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Autohändlervertrag


Autohändlervertrag – Definition und rechtliche Grundlagen

Ein Autohändlervertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag, der die Zusammenarbeit zwischen einem Automobilhersteller beziehungsweise Generalimporteur (Lieferant) und einem rechtlich selbstständigen Kraftfahrzeughändler (Händler) regelt. Der Autohändlervertrag stellt die rechtliche Basis für den Vertrieb von Kraftfahrzeugen sowie für begleitende Dienstleistungen dar. Die Ausgestaltung dieses Vertragstyps ist maßgeblich für die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien sowie für deren Pflichten und Rechte im Kraftfahrzeughandel.

Rechtliche Einordnung und Wesen des Autohändlervertrags

Der Autohändlervertrag ist in keinem eigenständigen Gesetzbuch abschließend geregelt. Er stellt einen Rahmenvertrag dar und enthält typischerweise Elemente verschiedener Vertragstypen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere des Kauf-, Handelsvertreter- und Werkvertragsrechts. Insbesondere handelt es sich bei einem Autohändlervertrag häufig um einen sogenannten Handelsvertretervertrag, jedoch mit spezifischer Anpassung an die Strukturen und Anforderungen der Automobilbranche.

Abgrenzung zu anderen Vertragstypen

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Autohändlervertrag und dem Handelsvertretervertrag. Während der Handelsvertreter als Vermittler im Namen und für Rechnung des Herstellers tätig wird, erwirbt der Vertragshändler im Rahmen des Autohändlervertrags Kraftfahrzeuge auf eigene Rechnung und verkauft diese im eigenen Namen weiter. Der Autohändler ist somit selbstständiger Unternehmer und nicht Erfüllungsgehilfe des Lieferanten.

Eine weitere Abgrenzung besteht zum Kommissionsvertrag, bei dem der Händler im eigenen Namen, jedoch auf fremde Rechnung handelt. Im Rahmen des Autohändlervertrags liegen regelmäßig Elemente sowohl des Kaufrechts (§§ 433 ff. BGB) als auch des Handelsrechts (§§ 84 ff. HGB) vor, weshalb es sich um einen sogenannten rechtlichen Mischvertrag handelt.

Vertragsschluss und Vertragsparteien

Beteiligte Parteien

Die Vertragsparteien eines Autohändlervertrags sind einerseits der Hersteller, Großhändler oder Generalimporteur der zu vertreibenden Fahrzeuge und andererseits ein rechtlich eigenständiger Händler. Beide Parteien bleiben grundsätzlich eigenverantwortlich und gehen keine gesellschaftsrechtliche Verbindung miteinander ein.

Form und Zustandekommen

Ein Autohändlervertrag bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form, kann also schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden. In der Praxis wird jedoch regelmäßig die Schriftform gewählt, um die Rechte und Pflichten der Parteien eindeutig zu dokumentieren.

Vertragsbestandteile

Ein Autohändlervertrag enthält typischerweise folgende Regelungskomplexe:

  • Liefer- und Bezugsverpflichtungen
  • Preisgestaltung und Margenregelungen
  • Qualitäts- und Abnahmebedingungen
  • Vertriebsgebiet und Exklusivität
  • Werbemaßnahmen und Marketingvorgaben
  • Garantie- und Serviceleistungen
  • Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten
  • Rechtsfolgen bei Vertragsverstößen
  • Regelungen zur Rückgabe und Rückkauf von Fahrzeugen

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Hauptpflichten des Händlers

Der Händler ist im Rahmen des Autohändlervertrags verpflichtet, die vom Lieferanten bezogenen Fahrzeuge im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an Endkunden zu vertreiben. Er übernimmt dabei häufig bestimmte Vertriebs- und Marketingvorgaben, Mindestabnahmemengen, und hält Standards bezüglich Qualität, Service und Werkstatteinrichtung ein.

Weitere Verpflichtungen können beinhalten:

  • Teilnahme an Schulungen und Weiterbildungen
  • Pflege und Präsentation des Markenimages
  • Einhalten von Werkstattstandards
  • Bereitstellung von Ersatzteilen und Zusatzleistungen

Hauptpflichten des Herstellers/Lieferanten

Zu den Hauptpflichten des Herstellers oder Generalimporteurs gehören:

  • Lieferung geeigneter Produkte zu den vereinbarten Konditionen
  • Bereitstellung von Marketing- und Vertriebsunterstützung
  • Weitergabe technischer Informationen
  • Gewährung von Garantien
  • Schulung des Händlerpersonals

Vertragslaufzeit, Beendigung und Rechtsfolgen

Vertragslaufzeit und ordentliche Beendigung

Ein Autohändlervertrag wird meist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Im Vertrag werden üblicherweise Mindestlaufzeiten und Kündigungsfristen festgelegt. Ist keine Mindestlaufzeit vereinbart, kann der Autohändlervertrag nach den allgemeinen Vorschriften gekündigt werden. Üblich sind Kündigungsfristen von sechs bis zwölf Monaten.

Außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich. Wichtige Gründe können unter anderem schwerwiegende Vertragsverletzungen, Zahlungsverzug, Insolvenz einer Partei oder erhebliche Verstöße gegen Qualitäts- oder Markenstandards sein.

Folgen der Vertragsbeendigung

Nach Vertragsbeendigung entstehen für beide Parteien spezifische Folgepflichten. Dazu zählen beispielsweise:

  • Rückgabe von Werbematerialien, Werkzeugen und noch nicht verkauften Fahrzeugen
  • Ausgleichsansprüche aus Investitionen und sonstigen Verpflichtungen
  • Geltendmachung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Der Bundesgerichtshof hat insbesondere zur Angemessenheit und Reichweite von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten in mehreren Entscheidungen Stellung genommen.

Besondere rechtliche Aspekte

Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB

Ob und inwieweit Autohändler einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB, wie Handelsvertreter, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend machen können, ist Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt dazu, dass der Autohändler wie ein Handelsvertreter in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingebunden ist, die Kunden für den Hersteller geworben hat und dem Hersteller nach Vertragsbeendigung weiterhin wesentliche Vorteile aus diesen Kundenbeziehungen verbleiben.

Wettbewerbsbeschränkungen

Im Zusammenhang mit Autohändlerverträgen sind die Vorschriften des Kartellrechts zu beachten, insbesondere die Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor (VO (EU) 461/2010). Sie regelt, unter welchen Bedingungen bestimmte wettbewerbsbeschränkende Vertragsklauseln zulässig sind, etwa Exklusivitätsvereinbarungen oder Wettbewerbsverbote.

Datenschutz und Kundendaten

Der Umgang mit Kundendaten im Rahmen eines Autohändlervertrags unterliegt den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Regelungen zum Zugriff auf Kundeninformationen, zur Datenverarbeitung und zur Datenübertragung zwischen Händler und Hersteller müssen diesen rechtlichen Anforderungen genügen.

Fazit

Der Autohändlervertrag ist ein komplex gestaltetes Vertragswerk, das zahlreiche rechtliche Gesichtspunkte aus dem Kauf-, Handels- und Dienstleistungsrecht vereint. Wesentliche rechtliche Herausforderungen bestehen insbesondere in der Abgrenzung zu anderen Vertragstypen, in der Regelung der vertraglichen und nachvertraglichen Pflichten, der Wahrung kartellrechtlicher Vorgaben sowie im Schutz personenbezogener Daten. Aufgrund der branchenspezifischen Komplexität und der Vielzahl möglicher Gestaltungsvarianten ist eine genaue Ausgestaltung und laufende Überprüfung der vertraglichen Regelungen zu empfehlen.


Siehe auch:

  • Handelsvertretervertrag
  • Vertragshändlervertrag
  • Werkstattvertrag
  • Verbraucherschutz im Kfz-Handel

Weblinks:

Häufig gestellte Fragen

Welche wesentlichen Inhalte müssen in einem Autohändlervertrag geregelt werden?

Ein Autohändlervertrag sollte rechtlich bindende Bestimmungen zu allen zentralen Aspekten der Zusammenarbeit zwischen dem Kfz-Hersteller beziehungsweise Importeur und dem Autohändler enthalten. Zentral sind dabei Regelungen zur Vertragslaufzeit, zu den Modalitäten der Fahrzeugüberlassung und -abnahme, zu den Mindestabnahmemengen sowie zu Zahlungs- und Lieferbedingungen. Weiterhin müssen Klauseln zur Gewährleistung, Haftung und zu Rückgaberechten sowohl im Fall von Mängeln an Neufahrzeugen als auch bei Rückrufaktionen vorliegen. Vertriebsvorgaben, etwa zu Preisgestaltung, Marketingmaßnahmen oder Exklusivitätsklauseln, sowie die Bestimmungen über die Nutzung von Marken und geschützten Zeichen des Herstellers sind essenziell und müssen detailliert festgehalten werden. Schließlich sollten Bedingungen zur Kündigung des Vertrages, zu etwaigen Entschädigungsansprüchen (insbesondere bei fristloser oder vorzeitiger Kündigung) und zum Gerichtsstand beziehungsweise zur Anwendbarkeit des Rechts konkret geregelt sein.

Welche Rechte und Pflichten entstehen aus einem Autohändlervertrag für die Vertragspartner?

Mit Abschluss eines Autohändlervertrags verpflichten sich beide Parteien zu einer Vielzahl gegenseitiger Rechte und Pflichten. Der Hersteller oder Importeur ist insbesondere zur Lieferung der vertraglich vereinbarten Fahrzeuge, zur Bereitstellung von Ersatzteilen und zu technischer sowie gegebenenfalls vertrieblicher Unterstützung verpflichtet. Ein zentrales Recht des Herstellers ist wiederum die Kontrolle der Einhaltung aller Vertragsvorgaben durch den Autohändler und die Durchsetzung von Vertriebsvorgaben, etwa bei Absatzförderungsmaßnahmen oder der Einhaltung von Qualitätsstandards. Für den Autohändler resultiert aus dem Vertrag vorrangig das Recht, Fahrzeuge und Ersatzteile des Herstellers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu vertreiben, verbunden mit der Pflicht zur Erfüllung von Mindestabnahmemengen, zu ordnungsgemäßer Lagerung und fachlicher Präsentation der Fahrzeuge sowie zur Einhaltung der geltenden Werbe- und Erscheinungsrichtlinien gemäß Herstelleranweisung. Ebenfalls trägt er oft die Pflicht, Geschäftsberichte offenzulegen und an Schulungen teilzunehmen.

Unter welchen Voraussetzungen darf ein Autohändlervertrag außerordentlich gekündigt werden?

Die außerordentliche Kündigung eines Autohändlervertrags ist grundsätzlich nur aus wichtigem Grund möglich. Ein solcher Grund liegt immer dann vor, wenn einer der Vertragsparteien die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum regulären Ablauf nicht mehr zugemutet werden kann. Zu den häufigsten Gründen zählen schwerwiegende Vertragsverletzungen wie die wiederholte Verletzung von Mindestabnahmepflichten, grobe Verstöße gegen Markenrichtlinien des Herstellers, unbefugte Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder vollständiger Zahlungsverzug. Auch ein nachhaltiger Vertrauensverlust, wie etwa durch strafrechtlich relevantes Verhalten (z.B. Betrug oder Korruption), kann einen wichtigen Grund darstellen. Eine fristlose Kündigung muss stets unverzüglich nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes erfolgen, wobei die Darlegungs- und Beweislast in der Regel beim Kündigenden liegt. Nachvertragliche Ansprüche wie Ausgleichsansprüche sind bei außerordentlicher Kündigung sorgfältig zu prüfen.

Welche gesetzlichen Schutzvorschriften existieren zugunsten des Autohändlers?

Im Wesentlichen sind Autohändler in Deutschland nicht ausdrücklich gesetzlich besonders geschützt, wie es beispielsweise bei Handelsvertretern (§ 84 ff. HGB) der Fall ist. Dennoch können sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB beanspruchen, wenn dem Autohändler eine Stellung zukommt, die mit der eines Handelsvertreters vergleichbar ist und wenn er erheblich zum Aufbau eines Kundenstamms für den Hersteller beigetragen hat, dessen Nutzen nach Vertragsbeendigung beim Hersteller verbleibt. Ferner greifen zwingende Vorschriften des allgemeinen Vertragsrechts, insbesondere zu AGB (z.B. §§ 305 ff. BGB), zum Schutz vor unangemessen benachteiligenden Klauseln, sowie das Wettbewerbsrecht (UWG und GWB), das Schutz vor missbräuchlichen Verhaltensweisen und Wettbewerbsbeschränkungen bietet. Darüber hinaus besteht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ein gewisser Vertrauensschutz, insbesondere bei langfristigen Vertragsverhältnissen.

Was ist bei der Gestaltung von Alleinvertriebs- und Gebietsschutzklauseln zu beachten?

Rechtlich sind Exklusivitätsklauseln, d.h. Alleinvertriebs- und Gebietsschutzregelungen, im Autohändlervertrag grundsätzlich zulässig, unterliegen jedoch den Vorgaben des europäischen und nationalen Kartellrechts, insbesondere der Vertikal-GVO (EU-Verordnung Nr. 330/2010). Demnach sind Beschränkungen des Absatzgebiets oder der Kundengruppen bis zu einer Marktanteilsschwelle von 30 % zulässig, sofern keine Kernbeschränkungen vorliegen, wie z.B. das absolute Verbot passiven Verkaufs an Endverbraucher außerhalb des zugewiesenen Gebiets. Wichtig ist zudem, dass Alleinvertriebsrechte regelmäßig befristet sind und Bedingungen für eine vorzeitige Beendigung enthalten, etwa bei Nichterfüllung bestimmter Verkaufszahlen. Eine wirksame Gebietsschutzklausel sollte zudem klar und eindeutig das geschützte Gebiet definieren und gegebenenfalls Ausnahmen und Kooperationspflichten mit anderen Vertragshändlern regeln.

Welche Bedeutung kommt dem Ausgleichsanspruch nach Beendigung des Autohändlervertrags zu?

Sofern dem Autohändler eine Stellung zukam, die der eines Handelsvertreters gleichgestellt ist – namentlich eine Eingliederung in die Absatzorganisation des Herstellers, Weisungsgebundenheit und erhebliche Pflicht zum Aufbau und zur Pflege eines festen Kundenstamms für den Hersteller – kann nach gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB analog bestehen. Voraussetzung ist, dass dem Hersteller nach Vertragsbeendigung erhebliche Vorteile aus den vom Händler geworbenen Kunden verbleiben und es unbillig wäre, ihn keinen Ausgleich beanspruchen zu lassen. Der Anspruch ist summenmäßig begrenzt und richtet sich u.a. nach Höhe und Nachhaltigkeit der vermittelten Geschäftskontakte. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote können hier den Anspruch beeinflussen oder einschränken.

Welche Formvorschriften sind bei Abschluss oder Änderung eines Autohändlervertrags zu beachten?

Für Autohändlerverträge gelten grundsätzlich keine besonderen gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften, sodass sie formfrei, also mündlich oder schriftlich, abgeschlossen werden können. Aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Nachweis im Streitfall ist allerdings regelmäßig die Schriftform ratsam. Einigen sich die Parteien auf zusätzliche Bedingungen oder ändert sich das Vertragsverhältnis während der Laufzeit wesentlich (z.B. durch Expansion des Gebiets oder Aufnahme zusätzlicher Pflichten), sollten diese Änderungen schriftlich dokumentiert und von beiden Parteien unterzeichnet werden. Oft enthalten Händlerverträge auch eine sogenannte Schriftformklausel, die regelt, dass Abweichungen vom Vertrag ebenfalls schriftlich festzuhalten sind. Bei bestimmten Nebenabreden, etwa zur Überlassung von Markenrechten oder zum Abschluss von Sicherheiten, können weitergehende Formvorschriften (z.B. notarielle Beurkundung) erforderlich sein.