Begriff und rechtliche Einordnung der Avalprovision
Die Avalprovision ist im deutschen Recht die Vergütung, die ein Auftraggeber einer Bank oder eines anderen Kreditinstituts für die Übernahme einer Bürgschaft (Aval) oder Garantie zahlt. Sie stellt das Entgelt für die Bereitschaft der Bank dar, im Falle eines Ausfalls eines Schuldners die Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen. Die Avalprovision wird nicht als Zins, sondern als laufendes Entgelt für die Risikoübernahme und Bereitstellung des Avals gezahlt. Diese rechtliche Einordnung führt zu verschiedenen relevanten Implikationen, insbesondere bei der bilanztechnischen, steuerlichen und zivilrechtlichen Behandlung.
Bedeutung und Anwendungsbereiche
Die Avalprovision findet Anwendung in folgenden Bereichen:
- Bürgschaften und Garantien: Häufig im Zusammenhang mit Bürgschaften gemäß §§ 765 ff. BGB und selbstschuldnerischen Bürgschaften, aber auch bei abstrakten Bankgarantien.
- Handelsgeschäfte: Insbesondere im nationalen und internationalen Handelsverkehr.
- Öffentliche Auftragvergaben: Zum Beispiel als Sicherheitsleistung für Anzahlungen, Vertragserfüllungen oder Gewährleistungsverpflichtungen.
Rechtsgrundlagen der Avalprovision
Rechtsnatur der Avalprovision
Die Avalprovision ist rechtlich dem sog. Avalkredit (Kreditleihe) zuzuordnen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Schuldverhältnis, das sich von anderen Kreditformen (insbesondere dem Gelddarlehen nach §§ 488 ff. BGB) unterscheidet. Die Provision ist die Gegenleistung für die Überlassung der Bonität des Kreditinstituts.
Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen finden sich in den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), ergänzt durch handels- und kreditvertragsrechtliche Ausgestaltung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken sowie einschlägigen Handelsbräuchen.
Abgrenzung zum Zins
Die Avalprovision ist nach herrschender Ansicht kein Zins im klassischen Sinne, sondern eine laufende Gebühr für die Stellung der Bank als Bürgin oder Garantin. Der Unterschied ist für diverse rechtliche Beurteilungen (z. B. bei der Frage der Sittenwidrigkeit überhöhter Zinsen nach § 138 BGB oder der Anwendung von Verbraucherkreditrecht) von Bedeutung.
Vertragsgestaltung
Die Verpflichtung zur Zahlung der Avalprovision ergibt sich regelmäßig aus einem Avalkreditvertrag, der zwischen dem Sicherungsgeber und dem Kreditinstitut abgeschlossen wird. Gegenstand des Vertrags sind die Höhe, die Fälligkeit und die Berechnungsgrundlagen der Avalprovision.
Kernpunkte der vertraglichen Regelung sind:
- Bemessungsgrundlage (meist Bürgschaftssumme)
- Provisionssatz (meist als Prozentsatz p.a.)
- Abrechnungsrhythmus (monatlich, vierteljährlich oder jährlich)
Im Bankrecht ist zudem anerkannt, dass für die Berechnung der Provision der offene Avalbetrag, nicht jedoch ein eventuell beanspruchter Teil der Bürgschaft maßgeblich ist.
Steuerliche Behandlung der Avalprovision
Umsatzsteuerrecht
Im Umsatzsteuerrecht gilt die Avalprovision als Entgelt für eine steuerbefreite Kreditgewährung gemäß § 4 Nr. 8 UStG, sofern die Avalleistung als Kreditgewährung qualifiziert werden kann. Die Bankdienstleistung wird als steuerfreie Leistung behandelt, solange kein Leistungsaustausch stattfindet, der über die reine Übernahme der Bonität hinausgeht.
Einkommen- und Körperschaftsteuer
Für Unternehmen stellt die gezahlte Avalprovision eine sofort abziehbare Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 8 Abs. 1 KStG dar. Im Falle einer erhaltenen Avalprovision ist diese als Betriebseinnahme zu erfassen.
Bilanzielle Behandlung
Im Rahmen der Bilanzierung ist die Avalprovision als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen, sofern sie sich nicht unmittelbar auf die Herstellungskosten einzelner Vermögensgegenstände bezieht.
Avalprovision im Insolvenzrecht
Im Insolvenzfall des Sicherungsnehmers oder des Sicherungsgebers stellt sich die Frage, ob die Bank die vereinbarte Avalprovision weiterhin verlangen kann. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die fortlaufenden Avalprovisionen als Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) zu qualifizieren, sofern das Sicherungsaval der Masse weiterhin zur Verfügung steht.
Rechtsprechung und Literatur
Die Rechtsprechung hat die rechtliche Zuordnung und Bemessung der Avalprovision vielfach bestätigt. Insbesondere ist anerkannt, dass Bankinstitute für die bloße Übernahme eines Risikos auch bei Nichtinanspruchnahme des Avals eine laufende Provision verlangen können (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11.04.1985, Az. III ZR 37/84). Überhöhte Avalprovisionen können im Einzelfall als sittenwidrig gemäß § 138 BGB angefochten werden, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
Zusammenfassung
Die Avalprovision ist ein zentrales Entgelt im Kredit- und Bürgschaftswesen. Sie ist keine Zinszahlung, sondern ein laufendes Entgelt für die Überlassung von Bonität durch ein Kreditinstitut zugunsten eines Dritten. Ihre rechtliche Einordnung wirkt sich auf Vertragsgestaltung, steuerliche Behandlung und insolvenzrechtliche Fragen aus. Die Ausgestaltung der Avalprovision ist maßgeblich durch zivilrechtliche Vertragsfreiheit bestimmt, unterliegt jedoch (wie jedes Entgelt) potenziell den allgemeinen zivilrechtlichen Kontrollmechanismen. In wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht hat sie erhebliche Bedeutung für die Praxis des Aval- und Garantiewesens.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist bei einer Avalprovision gesetzlich zur Zahlung verpflichtet?
Zur Zahlung der Avalprovision ist grundsätzlich der Auftraggeber der Bank – also derjenige, der das Aval beziehungsweise die Bürgschaft in Auftrag gegeben hat – verpflichtet. Dies ergibt sich typischerweise aus dem Avalvertrag beziehungsweise dem Auftragsverhältnis gemäß §§ 665 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sowie den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken. Der Avalnehmer schuldet der Bank regelmäßig die vereinbarte Provision für die Bereitstellung der Bürgschaft oder Garantie, unabhängig davon, ob der Bürgschaftsfall eintritt oder nicht. Die rechtliche Grundlage für die Zahlungspflicht ist eine vertragliche Nebenpflicht, da sich der Avalnehmer mit Erteilung des Avalauftrags verpflichtet, die Bank für das eingegangene Risiko und die Bereitstellung ihrer Kreditwürdigkeit zu vergüten.
Kann die Höhe der Avalprovision rechtlich angefochten werden?
Die Höhe der Avalprovision kann im Einzelfall rechtlich angefochten werden, wenn sie sittenwidrig ist oder gegen gesetzliche Preisregelungen verstößt (§ 138 BGB, § 307 BGB bei AGB-Klauseln). Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die Provision in einem auffälligen Missverhältnis zur übernommenen Haftung oder zur üblichen Marktpraxis steht. Darüber hinaus sind Banken und Kreditinstitute nach § 315 BGB verpflichtet, Ermessensentscheidungen – wie die Festlegung der Provisionshöhe – nach billigem Ermessen zu treffen, sofern die Provision nicht ausdrücklich vertraglich festgelegt wurde. Der Avalnehmer hat deshalb das Recht, die Angemessenheit der Provision zu überprüfen und gerichtlich feststellen zu lassen, ob der verlangte Betrag angemessen ist.
Wann entsteht der Anspruch auf die Avalprovision rechtlich?
Der Anspruch auf die Avalprovision entsteht grundsätzlich mit der endgültigen Erteilung des Avals durch die Bank. Dies bedeutet, dass die Bank ihre Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten übernimmt und das Aval dokumentiert wird. Maßgeblich ist nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der Bürgschaft, sondern die bloße Übernahme des Haftungsrisikos durch das Kreditinstitut. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Bürgschaftsfall eintritt oder eine Auszahlung erfolgt. Rechtsgrundlage ist hierbei das zwischen Avalgeber und Avalnehmer geschlossene Vertragsverhältnis, das auf die entgeltliche Übernahme eines Zahlungs- oder Leistungsausfallrisikos abzielt.
Ist die Avalprovision umsatzsteuerpflichtig?
Die Avalprovision unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht gemäß § 1 UStG, da es sich um eine sonstige Leistung gegen Entgelt handelt. Allerdings gibt es Ausnahmen, insbesondere wenn das Avalgeschäft als sog. Kreditgewährung oder Kreditvermittlung im Sinne des § 4 Nr. 8 UStG eingestuft wird. Banken und Sparkassen wenden regelmäßig die Steuerbefreiung für Kreditgewährungen an, was die Avalprovision von der Umsatzsteuer befreit. Die genaue steuerliche Behandlung kann jedoch abhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des jeweiligen Avals und der Vertragspartner variieren, weshalb eine Einzelfallprüfung empfehlenswert ist. Im Streitfall entscheiden Finanzämter oder letztinstanzlich die Finanzgerichte über die Steuerpflicht.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine verspätete Zahlung der Avalprovision?
Kommt der Avalnehmer seiner Zahlungspflicht bezüglich der Avalprovision nicht oder nicht rechtzeitig nach, gerät er automatisch gemäß § 286 BGB nach Fälligkeit und Mahnung (bzw. nach Eintritt des vereinbarten Zahlungstermins, wenn eine Mahnung entbehrlich ist) in Verzug. Die Bank ist in diesem Fall berechtigt, Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe gemäß § 288 BGB zu verlangen. Zudem kann sie den Avalvertrag – je nach vertraglicher Regelung – kündigen und das Aval gegenüber dem Begünstigten widerrufen, sofern dies rechtlich zulässig und im Vertrag vorgesehen ist. Ein darüber hinausgehender Schadensersatzanspruch der Bank kann entstehen, wenn ihr durch den Zahlungsverzug ein zusätzlicher Schaden entsteht.
Gibt es gesetzliche Vorgaben zu Transparenz und Offenlegung der Avalprovision?
Ja, Banken und Kreditinstitute sind verpflichtet, dem Avalnehmer alle mit dem Avalvertrag verbundenen Kosten transparent und verständlich offenzulegen (§§ 305 ff. BGB – Transparenzgebot der AGB, § 491a BGB bei Verbraucherkreditverträgen). Darüber hinaus verlangt das Preisaushangrecht gemäß Preisangabenverordnung (PAngV), dass Entgelte für Bankleistungen, einschließlich der Avalprovision, in Preisübersichten veröffentlicht werden, sofern diese allgemein angeboten werden. Verstöße gegen diese Pflichten können zur Unwirksamkeit einzelner Preisvereinbarungen führen oder abgemahnt werden.
Ist eine Rückerstattung der Avalprovision möglich, wenn das Aval vorzeitig erlischt?
Eine anteilige oder vollständige Rückerstattung der Avalprovision ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn dies vertraglich ausdrücklich vereinbart wurde. Rechtlich steht der Bank die Provision für die Zeit zu, in der das Aval bestand und sie das Haftungsrisiko getragen hat. Erlischt das Aval vorzeitig, etwa durch vorzeitige Rückgabe oder Ablösung der Bürgschaft, liegt es an der Ausgestaltung des Avalvertrags, ob und in welcher Höhe eine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Nach herrschender Rechtsprechung ist ohne ausdrückliche Vereinbarung eine Rückerstattung ausgeschlossen, da die Bereitstellung des Avals als abgeschlossene Dienstleistung gilt. Es empfiehlt sich daher, entsprechende Klauseln zur Rückerstattung im Vertrag zu regeln.