen Anteil risikobasiert.

Nationale Rechtsgrundlagen (Beispiel: Deutschland)

Einführung der Bankenabgabe im Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG)

In Deutschland wurde die Bankenabgabe erstmals durch das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG) normiert. Es regelte die Errichtung eines Restrukturierungsfonds, der durch jährliche Beiträge der Kreditinstitute gespeist wurde. Das RStruktFG wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2015 durch das Restrukturierungsfondsgesetz – Restrukturierungsfonds-Neuordnungsgesetz (ResFondsNeuOG) sowie durch andere Rechtsakte novelliert und später weitgehend in Regelungen des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (FMStFG) und des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) integriert.

Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)

Seit Inkrafttreten des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) im Jahr 2015 wird die Bankenabgabe in Deutschland über dieses Gesetz geregelt. Das SAG setzt die Vorgaben der europäischen BRRD in nationales Recht um und enthält detaillierte Regelungen zur Bemessung, Erhebung und Verwendung der Bankenabgabe.


Bemessungsgrundlage und Erhebung der Bankenabgabe

Beitragsschuldner

Beitragspflichtig zur Bankenabgabe sind grundsätzlich alle Kreditinstitute im Geltungsbereich der entsprechenden nationalen und europäischen Regelungen. Im deutschen Recht sind dies insbesondere Kreditinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG).

Berechnungsmethodik

Die Höhe der Bankenabgabe richtet sich nach einem mehrstufigen, risikoorientierten Verfahren. Wesentliche Kriterien sind:

  • Gesamtverbindlichkeiten des Instituts (abzüglich bestimmter gesicherter Einlagen)
  • Risikoprofil der Bank (beispielsweise Geschäftsmodell, Risikopositionen, Eigenkapitalausstattung)
  • Systemische Bedeutung des Instituts

Die konkrete Berechnung erfolgt nach Maßgaben der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63, die einheitliche Methoden zur Beitragsermittlung vorgibt.

Zahlungsweise und Verwaltungsverfahren

Die Bankenabgabe wird als Jahresbeitrag erhoben. Zuständig für die Erhebung und Überwachung der Zahlung ist auf europäischer Ebene der Single Resolution Board (SRB), national nehmen diese Aufgabe in der Regel Abwicklungsbehörden wahr (z.B. die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung in Deutschland).


Zweck und Verwendung der Bankenabgabe

Finanzierung der Bankenabwicklung

Der zentrale Zweck der Bankenabgabe liegt in der Finanzierung der Abwicklungsfonds. Diese Fonds dienen dazu, im Insolvenz- oder Abwicklungsfall eines Kreditinstituts die Abwicklungskosten zu decken oder Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems zu unterstützen. Die Mittel dürfen zweckgebunden nur für Sanierungs- und Abwicklungsmaßnahmen genutzt werden, beispielsweise für

  • Finanzierung von Überbrückungskrediten
  • Loss Absorption (Verlustabsorbierende Maßnahmen)
  • Rekapitalisierung neu geordneter Banken

Einlagensicherung

Teils überschneidet sich die Bankenabgabe mit den Einlagensicherungssystemen, etwa wenn Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Einleger zu schützen.


Unterschiede zu anderen Abgaben und Abgrenzung

Die Bankenabgabe unterscheidet sich rechtlich und funktional von anderen Abgaben wie

  • der Bankensteuer (eine Steuer im engeren Sinne, die in einigen Ländern zusätzlich erhoben wird)
  • Gebühren für Aufsichtstätigkeiten (etwa nach § 34 KWG)

Die wesentliche Abgrenzung erfolgt über den Zweck, die Bemessungsgrundlage und die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.


Rechtliche Kontrolle und Streitigkeiten

Rechtschutzmöglichkeiten

Kreditinstitute können gegen die Festsetzung und Höhe der Bankenabgabe Rechtsmittel einlegen, insbesondere mittels Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten oder im europäischen Rahmen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bzw. dem Gericht der Europäischen Union.

Aufsicht und Rückforderung

Die ordnungsgemäße Erhebung und Verwendung der Bankenabgabe unterliegt der Kontrolle durch nationale sowie europäische Rechnungsprüfungsbehörden. Unrechtmäßig erhobene oder falsch berechnete Abgaben können rückerstattet werden.


Wirtschaftliche und rechtspolitische Diskussionen

Die Bankenabgabe ist Gegenstand umfangreicher wirtschaftlicher und rechtspolitischer Diskussionen. Kritisiert wird teilweise die Belastung kleinerer Institute gegenüber systemrelevanten Großbanken, die Anreize zur Risikoverlagerung, sowie Fragen der Mittelverwendung und Transparenz der Abwicklungsfonds. Die rechtliche Entwicklung bleibt dynamisch, da die Europäische Union die Regelungsmechanismen fortlaufend anpasst.


Literaturhinweise, Quellen und Weblinks


Zusammenfassung

Die Bankenabgabe ist eine aufgrund gesetzlicher Regelungen erhobene Sonderabgabe von Kreditinstituten, deren rechtliche Grundlagen national und europäisch umfassend geregelt sind. Sie dient der Finanzierung von Abwicklungs- und Sicherungsfonds, unterstützt die Stabilität des Finanzsystems und trägt zur fairen Verteilung von Kosten aus Bankeninsolvenzen bei. Durch detaillierte rechtliche Vorgaben wird die sachgemäße Erhebung, Verwendung und Kontrolle sichergestellt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Erhebung der Bankenabgabe in Deutschland?

Die Erhebung der Bankenabgabe in Deutschland basiert im Wesentlichen auf dem Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG) sowie den zugehörigen Ausführungsverordnungen, insbesondere der Restrukturierungsfonds-Verordnung (RStruktFV). Die zentrale rechtliche Grundlage wurde geschaffen, um die Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/59/EU (Bankenabwicklungsrichtlinie – BRRD) in nationales Recht zu überführen. Ziel ist die Finanzierung des Restrukturierungsfonds, aus welchem im Krisenfall Maßnahmen zur Restrukturierung und Abwicklung systemrelevanter Institute bezahlt werden können. Neben dem RStruktFG sind ergänzende Regelungen im Kreditwesengesetz (KWG) und im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) zu beachten. Die Festsetzung, Bemessung und Erhebung der Abgabe erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA), seit 2018 durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Zusammenspiel mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board – SRB) auf europäischer Ebene, was durch das deutsche Abwicklungsgesetz (AbwAG) geregelt ist. Gleichzeitig gelten unmittelbar anwendbare Vorgaben aus dem europäischen Recht, insbesondere die Durchführungsverordnung (EU) 2015/63 und die delegierte Verordnung (EU) 2016/1450.

Wer ist nach deutschem Recht verpflichtet, die Bankenabgabe zu entrichten?

Gemäß den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften sind grundsätzlich alle CRR-Kreditinstitute, das heißt Institute, die nach der Capital Requirements Regulation (CRR, Verordnung (EU) Nr. 575/2013) zugelassen sind, verpflichtet, die Bankenabgabe zu entrichten. Dies schließt sowohl Universalbanken als auch Spezialkreditinstitute, Filialen ausländischer Institute mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum sowie bestimmte Wertpapierfirmen ein. Für einzelne Sparkassen und Genossenschaftsbanken gelten Besonderheiten in der Beitragsbemessung, jedoch sind diese Institute grundsätzlich ebenfalls abgabepflichtig. Ausgenommen von der Abgabepflicht sind hingegen Förderbanken sowie bestimmte Sonderinstitute, deren Geschäftsmodell keinem Wettbewerbsrisiko im Markt unterliegt und die auf Grund ihrer staatlichen Förderaufgaben privilegiert wurden. Die Detailabgrenzung der Abgabepflicht erfolgt gemäß § 1 RStruktFG in Verbindung mit den entsprechenden Verordnungsregelungen und europarechtlichen Vorgaben.

Welche Pflichten haben Banken im Zusammenhang mit der Bankenabgabe hinsichtlich der Mitwirkung und Auskunft?

Nach deutschem Recht und den entsprechenden EU-Verordnungen müssen abgabepflichtige Institute umfassende Mitwirkungs- und Auskunftspflichten erfüllen. Insbesondere sind sie verpflichtet, der zuständigen Behörde – in Deutschland also der BaFin beziehungsweise dem SRB – alle zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderlichen Unterlagen ordnungsgemäß, vollständig und fristgerecht zur Verfügung zu stellen. Diese umfassen insbesondere Jahresabschlüsse, Risikoberichte sowie strukturierte Daten zur Bilanzsumme und Risikosituation. Kommt ein Institut seiner Mitwirkungspflicht nicht oder nur ungenügend nach, kann die zuständige Behörde die Bemessungsgrundlage schätzen und Sanktionen, wie Verzugszinsen oder Bußgelder, verhängen. Die Mitwirkungspflicht ist eine zentrale Voraussetzung für die rechtskonforme Erhebung der Bankenabgabe, da die Abgabe jährlich auf Basis aktueller Daten berechnet wird. Verstöße gegen diese Pflichten können als Ordnungswidrigkeit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 13 i. V. m. § 30 RStruktFG geahndet werden.

Welche Rechtsmittel stehen Banken gegen Beitragsbescheide der Behörden zur Verfügung?

Gegen die Festsetzung der Bankenabgabe durch die BaFin oder das SRB kann das betroffene Institut grundsätzlich Rechtsmittel einlegen. Im nationalen Kontext sind dabei der Widerspruch (soweit nach Landesrecht vorgesehen) und im Anschluss die Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht vorgesehen. Im Rahmen von europarechtlichen Bescheiden, etwa durch das SRB, ist innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe die sogenannte „Board-Appeal-Prozedur“ nach Artikel 85 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 zu beschreiten oder direkt der Rechtsweg zum Gericht der Europäischen Union eröffnet. Im Rahmen eines Widerspruchs oder einer Klage prüft das Gericht insbesondere die ordnungsgemäße Anwendung der mitgliedstaatlichen und europäischen Vorschriften zur Bemessung und Erhebung der Bankenabgabe. Während eines laufenden Rechtsmittelverfahrens bleibt die Abgabepflicht in der Regel zunächst bestehen, eine aufschiebende Wirkung muss ausdrücklich beantragt werden.

Wie erfolgt die Bemessung der Bankenabgabe im rechtlichen Sinne?

Die Bemessung der Bankenabgabe erfolgt auf Grundlage der jeweiligen Satzungsvorgaben und der einschlägigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere nach Maßgabe von § 12 RStruktFG und den entsprechenden europäischen Vorgaben. Die Abgabe wird nicht pauschal, sondern risikoadjustiert unter Berücksichtigung der Bilanzsumme, der Verbindlichkeiten abzüglich bestimmter Sicherheiten und, insbesondere im europäischen Kontext, des systemischen Risikoprofils eines Instituts berechnet. Dabei werden verschiedene Risikoindikatoren wie Geschäftsumfang, Geschäftsmodell, Verflechtungsgrad mit anderen Marktteilnehmern und Stabilitätsmerkmale herangezogen. Die europarechtliche Harmonisierung gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2015/63 sorgt dafür, dass nationale Besonderheiten nur begrenzt Berücksichtigung finden und eine höhere Vergleichbarkeit sowie Gleichbehandlung der Institute gewährleistet ist. Die konkrete Berechnung wird jährlich vorgenommen, die Bemessungsgrundlagen sind jährlich vorzulegen und durch die zuständigen Behörden überprüfbar.

Inwieweit ist der Datenschutz bei der Erhebung und Weitergabe von Daten zur Bankenabgabe rechtlich geschützt?

Der Datenschutz spielt bei der Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe der zur Beitragsbemessung erforderlichen Daten eine zentrale Rolle. Die erhobenen Informationen unterliegen strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen, welche aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie spezialgesetzlichen Regelungen im Kreditwesengesetz (KWG) und dem RStruktFG resultieren. Die Weitergabe von Daten erfolgt ausschließlich an berechtigte Behörden und nur im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung. Die betroffenen Institute haben das Recht auf Auskunft, Berichtigung und in bestimmten Fällen auf Löschung der Daten, sofern diese nicht mehr für Abwicklungs- und Prüfaufgaben benötigt werden. Die Behörden sind verpflichtet, organisatorische und technische Maßnahmen zur Sicherung der Daten gegen unbefugten Zugriff sowie zur Sicherung der Integrität und Vertraulichkeit zu treffen.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen die gesetzlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Bankenabgabe?

Bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der Bankenabgabe drohen verschiedenartige Sanktionen. Gemäß § 30 RStruktFG können Verstöße als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, was die Verhängung von Bußgeldern in erheblicher Höhe zur Folge haben kann. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Festsetzung von Verzugszinsen bei nicht fristgerechter Entrichtung der Abgabe. Kommt ein Institut wiederholt oder vorsätzlich seinen Mitwirkungs- und Informationspflichten nicht nach, kann dies zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen bis hin zu Abwicklungsmaßnahmen nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) führen. In schwerwiegenden Fällen kann auch das Management persönlich haftbar gemacht werden. Die Sanktionen dienen der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Erhebung und dienen zugleich der Integrität und Stabilität des Finanzsystems.