Legal Wiki

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Auszubildender

Auszubildender

Begriff und rechtliche Einordnung

Ein Auszubildender ist eine Person, die in einem anerkannten Ausbildungsberuf systematisch berufliche Handlungsfähigkeit erwirbt. Das Ausbildungsverhältnis ist ein besonderes Arbeitsverhältnis mit dem vorrangigen Ziel, Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nach einem strukturierten Ausbildungsplan zu vermitteln. Es verbindet Lern- und Arbeitsleistung, ist jedoch in seinem Zweck nicht mit einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis gleichzusetzen.

Abgrenzung zu anderen Personengruppen

Auszubildende unterscheiden sich von Praktikanten, Volontären und dual Studierenden durch den formal geregelten Ausbildungsberuf, den staatlich anerkannten Abschluss und die Pflicht des Ausbildenden, eine planmäßige, auf das Ausbildungsziel ausgerichtete Ausbildung sicherzustellen. Bei Praktika steht die Orientierung im Vordergrund; bei dual Studierenden ist das Hochschulstudium prägend und die betriebliche Phase ergänzend.

Rechtsnatur des Ausbildungsverhältnisses

Das Ausbildungsverhältnis entsteht durch einen besonderen Vertrag, der auf das Erreichen eines Ausbildungsziels gerichtet ist. Es ist zeitlich befristet, inhaltlich durch den Ausbildungsrahmenplan und betrieblichen Ausbildungsplan determiniert und unterliegt speziellen Schutz- und Förderegeln, insbesondere für Minderjährige.

Begründung des Ausbildungsverhältnisses

Abschluss des Ausbildungsvertrags

Der Ausbildungsvertrag wird zwischen Auszubildendem und Ausbildendem geschlossen. Bei Minderjährigen ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung erforderlich. Der Vertrag ist schriftlich niederzulegen und vor Beginn der Ausbildung zu unterzeichnen sowie bei der zuständigen Stelle (zum Beispiel Kammer) einzutragen.

Inhalt des Ausbildungsvertrags

Zum Vertragsinhalt gehören insbesondere Art, Ziel und Beginn der Ausbildung, die Dauer, der Ausbildungsplan, die Vergütung und deren Höhe je Ausbildungsjahr, die tägliche Ausbildungszeit, die Dauer der Probezeit, Urlaubsregelungen, Hinweise auf Tarif- und Betriebsvereinbarungen sowie Pflichten beider Seiten. Notwendige Ausbildungsnachweise (Berichtsheft) sind festzuhalten.

Probezeit

Zu Beginn der Ausbildung ist eine Probezeit vorgesehen. In dieser Zeit prüfen beide Seiten, ob das Ausbildungsverhältnis seinen Zweck erfüllen kann. Während der Probezeit bestehen erleichterte Beendigungsmöglichkeiten.

Dauer der Ausbildung und Verkürzung/Verlängerung

Die Ausbildungsdauer richtet sich nach dem anerkannten Ausbildungsberuf. Eine Verkürzung ist möglich, wenn einschlägige Vorbildung, besondere Leistung oder Anrechnungstatbestände vorliegen. Eine Verlängerung kommt in Betracht, wenn das Ausbildungsziel noch nicht erreicht ist, etwa bei längeren Ausfallzeiten oder bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung bis zur nächsten Wiederholung.

Rechte des Auszubildenden

Ausbildungsziel und Qualität

Auszubildende haben Anspruch auf eine planmäßige, sachgemäße und charakterfördernde Ausbildung. Ausbildende stellen eine geeignet qualifizierte Person zur Anleitung, einen betrieblichen Ausbildungsplan sowie die notwendigen Ausbildungsmittel zur Verfügung. Tätigkeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen, dürfen nicht den Schwerpunkt bilden.

Vergütung

Auszubildende erhalten eine monatliche Vergütung. Sie steigt regelmäßig mit fortschreitendem Ausbildungsjahr. Es gilt eine gesetzlich vorgegebene Mindestausbildungsvergütung, die durch Tarifverträge überlagert oder konkretisiert werden kann.

Arbeitszeit, Berufsschule und Freistellung

Die Arbeitszeit orientiert sich an allgemeinen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben und besonderen Schutzregeln für Minderjährige. Zeiten der Berufsschule werden berücksichtigt; für Unterricht, Prüfungen und bestimmte ausbildungsbezogene Maßnahmen besteht Anspruch auf Freistellung mit Vergütungsfortzahlung. Nacht-, Mehr- und gefährliche Arbeiten unterliegen für Minderjährige besonderen Grenzen.

Urlaub

Auszubildende haben Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Für Minderjährige ist der Mindesturlaub altersgestaffelt höher als für Volljährige. Tarifliche oder betriebliche Vereinbarungen können zusätzliche Tage vorsehen.

Schutz besonderer Personengruppen

Für Schwangere, junge Menschen und Personen mit Behinderungen gelten besondere Schutzvorschriften, etwa zu Beschäftigungsverboten, Arbeitszeit, Gesundheitsschutz und Kündigungsschutz. Elternzeit und entsprechende Leistungen können in Betracht kommen.

Datenschutz und Gleichbehandlung

Personenbezogene Daten von Auszubildenden dürfen nur im rechtlich zulässigen Rahmen verarbeitet werden. Diskriminierungsverbote gelten vom Bewerbungsverfahren bis zur Beendigung der Ausbildung. Gleichbehandlung umfasst insbesondere Zugang zur Ausbildung, Vergütung und Arbeitsbedingungen.

Zeugnis und Einsicht in Unterlagen

Auszubildende erhalten bei Beendigung ein schriftliches Zeugnis über Art, Dauer und Ziel der Ausbildung sowie erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse; auf Wunsch enthält es zusätzliche Angaben zu Leistung und Verhalten. Einsicht in die Ausbildungsnachweise ist sicherzustellen.

Pflichten des Auszubildenden

Lernpflicht und Berichtsheft

Auszubildende sind verpflichtet, die im Ausbildungsplan vorgesehenen Kenntnisse aktiv zu erwerben, an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen und das Berichtsheft ordnungsgemäß zu führen. Das Berichtsheft ist regelmäßig vorzulegen.

Sorgfalt, Verschwiegenheit und Wettbewerbsloyalität

Es gelten Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflichten. Betriebsgeheimnisse sind zu wahren. Nebentätigkeiten dürfen das Ausbildungsziel nicht beeinträchtigen und keine unzulässige Konkurrenz darstellen.

Krankmeldung und Fehlzeiten

Bei Arbeits- oder Berufsschulunfähigkeit sind Ausbildende unverzüglich zu informieren und ärztliche Nachweise vorzulegen. Fehlzeiten sind zu dokumentieren; umfangreiche Ausfälle können die Ausbildungsdauer beeinflussen.

Beendigung und Kündigung

Ende mit Bestehen, Verlängerung bei Nichtbestehen

Das Ausbildungsverhältnis endet regulär mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit oder vorzeitig mit Bestehen der Abschlussprüfung. Bei Nichtbestehen kann es auf Verlangen bis zur nächsten Wiederholungsprüfung fortgesetzt werden.

Kündigung während der Probezeit

Während der Probezeit ist eine Beendigung ohne Angabe von Gründen in schriftlicher Form möglich.

Kündigung nach der Probezeit

Nach der Probezeit bestehen eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten. Ausbildende können nur aus wichtigem Grund fristlos kündigen. Auszubildende können fristlos aus wichtigem Grund kündigen oder mit Frist, wenn die Berufsausbildung aufgegeben oder der Ausbildungsberuf gewechselt wird. Kündigungen bedürfen der Schriftform.

Rückgabe von Ausbildungsmitteln

Mit Beendigung sind überlassene Gegenstände zurückzugeben. Ansprüche auf Zeugnis und Abrechnung bleiben unberührt.

Vergütung und Sozialversicherung

Mindestausbildungsvergütung und Tarifbindung

Die Vergütung darf gesetzliche Mindestwerte nicht unterschreiten. Tarifverträge können höhere Sätze und zusätzliche Leistungen (zum Beispiel Jahressonderzahlungen) vorsehen.

Entgeltfortzahlung, Feiertage, Zuschläge

Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und an gesetzlichen Feiertagen wird die Vergütung unter den gesetzlichen Voraussetzungen fortgezahlt. Zuschläge und Mehrarbeitsvergütung richten sich nach den anwendbaren Regelungen.

Steuern und Sozialabgaben

Auszubildende sind grundsätzlich in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Die Beiträge werden vom Entgelt einbehalten und vom Ausbildenden abgeführt. Lohnsteuer kann anfallen; Freibeträge und Pauschalen wirken sich auf den Abzug aus.

Unfallversicherung und Arbeitsschutz

Auszubildende sind über die gesetzliche Unfallversicherung gegen Arbeits- und Schulunfälle versichert, einschließlich Wegeunfällen. Der Ausbildende hat Vorschriften des Arbeitsschutzes zu beachten, Gefährdungen zu beurteilen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Mitbestimmung und Interessenvertretung

Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung

Auszubildende sind wahlberechtigt und wählbar nach den jeweiligen Regeln der betrieblichen Mitbestimmung. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung vertritt spezifische Belange junger Beschäftigter und Auszubildender. Betriebs- und Dienstvereinbarungen können die Ausbildung konkretisieren.

Konfliktlösung

Bei Streitigkeiten stehen innerbetriebliche Stellen, die zuständige Kammer und paritätisch besetzte Ausschüsse zur Verfügung. Schlichtungsverfahren sind darauf ausgerichtet, einvernehmliche Lösungen zu finden.

Besondere Ausbildungsformen

Teilzeitberufsausbildung

Die Ausbildung kann in Teilzeit organisiert werden, wenn betriebliche und schulische Anforderungen gewahrt bleiben. Die Gesamtqualifikation entspricht der Vollzeitform; die Dauer kann angepasst werden.

Unterstützte Ausbildung und Nachteilsausgleich

Für Menschen mit individuellen Unterstützungsbedarfen bestehen besondere Förderinstrumente und Nachteilsausgleiche, etwa begleitende Hilfen oder verlängerte Prüfungszeiten.

Ausbildung mit Aufenthaltstitel

Staatsangehörige aus Drittstaaten benötigen für die betriebliche Ausbildung einen geeigneten Aufenthaltstitel. Zuständig sind die Ausländerbehörden; die zuständigen Stellen wirken bei der Anerkennung mit.

Auslandsaufenthalte während der Ausbildung

Ausbildungsabschnitte im Ausland sind möglich, wenn sie dem Ausbildungsziel dienen und zeitlich begrenzt sind. Die Anrechnung erfolgt über die zuständige Stelle; der Schutzstatus bleibt unter bestimmten Voraussetzungen erhalten.

Häufig gestellte Fragen

Wann gilt man rechtlich als Auszubildender?

Als Auszubildender gilt, wer einen wirksamen Ausbildungsvertrag in einem anerkannten Ausbildungsberuf abgeschlossen hat, der bei der zuständigen Stelle eingetragen ist und auf den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit gerichtet ist.

Zählt die Zeit in der Berufsschule als Arbeitszeit?

Unterrichtszeiten und Prüfungen werden berücksichtigt. Für Freistellung und Vergütung gelten besondere Regeln, die sicherstellen, dass die schulische Ausbildung integriert ist.

Darf ein Auszubildender Überstunden leisten?

Mehrarbeit ist nur in engen Grenzen zulässig, muss ausbildungsbezogen sein und besonderen Schutzvorgaben entsprechen. Für Minderjährige gelten strengere Grenzen. Entsprechende Zeiten sind auszugleichen oder zu vergüten.

Wie ist die Vergütung während der Ausbildung geregelt?

Es besteht Anspruch auf eine monatliche Vergütung, die sich mit jedem Ausbildungsjahr erhöht und gesetzliche Mindestwerte beachtet. Tarifverträge können höhere Beträge und zusätzliche Leistungen festlegen.

Welche Kündigungsregeln gelten im Ausbildungsverhältnis?

In der Probezeit ist eine Beendigung ohne Angabe von Gründen möglich. Danach sind Kündigungen stark eingeschränkt: Ausbildende benötigen einen wichtigen Grund, Auszubildende können aus wichtigem Grund fristlos oder bei Aufgabe bzw. Wechsel des Berufs mit Frist kündigen.

Was passiert bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung?

Bei Nichtbestehen kann das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen bis zur nächsten Wiederholungsprüfung fortgesetzt werden. Mit Bestehen endet das Ausbildungsverhältnis vorzeitig.

Sind Auszubildende sozialversichert?

Ja. Es besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zusätzlich besteht Schutz über die gesetzliche Unfallversicherung.

Wer trägt die Kosten für notwendige Ausbildungsmittel und Prüfungen?

Notwendige Ausbildungsmittel werden vom Ausbildenden bereitgestellt. Gebühren für verpflichtende Prüfungen werden nach den anwendbaren Regelungen übernommen.