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Auszubildende


Begriff und rechtlicher Status der Auszubildenden

Der Begriff „Auszubildende“ bezeichnet Personen, die auf Grundlage eines Ausbildungsvertrages (Berufsausbildungsvertrag) in einem anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) ausgebildet werden. Auszubildende unterliegen während der betrieblichen Ausbildung besonderen gesetzlichen Schutzvorschriften und nehmen eine eigenständige Rechtsstellung im deutschen Arbeits- und Berufsbildungsrecht ein.


Rechtliche Grundlagen

Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Das zentrale Regelungswerk für Auszubildende ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Dort ist geregelt, was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, welche Rechte und Pflichten Auszubildende und Ausbildende haben und wie das duale System umgesetzt wird.

  • Definition (§ 1 BBiG): Die Berufsausbildung dient dem Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit. Auszubildende sind diejenigen, die diese erwerben.
  • Anwendungsbereich: Das BBiG gilt für die betriebliche Ausbildung außerhalb des öffentlichen Dienstes und von Hauswirtschaft, freier Berufe und im Handwerk (hier gilt ergänzend die Handwerksordnung).

Handwerksordnung (HwO)

Für Auszubildende im Handwerk gelten, ergänzend zum BBiG, die Vorschriften der HwO. Sie konkretisiert die Besonderheiten der handwerklichen Berufsausbildung.

Jugend­arbeits­schutz­gesetz (JArbSchG)

Für minderjährige Auszubildende finden die Bestimmungen des JArbSchG Anwendung. Dieses Gesetz dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen im Arbeitsleben und definiert Arbeitszeiten, Pausenregelungen sowie Tätigkeitsverbote.


Das Ausbildungsverhältnis

Begründung und Form

Die Begründung des Ausbildungsverhältnisses erfolgt durch Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages zwischen Auszubildenden und Ausbildenden. Dieser Vertrag muss gemäß § 11 BBiG schriftlich fixiert werden und die wesentlichen Inhalte der Ausbildung, wie Ausbildungsziel, Ausbildungsdauer, Vergütung, Urlaub und Kündigungsregelungen enthalten.

  • Schriftform: Der Vertrag muss schriftlich vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses geschlossen werden.
  • Eintragungs­pflicht: Der Vertrag ist zur Eintragung bei der zuständigen Stelle (meist Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer) einzureichen.

Besonderheiten für Minderjährige

Bei minderjährigen Auszubildenden sind gemäß § 11 Abs. 2 BBiG ergänzend die Vorgaben des JArbSchG sowie Zustimmungserfordernisse der gesetzlichen Vertreter (in der Regel Eltern) zu beachten.


Rechte und Pflichten der Auszubildenden

Pflichten der Auszubildenden

Auszubildende sind insbesondere verpflichtet,

  • sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben,
  • die ihnen im Rahmen der Ausbildung übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
  • an Ausbildungsmaßnahmen (insbesondere Berufsschulunterricht) teilzunehmen,
  • Weisungen zu befolgen, soweit diese im Zusammenhang mit der Ausbildung stehen,
  • Betriebsgeheimnisse zu wahren.

Diese Pflichten ergeben sich aus § 13 BBiG.

Rechte der Auszubildenden

Die wichtigsten Rechte der Auszubildenden umfassen:

  • Anspruch auf Ausbildung: Ausbilder sind verpflichtet, die beruflichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten systematisch zu vermitteln, § 14 BBiG.
  • Freistellung für Berufsschule und Prüfungen: Auszubildende müssen für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freigestellt werden, ohne dass das Vergütungsansprüche mindert (§ 15 BBiG).
  • Vergütung: Sie haben Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung (§ 17 BBiG).
  • Urlaub: Der Urlaubsanspruch richtet sich nach dem Bundesurlaubsgesetz sowie dem JArbSchG für Minderjährige.
  • Zeugnis: Nach Beendigung der Ausbildung besteht Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis über Art, Dauer und erworbene Fertigkeiten (§ 16 BBiG).

Schutzvorschriften

Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz für Auszubildende ist im BBiG ausgestaltet. Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von beiden Seiten gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen; eine außerordentliche Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 22 BBiG).

Kündigungsschutzgesetz

Das Kündigungsschutzgesetz ist auf Auszubildende grundsätzlich nicht anwendbar, da deren Ausbildungsverhältnis, kein Arbeitsverhältnis im engeren Sinne darstellt.

Weitere Schutzvorschriften

  • Zuständigkeit der Kammern: Die Kammern überwachen die Durchführung der Ausbildung und vermitteln bei Streitigkeiten.
  • Betriebsverfassungsgesetz: Der Betriebsrat hat Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen von Auszubildenden (§ 99, § 102 BetrVG).

Sozialversicherungsrechtlicher Status

Auszubildende sind in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden nach Maßgabe des tatsächlichen Arbeitsentgeltes berechnet. Ebenfalls unterliegen sie dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.


Ausbildungsverhältnis und Ende der Ausbildung

Das Ausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit oder mit Bestehen der Abschlussprüfung (§ 21 BBiG). Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit, endet das Ausbildungsverhältnis mit Bestehen der Prüfung.

Ein Übertritt in ein Arbeitsverhältnis ist möglich, sofern dies explizit vereinbart wird.


Besondere Gruppen und Gleichbehandlung

Das Gleichbehandlungsgebot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gilt auch für Auszubildende. Sie dürfen nicht aufgrund von Geschlecht, Abstammung, Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität benachteiligt werden.


Überblick: Stellung und Bedeutung der Auszubildenden im Rechtssystem

Auszubildende nehmen eine durch umfangreiche Schutzregelungen geprägte Sonderstellung im Arbeitsrecht und Berufsbildungsrecht ein. Sie sind keine gewöhnlichen Arbeitnehmer, sondern befinden sich in einem besonderen Ausbildungsverhältnis, das darauf ausgerichtet ist, berufliche Kompetenzen und Qualifikationen zu vermitteln. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben werden ihre Rechte und Pflichten umfassend geregelt und überwacht, um einen erfolgreichen und fairen Verlauf der Berufsausbildung zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte und Pflichten haben Auszubildende während der Ausbildung?

Auszubildende unterliegen während ihrer Ausbildung sowohl Rechten als auch Pflichten, die insbesondere durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), tarifliche Regelungen sowie durch den jeweiligen Ausbildungsvertrag definiert werden. Zu den wichtigsten Rechten zählen das Recht auf eine angemessene Vergütung, das Recht auf Urlaub gemäß gesetzlicher und tariflicher Vorgaben, sowie der Anspruch auf eine ordnungsgemäße Ausbildung nach Ausbildungsrahmenplan und sachlicher Gliederung der Ausbildungsinhalte. Weiterhin besteht das Recht auf kostenlose Bereitstellung von Ausbildungsmitteln, etwa Fachliteratur oder Arbeitskleidung, sofern diese für die Ausbildung zwingend erforderlich sind. Hinsichtlich der Pflichten sind Auszubildende insbesondere dazu verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Aufgaben sorgfältig auszuführen, an allen Maßnahmen der Berufsausbildung teilzunehmen (z. B. Berufsschulunterricht, Prüfungen), Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren und die Weisungen des Ausbilders zu befolgen, solange diese der Ausbildung dienen. Ebenso ist das Führen eines Berichtsheftes verpflichtend, wenn dies in der Ausbildungsordnung vorgeschrieben ist. Verstöße gegen die Pflichten können arbeitsrechtliche Konsequenzen, bis hin zur außerordentlichen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses, nach sich ziehen.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Ausbildungsverhältnis gekündigt werden?

Ein Ausbildungsverhältnis kann gemäß § 22 BBiG grundsätzlich nur unter strengen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung besonderer Schutzbestimmungen beendet werden. Während der Probezeit, die mindestens einen Monat und höchstens vier Monate dauern darf, ist die Kündigung von beiden Seiten ohne Einhalten einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen möglich. Nach Ablauf der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb nicht mehr zulässig; nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist möglich. Ein wichtiger Grund liegt beispielsweise bei schweren Pflichtverletzungen (z.B. Diebstahl, beharrliche Arbeitsverweigerung) vor, wobei stets eine Interessenabwägung stattfinden muss. Der oder die Auszubildende wiederum hat das Recht, das Ausbildungsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen zu kündigen, wenn er oder sie die Berufsausbildung ganz aufgeben oder sich für eine andere Berufsausbildung entscheiden möchte. Jede Kündigung muss schriftlich erfolgen, eine elektronische Form ist ausgeschlossen.

Wie ist die Vergütung von Auszubildenden rechtlich geregelt?

Die Vergütung der Auszubildenden richtet sich in erster Linie nach den Bestimmungen des BBiG (§ 17) sowie nach eventuell einschlägigen Tarifverträgen. Grundsätzlich haben Auszubildende Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die sich jährlich in jedem Ausbildungsjahr erhöht und spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen ist. Die Höhe der Vergütung muss transparent im Ausbildungsvertrag angegeben werden. Seit dem 1. Januar 2020 gilt zudem eine gesetzlich festgelegte Mindestausbildungsvergütung, die jährlich angepasst wird und die unteren Grenzen für die Bezahlung von Auszubildenden festlegt. Tarifliche Vereinbarungen, die eine höhere Vergütung vorsehen, haben jedoch Vorrang. Bei Minderjährigen sind bestimmte steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu beachten, wie etwa die ggfs. bestehende Familienversicherung und die Berücksichtigung bei der Steuerklasse der Eltern.

Welche Regelungen gelten bezüglich der Arbeitszeit und des Urlaubs bei Auszubildenden?

Die Arbeitszeit von Auszubildenden ist – insbesondere bei minderjährigen Auszubildenden – streng gesetzlich geregelt. Für jugendliche Auszubildende (unter 18 Jahren) gelten die besonderen Schutzbestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG): Die wöchentliche Arbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten, und tägliche Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden sind grundsätzlich unzulässig, wobei der Samstag als arbeitsfreier Tag vorgesehen ist (Ausnahmen möglich, z. B. bei bestimmten Branchen). Volljährige Auszubildende unterliegen dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wonach die maximale werktägliche Arbeitszeit acht Stunden beträgt, eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt bei minderjährigen Auszubildenden das JArbSchG (mindestens 25 Werktage bei unter 16-Jährigen, 23 bei unter 17-Jährigen und 21 Werktage bei unter 18-Jährigen); für volljährige Auszubildende gelten die Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) mit mindestens 20 Urlaubstagen bei einer 5-Tage-Woche.

Welche besonderen Schutzvorschriften gelten für minderjährige Auszubildende?

Minderjährige Auszubildende unterliegen neben dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und den Vorschriften des BBiG insbesondere dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Dieses regelt unter anderem Höchstgrenzen für die Arbeitszeit, die Verpflichtung zu Pausen (mindestens 30 Minuten bei mehr als viereinhalb bis sechs Stunden, 60 Minuten bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit), das grundsätzliche Verbot von Nacht-, Mehr- und Sonntagsarbeit sowie besondere Vorschriften bei gefährlichen Arbeiten. Zudem ist die Beschäftigung in bestimmten Bereichen, etwa mit gefährlichen Stoffen oder Maschinen, untersagt oder nur unter strengen Auflagen möglich. Ferner müssen minderjährige Auszubildende vor Beginn der Ausbildung sowie nach einem Jahr eine ärztliche Untersuchung (Erst- und Nachuntersuchung) nachweisen, um ihre Ausbildungsfähigkeit sicherzustellen. Wegen dieser und weiterer Schutzvorschriften genießen minderjährige Auszubildende einen besonders umfassenden Arbeitsschutz.

Inwiefern sind Auszubildende sozialversicherungsrechtlich abgesichert?

Auszubildende sind grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung pflichtversichert, das heißt in der Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Die Beiträge werden hälftig von Auszubildendem und Ausbildungsbetrieb getragen; der Arbeitgeber übernimmt dabei die Anmeldung zur Sozialversicherung. Bei minderjährigen Auszubildenden bleibt die Familienversicherung unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 25. Lebensjahr bestehen, wenn die Ausbildungsvergütung eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Auszubildende unabhängig vom Alter gegen Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten versichert. Wichtig ist zudem, dass für die Sozialversicherung keine Wartezeiten bestehen und Auszubildende vom ersten Tag an anspruchsberechtigt sind. Besondere Regelungen können für Personen in dualen Studiengängen oder bei unterbrochener Ausbildung gelten.

Welche Mitbestimmungsrechte haben Auszubildende im Betrieb?

Auszubildende sind vollwertige Mitglieder der betrieblichen Interessenvertretung und haben das Recht, sowohl an Betriebsratswahlen teilzunehmen als auch – sofern sie volljährig sind – selbst in den Betriebsrat gewählt zu werden. Zudem existiert in Betrieben mit mindestens fünf ständigen Auszubildenden die Möglichkeit, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) zu wählen, die speziell die Interessen der Jugendlichen und Auszubildenden gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Die JAV hat bei allen Angelegenheiten, die jugendliche Arbeitnehmer oder Auszubildende betreffen, ein Mitbestimmungsrecht und ist vor Entscheidungen des Arbeitgebers anzuhören. Diese Ausübung von Mitbestimmungsrechten ist gesetzlich garantiert und darf den Auszubildenden nicht nachteilig ausgelegt werden. Auch die Teilnahme an Betriebs- oder JAV-Sitzungen gilt als Arbeitszeit.